Bestialisch stinkender Gürtelfuß

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 4.387 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Und nein, ich meine nicht Cortinarius camphoratus. :evil:
    Es geht um diese Pilze hier:


    Gefunden am 19.09. im Pfälzer Wald bei Bad Dürkheim auf ca. 300 m üNN in einem Kiefern - Esskastanien Wald auf +/- saurem Bundsandsteinboden.
    In einem recht trockenem Gebiet an einer etwas feuchteren Stelle am Wegrand in etlichen Exemplaren.


    Die Fruchtkörper erreichen eine Gesamthöhe bis zu 14cm, sind also ziemlich kräftige, robuste Pilze.
    Die Hüte sind radial fein faserschuppig und stark mit weißlichem Velum überzogen, das sich besonders am Hutrand lange hält.
    Auch an den Stielen findet sich reichlich Velum, teils auch in Form einer Ringzone.
    Die Stiele sind weißlich, nur an der Stielspitze (außen und innen im Fleisch) mit Violetton.
    Auch der Basismycelfilz ist blass aber deutlich violett, blasst aber nach Entnahme aus dem Boden rasch zu weiß aus.
    Die KOH - Reaktion auf der Huthaut ist schwarzbraun, im Hutfleisch graubraun.
    Der Geruch ist frisch nach Anschneiden und etwas reiben rettichartig.
    Die Sporen sind eher schmal, kaum bis ~6 µm breit und dabei maximal bis knapp über 10 µm lang. Möglicherweise auch fein warzig, das ist mit meiner Optik nicht sicher festzustellen.


    Den Pilz hatte ich aber nach einigen Bestimmungsversuchen auf die Seite gelegt (bzw die Kollektion einfach mal im Zimmer zum Trocknen liegen lassen).
    Irgendwas veranlasste mich jetzt, das Glas nochmal zu eröffnen und da schlug mir ein unfassbar grauenerregender Gestank entgegen. So wie ein ganzer Spind voll alter Sportsocken, der Monatelang vor sich hinmüffelt. Das ganze gemischt mit einer guten Note Bocksdickfuß, also wirklich zum schreiend davonlaufen.


    Irgendwie würde ich doch ganz gerne wissen, was das für ein Pilz ist, um das Glas nie wieder aufmachen zu müssen. ;)


    Ich hatte mehrere Möglichkeiten auf dem Schirm, glaube nicht wirklich a Cortinarius venustus und Cortinarius malachius und würde Cortinarius laniger wegen der Sporen eher vorziehen als Cortinarius solis-occasus.
    Aber möglicherweise ist es noch was ganz anderes.
    Zu keiner Art finde ich einen Hinweis auf den furchtbaren Gestank der getrockneten Pilze.



    LG, Pablo.

  • Zu C. laniger finde ich zwar auch nichts zu einem furchtbaren Gestank beim Trocknen, aber zumindest der rettichartige Geruch wird von einigen Funden bestätigt (einer beschrieb den Geruch bei seinem Fund auch geranienartig) . Auch der Habitus passt ganz gut. Irgendwas sagt mir, dass in diese Richtung weiter zu forschen eine gute Idee ist... Würde mich auch interessieren was dabei rauskommt.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Alex!


    Es passt schon viel zu C. laniger.
    Neben dem Rettichgeruch (frisch) passt auch die Ökologie und die recht eigene Beschaffenheit der HUtoberfläche sowie das reichliche Velum.
    Die Sporen werden in den meisten Quellen etwas größer angegeben, aber das hier ist schon noch im Rahmen.
    Was nicht passt sind die Violettöne. Wenn ich die berücksichtige, schlüssele ich zB mit GPBWs an der Art vorbei und ins Leere.
    Der Geruch beim Exsikat ist auch ein Thema, aber wenn das vielleicht ein Artefakt ist? Irgendein bakterieller Befall zum Beispiel?



    LG, Pablo.

  • Hmm , auf dem Foto schauen deine Exemplare aber doch recht frisch aus. An Bakterien glaub ich da jetzt nicht unbedingt. Aber natürlich - wäre eine Option...


    Leider find ich in meiner Literatur nichts zur KOH, wurdest du diesbezüglich fündig?


    Noch ne Frage:
    Werden denn bei Exikkaten die Gerüche manchmal extra angegeben? Gute Pilzbuachautoren nehmen doch sicher auch Zugriff auf Herbariumsmaterial, oder handelt es sich bei den Bestimmungen immer nur um frische Pilze? Dann sollte man sich die Frage stellen, ob es denn jemals aufgefallen wäre bei solch einem angeblich seltenen Pilz.

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Die KoH - Reaktion ist hier glaube ich nicht artspezifisch.
    Jedenfalls sollte das so oder so ähnlich bei einigen Telamonien vorkommen.



    LG, Pablo.

  • Was nicht passt sind die Violettöne.


    Hallo Pablo, Du kennst ja meinen geringen Wissensschatz, aber für mich kämen noch Cortinarius alboviolaceus sowie Cortinarius largus in Frage..?..


    Vielleicht hast Du da gar eine noch unbekannte Art dieser Gruppe entdeckt?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Mirko!


    C. alboviolaceus (Weißvioletter Dickfuß) und C. largus (Tonblasser Schleimkopf) kenne ich, beide Arten habe ich schon an eigenen Funden untersucht und kann sie hier ausschließen.
    C. largus gehört in eine andere Untergattung (Phlegmacium).
    C. alboviolaceus ist viel heller, die Hutoberfläche nie so aufschuppend.


    An eine unbeschriebene Art glaube ich nicht.
    Eher daran, daß mir das Wissen und die Erfahrung fehlt, um die Variationsbreite der Arten in der Gruppe einzuschätzen und sicher zu bestimmen. ;)



    LG, pablo.

  • Hallo Pablo, ich wäre anhand der mir zur Verfügung stehenden Bücher bei diesen Arten gelandet...aber wäre es so einfach gewesen, hättest Du die Frage sicher nicht gestellt.


    Wenn ich als Anfänger ausgerechnet Dir den richtigen Tipp gegeben hätte - das wäre ja wie mindestens 7 Richtige im Lotto. :)


    Ich hoffe, der Pilz kann geklärt werden. Wir wollen ja weder Lotto spielen noch sonstwie spielen oder raten.


    Corinarius pablous klingt aber auch ganz gut. :cool:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, nochmal!


    Das Thema schubs ich wieder hoch.
    Eventuell könnten auch noch ei paar Birken auf der anderen Wegseite gestanden haben. Vielleicht erinnert sich Anna da dran...
    Anna? Hülfe?


    Dann kann man vielleicht noch Cortinarius bivelus mit ins Boot nehmen, der wohl solche Violettöne haben darf, aber eben blöderweise auch nicht solche sonderbaren Gerüche?



    LG, Pablo.

  • Hallo,


    meiner Meinung nach sollte das C. torvus sein.
    Die ausgeprägte Cortinazone (die häutigste aller Cortinarien!) und die Farben würden gut passen. Als Eichenbegleiter auch das Biotop (Esskastanie ist für Pilze dasselbe wie Eiche ...)


    beste Grüße,
    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    Interessant, sollte es wirklich so einfach sein?
    An C. torvus hatte ich hier nicht gedacht, die Art ist ja ziemlich häufig und war gerade in diesem Jahr überall zu sehen.
    Was ich hier anders als bei Funden von C. torvus wahrgenommen habe:
    Der Rettichgeruch (beim frischen Pilz)
    Der stark von weißem Velum besäumte Hut
    Die eher schuppige als radialfaserige Hutoberfläche
    Die Ringzone habe ich bei C. torvus mehr als etwas abstehend erlebt, weniger als breites Band wie hier, die Violettöne an Stielspitze und Basismycelfilz weniger prägnant bei jungen Pilzen
    Allerdings sind das ja nur Nuancen, das kann wohl schon in die Variationsbreite gehören...


    Ein Bildchen einer selbst für mich eindeutigen Kollektion vom Wohlriechenden Gürtelfuß:

    Leider habe ich mir bei dem nie die Sporen angeguckt oder ihn mit KOH malträtiert...



    LG, Pablo.

  • Hallo,


    Du hast recht, ich hab kir das Bild nochmal genauer angeguckt. Nicht nur das es kein torvus ist (der Cortinaring ist in der Tat zu flach), sondern die Ecke laniger ist wohl doch die beste.
    Zwischen laniger und solis-occasus zu unterscheiden gelang mir in meinen Wäldern nicht mehr, und auch bei der Cortinarientagung vor 3 Wochen wurden die Kollektionen aus ein und demselben Waldstück mal als laniger mal als solis-occasus bestimmt .... Und dann gibt's ja auch noch bivelus, den ich auch nicht völlig ausschließen würde. Eine übersehene Birke käme nicht in frage?


    KOH nutzt bei Telamonien nix, das ist nur bei Phlegmacien interessant meiner Meinung nach.


    beste Grüße,
    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    Dann geht die Unterscheidung zwischen laniger und solis-occasus auch nicht über die Sporenform / Q-Wert?
    Dann wird's natürlich schwierig...
    Ob da doch Birken waren, darüber grüble ich ja nach. Ich weiß, daß es in der Umgebung welche gegeben haben muss, wir haben ein paar Burschen auf Pilzpirsch am selben Weg noch die Unterschiede zwischen Birkenpilz und Steinpilz erklärt...
    Aber ob im Mycelbereich welche standen?
    Zur Not müsste man das noch mal vor Ort kontrollieren.
    Ich schreib mal Anna an, die war ja dabei, vielleicht hat sie mehr Bäume gesehen als ich (mehr Pilze sieht sie ja immerhin meistens).



    LG, Pablo.

  • Moinsen, Pablo,


    niemand sieht mehr Pilze als du, besonders in den Pfälzer Gärten anderer Leute... :evil:


    Mit Hülfe zu Cortinarien von meiner Seite wird es schwierig. Und dann auch noch Gürtelfüße... :D


    Bei dem Ausflug gab es ja immer wieder mal untermischte Birken, würde mich als gar nicht wundern, wenn da versteckt beim Fundort auch welche stande. Ist aber zu lange her um das sicher zu sagen. Nacher gucke ich nochmal auf meinen Fotos zum Fund, vielleicht sehe ich ja irgendwo Birkenblätter. ;)


    P.S.: Danke noch für die Eingrenzenzung, Andreas. :thumbup:


    Die Ecke umd C. laniger, hatten wir die nicht irgendwann auch im Gespräch zu dem Pilz, Pablo? Ist ja nun schon eine Weile her...

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    So, Birkenblätter sind keine auf meinen Fotos zu sehen, was aber nicht heißt, dass da nicht doch irgendwo eine Birke stand. Ich erinnere mich aber nur an Kiefern und Esskastanien.


    Ich ergänze noch mit ein paar Bildern von mir:






    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Anna!


    Ja, ist schon eine Weile her. Und wenn ich mich recht erinnere, waren wir beide unabhängig zu C. laniger s.l. gekommen.
    Was ja eigentlich schon mal ein gutes Zeichen wäre.


    Hier reingestellt hatte ich den vor allem wegen dem seltsamen Geruch der trockenen Pilze. Wenn du noch Exemplare irgendwo getrocknet rumliegen hast (hoffentlich luftdicht verpackt), kannst du das auch noch mal überprüfen?
    Alledings: Wenn ich mir die Möglichkeiten so ansehe, wird so ein Geruch bei keiner Art erwähnt.
    Das finde ich sonderbar.


    Auch ein Problem habe ich mit der morphologischen Abgrenzung von Cortinarius bivelus und Cortinarius laniger s.l. (also einschließlich solis-occasus).
    Wenn man dem Schlüssel in den Großpilzen folgt, geht das bei Punkt 24 auseinander:
    Um zu C. bivelus zu kommen, muss man dem Pfad "Hut deutlich hygrophan" folgen.
    Das kann ich hier ausschließen, eine wesentliche Farbveränderung hat da beim Abtrocknen nicht stattgefunden.
    Allerdings führt "Hut hygrophan" nach dem Schlüssel auch zu Cortinarius torvus. Das gibt mir auch zu denken, habe ich mir aber noch nie genau angeguckt, muss ich gestehen.
    Anosnten müssten zur Unterscheidung zwichen C. bivelus und C. laniger der Geruch (rettichartig bei C. laniger), die Hutoberfläche (rauher, feinschuppig bei C. laniger) und die Farben (bei C. laniger heller und ohne dunkle Punkte / Flecken / Zonen) herhalten.
    In dem Fall würde mir hier ja C. laniger s.l. besser gefallen, aber dann irritiert mich zB >dieses Bild<.
    Wobei das wohl sicher richtig bestimmt ist, aber nicht ganz typisch, oder?



    LG, Pablo.

  • Hallo,


    durch die zusätzlichen Bilder, die die rost-zimtfarbene Hutfärbung schön zeigen, bin von C. laniger doch recht überzeugt jetzt. Ich habe den auch schon unter reiner Kiefer gefunden.
    Das verlinkte Bild von I. Dittrich halte ich wegen der relativ wenig freudigen Lamellenfarbe und nicht zuletzt wegen der rumliegenden Birkenblätter eher für C. bivelus.


    beste Grüße,
    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    OK, dann schreibe ich mir mal dazu:
    "Auf Hut- und Lamellenfarben (jung) achten;
    Weitere Funde machen und untersuchen."


    Anders geht es ohnehin nicht. :)


    Das Bild der Stuttgarter Pilzfreunde wollte ich auch gar nicht anzweifeln. Was ich bislang von dem Verein gehört habe, wird dort sehr sorgfältig gearbeitet. Da steckt schon Qualität drin.
    Gewundert habe ich mich über die Variabilität der Art.
    Aber auch das ist ja eigentlich nicht außergewöhnlich. Verglichen mit einer Marone ist die Variabilität hier ja sogar gering.



    LG, Pablo.