Braunschuppiger Riesenegerling?

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 5.152 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Margit Brigitte.

  • Hallo zusammen, könnt ihr mir den braunschuppigen Riesenegerling Agaricus Augustus bestätigen? Ein Agaricus ist es sicher, aber welcher?


    Fundort im Beet ohne erkennbaren Bezug zu einem Partner.


    Höhe des Fruchtkörpers ca. 7cm, Hutdurchmesser ca. 4,5cm.


    Hut beim ganz jungen Exemplar kugelig, weiß mit hellbraunen Schuppen.



    Lammellen cremeweiß, dicht gedrängt, frei vom Stiel. (Das Foto verfälscht die Farbe der Lamellen ins Helle)
    Lamellen nur ganz leicht brüchig.
    Stiel zylindrisch mit leichter Verdickung zur Basis, weiß mit Ring, zur Basis hin bräunlich.


    Geruch, und hier kommt, was mich zweifeln lässt, absolut nach Champignon, nicht nach Anis oder Bittermandel. Keine Verfärbung nach Anschnitt.


    Gruß, Margit


    P.S. Ne, ich bin nun der Auffassung, dass es doch nicht der Braunschuppige Riesenegerling ist und gespannt, was ihr meint!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Margit!


    P.S. Ne, ich bin nun der Auffassung, dass es doch nicht der Braunschuppige Riesenegerling ist und gespannt, was ihr meint!


    Da liegst du dann richtig.
    Du kannst ja mal einen Sporenabwurf machen, der wird ziemlich weißlich sein.
    Agaricus augustus ist ja eine der wenigen Arten der Gattung mit lange hellen Lamellen, das Sporenpulver ist aber doch dunkelbraun.
    Wenn man also einen vermientlichen champi vor sich hat, der fast weiße Lamellen hat, und dessen andere Merkmale nicht zu A. augustus passen (hier: fehlender Geruch, Hutschuppung anders, Ring anders, Stieloberfläche anders), dann guckt man mal bei anderen Gattungen nach.


    Wahrscheinlich kommst du dann rasch zu Leucoagaricus (Egerlingsschirmlinge). Am naheliegendsten wäre hier - zumal ohne erkennbare Verfärbungen - der Gemeine Egerlingsschirmling (Leucoagaricus leucothites). Allerdings passt mir dazu die Struktur der Hutoberfläche nicht. Den kenne ich (die Art ist bei mir im Mannheimer Stadtgebiet häufig) mit kaum jemals aufreißender Huthaut und wenn, dann ähnlich wie bei Agaricus xanthormus nur schwach und radialrissig, höchstens in der Hutmitte bei Trockenschaden etwas schülferig.


    Dieser Pilz würde mir somit auch ein Rätsel aufgeben. ;)


    Eine Alternative wäre noch bei Macrolepiota excoriata (Acker - Riesenschirmling), aber die Art habe ich noch nicht selbst untersucht und kann mich darum dazu nicht sinnvoll äußern.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo, danke für die tollen ausführliche Antwort!


    Ich hab den Hut zum aussporen auf Papier gelegt. Lese gerade im Laux ein bei Leucoagaricus, aber was 100%ig passendes hab ich noch nicht gefunden, weil sich mein Pilz nicht verfärbt.


    Gruß, Margit

  • Aber dein Pilz verfärbt sich doch. Auf deinem Foto sieht man, wie der Stiel deutlich bräunt.


    Beorn
    Ich weiß nicht, ob es sich bei denen mit perfekt glatter Huthaut wirklich um Leucoagaricus leucothites oder nicht vielmehr um Leucoagaricus holosericeus (= "ganzseidig") handelt. Vielleicht kann man der Literatur da nicht ganz trauen.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stephan!


    Leucoagaricus holosericeus wird zB bei Gröger als Synonym von L. leucothites verstanden.
    Ansonsten wäre L. holosericeus ja eine Art mit deutlich gilbender und anschließend bräunender Trama, sowie Hut- und Stieloberfläche (Vgl. Großpilze BWs). Aber es ist tatsächlich so: In der Gattung ist aus meiner Sicht noch einiges an Klärungsbedarf.
    Eine gute, aktuelle Monographie wäre nicht schlecht.
    Wenn es tatsächlich so rum wäre, und Leucoagaricus holosericeus eine icht gilbende Art mit fein seidigem Hut ist, dann habe ich den Gemeinen Egerlingsschirmling (Leucoagaricus leucothites) noch nie gefunden, und L. holosericeus wäre in der Mannheimer Umgebung sehr häufig.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo, Hallo Margit,



    Wahrscheinlich kommst du dann rasch zu Leucoagaricus (Egerlingsschirmlinge). Am naheliegendsten wäre hier - zumal ohne erkennbare Verfärbungen - der Gemeine Egerlingsschirmling (Leucoagaricus leucothites). Allerdings passt mir dazu die Struktur der Hutoberfläche nicht.


    (1) Für mich ist das zweifelsfrei "Leucoagaricus sp." (Egerlingsschirmling).


    (2) "Leucoagaricus subcretaceus" = L. cretaceus = "Leucoagaricus leucothites var. subcretatus" passt m.E., wenn man sich die Abb. in [1] anschaut, wie die Faust aufs Auge zu diesem Fund:


    (a) Kompakter Habitus, (b) Huttextur, (c) aufsteigender Ring.


    ---> Eine gute, deutsche Beschreibung dieser Art (nicht Var.) findet man in [2]. Und auch [3], [4] führen diese Sippe auf Artrang.



    Literatur:


    [1] M. Candusso - G. Lanzoni (): Lepiota s.l.; FUNGI EUROPAEI vol. 4.


    [2] J. Breitenbach/ F. Kränzlin (1995): Pilze der Schweiz Band 4:#243


    [3] G.J. Krieglsteiner (2003): Die Großpilze Baden-Württembergs, Band 4:108.


    [4] MykoBank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Gerd!


    Guter Vorschlag. :thumbup:
    Die Art hatte ich nicht auf dem Schirm. Ein vergleichbarer Fund ist mir bislang nicht untergekommen.
    Abschließend kann ich's nicht beurteilen, aber Leucoagaricus subcretaceus macht wesentlich mehr Sinn als Leucoagaricus leucothites.



    LG, pablo.


  • Aber dein Pilz verfärbt sich doch. Auf deinem Foto sieht man, wie der Stiel deutlich bräunt.


    Hallo Oehrling, deffiniere ich "verfärben" falsch?
    Ich meinte damit, dass sich der Fruchtkörper beim Anschnitt oder bei Verletzung nicht die Farbe ändert.
    Der Stiel war im unteren Bereich bereits braun, ist also so gewachsen.


    Hallo Gerd, auch Dir danke für deine Einschätzung!


    Gruß, Margit

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Ein kleiner Nachtrag zur Verfärbung:
    Zu sehen ist hier ein bräunlich überlaufener unterer Stielteil.
    Als Verfärbung bei einem Egerlingsschirmling würde ich aber eine direkte Reaktion auf eine Verletzung (zB Kratzen an Hut oder Stiel) interpretieren.
    Bräunen darf auch Leucoagaricus leucothites und damit auch L. subcretaceus.
    Aktives Gilben wäre hier das, was auch Champignons machen.
    Bei Ritterlingen wäre es ja wieder was anderes, Stephan.
    Da muss man auch auf viel langsamere und unscheinbarere Verfärbungen achten.



    LG, pablo.

  • Hallo Pablo,



    Ein kleiner Nachtrag zur Verfärbung:
    Zu sehen ist hier ein bräunlich überlaufener unterer Stielteil.


    ---> Genau dies ist ein Merkmal, auf das alle von mir eingesehenen Autoren (bei "Leucoagaricus subcretaceus :D ), hatte ich übrigens schon in der Hand, hinweisen. :cool:
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    Ich hoffe, ich kann dich von meiner Bestimmung überzeugen, und zitiere wenige Artikel aus meinem Regal:


    [1]ID 02373: M. Enderle (1987): Bemerkenswerte Agaricales-Funde V; in Festschrift 25 Jahre Schwarzwälder Pilzlehrschau 1(1):S.31


    –žDie herausragenden Merkmale dieser Art sind die sich im Laufe der Entwicklung bildenden bräunlichen, konzentrischen Schüppchen, das bräunlich verfärbende Fleisch und die Sporen, –¦–œ[i]
    --------------------------


    [2] M. Enderle (1992): Bemerkenswerte Agaricales-Funde IX; Ulmer Pilzflora III:28-29


    [i]"Hut: jung halbkuglig, mit oder ohne abgeflachte Mitte, alt flach konvex, weißlich bis cremefarben, in der Mitte etwas dunkler, alt oder nach Berührung blass bräunlich verfärbend, Hutoberfläche glatt bis deutlich feinschuppig aufreißend, –¦
    Lamellen: frei, gedrängt, untermischt, schwach bis deutlich bauchig, –¦
    Stiel: –¦, im oberen Drittel mit nach oben abziehbarem, weißlichen Ring(*); weißlich, auf Druck langsam gilbend, später bzw. im Alter bräunend, –¦ –ž


    (*) Auf der gezeigten Strichzeichnung erkenne ich allerdings, wie auch in [3] gezeigt, einen nach oben abstehenden Ring. Und den bezeichnet man üblicherweise als –žnach unten abziehend."
    --------------------------


    [3] Ich habe bereits in meinem vorherigen Beitrag auf die verblüffende, übereinstimmende Ähnlichkeit aller Details ([3]Abbildung 54) hingewiesen. Und um Nägel mit Köpfen zu machen versuche ich mir wichtig erscheinende Merkmale (hoffentlich korrekt aus dem Ital. übersetzt) zusammen zu fassen:


    Hut: Zuerst halbkuglig, subtrapezartig (bezieht sich wohl auf den abgeplatteten Hutscheitel), –¦, robust, weißlich bis grauweißlich, schließlich bräunlich. –¦ , Hutscheitel glatt und Hut später insbesondere zur Peripherie hin –žschuppig–œ aufreißend.


    Lamellen: engstehend frei, –¦
    Fleisch: weißlich, Stielbasis leicht bräunend.
    ---> Ich betone nochmals: Es gibt in [3] keine weitere Abbildung mit annähernd so guter Detailübereinstimmung mit dem bei der Anfrage gezeigten Bild.
    ----------------------------


    [4] Ich habe bereits auf die gute Beschreibung hingewiesen und verzichte die zu zitieren.


    Nur noch eine kleine Ergänzung:
    - Die Abbildung zeigt jüngere Fruchtkörper mit (a) abgeplatteter Hutmitte, (b) typisch weder knollig verdickter noch wurzender Stielbasis, (c) einem auch nach oben zeigendem Ring, der unterseits (wie auch bei [3] gezeigt) am Rand eine deutlich braun gefärbt ist.
    --------------------


    [5] Da mache ich es mir einfach und zitiere:
    –žMorphologie: Vgl. Schlüssel. Aufgrund der deutlichen Hutschuppung, die durch das Bräunen der Basidiocarpien (Anmerkung Gerd: Fruchtkörper) noch verstärkt wird, vom nahe verwandten L. leucothites und anderen Arten abgrenzbar–œ
    --------------------------


    Mein Fazit:


    (1) Natürlich gibt es noch weitere Leucoagaricus-Arten, bei denen die Huthaut schuppig aufreißen kann.
    - Doch bei allen andern von mir überprüften Arten gibt es Merkmale, die einfach nicht passen.


    (2) Wenn ein Fruchtkörper verfügbar ist und Jemand bereit ist den Fund zu bestimmen, dann lehne ich mich aus dem Fenster und setzte –ž30Chips–œ auf –žLeucoagaricus subcretaceus = L. leucothites var. subcretaceus–œ



    Grüße
    Gerd


    Literatur:


    [3] M. Candusso –“ G. Lanzoni (1990): Lepiota s.l.; Fungi Europaei vol. 4:


    [4] J. Breitenbach –“ F. Kränzlin: (1995): Pilze der Schweiz, Band 4:#243


    [5] G.J. Krieglsteiner (): Die Großpilze Baden-Württembergs Band 4:S. 108

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Gerd!


    Mich musst du nicht mehr überzeugen, ich war ja schon nach deinem ersten Beitrag zu der Art auf deinen Zug aufgesprungen.
    Ein wenig geblättert hatte ich auch und bin zu dem Schluss gekommen, daß es zumindest in Mittelwuropa keine sinnvollen Alternativen zu geben scheint.
    Aber dennoch dankeschön für die weiteren Ausführungen und die Literaturliste.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,



    Mich musst du nicht mehr überzeugen, ich war ja schon nach deinem ersten Beitrag zu der Art auf deinen Zug aufgesprungen.
    Ein wenig geblättert hatte ich auch und bin zu dem Schluss gekommen, daß es zumindest in Mittelwuropa keine sinnvollen Alternativen zu geben scheint.
    Aber dennoch dankeschön für die weiteren Ausführungen und die Literaturliste.


    - :thumbup:
    - Aber dennoch schade, dass ich dich nicht um ein paar Chips (hier 30) erleichtern kann :cursing:
    ---------------------------


    - Übrigens, die von mir eingesehenen Autoren sind der Meinung, dass diese Art deutlich unterkartiert ist.


    Und noch was:
    ---> Warum habe ich mich mit dieser Anfrage so ins Zeug gelegt?


    - Ganz einfach: Ich bin u.A. ein Fan von "hellsporenden" Blätterpilzen mit freien oder angehefteten Lamellen und wollte meine "spontane Vermutung" durch Literaturrecherche auffrischen, da ich diese Art bisher nur selten in der Hand hatte.


    Grüße
    Gerd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Gerd.


    Weiß ich. :)
    Und die Egerlingsschirmlinge haben es mir schon auch angetan. Es gibt da einige Arten hier in der Umgebung (viele schön warme Standorte, Brachflächen).
    Diesen habe ich noch nicht gesehen, sonst wüsste ich es. Aber das kann ja noch kommen. :thumbup:



    LG, Pablo.

  • Hallo Margit,



    Ich hab den Hut zum aussporen auf Papier gelegt. Lese gerade im Laux ein bei Leucoagaricus, aber was 100%ig passendes hab ich noch nicht gefunden, weil sich mein Pilz nicht verfärbt.


    Mein Rat:


    - Vergiss (a) Laux: Der große Kosmos Pilzführer, (b) Gerhardt: Der große BLV Pilzführer, (c) Bon: Pareys Buch der Pilze, (d) Dähncke: 1200 Pilze oder ähnliche Populärliteratur. Sa wirst du deiner Fund nicht finden.


    - Hake deinen Fund einfach als "Leucoagaricus subcretaceus" (Bräunender Egerlingsschirmling) ab.


    Grüße
    Gerd

  • Gerd
    Besten Dank für die Klärung.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo an Alle,


    Leucoagaricus subcretaceus habe ich vor ewigen Zeiten mal auf einem alten Ameisenhaufen am Rand eines Fichten/Kiefernwäldchens in der Nähe vom Lech gefunden. Hier einige schlechte Bilder, damals war ich fotografisch noch mit einer einfachen Digiknipse oder analog unterwegs.
    Gemeinerweise sind bei diesen Exemplaren die Ringe immer am Hutrand hängengeblieben, was mir doch einiges Kopfzerbrechen bis zur Bestimmung verursacht hat. Ich hab das Ganze damals gedanklich unter L. leucothites abgeheftet, da die Eigenständigkeit von L. subcretaceus meines Wissens nach zweifelhaft war/ist(?).


    herzliche Grüße


    Birgit

  • Hallo Pablo, Oehrling und Gerd!!


    Abschließen kommt hier noch der Sporenabwurf, den ich gemacht habe.


    Nicht hauen, ich hatte spontan als unterlage blos diese Papierfarbe zur Hand, aber die Sporenfarbe ist ja klar zu erkennen!


    Gruß an alle Beteiligen und nochmals danke fürs Helfen!


    Margit