Russula - aber welcher?

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 5.519 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Oehrling.

  • Hallo,


    gestern bin ich über einen Täubling gestolpert, der sich tapfer meinen sämtlichen Bestimmungsversuchen entzogen hat. :(


    Zunächst: Leider war fürs Foto nur noch Pilzfragmente übrig. Ich gelobe feierlich Besserung: das nächste mal werde ich ZUERST den Pilz fotografisch dokumentieren und ihn ERST DANN zwecks Bestimmungsversuch zerfleddern.



    Fundort
    Vesser-Tal (Thüringer Wald, ca 600 über Meeresspiegel). Mischwald, viel Buche mit einigen Fichten.


    Hut
    Durchmesser 9cm, Hutfarbe Creme bis beige, in der Mitte dunkler. Keine intensiven Gelbtöne wie beim Ockertäubling. Am Rand ganz leicht gerieft. Huthaut etwa bis zur Hälfte abziehbar.


    Lamellen
    Creme-farben wie Stiel, relativ dick, mäßig eng stehend, gegabelt am Stiel, Querverbindungen am Grund, ganz leicht angedeutet Burggraben.


    Stiel
    Länge 5cm, Durchmesser 2cm, gekammert hohl (siehe Bild), creme farben, an der Stielspitze direkt unterm Lamellenansatz ringförmig helle Zone.


    Geruch
    Recht intensiv fruchtig: Meine Freundin und ich sind uns einig: Apfelkompott. Nicht unangenehm oder gar widerlich (ich bin aber was Gerüche angeht eher tollerant, die Nebelkappe riecht für mich bspw sehr angehm).


    Geschmack
    Erst nach kurzer Kau-Zeit kommt eine mäßige Schärfe durch, auch bei mehrmaligem Kostversuch kein Kratzen im Halz bemerkbar.


    Fleisch
    weiß


    Sporenpulver
    weiß (Ich habe den Sporenabdruck über Nacht auf rein-weißem Druckerpapier gemacht, die Sporenfarbe hat sich kaum davon abgesetzt, daher egehe von einem sehr hellen Weißton aus)


    Chemie
    siehe Bilder
    Eisensulfat: erst nach längerer Zeit gräulich mit leicht rötlichem Einschlag
    Gujak: sehr langsame Reaktion, erst nach Minuten hellgrün
    KOH: keine Farbveränderung, nur ein Loch :)









    Reaktion mit Eisensulfat:


    Reaktion mit Gujak (links) bzw. mit KOH (rechts):

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Thomas!


    Das ist eine wirklich hervorragende Anfrage. :thumbup:
    Der Pilz vielleicht nicht mehr der frischeste und Täublinge sind leider eine Gattung, von der ich absolut keine Ahnung habe.
    Es wundert mich aber, daß hier noch niemand einen Bestimmungsversuch gemacht hat. Die Merkmale sind doch sehr gut dargestellt.


    Hast du schon mit Russula ochroleuca (Ockertäubling) verglichen?
    Ohne jetzt die Chemie nachgeschlagen zu haben, könnte deine Beschreibung schon dazu passen.



    LG, pablo.

  • Hallo Thomas,


    deine Beschreibung zu Huthaut (bis zur Hälfte abziehbar), Rand (leicht gerieft), Geruch (obstartig), Geschmack (nur leichte Schärfe) usw. lässt doch auf RUSSULA OCHROLEUCA schließen. Einzig die Reaktion auf Eisensulfat ist nicht so unbedingt eindeutig (hängt vielleicht mit dem Alter des FK zusammen).
    Irgendwo hatte ich gelesen, dass es wohl die am häufigsten vorkommende Täublingsart ist.
    Ich habe aber auch nicht wirklich Ahnung vom Thema.


    VG Gregor

  • Hast du schon mit Russula ochroleuca (Ockertäubling) verglichen?


    Hallo,


    was da gar nicht passt ist die Stielfarbe. Beim Ockertäubling kenne ich keine Creme-Beige-Töne am Stiel, eher gräuliche Töne. Grautöne fehlten bei meinem Exemplar aber völlig. auch waren mir die Lamellen zu sehr creme. Auch habe ich noch keinen Ockertäubling gefunde der so intensiv nach Apfelkompott gerochen hat (weder Intensität noch Eindeute Zuordnung "Apfelkompott").


    Wenige Meter neben meinem Exemplar habe ich einen recht frischen mutmaßlichen Ockertäubling gefunden. Der hatte die typische kalte gelbliche Hutfarbe, einen gräulichen Stiel und reagierte auf Gujak sofort brachial dunkelgrün. Im Anschnitt vergraute er nach stunden leicht.


    Das alles brachte mich zum Gedanken dass ich hier doch etwas anderes vor mir haben könnte..

  • Hallo Thomas,
    zunächst möchte ich anmerken, dass Täublinge sehr variabel sein können, und dass es im Allgemeinen der langen Erfahrung bedarf, um die Variabilität einzelner Arten richtig einschätzen zu können. Z. B. hat man öfters Ockertäublinge mit solch gelben Farben in der unteren Stielhälfte, warum also sollte das Gelb nicht einmal auch in die obere Stielhälfte reichen können? Grauendes Fleisch kann ebenfalls vorkommen, auch ist das Gelb auf dem Hut nicht immer schön leuchtend (es wäre z. B. auch ein blasses Graugrün möglich).
    Dann muss man auch bedenken, dass ab einem gewissen Alter des Bestimmungsstückes die Farbreaktionen nicht mehr so verlässlich sind - z. B. reagiert Guajak auf jungen knackigen Exemplaren deutlich stärker als auf alten durchwässerten derselben Art. Deswegen wird ein Täublingsbestimmer bei solchen Zweifelsfällen immer auch zum Mikroskop greifen, um noch mehr Merkmale zusammenzubekommen.
    Ich denke schon, dass du hier von einem Ockertäubling ausgehen musst. Wenn's was Besseres sein soll, müsstest du das irgendwie beweisen.
    FG
    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

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  • Hallo,


    vielen Dank für Eure Antworten. Offensichtlich habe ich mich bei der Bestimmung ziemlich verrannt. Mein Exemplar sah so anders aus als die Ockertäublinge die ich sonst so finde dass ich felsenfest überzeugt war dass es etwas anderes sein müsste. :shy: Ich speichere diese Erfahrung ab unter der Rubrik: "Die erstaunliche Variabilität der (Ocker)Täublinge" :)


    P.S.: Gibt es ein empfehlenswertes Standardwerk (wenn möglich Deutsche Sprache, notfalls englisch) zum Thema Täublinge?

  • Das immer noch aktuelle Standardwerk wäre das zweibändige "Il Genere Russula in Europa" von SARNARI (Kostenpunkt ca. 160 - 180 Euro). Deutlich preisgünstiger wäre das antiquarisch zu bekommende, von den Pilznamen her leicht veraltete "Die Gattung Russula in Bayern" von EINHELLINGER - eher eine Ergänzung zu anderer Täublingsliteratur, oder mit einem Kampfpreis von ca. 30 Euro das Werk "The Genus Russula in Britain" von KIBBY. Sehr gut ist auch der Täublingsteil in Großpilze Baden-Württembergs Band 2. Wenn du das alles hast, bleibt in Verbindung mit einem "M" kein Täubling mehr unbestimmt.:cool:

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  • erebus
    Besten Dank für den informativen Link. Helga Marxmüller hatte damals für die Bilder im EINHELLINGER-Werk von 1983 gesorgt. Nach dem, was auf den Probeseiten zu lesen ist, ähnelt das neue Buch im Stil dem "alten" EINHELLINGER, ergänzt um aktuelle Arten, und könnte damit die in den letzten Jahren entstandene Nachfragelücke beim EINHELLINGER-Werk schließen. Der Preis ist mit 180 Euro allerdings stolz und liegt deutlich über den antiquarischen Preisen des EINHELLINGER.

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  • Den Kibby kann ich nur wärmstens empfehlen. Für den Preis einfach unschlagbar und selbst makroskopisch kommt man da recht weit.


    Das Buch von Helga Marxmüller sollte in den nächsten Tagen bei mir in der Post sein, sofern das Erscheinungsdatum nicht noch vertagt wird. Sobald ich es habe kann ich gerne bei Interesse meine Eindrücke zu dem Werk schildern oder Einsicht gewähren sofern jemand sich hier nach Würzburg verirrt.


    Lieben Gruß
    Christoph

  • Ja, das fände ich ganz toll, denn ich hätte auch Kaufinteresse an dem MARXMÜLLER-Werk.

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  • Hallo,


    ich danke Euch vielmals. Ich habe mir mal alles notiert. "Großpilze Baden-Württembergs Band 2." ist natürlich besonders interessant für mich, nicht zuletzt weil ich mir nun vor kurzer Zeit band 4 und 5 besorgt habe. Leider ist der band 2 vergriffen :(


    Täublinge sind für mich einfach unheimlich spannende und schöne Pilze, ich wäre auf diesem Gebiet gern viel fitter. Leider habe ich mir wohl eine ziemlich schwere Gattung ausgesucht.. :rolleyes:


    P.S.: Ich werd mal in den kommenden Wochen persönlich beim Mykoshop vorbeischauen (für Pilzfreunde ist es sehr vorteilhaft in jena zu wohnen ;) ). Tanja/Andreas werden mir das sicher auch Tips geben könne bzw. mich mal in das eine oder andere Buch reinschauen lassen können..


  • Täublinge sind für mich einfach unheimlich spannende und schöne Pilze, ich wäre auf diesem Gebiet gern viel fitter. Leider habe ich mir wohl eine ziemlich schwere Gattung ausgesucht.. :rolleyes:


    Dafür aber eine Gattung, in der sich relativ viele Leute auskennen, für die es gute Literatur überhaupt gibt und für die sogar spezielle Bestimmungsseminare angeboten werden (auch in Jenaprießnitz/Oberhof!). D. h. man hat in dieser Gattung bessere Chancen, wissensmäßig voranzukommen als etwa bei Trichterlingen, Samthäubchen, Faserlingen oder Ähnlichem.

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