Pilze in Bergbau-Regionen (Schwermetalle)

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 2.830 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von ja2911.

  • Hallo zusammen,


    inzwischen bin ich im Harz angekommen und natürlich auch hier schon auf der Suche nach neuen Gebieten fürs nächste Jahr und den Resten dieses Jahres ;)


    Dabei beschäftigt mich eine Frage: Hier gibt es ja reichlich ehemaligen Bergbau (Bad Grund, Schulenberg, generell Gangvererzungen im gesamten Oberharz), hauptsächlich Blei, Kupfer und Zink. Wie sieht es denn in solchen Regionen mit der zusätzlichen Schwermetallbelastung aus? Die Zahlen die gelegentlich veröffentlicht werden kenne ich auch, das sind aber nunmal Durchschnittswerte. In direkter Nähe insbesondere zu den Halden des ehemaligen Bergbaues dürfte die Belastung im Boden ja wesentlich höher sein als irgendwo im Flachland. Gibt es hier Erfahrungswerte, wie viel Abstand man zu den Abraumhalden halten sollte? Bisher mache ich mir wenige Sorgen im Umkreis zu sammeln, direkt auf mir bekanntem belastetem Schutt sammle ich natürlich nichts und auch besonders belastete Arten (Champis, Parasol etc.) würde ich im näheren Umfeld stehen lassen. Aber solange man nicht wochenlang täglich Pilze aus diesen Regionen isst sollte es auch kaum Probleme geben, oder?


    Also, gibt es Zahlen, wie weit die Böden um die Schächte und Halden herum belastet sind und wie stark diese Belastung bei den "typischen" Sammelpilzen (Pfifferling, Steinpilz, Maronen, Hexen,...) durchschlägt? Oder gibt es keinerlei Gründe zur Beunruhigung?


    Bin gespannt auf Meinungen und Antworten,
    schöne Grüße,


    Jonas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    es gibt bestimmt Bodenkarten, wo die Schwermetallbelastung in deiner Gegend/Landkreis aufgezeichnet ist. Der Ansprechpartner dazu wäre die zuständige Untere Naturschutzbehörde/Bodensschutzbehörde.


    Ansonsten kann ich leider keien weiteren gescheiten Angaben machen, da ich außer bei gilbenden Champignons (Cadmiumanreicherung) keine weiteren Schwermetallsammler im Pilzreich kenne.


    Für deine Anfrage wäre das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) in Berlin zuständig.


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Jonas,


    folge mal diesem L I N K


    Der ist zwar nicht explizit für Deine Gegend aber sollte zumindest ein Anhaltspunkt sein, welche Arten welche Schwermetalle besonders gerne anreichern.


    Das sollte dann für betroffene Gegenden entsprechend
    höhere Werte ergeben.-

  • Hallo Jonas,


    mit Ausnahme der schon erwähnten gilbenden Champignons, die wahre Cadmiumsammler sein können (nicht müssen), schließen Pilze die Schwermetalle Cd, Blei Kupfer und Zink in der Regel aus. Auch kenne ich Angaben über eine Anreicherung von Cu durch den Safran-Schirmling.
    Das heißt, dass die Gehalte in den Pilzen meist nicht in gleichem Maße ansteigen, wie sie im Boden ansteigen.
    Ich kenne Untersuchungsergebnisse vom Hüggel bei Osnabrück (hier wurden bis in die 60er Jahre auch Erze abgebaut). Die Bodengehalte an Cd, Cu, Zn,Pb sind hier im Boden höher als in anderen Gebieten, in den dort gesammelten Pilzen aber nicht in gleichem Maße.


    Es gibt eine Untersuchung von Schellmann et. al. (1984), die die Aufnahme von Cd. und Cu nach dem Verzehr wild wachsender Champignons ermittelt haben. Dabei wurden die Gehalte dieser Schwermetalle in Stuhl, Blut und Urin ermittelt und das Ergebnis war, dass es zu keiner signifikanten Erhöhung der SM-Gehalte in Blut und Urin gab, wohl aber im Stuhl. DAs bedeutet, dass die Schwermetalle vom menschlichen Körper zum Großteil wieder ausgeschieden werden. Hintergrund der Untersuchung waren Zweifel an der Annahme, dass die Schwermetalle in gleichem Maße aus Pilzen in den menschlichen Körper aufegenommen werden wie es aus Gemüse geschieht. Das Chitin-Gerüst aus dem die Pilze bestehen ist für die menschliche Enzymatik nicht in dem Maße aufschließbar wie es das Cellulose-Gerüst der Pflanzenzellen ist. Demnach sollte man für Pilze nicht die gleichen Grenzwerte ansetzen wie für Gemüse was aber immer wieder gemacht wird.


    Du kannst davon ausgehen, dass Holz- oder Streuzersetzer in der Regel eine stärkere Aufnahme an Pb,Cu,Cd,Zn aus ihrem Substrat haben als es bei Mykorrhiza-Pilzen der Fall ist.


    Ich hätte in deinem Gebiet wenig Bedenken beim Sammeln, denn du befindest dich zwar in einem Gebiet mit ehemaligem Abbau, meines Wissens wurde das Erz dort aber nicht verhüttet. Da würde ich die Emmissionen der Stahlhütten (Salzgitter dürfte so ein Ort sein) viel kritischer betrachten.


    Gruß
    Bernd

    Ich bin kein PSV, also gibt es von mir auch niemals eine Freigabe zum Verzehr! Wenn ich "essbar" schreibe, dann bezeichnet das eine Art im idealen Zustand, das lässt sich anhand von Fotos niemals beurteilen!

    Einmal editiert, zuletzt von Pilzfinder ()

  • Danke für die ausführliche Antwort!


    Diese Untersuchung werde ich mir mal suchen.
    Direkt verhüttet wurde das Erz nicht hier im Oberharz soweit ich weiß, aber die Halden mit immer noch beträchtlicher Belastung liegen seit Jahrzehnten offen herum. Wie gesagt, allzu große Sorgen habe ich mir sowieso nicht gemacht, aber eine zweite Meinung ist ja nie verkehrt ;) Also Danke für die Hinweise,


    schöne Grüße,
    Jonas


  • Danke für die ausführliche Antwort!


    Diese Untersuchung werde ich mir mal suchen.


    Hallo,


    hier hast du die komplette Quelle:
    Schellmann, Burghard, Emil Rohmer, Karl-Heinz Schaller & Dieter Weltle (1984): Cadmium- und Kupferkonzentrationen in Stuhl, Urin und Blut nach Aufnahme wildwachsender Champignons. Z. Lebensm. Unters.-Forschung 178, 445-449


    Gruß
    Bernd

    Ich bin kein PSV, also gibt es von mir auch niemals eine Freigabe zum Verzehr! Wenn ich "essbar" schreibe, dann bezeichnet das eine Art im idealen Zustand, das lässt sich anhand von Fotos niemals beurteilen!