Traniges Kohlen-Graublatt (Lyophyllum atratum) und zwei andere

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  • Hallo,
    nach langer Pause mal wieder ein Fundbericht:


    Fundort: nördlicher Vogelsberg (TK 5320/4), auf einem Basaltkopf;
    Brandstellen vom Frühjahr, evtl. einige auch vom Vorjahr.


    Auf den Brandstellen waren vor allem kleine braune Pilze zu finden. KBP gibt es viele, aber zum Glück gibt es Arten, die solche Brandstellen bevorzugen. Hierzu gibt es einen schönen Artikel von Fredi Kasparek: Pilze auf Brandstellen. Tintling 2001 H. 1, S. 10, der online verfügbar ist:
    >LINK<


    Die Begleit-Pilze stelle ich unten vor.


    Geruch: streng (Gefühl: kenn ich doch woher, gegrübelt). Nach der Lektüre: klar, Mehlgeruch. Der sitzt noch nicht so richtig.
    Geschmack: da waren noch frische Hinterlassenschaften von Ziegen und Schafen <X


    Hut: dunkelbraun, am Rand gerieft, zerbrechlich, ca 2-3 cm Durchmesser
    Lamellen: schmutzig-weiß, hell-ocker (?)
    Stiel: einheitlich braun, ca 3 cm
    Sporenfarbe: weiß
    Sporen: elliptisch, glatt, 6,1 x 4,0 ( µm), Q=1,5


    Unter der Voraussetzung der Gattung Lyophyllum komme ich mit den GPBW zu:
    Traniges Graublatt = Tephrocybe atrata(Fr.) Donk 1962;
    Synonyme: Lyophyllum atratum
    Traniges Kohlen-Graublatt
    Ellipsoidsporiges (Kohlen-)Graublatt


    Ich bin mir inzwischen allerdings nicht sicher, ob nicht noch eine zweite Kohlen-Graublatt-Art vorhanden war.


    Hier sind die Bilder vom 25.11.14


    (1) Die kleinen braunen Pilze waren sehr zahlreich


    (2) Die Farbe der Unterseite, für mich schwer in Worte zu fassen.


    Beim Exemplar, bei dem man die Lamellen sieht, ist der Stiel anscheinend einheitlich braun, beim liegenden Exemplar wird er nach oben heller.
    Bei E. Gerhardt Der große Pilzführer für unterwegs, werden die dort aufgeführten zwei Arten auch makroskopisch an den Stielfarben unterschieden. Bei Lyophyllum anthracophilum wird demnach der Stiel nach oben hin heller. In der Bestimmungsliteratur ist zu lesen, dass die Arten nur mikroskopisch zu unterscheiden sind.
    Habe ich da was übersehen?


    (3) Foto vom 8.12.14, von einer benachbarten Brandstelle, ca 20 m entfernt


    Begleit-Pilze:
    Am 25.11. hatte ich noch weitere Pilze gefunden. Leider sind die nicht so gut dokumentiert, weil die Kamera anfing, mir Streiche zu spielen. Einige Bilder waren auf dem Monitor zu sehen, wurde aber fehlerhaft abgespeichert. Ich hatte leider auch keine Probe mitgenommen.


    Begleit-Pilz Nr. 1:
    (4) Schöne Farben, der Hut anscheinend etwas klebrig


    (5) Leider unscharf, aber die Lamellen sind hell. Das in der Mitte bildet die Grundlage für coprophile Pilze ;)


    (6) Sie wuchsen gesellig neben den Kohlen-Graublatt-Pilzen.


    Die Bilder passen zu denjenigen vom Kohlen-Schüppling (Pholiota highlandensis) im Aufsatz von Fredi Kasperek. Der Hutrand ist sogar wie dort beschrieben schmal weiß gesäumt. Das ist natürlich keine Bestimmung.


    Begleit-Pilz Nr. 2:


    (7) Ein Öhrling (vermute ich). Das muss kein typischer Brandstellen-Bewohner sein.


    Begleit-Pilz Nr. 3:
    Am 8.12. habe ich auf der Brandstelle noch was rötliches gesehen, vermutlich Ascomyceten. Sie wuchsen auf sehr bröseliger Erdkrume, so dass ich nicht wusste, wie man die transportiert, ohne dass man danach die Erde sieben muss. Ich erspare Euch das unscharfe Foto.


    Viele Grüße
    Lothar Kalok


  • Hallo Lothar !
    vergleiche mal 4 + 5 mit Clitocybe Sinopica
    Gruß Harry


    Tach Harry,


    'glaube ich eher nicht. Sinopica ist ein typischer Frühjahrspilz, der maximal bis Mitte Juli zu finden ist. Allerdings habe ich keinerlei Ahnung, worum es sich handeln könnte.


    Gruß Ingo


    Bild im Anhang


    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Zum vermuteten Graublatt kann ich nichts sagen.
    Da habe ich keine Funderfahrung.


    Clitocybe sinopica hat vor allem eine matte, filzige Hutoberfläche und kurz herablaufende Lamellen. Und natürlich einen intensiven Mehlgeruch.
    Ich bezweifle allerdings, daß die Art ein klassischer Brandstellenbewohner ist. Und wie alle Pilze ist auch immer etwas später im Jahr möglich.
    Fund vom 15.07.2014 auf einer Wiese unter Eiche, definitiv kein Kontakt zu verbranntem Holz (Friedhofsgelände):


    Pholiota highlandensis kann gut passen. Oft findet man Bilder, auf denen die Art recht hell ist bzw. nur eine dunkle Hutmitte und sehr helle Hutränder aufweist. So geht aber auch:

    Gefunden auf Brandstelle im Dezember 2013, Kaiserstuhl.



    LG, pablo.

  • Hallo,
    Harry: Zu Bild 4-6: Sollte bei Trichterlingen der Hut nicht zumindest eine schwache Vertiefung haben? Die Hüte waren alle gewölbt, wie zB. bei Schwefelköpfen.


    @Pablo
    Zu den Farben steht z.B. bei Gröger Bd 2, S. 420: zimtfarben, rost-orange, rostfarben-ocker. Die Variationsbreite ist recht groß, sie passt meines Erachtens auf Dein Foto (zimtbraun) und auf mein Foto (rost-orange).


    Es ist zu erwarten, dass es dort noch neue Brandstellen geben wird. Mal schauen, was sich dort kommendes Jahr tut. Ich werde gelegentlich dort hingehen.


    Edit:
    Noch zum Tranigen Kohlen-Graublatt: der Kohlen-Nabeling sieht so ähnlich aus, riecht aber nicht nach Mehl. Der Geruch war aber mehr als deutlich.


    Viele Grüße
    Lothar

  • Hallo Lothar!


    Kohlen-Graublatt passt (welches von den dreien kann ich dir aber auch nicht sagen, da muss das Mikro ran);
    4 und 5 ist, wie von dir vermutet, Pholiota highlandensis (Kohlen-Schüppling). Auf deinen Fotos mit dieser Farbe erkenne ich ihn besser als auf Pablos Bilder.


    Da ich von einem Öhrling auf Brandstellen noch nicht hörte, würde ich erst mal von Peziza ausgehen.


    Zitat


    Noch zum Tranigen Kohlen-Graublatt: der Kohlen-Nabeling sieht so ähnlich aus,.....


    Hat herablaufende Lamellen und normalerweise etwas vertiefte Hutmitte.
    Das Bild im folgenden Link zeigt Myxomphalia maura und auch gleich nochmal den Kohlenschüppling:
    http://www.hlasek.com/myxomphalia_maura.html


    Da habe ich sogar was Uraltes aus meinen Anfangszeiten im Forum gefunden:
    http://www.pilzepilze.de/cgi-b…7.pl?noframes;read=130710


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    150-15 (APR 2022) = 135-5 (GnE-Wette verloren "über 11 gelöst") = 130+4 (am nächsten an der 222.Schnapps-Punktzahl) = 134+7 (7.Platz im APR 2022) = 141+4 (KISD-Prozente von GnE) = 145-15 (APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (APR 2024) = 133

    Link: Gnolmengalerie

    Link: Einladung APR 2024

    Link: Nanzen 2024

    Link: APR 2024

    Einmal editiert, zuletzt von Ingo W ()

  • Hallo Ingo,
    die Sporen des Graublatts waren deutlich ellipsoid und glatt. Deshalb hatte ich Lyophyllum atratum vermutet.


    Vielen Dank für die Bestätigung von Pholiota highlandensis und für die Links. Dein früher Beitrag im PilzePilze-Forum war beachtlich. Bei rundlichen Sporen ist die Bestimmung offensichtlich schwieriger.


    Bei meinem nächsten Besuch an den Brandstellen oder an anderen Brandstellen weiß ich jetzt etwas besser, worauf ich achten muss.


    Viele Grüße
    Lothar

  • Hallo Lothar


    An den Brandstellen solltest Du noch 3-4 Jahre Freude haben. Schon möglich, das meherer Graublätter gemeinsam vorkommen und Du noch L. antracophilum findest.


    Ein relativ kräftiger Becherling auf Brandstellen ist Peziza echinospora.


    Kleine rote im ersten Jahr sind wahrscheinlich in der Gattung Anthracobia zu suchen.


    LG Karl

  • Guten Abend,
    nach fast einem Jahr war ich am 2. November wieder an den Brandstellen vom Vorjahr. Nur eine war noch teilweise frei von größeren Pflanzen und von Laub. Vermutlich war es die, auf der ich im vorigen Jahr meine Funde gemacht hatte.


    Eine Pilzart war neu: ich gehe auf grund der Lammellenform davon aus, dass es sich den

      Dunklen Kohlen-Nabeling (Myxomphalia maura).

    handelt.


    Update: es handelt sich um den Kohlenleistling (Faerberia carbonaria), siehe Beitrag #11


    Von oben sah er dem Graublatt vom Vorjahr ähnlich, sofern man nicht genau hinschaut.


    (8)


    (9) Der Hutrand ist heller als die Mitte. Die Trockenheit spielt sicher eine Rolle, auch wenn es in der Nacht Niederschlag durch Tau oder Nebel gibt.



    (10) Die Lamellen sind breit angewachsen oder herablaufend


    (11) Der Stiel ist in der unteren Hälfte etwas aufgeblasen


    Auf Grund der herablaufenden Lamellen her kam ich auf den Dunklen Kohlen-Nabeling (Myxomphalia maura). Ingo W. hatte darauf hingewiesen.
    Ich hatte voriges Jahr geschrieben, dass der Kohlen-Nabeling nicht nach Mehl riechen soll. Das ist falsch wie ich inzwischen weiß. Auch er soll mehlartig riechen. Nur ich habe keinen Geruch bemerkt.


    Die Lösung: das Pilzchen kam über nach in ein Schnapsglas mit Wasser (nicht umgekehrt! :P ).
    Am nächsten Morgen war der Mehlgeruch deutlich. (Mit einer guten Nase müsste ich schreiben: der mehlartige Geruch).


    (12) Der Hut war durch das Wasser wieder "gewachsen".



    Die zweite Pilzart, die ich auf der Brandstelle gefunden habe, ist wie im Vorjahr der Kohlen-Schüppling (Pholiota highlandensis)
    Hiervon noch zwei Bilder.


    (13)



    (14)


    Gestern war ich noch mal am Standort. Dieses Mal habe ich auch noch ein Kohlen-Graublatt gefunden. Ich habe noch nicht versucht, es zu bestimmen.



    Viele Grüße
    Lothar

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Lothar!


    Klasse Pilz! Ich glaube der erste ist Faerberia carbonaria (Kohlenleistling). Die Hutoberfläche von Myxomphalina ist glatt, hier sind feine Schüppchen und Flöckchen zu sehen.
    Toller Fund!



    LG, Pablo.


  • Hallo Pablo,
    darüber hatte ich mich auch schon gefreut, da diese Art im oben erwähnten Aufsatz von Fredi Kasparek ausführlich dargestellt wird, der Kohlennabeling jedoch nicht.


    Nur: bei GRÖGER steht in Bd 1, S. 46 (Gattungsschlüssel 7):
     Lamellen leistenartig, dick, entfernt, häufig gegabelt.


    Bei Discover Life ( -> LINK) gibt es ein Bild, das der Beschreibung bei GRÖGER entspricht.


    In der Flora Agaricina Neerlandica wird der Fruchtkörper als cantharelloid, also pfifferlingsartig beschrieben.


    Meiner Meinung sind die Lamellen bei dem von mir gefundenen Pilz weder leistenartig, noch dick, noch entfernt. Sie sehen für mich wie normale herablaufende bzw. breit angewachsene Lamellen aus.


    Update: hier ein Bild von Hlasek:
    http://www.hlasek.com/myxomphalia_maura_am0907.html


    Das kommt dem von mir sehr nahe.


    Bei relativ seltenen Arten bin ich immer sehr skeptisch, ob es sich nicht um eine häufigere Art handelt.


    Viele Grüße
    Lothar

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Genau. :thumbup:
    Passt doch wunderbar auf deinen Fund: Die sind ja durchaus dicklich und entfernt und erst recht gegabelt.
    Habitus "Leistlingsartig" haut ja auch hin, wobei da dann wohl eher der Tompiffge - Habitus gemeint ist als der von einer Cantharellus - Art.
    Also hätte er wohl besser "Nabelingsartig" beim habitus geschrieben.
    Skepsis ist immer gut. In dem Fall kannst du dich aber entspannt zurücklehnen und den Fund genießen. Ich kenne Faerberia zwar nicht, aber Myxomphalina. Und da ist nicht nur die Hutoberfläche total anders, sondern auch die Lamellen.
    Apropos Hutoberfläche: Du kannst ja mal versuchen, die abzuziehen. Wird hier wohl eher nicht gut klappen.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,
    die Unterscheidung sollte an Hand der Sporen einfach sein:
    Myxomphalina maura: Sporen elliptisch bis kugelig, amyloid
    Faerberia carbonaria: zylindrisch bis 10 µm, inamyloid


    Mal schauen, ob ich aus dem Exsikkat noch Sporen gewinnen kann.


    Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob das Bild mit dem Hut von oben derselbe Fruchtkörper ist wie bei dem Bild von der Seite. :shy: Ich habe noch ein anderes Bild vom Hut von oben, bei dem man die Lamellen durchscheinen sieht. Vielleicht sind ja beide Arten vorhanden?


    (15)


    Ich hoffe, dass ich es in den nächsten Tagen noch mal zum Standort schaffe. Mindestens 1 Fruchkörper war am Sonntag noch da, der herablaufende Lamellen hatte.


    Viele Grüße
    Lothar


  • Hallo Pablo,
    die Unterscheidung sollte an Hand der Sporen einfach sein:
    Myxomphalina maura: Sporen elliptisch bis kugelig, amyloid
    Faerberia carbonaria: zylindrisch bis 10 µm, inamyloid


    Mal schauen, ob ich aus dem Exsikkat noch Sporen gewinnen kann.


    Guten Abend bzw. guten Morgen,
    geschafft: ich konnte aus dem Exsikkat mit Hilfe eines Quetschpräparats Sporen gewinnen. Ergebnis:


    Die Sporen sind zylindrisch (mit abgerundeten Ecken),

     Maße: 8,4 µm x 5,3 µm (bei 10 Messungen)


    Gestern hatte mich PiWo noch darauf hingewiesen, dass Faerberia carbonaria "Metuloide" hat (Erklärung bei Wikipedia / Zystide -> LINK).
    Metuloide waren gleich zu Beginn überraschend deutlich zu sehen.


    Ergebnis:
    Es handelt sich bei dem Fund vom 2. Nov. um den
       Kohlenleistling (Faerberia carbonaria)


    Eine schöne Dokumentation, auch in Bezug auf die Metuloide, gibt es von hoennetaler im Forum der DGfM:


    http://forum.dgfm-ev.de/board1…bonaria-kohlen-leistling/


    Vielen Dank, Pablo, für den Hinweis. Makroskopisch war ich noch skeptisch, aber per Mikro war die Frage schneller zu klären als ich gedacht habe.


    Viele Grüße und gute Nacht,


    Lothar

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Lothar!


    Nun ist der wirklich in trockenen Tüchern. :thumbup:
    Danke für deine Untersuchung. Mit den Mikromerkmalen der Art hatte ich mich noch gar nicht beschäftigt. Wie auch? Ich hatte ihn selbst noch nie gefunden. Es ist wirklich interessant, wie auch im DGfM - Forum schon angemerkt wurde: Diese Hymenialzystiden sehen tatsächlich aus wie bei manchen Hohenbuehelia - Arten.



    LG; Pablo.