Der Klosterforst

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.452 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Rada.

  • ... ist groß.


    Oh ja. rund 850 Hektar Wald und Freiflächen, Trockenrasen, Kiefern, Eichen, Hainbuchen. Waldsäume mit vielfältigem Strauchwerk, Felsenbirnen, Weißdorn, morastige Flächen mit Erleninseln, den verschiedensten Weiden, Versickerungen, Bäche, reine Sandflächen, Übergangsbereiche mit Espen, Birken...


    Hier, auf dem Land des ehemaligen Frauenklosters Kitzingen, dem ursprünglichen Kern Kitzingens, abgebrannt und profaniert, auf diesem Gelände also tobten sich die Truppen aus, erst die Wehrmacht, dann die Army.
    Siebzig, achtzig Jahre, in denen der Wald zum Urwald verkommen durfte.


    2007, nach dem Abzug der Amis wurde dieser Wald wieder in vollem Umfang dem Nutzen und Frommen von Gemeinden, Forstämtern, Jagdbesitzern und Privatbesitzern anheim gegeben.


    Seither verschwindet Stück um Stück das wunderbare Fleckchen Erde und wir in Heller und Pfennig umgemünzt. Die ehemaligen Rennstrecken der Kettenfahrzeuge, Refugium seltener Pilze und Pflanzen, verstrauchen.
    Es wird gerodet und freigeschlagen, abgesammelt und ausgekehrt. Es wird beschildert und beschrankt, aufgeschrieben und zur Kasse gebeten.
    Man muss dazu wissen, das die Wege großenteils für schweres Militärgerat ausgelegt sind und Erebus eine Menge Sperrgut mit sich führt. 850 Hektar vom Rande aus zu erobern, das ist nicht ganz unanstrengend. So manches Gebiet war früher leicht zu erreichen.


    Nun, es kann aber auch seine gute Seite haben, wenn nicht mehr Hinz und Kunz ihr neues Quad hier ausprobieren dürfen. Denkt Erebus und geht zu Fuß.


    Er geht zu Fuß und sieht hinter die Kulissen. Zum ersten Mal seit Tagen im Wald und dann das: sämtliche Espen, prächtige Bäume, die raschelnd den Herbst einleiteten, sind verschwunden. Den ganzen, hunderte Meter langen Weg entlang. Herausgefetzt, zersplittert, auf Haufen geworfen. Minderwertiges Holz, minderwertiges Brennholz, früher einmal zu Apfelsinenkisten verarbeitet, wer will das schon haben. Warum also?


    Die Espen säumten den Weg, und nun, frei und unbewachsen sieht man die Spuren der Vorarbeiter, Förster, was weiß ich.Menschen mit Spraydosen, die die Toten aussuchen. Zahllose Frasgänge, links und rechts orange markiert führen in den Wald.


    Hier werden sich die Forester sattfressen, und das wird nicht mehr lange dauern...



    LG, Uli




    Bilder habe ich nicht gemacht, mir war nicht danach.


    Aber ich kann mich natürlich trösten. 850 Hektar, das ist schon eine Menge Wald.


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    95 PC + 5 von JackBayer geschenkt bekommen, macht: 100!

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  • Hallo Uli,


    es ist schon traurig sowas zu erleben, und es zu beschreiben ist es noch schwerer, du kannst es aber immer wieder gut und mir kommt es so vor als hätte ich es selbst gesehen.


    Jetzt gehe ich in der Ecke und schäme mich zu den Menschen zu gehören.

    Gruß Mario
    Ein Gruß aus den Bergischen Land


    Pilzchips 40 / 13 PC fürs APR.


    Bei Geschmackprobe bitte nicht runter schlucken.

  • Gräßlich! :cursing:
    Ich kanns nachfühlen, Ulli. In meinem Lieblingswald ist auch übel geharvestert worden. Ohne Rücksicht auf Verluste. Meine ergiebigsten Reizkerstellen sind mausetot.


    Als ob der Wald überfallen worden wäre!

    Schönen Gruß,
    Hans aus Bremen
    ------------------
    "Es gibt Gottsucher, Ichsucher und Schwammerlsucher" (G. Polt)



  • Hallo Uli,


    wie traurig. Schlimm, wenn nur noch der Maßstab Geld und Profit gilt.
    Wie schnell ist ein Baum mit diesen Monstermaschinen gefällt und entastet, und wie lange hat es gebraucht, bis er gewachsen ist? Aber das zählt ja wohl nicht ...


    Grüßle
    Heide

    Liebe Grüßle

    Heide



    ________________________________________________________
    Hier entlang gehts’ zu meinen Themen.

    Erebus-Pilzkalender 2019:


    ... 70 - 2 + 20 Mausis OsterBRrätzel - 2 Nobis Wirbelrätsel - 10 APR 2018 - 5 + 10 nochn-Pilz-Bilder-Rätsel = 81 + 2 von Unki - 2 APÄ-Spende = 81 - 10 APR 2020 = 71 - 1 Heilige Gral = 70 + 5 GnuspaGnolm = 75

  • Hallo Uli, das tut mir leid.
    Ich kenne den Klosterforst und Dich zwar nicht, aber das Phänomen kenn ich leider nur zu gut. Das gibt es auch hier. Traurig. Gar nicht so einfach, ungeschundene Natur und Mußeorte zu finden. Früher oder später wird auch das platt oder sauber gemacht und gewinnmaximiert. Kann man nur den Blick mit Scheuklappen auf das wenden, was da noch schön ist und das Grauen, so gut es geht, wegblenden oder den Ort künftig ganz meiden.


    Liebe Grüße Lia

    [font="Impact"]Kein Pilz ist klein genug, um nicht auch ein Glückspilz zu sein. :sun:[/font]

    Einmal editiert, zuletzt von Lia ()

  • Hallo Uli!
    Das hört sich schlimm an. Du hattest ja, wenn ich mich recht erinnere, schon den einen oder anderen Fund aus dem Klosterwald gezeigt. Ich kann es nachfühlen, mir geht das schon so, wenn ich mich von einzelnen Bäumen oder kleinen Abschnitten des Waldes meiner Kindheit verabschieden muss.
    Gerade vor ein paar Tagen habe ich gelesen, dass z. B. die Hessen (forstreichstes Bundesland) ca. 15 % mehr Holz verbrauchen, als sie "produzieren" können. (der Mehrverbrauch rührt meistenteils von Holzöfen und Pellet-Heizungen) Das heißt, dass jedes Jahr mehr geschlagen und mehr importiert werden. Wo kommt das alles her?


    Gibt es keine Bestrebungen, dieses wunderbare Gebiet unter Schutz zu stellen?

  • Hallo Uli,


    bei Dir, wie überall, kann man auf dieses Ausschlachten der Natur nur mit Ohnmacht und Wut, endend in bitterer Resignation, reagieren.


    Wir alle wollen mobil sein, Strom haben, eine warme Höhle und all die Annehmlichkeiten der sogenannten Zivilisation. Ich auch.


    Wir wollen keine Atomenergie. "Sauber" zwar, ressourcenschonend, aber im Fall des Unfalls mit katastrophalen Folgen für uns Menschen. Wir setzen auf "erneuerbare" Energien. Sprit statt Essen, Holz statt Erdgas, Pest oder Cholera, "nachhaltige" Bewirtschaftung.


    Nachhaltig, und das ist sicher, ist nur die Zerstörung der Natur.


    Amor fati, mein Lieber. Wo keine Bäume mehr wachsen, flieht der Blick in den Kosmos der Pioniere. Moos- und andere Becherchen. Profiteure der Erosion, Wegbereiter neuen Lebens.


    Frohe Weihnachten. Verdammt.