Bestimmungsresistentes Winzkeulchen

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 6.312 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von JanMen.

  • Hallo,


    vor einigen Tagen hab ich die folgenden Keulchen an einem Büschel Moos gefunden.
    Erst dachte ich da an was Pflanzliches, hab dann aber doch ne Probe davon mitgenommen.
    Unter dem Mikro dann winzige Sporen und Basidien gefunden (Maße im Mikrobild), ansonsten nur noch keulige Zellen, nichts weiter Auffälliges. Evtl. sind die Basidien auch länger, die Basis hab ich nur schlecht gesehen.


    Die längsten der Keulchen waren knapp unter 1mm lang, sehr viele um 0,7mm. Sklerotien waren keine da.


    Beim bisherigen Literaturwälzen bin ich auf nichts passendes gestoßen. Pterula gracilis sollte 2-sporige Basidien haben, größere Sporen und Zystiden. Eocronartium passt vom Standort, aber nicht auf die Mikromerkmale. Als Gattung würde vielleicht noch Typhula hinkommen, dort find ich aber auch nichts, was zufriedenstellend passen würde.


    Kennt die jemand?



    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Matthias!


    Ich habe nicht die geringste Ahnung, was du da zeigst.
    Aber spannend ist es. Diese Arten, die sich erstmal irgendwie garnicht einordnen lassen, sind oft irgendwie das Salz in der Suppe. ich hoffe, daß sich noch jemand mit einer guten Idee meldet (Björn mal drauf ansetzen?), und schiebe darum das Thema mal an.



    LG, pablo.

  • ich natürlich erst recht nicht, hatte es zuerst für einen Schleimpilz gehalten, aber nach den Schleimpilzmikroskopfotos , die ich bisher so sah, war es wohl tatsächlich eher ein richtiger Pilz?auf jeden fall ein sehr faszinierender!

    Liebe Grüße, Juliane




    [font="Arial Black"]man kann alle Pilze essen, manche jedoch nur einmal [/font]:plate:


    83 Pilzchipse (+2 Trompetenschnitzlingabdruck)


    *JE SUIS CHARLIE*

    Einmal editiert, zuletzt von luckenbachranch ()


  • Ich hoffe, daß sich noch jemand mit einer guten Idee meldet (Björn mal drauf ansetzen?)...


    Natürlich war mir dieser phantastische Beitrag auch nicht entgangen!
    Deshalb habe ich Klaus009, den "Keulenversteher", bereits auf das Thema aufmerksam gemacht.
    Vielleicht hat er ja eine Idee und meldet sich noch.


    Ein ganz großes Dankeschön für diesen spannenden Beitrag, Matthias! :thumbup:


    LG Nobi

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  • Hallo Matthias,


    durch den freundlichen Hinweis von Nobi bin ich auf Dein wunderschönes Keulchen-Porträt gestoßen. Ein paar kurze Bemerkungen bzw. Hinweise dazu: An Typhula glaube ich irgendwie nicht (sehr –šwissenschaftliche Vorgehensweise–™, ich weiß), aber zumindest vom Bild her scheinen die Keulchen eine unbeschichtete Keule zu besitzen. Eigentlich sind sie für diese Gattung ja auch zu winzig.
    Pterula kannst du wahrscheinlich ausschließen, wenn du die Trama untersuchst. Die müsste dann nämlich dimitisch sein, d.h. du würdest auch Skleletthyphen finden, die für eine deutlich größere Festigkeit sorgen. Passt aber auch von den Sporenmaßen her nicht, wenn man mal P. gracilis heranzieht, die ähnlich wächst.
    Vom Bild her tippe ich bei der Aufsammlung ganz schwer auf Ceratellopsis, eine Gattung, die mehr Unklarheiten als sonstwas in sich birgt, wenn man zur Artzugehörigkeit kommt. Sollte die Spitze der Keule steril sein, wäre es sowieso klar; aber in dieser Gattung kommen auch Arten mit fertiler Spitze vor, im Gegensatz zu der Gattungsbeschreibung in Jülich (1984). Könnte evtl. C. mucedinea (in manchen Werken auch als C. mucedinacea bezeichnet) sein oder etwas aus dem Komplex C. aculeata/acuminea, aber das geht jetzt in den Bereich der Kaffeesatz-Leserei über ...
    Mehr per Mail.
    Schöne Grüße,
    Klaus

  • Hallo Klaus,


    danke sehr für deine Ausführungen.
    Die Trama war nicht dimitisch, Pterula dürfte damit wegfallen. Ceratellopsis gefällt mir auch am besten. Literatur hab ich da allerdings keine dazu. Falls du da was hättest wäre ich natürlich interessiert. Überhaupt kannte ich bisher nur C. aculeata namentlich.
    Ob die Spitze fertil ist, werd ich bei Gelegenheit nochmal nachschauen.


    Ich schick dir mal meine Mail-Adresse per PN.


    Danke natürlich auch an alle anderen für die Kommentare und besonders an Nobi. Ich wusste nicht einmal, dass wir hier einen Keulenspezialisten im Forum haben.


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.


  • Ich wusste nicht einmal, dass wir hier einen Keulenspezialisten im Forum haben.


    :evil:


    Woher auch?
    Sooft ist Klaus ja auch nicht hier zu Besuch! ;)


    Ich finde klasse, dass er sich nicht nur gemeldet, sondern deinen schönen Fund zumindest ansatzweise aufgeklärt hat. :thumbup:
    Ich habe wieder jede Menge gelernt!
    Literatur zur Gattung wirst du keine vernünftige finden, es sei den, Klaus rafft sich mal auf, und schreibt selbst einen Artikel!
    Darüber nachgedacht hat er wohl schon, wie ich einer E-Mail von ihm entnehmen kann. :)


    LG Nobi

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Finde ich super! :thumbup:
    Ich hatte von der gesamten Gattung noch nie gehört. Spannende Sache!
    Zum Glück gibt es Leute, die sich auch mit diesen Schönheiten beschäftigen. Hut ab.
    Wäre natürlich toll, dazu bei Bedarf etwas Stichhaltiges nachlesen zu können.



    LG, Pablo.

  • @Pablo: Zum Thema –šStichhaltiges–™: Das wird ein bisschen dauern. Und Bestimmungen auf Artebene sind bei Ceratellopsis ganz einfach; es kann einem sowieso niemand das Gegenteil bzw. was anderes beweisen;-) Aber ernsthaft: Alle Schlüssel, die ich dazu kenne, sind sowohl unvollständig als auch meist fehlerhaft. Das kann man schonmal knicken. Und bei den Artbeschreibungen wird es noch schwieriger. Insofern sind bislang eigentlich nur Bestimmungen –šim Sinne von ...–™ möglich. Schaun wir mal...
    Schöne Grüße,
    Klaus

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Klaus!


    Bestimmungen "in sensu xy"...
    Da braucht man gar nicht mal im Kleinen zu suchen.
    Es reicht schon, sich einen beliebigen Weichritterling vorzunehmen, der ist in den meisten Fällen auch nicht bestimmbar. ;)


    Stichhaltig ist immer so eine Sache, da hast du völlig recht. Würde man es richtig machen wollen, dann müsste man so vorgehen wie Bernd und Ditte zur Zeit mit der Bearbeitung der Inocyben. Was dann ein Mordsaufwand ist, und auch wegen der Massen an Sequenzierungen dazu noch kostenintensiv.


    Nur um mal eine Arbeitsgrundlage für andere Mykologen zu schaffen, muss es vielleicht erst mal gar nicht so viel sein. Auch wichtig ist ja, möglichst viele Funde zu bekommen und zu untersuchen. Also das Interesse möglichst vieler anderer Mykologen zu wecken. Alleine kämpft man auf so einem gebiet ja wahrscheinlich gegen Windmühlen, weil einem einfach zu viel entgeht.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Wie ich dieses Forum liebe. Nach einer ziellosen Suche, die auch an Pterula gracilis und mehreren Typhulas vorbeiging, fand ich gerade diesen Thread hier. Ich habe - so bin ich mir sehr sicher - dieselbe Art entdeckt. Auch sie wuchs hauptsächlich am Moos, ging allerdings auch über auf Holz und wächst mit 3 Fruchtkörpern sogar auf einer alten Insektenhülle.



    (klick!)


    Ich bin so frei, Matthias und Klaus auf diesen Thread bzw. sein Wiederaufleben hinzuweisen und es wäre toll, wenn ich auch Ceratellopsis-Literatur geschickt bekommen könnte, denn damit sieht's bei mir leider auch schlecht aus. Interessant wäre es darüberhinaus zu wissen, ob Matthias seinem Fund am Ende einen Namen (sensu X?) gegeben hat.


    LG, Jan-Arne


  • Wie ich dieses Forum liebe.


    Dito! :thumbup:


    Schön, dass Du mit einem vermutlichen weiteren Fund nochmals auf den Beitrag und diese interessante Species aufmerksam machst, Jan-Arne!
    Glückwunsch zu dieser schönen Art!


    Es schlummern so viele tolle Beiträge im Archiv des Pilzforums.eu!
    Auch ich bemühe bei den Copros gern die Suchfunktion und staune immer wieder, was hier alles schon geschrieben wurde.
    Und oft hilft das weiter, als stundenlanges Durchsuchen diverser Spezialliteratur.


    LG Nobi

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Jan-Arne,


    krass, was du so findest und das mitten im Winter. :D Ehrlich bei uns taut gerade der Schnee langsam weg. Ich hoffe, dass ich in 1-2 Wochen der Schnee und das Eis so weit weggetaut sind, dass sich eine Exkursion lohnt und auch ein Gehen auf Waldwegen wieder möglich sein wird. Da haben sich echt einige großflächige Eispanzer gebildet. Herzlichen glückwunsch zum tollen Fund. So was bleibt mir mal wieder verborgen. Ich such da lieber Rostpusteln an Pflanzen; davon verstehe und finde ich auch mehr. :)


    l.g
    Stefan

  • Hallo zusammen,


    Jan-Arne, Du hast ja von Klaus schon Bescheid bekommen.
    Ich antworte hier noch mal für alle Interessierten:


    Klaus hat meinen oben vorgestellten Fund als Ceratellopsis aculeata (Pat.) Corner bestimmt, wobei natürlich zu beachten ist, dass in dieser Gattung das letzte Wort noch lange nicht gesprochen ist, insbesondere was die Abgrenzung gegenüber C. mucedinea angeht.


    Ende letzten Jahres hatte ich dann einen weiteren Fund einer Ceratellopsis, die noch etwas größere Sporen hat. Die Keulchen wuchsen dabei an einem Pappelblatt. Das Exsikkat davon werde ich Klaus noch zur Untersuchung zukommen lassen. Ob diese Aufsammlung eine andere Art ist, ist noch offen.
    Hier Bilder davon:







    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die kleinen Keulchen wirklich selten sind. Nur eben nicht beachtet, da sie ja kaum in der Literatur auftauchen und dann noch vieles unklar ist.
    In jedem Fall ein sehr spannendes Forschungsfeld. :)


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Mreul ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Matthias,


    vielen Dank, dass du auf meine Mail reagiert hast und den möglichen Mitlesenden und mir die Auflösung deines Fundes verrätst. Und auch wieder mal eine tolle Dokumentation deines nächsten Ceratellopsis-Fundes mit den Riesensporen. Entweder es sind tatsächlich diverse unbeschriebene Arten in der Gattung zu finden oder die Variabilität weniger Arten ist ungemein hoch. Ich bin gespannt, ob mein Keulchen auch einen Namen kriegt oder bis auf Weiteres im Herbar verschwindet.


    LG, Jan-Arne


    Edit - Zur Auflösung: Mein Fund hört jetzt - dank Klaus - auf den Namen Ceratellopsis cf. aculeata. Es scheint sich also um eines der derzeit nicht eindeutig bestimmbaren Exemplare zu handeln. Schade. ==20:)