2014, ein gutes schlechtes Jahr

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 3.758 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von melanieoderimmer.

  • Am Anfang eines jeden neuen Jahres steht die Auswertung der Funde des vorhergegangenen und ein Resümee über die gesamten Aktivitäten seit Beginn der Aufzeichnungen.


    Begonnen mit der Aufzeichnung habe ich im September 2010 mit so ausgefallenen Arten wie Pfifferling, Steinpilz, Stockschwämmchen, Semmelstoppelpilz etc.
    Ein klares Zeichen mykophagischer Wurzeln.


    Bis heute sind daraus 897 Arten geworden, wobei die für dieses Jahr angepeilten 900 nur deswegen verfehlt wurden, weil sich zum einen einige Exemplare standhaft jedes Bestimmungsversuches widersetzten, ich zum anderen recht viel Zeit für so profane Dinge wie Geldverdienen und Existenzsicherung verschwenden musste.


    In den bisher angefallenen über 2000 Aufschreibungen finden sich zudem 151 Arten, die für Nordrhein-Westfalen noch nicht dokumentiert wurden, sowie 13 Arten, für die es für Deutschland noch keinen Nachweis gab. Kein Nachweis muss nicht bedeuten, dass sie zuvor noch nie gefunden wurden. Es kann auch sein, dass Funde nicht veröffentlicht wurden oder ich entsprechende Veröffentlichungen nicht bemerkt habe.



    Doch kommen wir zum Jahr 2014.


    Es war ein schwieriges Jahr. Zum einen weil ich nur recht wenig Zeit erübrigen konnte, zum anderen, weil lange Trockenperioden die heimischen Gefilden in Halbwüsten verwandelt hatten. In den kurzen Feuchtperioden wurde man dann mit einer wahren Pilzschwemme überladen, wodurch sicher so manche Art einfach übersehen wurde.
    So konnte ich 2014 nur 418 Arten dokumentieren. Davon jedoch 15 für NRW, und gleich 4 für Deutschland noch nicht erfasste Arten.
    Die Dungi-Fungis, meine (Nein, eine meiner) heimliche(n) Liebe(n), haben besonders unter dem Zeitmangel gelitten. Von den bisher 110 gefundenen Arten, konnte ich 2014 nur 75 wiederentdecken oder erstmals finden. Davon waren 11 persönliche Erstfunde, und davon wiederum 7 für NRW und oben erwähnte 4 für Deutschland nicht dokumentiert.
    Alles in allem kann man 2014 als gutes, schlechtes Jahr bezeichnen.


    Ausblick.


    Das Jahr 2015 bietet alle Voraussetzungen, aus mykologischer Sicht ein Superjahr zu werden. Vorausgesetzt, das Wetter spielt entsprechend mit. Großflächige Rodungen in unseren Wäldern, die das Herz bluten lassen, werden vielen Pionierarten hervorragende Bedingungen bieten und Knieschoner wie Gelenke an die Grenzen der Belastbarkeit bringen.


    Eines meiner Lieblingsreviere, die Grube Cox, leidet sehr unter Verbuschung und vermehrter Humusbildung. Für dieses Jahr steht eine Besichtigung mit Vertretern der zuständigen Biologischen Station an. Ziel ist, die Maßnahmen für das entfernen der Verbuschung zu besprechen. Eine dringend notwendige Maßnahme um dieses Kleinod mit Trocken- und Magerrasenbiotopen zu retten. Nicht nur für die Pilze, sondern auch für viele seltene Pflanzen- und Insektenarten.
    Das wird viel Arbeit, denn anpacken ist angesagt.



    Warum ich dies hier schreibe.


    Ich bin natürlich völlig resistent gegen Selbstbeweihräucherung, Lobhudeleien und beifallheischen. Naja, fast jedenfalls. :)


    Aber der eigentliche Grund ist ein anderer. Ich bin nun wahrlich nicht der Pilzexperte vor dem Herren. Insbesondere den Lamellenpilzen stehe ich bekanntermaßen nicht besonders nahe. Und ohne dieses Forum, ohne die vielen sachkundigen Mykologen hier und außerhalb des Forums, hätte ich vermutlich längst das Handtuch geworfen, hätte aber mit Sicherheit nicht annähernd so viele Funde dokumentieren können.
    Dass die Hobbymykologie Nachwuchsprobleme hat, ist kein Geheimnis. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass es ohne Hobbymykologen noch viel mehr weiße Flecken auf der Landkarte gäbe, noch viel weniger Wissen transportiert würde.


    Die Mykologie ist wohl eines der letzten Gebiete, auf denen sich interessierte Menschen mit einer gehörigen Portion Forscherdrang so richtig austoben und erfolgreich sein können. Und zwar auf allen Ebenen der Sachkunde. Man muss kein mit allen Wassern gewaschener Experte sein, um wichtige Beiträge zur Erfassung der heimischen Pilzvorkommen leisten zu können. Mann muss nicht alle Arten der Gattung Inocybe im Schlaf aufsagen, nicht jeden Pilz mit Handschlag und lateinischem Namen begrüßen können. Man muss nicht jedes Wochenende hunderte Kilometer fahren. Nein, jeder kann vor der eigenen Haustüre einen wichtigen Beitrag leisten. So habe ich auch meine Funde lediglich im Gebiet von vier Meßtischblättern und einem halben Dutzend 16tel Quadranten gemacht. Alles im Umkreis von max 15 Kilometer. Man muss auch keine zigtausend Euro teure Ausrüstung haben. Ob nur mit Bleistift und Papier, oder mit Pocketkamera und gebrauchtem Mikroskop, piepegal.
    Jeder kann im Rahmen seiner zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten einen wichtigen Beitrag leisten.


    Und wenn ich sehe, wie sich grade hier in unserem Forum die Mitglieder entwickeln, wie eine Kuschel oder Melanie plötzlich geprüfte Pilzsachverständige werden, wie ein Pablo quasi auf der Überholspur zum Experten mutiert, wie immer mehr Interessierte User plötzlich ein Mikroskop vor sich stehen haben, wie eine Daniela mit 11 Beiträgen einen Neufund für Deutschland macht, dann kann es doch eigentlich kein halten für jeden, der über den Pfannenrand heraus interessiert ist, mehr geben.


    Also, keine Angst vor Schwierigkeiten oder fehlendem Wissen. Einfach machen. Hilfe gibt es überall und insbesondere hier in diesem Forum.





    Zum Abschluß ein kleiner Querschnitt durch das vergangene Jahr. Hab ich sicher alles schonmal gezeigt, aber vielleicht noch nicht jedem.:D
    Manches davon wäre ohne die Hilfe von Freunden, Bekannten, Forenmitgliedern und "auswärtigen" Experten ohne Namen geblieben.


    Vielen Dank dafür.:thumbup:


    Octospora lilacina



    Roseodiscus formosus



    Pleophragmia leporum



    Anthracobia maurilabra



    Cystolepiota hetieri



    Russula virescens



    Tuber rufum



    Otidea tuomikoskii



    Xerocomellus cisalpinus



    Postia ptychogaster



    Xeromphalina picta



    Scutellinia vitreola



    Hygrophorus eburneus



    Clavaria krieglsteineri


  • Oh Ralf wie recht du hast, ich hoffe nur das diesen Forschung drang nicht irgenwann auf den Lebensweg verloren geht.


    Die Zeit mangel setzt mich auch ganz schön zu, eigentlich hatte ich mir vorgenommen öfter dich besuchen zu kommen aber irgendwie klappt es nicht so wie ich mir das vorstelle.

    Gruß Mario
    Ein Gruß aus den Bergischen Land


    Pilzchips 40 / 13 PC fürs APR.


    Bei Geschmackprobe bitte nicht runter schlucken.

  • Die Zeit mangel setzt mich auch ganz schön zu, eigentlich hatte ich mir vorgenommen öfter dich besuchen zu kommen aber irgendwie klappt es nicht so wie ich mir das vorstelle.


    Hallo Mario,


    dann sollten wir das für dieses Jahr mal in Angriff nehmen.:D


    Ja auf jedenfall mein Lieber, du weisst doch wie gern ich dich durch die gegen kriechen sehe. :D:D:D

    Gruß Mario
    Ein Gruß aus den Bergischen Land


    Pilzchips 40 / 13 PC fürs APR.


    Bei Geschmackprobe bitte nicht runter schlucken.

  • Hallo Ralf!


    Herzlichen Dank für Dein Resumée und die beigefügten Fotos. Ein interessanter Anstoß und Motivation, mit seinen eigenen bescheidenen Bemühungen fortzufahren.


    Allerdings habe ich eine kleine Bitte: Für alle Teilzeit-Anfängermykologen, wie mich z. B., ist es wesentlich einfacher und verständlicher, wenn zu den wissenschaftliche Namen auch die - sofern vorhandenen - Trivialnamen kommen. Ich wäre dafür sehr dankbar.


  • Hallo Harald,


    natürlich darfst Du anzweifeln. In diesem Fall bleibe ich jedoch zunächst bei der Bestimmung. Ich hatte die Art hier


    http://www.pilzforum.eu/board/…ight=cystolepiota+hetieri


    mit mehr Fotos vorgestellt. C. pulverulenta sollte wesentlich dunkler beschuppt sein, C. adulterina nicht so deutlich röten. Mikroskopisch hat auch alles gepasst. Die Beschuppung ist je nach Alter stark unterschiedlich, sicher weil die Schuppen sehr leicht von Wind und Regen abgewischt werden. Hier habe ich junge Exemplare fotografiert, die noch im Vollbesitz Ihrer Hutschuppen sind.
    Ich nehme Deinen Einwand dennoch ernst. Die Art erscheint jedes Jahr zuverlässig in einem feuchten, humusreichen Siefen und werde sie beim nächsten Erscheinen nochmals überprüfen.
    [hr]


    Hallo Ralf!


    Herzlichen Dank für Dein Resumée und die beigefügten Fotos. Ein interessanter Anstoß und Motivation, mit seinen eigenen bescheidenen Bemühungen fortzufahren.


    Allerdings habe ich eine kleine Bitte: Für alle Teilzeit-Anfängermykologen, wie mich z. B., ist es wesentlich einfacher und verständlicher, wenn zu den wissenschaftliche Namen auch die - sofern vorhandenen - Trivialnamen kommen. Ich wäre dafür sehr dankbar.


    Hallo Tuppie,


    normalerweise schreibe ich die Deutschen Namen immer dazu. Hier hab ich bewusst drauf verzichtet. Demnächst auch wieder in Deutsch.:)

  • Hallo Ralf,
    vielen Dank für die treffenden Worte und den positiven Ausblick auf 2015! Ich hoffe sehr, dass wir auch in diesem Jahr wieder gemeinsam auf Tour gehen werden und ich dabei vielleicht sogar am "knacken" der 900er Grenze dabei sein darf!
    Viele Grüße aus Wermelskirchen,
    Wilfried


  • Jep, nachdem ich die weiteren Bilder gesehen habe, bin ich in meiner Meinung bestärkt, dass das Cystolepiota adulterina ist. Allein der deutlich sichtbare Ring beim letzten Foto sollte auf die Spur führen, weil hetieri nämlich ringlos ist.


    Guckst Du hier.


    Grüße Harald

  • Jep, nachdem ich die weiteren Bilder gesehen habe, bin ich in meiner Meinung bestärkt, dass das Cystolepiota adulterina ist. Allein der deutlich sichtbare Ring beim letzten Foto sollte auf die Spur führen, weil hetieri nämlich ringlos ist.


    Guckst Du hier.


    Grüße Harald


    Hallo Harald,


    ein schlagkräftiges Argument. Vielen Dank dafür.
    Nun wird die Art zurückgestellt und im Sommer nochmal genau untersucht.


    Ich sag doch, dieses Forum, bzw. die Gemeinschaft, ist genial.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ralf!


    Das ist richtig: Das Forum ergänzt sich auch sehr gut.
    Was du alles über Ascos und insbesondere die Coprophilen weißt, da muss ich noch lange für arbeiten. Von Mineralien, Käfern, Bäumen und Wildtieren ganz zu schweigen. ;)


    Du bist mir zwei Jahre voraus, ich habe erst Ende 2012 angefangen, so ein paar Sachen mal zu notieren.
    Seit dem ist jedes Jahr (also 2013 und 2014) jeweils besser als das davor gewesen. Das schiebe ich aber erstmal darauf, daß ich mehr wahrnehme und erkenne.


    Wenn Du und Harald aber beide zu dem Schluss kommen, daß 2014 ein außergewöhnliches (in mancher Hinsicht) Jahr war, dann sagt das schon Einiges aus.
    Aus meiner Sicht darf 2015 das aber gerne noch toppen.



    LG, pablo.

  • Das sind wunderbare Worte, Ralf, die du findest!


    Vieles, vor allem dein Plädoyer zur Kartierung hätte ich nicht besser schreiben können. Sie drücken genau das aus, was ich empfinde.



    Und wenn ich sehe, wie sich grade hier in unserem Forum die Mitglieder entwickeln, wie eine Kuschel oder Melanie plötzlich geprüfte Pilzsachverständige werden, wie ein Pablo quasi auf der Überholspur zum Experten mutiert, wie immer mehr Interessierte User plötzlich ein Mikroskop vor sich stehen haben, wie eine Daniela mit 11 Beiträgen einen Neufund für Deutschland macht, dann kann es doch eigentlich kein halten für jeden, der über den Pfannenrand heraus interessiert ist, mehr geben.


    Du bringst es auf den Punkt!
    Auch mich beeindruckt, in welchem Tempo sich jeder einzelne der "Stammuser" dieses Forums entwickelt!
    Wie sich das fachliche Niveau seit meinen ersten Gehversuchen hier angehoben hat, ohne dass jemand abgehoben ist.
    Für mich ist das Ansporn, nicht auf dem jetzigen Stand stehenzubleiben, sondern mich stets weiterzuentwickeln.


    In dem Sinne: Auf ein großartiges Pilzjahr 2015 und auf ein erstes persönliches Treffen.


    LG Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Servus Ralf,


    es wurde zwar schon alles geschrieben,


    ein Danke für deinen Beitrag kann ich mir nicht verkneifen,



    LG
    Peter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

    • Offizieller Beitrag

    Möönsch Ralf!


    das hast du super zusammengefasst! es macht einfach Spaß zu diesem Forum zu gehören!
    Ohne dieses Forum und das kann ich wohl auch so sagen, ohne dich speziell, wäre ich heute nicht so weit, wenn überhaupt noch dabei!


    Es ist die Gemeinschaft hier, das Persönliche, das mich anspornt und unterstützt.
    Der Gedanke, wenn ich in den Wald gehe, gehe ich nie allein, sondern nehme irgendwie immer Gleichgesinnte mit. Wenn auch oft nur durch Fotos und Berichte.


    Das neue Jahr birgt viel Neues würde ich sagen! Auf auf! :D


    lieben Gruß,
    Melanie

    Gnolmige Gnüße, Gnelmanie die Rote

    "In den Wäldern sind Dinge,
    über die nachzudenken,
    man jahrelang im Moos liegen könnte."

    -Franz Kafka-
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