Sporormiella sp auf Pferdedung

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.128 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo,


    nach der Coniochaeta hab ich nun ein Exemplar einer Sporormiella entdeckt. Leider nicht die erhoffte megalospora. Anfangen kann ich damit bisher nicht wirklich was. Die Sporenlänge käme vielleicht noch für capybarae hin, aber die Sporen sind zu schmal und auch die Keimspalte will mir nicht gefallen. Hier ist die Keimspalte mehr oder weniger parallel und recht undeutlich zu sehen.


    Ansonsten finde ich momentan nichts mit diesen Merkmalen:



    Bestimmbar?


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    ich sehe eine verlängerte dritte Zelle, ziemlich spitze Endzellen und die parallel verlaufende Keimspalte. Das alles will mir für S. capybarae nicht so recht gefallen.


    Wenn man in betracht zieht, dass es ein ziemlich reifes Perithecium gewesen zu sein scheint, dass die Sporen bereits zu zerfallen beginnen und daher möglicherweise ein etwas längeres Sporenmaß abgeben, könnte ich mich glatt mit S. dubia anfreunden.


    Aber wie immer, mal sehen was Nobi meint.:)

  • Lieber Matthias,


    ich hätte es nicht besser als Ralf formulieren können! :thumbup:
    Ganz klar überreife, auseinander driftende Sporen!
    Dann muss man natürlich einige µ abziehen, um auf die ursprüngliche Größe zu kommen.
    Wären wir also unter 50 µm.
    Mit parallelen Keimspalten, der von dir ermittelten Sporenbreite und dem Fakt, dass die Asci langstielig sind, kann es eigentlich nur die von Ralf favorisierte Sporormiella dubia sein.
    Diese ist auch eine Charakterart an Pferdedung.



    Bestimmbar?


    Für mich ja, da ich die Art Dutzende Male gesehen habe.
    Allerdings ist sie in dem Zustand nicht typisch.


    LG Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Chips: 72

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Was mich jetzt gerade irgendwie fasziniert:
    "Die Sporen driften auseinander"
    Warum machen die das? Und wie?
    OK, die erste Frage beantworte ich mir selbst: Mehr keimfähige Sporenpartikel weden verteilt. Soweit, so klar. Darum gibt es ja Sporen, die unterteilt sind, septiert, darum schnüren auch Sporen schon Konidien ab.
    Aber wie geht das?
    Ich nehme mal an, die Sporen sitzen hier in einer Gelhülle. Eine Sporen mit je vier Segmenten in jeweils einer Hülle. Nun müssten die ja eigentlich - auch wenn sie zerfallen - irgendwie aneinanderkleben. Aber die einzelnen Segmente streben auseinander? Da müssen ja irgendwelche Kräfte wirken, die das ermöglichen.



    LG, pablo.


  • Ich denke mal, die erste Frage hast du richtig beantwortet.
    Bei der zweiten kann ich dir leider nicht helfen.
    Da braucht es wohl Biochemiker, Biophysiker - was weiß ich?


    Für mich auch völlig unklar, warum bei Saccobolus mehrere Chancen zugunsten von einer aufgegeben werden!
    Stichwort: Sporencluster


    Interessantes Thema! :thumbup:


    Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Chips: 72

    • Offizieller Beitrag

    Tja.


    Die reine Arterfassung / Bestimmung ist auch nur eines von vielen möglichen Forschungsgebieten in der Mykologie.
    Wahrscheinlich hast du recht, eine einfache Antwort gibt's da nicht. Immerhin gibt es ja schon Erklärungsansätze, warum manche Arten glatte oder gestachelte, dünn- oder dickwandige Sporen entwickeln.
    Da stecken echt viele Geheimnisse drin, würde aber an dieser Stelle den Rahmen sprengen.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    was ich mir in der Fragestellung vorstellen kann: Die Kräfte, welche die Sporensegmente zusammenhalten werden neutralisiert. Ob da chemische Verbindungen "geknackt" werden oder der Zusammenhalt physikalisch erfolgt, bin ich auch überfragt.


    Aber zumindest ist klar, dass bei der Auflösung der Kräfte die Sporensegmente auseinanderdriften. Das bedingt der 2. Hauptsatz der Thermodynamik, der besagt, dass in einem abgeschlossenen System die Entropie (=molekulare Unordnung nicht abnehmen kann). Die gleichen Mechanismen liegen auch der Osmose/Diffussion zugrunde.


    l.g.
    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stefan!


    Klar. Aber reichen die normalen Diffusionskräfte aus, um den Zusammenhalt einer Gelhülle zu überwinden?
    Und warum ballen sich Sporen in anderen Fällen (wie Nobi auch schon schrieb) zu Clustern zusammen? Obwohl die zB keine Wiederhaken haben?


    So wie das in den Bildern von Matthias aussieht, hatte ich den abstrusen Gedanken an sowas wie eine elektrische Ladung der einzelnen Sporenglieder, die sich so abstoßen könnten. Aber das kann im Grunde auch nicht sein, die Polarität, die eine einzelne Zelle aufbauen kann ist nie so stark, daß sie über so große Zwischenräume wirken kann. Eher noch könnten die Zellen zwischen sich selbst irgendwelche Stoffwechselprodukte anreichern, die einen physischen Druck erzeugen.
    Totale Spekulationen jedenfalls, wahrscheinlich läufts dann doch eher auf die gute, alte Diffusion hinaus.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    ich schrieb, dass die Kräfte das Zusammenhalts aufgelöst werden. Die Diffussion reicht dafür natürlich nicht. Möglich wäre eine enzymatische Spaltung von chem. Bindungen und dergleichen.


    Zum Thema Sporencluster: Warum nicht elektrostatische Anziehung? Möglich wären auch H-Brücken-Bindungen. Wasser bildet ja auch auf molekularer Ebene Cluster aus. Möglichkeiten der intermolekularen Wechselwirkungen zwischen Molekülen gibt es viele.


    l.g.
    Stefan


    P.S. Aber im Endeffekt gibt es immer eine Erklärung für solche Phänomene und die heißt Gibbssche Energie/Freie Enthalpie G. Damit kannst du berechnen, ob ein Prozess freiwillig abläuft und bei welchen Bedingungen.
    Hier ist das mal sehr anschaulich erklärt. :evil: Sorry ich hab grad ein Flash-Back. Ich fühl mich selber grad ins 3. Semester zurückversetzt, wo ich so einen "Sch***" lernen musste. Das ist ganz hohe Thermodynamik. :cool:

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Ohja, das ist enorm einfach und übersichtlich. :D
    Genau damit kann man mich jagen, ich nehme schnell reißaus. Es ist spannend, aber mit Formeln und Zahlen habe ich eine besondere Abmachung: ich lasse sie in Ruhe, wenn sie mich in Ruhe lassen.
    Wahrscheinlich hat's auch daran gelegen, daß ich in einem naturwissenschaftlichen Studium zum Scheitern verdammt war.
    Bin doch mehr der Geistesmensch.
    Nicht, daß es nicht spannend und wichtig wäre. Aber das überlasse ich lieber Leuten, die das auch können und nicht eine dreiviertelstunde brauchen, um zwei einstellige Zahlen im Kopf zu addieren.


    Trotzdem wüsste ich gerne, wie's funktioniert. Ich will's aber in Worten erklärt haben. :nana:



    LG, pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Ok, ich versuchs mal. Die Änderung der Freien Enthalpie muss negativ sein, damit der entsprechende Prozess freiwillig abläuft. Im Endeffekt muss ein System von einem energetisch höherem Level auf ein energetisches niedrigeres Level absinken.


    Bei exothermen Reaktionen (Wärme wird frei) ist das klar. Verbrennungen laufen immer freiwillig ab.
    Bei Endothermen musst du Energie in das System geben, damit die entsprechende Reaktion (in Form von Temperatur oder Druck) eintritt. Dieses G, H und S im Wikipediaartikel sind temperaturabhängig. Du kannst damit quasi berechnen, ab welcher Temperatur die gewünschte Reaktion abläuft und ggf. auch ein Temperaturoptimum ermitteln.


    Hoffe ich hab das einigermaßen verständlich erklärt.


    l.g.
    Stefan


    P.S. Sorry Matthias, dass wir deinen Beitrag in eine solche Grundsatzdiskussion verwandelt haben. :shy:


  • Ich denke eher, hier ist die Zellstruktur der Segmenthülle verantwortlich.
    Man sieht bereits bei unreifen, noch durchscheinenden Sporen deutlich die spätere "Sollbruchstelle".



    Mit fortschreitender Reife bildet sich um die einzelnen Segmente eine Haut, ein Peridium oder zumindest etwas ähnliches. Dadurch verlieren die Segmente nach und nach ihren Zusammenhalt und koppeln sich voneinander ab. Das würde auch erklären, warum die Sporen mancher Sporormiellaarten sehr unterschiedlich zerfallen. So ist es z.B. fast unmöglich, eine komplette Spore von S. minima außerhalb des Ascus zu finden. Deren Segmente lösen sich sehr früh, fallen meist schon im Ascus auseinander.



    Die Gelhülle hat m.E. eine andere Aufgabe. Vielleicht schützt sie die Spore nach verlassen des Ascus eine Zeitlang vor dem austrocknen. Oder sie verhindert, dass die Sporen im Ascus vor der Reife (Hautbildung) zusammenwachsen/-kleben. Oder sie gibt den Sporen im einengenden Ascus den nötigen Platz, sich zu entwickeln. Vielleicht kann man das eine oder andere "oder" auch durch ein "und" ersetzen.


    Oder es ist alles ganz anders.:D




    Für mich auch völlig unklar, warum bei Saccobolus mehrere Chancen zugunsten von einer aufgegeben werden!
    Stichwort: Sporencluster


    Vielleicht sind die Saccobolus viel raffinierter, als wir annehmen.:)


    Angenommen, die Sporen müssen durch den Verdauungstrakt eines vegetarischen Vierbeiners, oder nutzen den Vierbeiner zumindest als Taxi. Dann wäre es wiederum sinnvoll, wenn das Taxi seine Gäste in gebündelter Form einlädt, und diese sich erst nach dem aussteigen verteilen. Die Sporen der Saccobolus halten ja durch die Peridien zusammen, während die Sporen an sich keinen direkten Kontakt zueinander haben. Zerfällt das Peridium, löst sich die Spore aus dem Verbund. Und auch hier haben wir ja unterschiedliche evlutionäre Phasen. Vom fest zusammengebackenen Cluster bis hin zu losen Sporenverbänden, die nach verlassen des Ascus sofort auseinanderfallen.


    Die olle Evolution macht es uns halt schwer Erklärungen zu finden, weil wir innerhalb der Gattungen mit den unterschiedlichsten Stadien evolutionärer Entwicklung konfrontiert werden. Das macht die Mykologie aber auch so spannend.

  • Hallo zusammen,


    da hat sich ja ne heiße Diskussion entwickelt. Auf jeden Fall hab ich dadurch sehr viele neue Denkanstöße bekommen. Irgendwie klingt sehr viel von euren Überlegungen sehr plausibel, aber ob wir jemals erfahren, was davon wirklich stimmt?
    Auf jeden Fall danke an Ralf und Nobi für die Aufklärung der Sporormiella.
    Und auch allen anderen ein Dankeschön für die lehrreiche Diskussion.


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Tja, so ist das wohl.
    Eine soannende Frage, aber an dieser Stelle kaum zu klären. Immerhin die Art ist bestimmt, das ist jedenfalls der wichtigste Ansatzpunkt. :)



    LG, Pablo.