Ich nehme Euch mal mit auf eine gestrige Exkursion auf die Perdsdrisser Höhe. Die befindet sich in der Gemeinde Kürten im Rheinisch Bergischen Kreis, TK 5009/122. Die Koordinaten sind 7 ° 14' 29.28'' E / 50 ° 59' 48.04'' . Sie ist zur Zeit Schnee- und Frostfrei, und hat eine konstante Bodenfeuchte, was dem Pilzwachstum sehr entgegen kommt. Bei flauschigen 24 Grad Celsius starten wir am Fuß des Hügels und arbeiten uns langsam bergauf.
Die Höhe hat eine Ausdehnung von ca. 5 x 4 Kilometer .....Halt Nein, Zentimeter. Der höchste Punkt liegt bei etwa 30mm ü. PSB (Probenschachtelboden).
Watt
Ok, Ihr habt es schon erraten. Das Exkursionsgebiet ist ein Stück Pferdeapfel. Gut abgelagert und reich mit Pilzen aller Art besetzt.
Ja, ich weiß. Wir haben extra ein Dungpilzforum. Aber da hier immer mehr User ein Mikroskop besitzen und vielleicht nicht jeder im Dungiforum vorbeischaut, will ich hier mal etwas Werbung machen für einen meist zu Unrecht als "anrüchig" bezeichneten Biotop.
Zudem sind die im folgenden vorgestellten Arten den Exkrementariern schon recht gut bekannt. Ich hab aber meine neuen Spielzeuge ausprobiert und jetzt ist mir langweilig. Also zeige ich hier mal etwas von der dunklen Seite der Mykologie.
Vorab entschuldige ich mich gleich, keine deutschen Namen verwendet zu haben. Die meisten Arten haben gar keinen, oder zumindest keine klar definierten deutschen Namen.
Der Speisewert der hier vorgestellten Arten ist übrigens unklar. Wer einen Selbstversuch wagen will, soll das bitte auf Video aufzeichnen.
Schon mit bloßem Auge gut zu erkennen und oft höher als der Hügel ist dieser kleine Kerl aus dem Reich der Tintlinge.
Coprinellus pusillulus
Viel kleiner und noch mit einem "cf." versehen hier ein weiterer Vertreter dieser schnellebigen Familie. Da "cf" hab ich gesetzt, weil die mikroskopischen Merkmale weitgehend passen, der Hut jedoch ohne jegliche Beflockung ist. Ob das nun ein hartes Bestimmungsmerkmal ist, oder in der Variationsbreite der Art liegt, weiß ich nicht zu sagen.
Coprinopsis cf. cordispora
Genug der Lamellenpilze, wenden wir uns den "richtigen" Pilzen zu, die mit den Sporenschläuchen.
Überaus häufig, aber einer der hübschesten Arten, insbesondere was die Sporen betrifft ist der nächste Kandidat.
Ascobolus albidus
Ebenfalls nicht selten auf Pferdedung kann man diese Art finden. Gut, bunt ist nicht, aber dafür hat er jede Menge Sporen im Ascus. 32 um genau zu sein.
Thecotheus pelletieri
Der hier gehört zu einer schwierigen Gattung. Für mich jedenfalls. Dennoch denke ich, hier den richtigen Namen gefunden zu haben, so dass Friedhelm nicht Helmut heißen sollte. Die Burschen packen ihre Sporen zu Bündeln, sog. Clustern.
Saccobolus depauperatus
Pyrenomyceten sind auf Dung wohl mit den meisten Arten vertreten. Bei den meist schwarzen, kugeligen Gebilden mit kurzem, langen oder gar ohne Hals, liegt die Schönheit im Detail. Oft sind es die gelartigen Anhängsel, die erst nach dem Anfärben mit diversen Chemikalien sichtbar werden, die nicht nur bestimmungsrelevant sind, sondern auch sehr elegant aussehen können. Die beiden folgenden Arten haben dies Anhängsel so markant ausgebildet, dass sie auch ohne Chemie gut zu erkennen sind.
Podospora fimiseda
Podospora decipiens
Die Gattung Sporomiella zeichnet sich durch Sporen aus, die aus mehreren Zellen bestehen. Ich finde immer nur solche mit vier Zellen. Dem Höhrensagen nach soll es auch welche mit 6,8 oder mehr Zellen geben. Offenbar jedoch nicht in dem von mir untersuchten Gebiet. Ich hab allerdings den Verdacht, dass das alles Fotomontagen sind. So wie bei den Speisemorcheln und Totentrompeten, die es in Wirklichkeit ja auch nicht gibt.:nana:
Eine der häufigsten Arten, die auf keinem ordentlichen Pferdeapfel fehlt ist diese. Bestimmungsrelevant ist in dieser Gattung u.a. Form und Lage Keimspalte, die man hier als hellen parallel verlaufenden Strich erkennen kann.
Sporormiella dubia
Man soll es nicht glauben, aber manche Arten können sich ganz hervorragend tarnen. Sie wachsen eingesenkt im Substrat und oft sieht man nur einen winzigen schwarzen Punkt, die Mündung des Perithecienhalses, durch die die Sporen in die Freiheit entlassen werden.
Diese Art hier ist zudem noch winzig klein.
Phomatospora minutissima
Und nun ist auch genug. Auf der "Perdsdrisser Höhe" lassen sich noch viele Arten finden. Und in der Probenschachtel kommen im Abstand weniger Tage oft noch neue hinzu. Für die langweiligen Wintertage ist es allemal ein spannendes und fast unerschöpfliches Exkursionsgebiet. Und riechen tut es auch nicht. Und mal ehrlich, wo kann man schon Ende Januar in T-Shirt, Jogginghose und Pantoffeln jede Mange Pilze finden?
Auch nicht zu verachten, grade für die Neu-Mikroskopbesitzer, ein Stückchen Pferdeapfel birgt Unmengen von Probenmaterial mit dem man nach Herzenslust rumexperimentieren und den Umgang mit dem Mikroskop lernen kann.
Ich würde mich freuen, wenn die/der Eine oder Andere die Scheu beiseite legen und unser Dungiforum mit eigenen Entdeckungen bereichern würde.