Berberis Activities

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  • Hallo,


    beim Vorbeigehen mal schnell ein Ästchen von einem Berberitzenbusch abzureißen, kann einen Stunden kosten. Vorausgesetzt, man schaut sich die Bewohner unter der Rinde etwas genauer an. Die zwei angetroffenen Arten, Cucurbitaria berberidis (Pers.) Gray 1821 und Diaporthe detrusa (Kunze) Fuckel 1870 sowie eine neue Kollektion von Thyronectria lamyi (Desm.) Seeler 1940 möchte ich euch hier vorstellen.


    Berberitze im Feld zu erkennen ist einfach: meistens ein ca. 1-1,5m hoher Busch mit grünen oder, in der Zuchtform, mit weinroten Blättern. Die Äste sind sehr stachelig, wobei die Stacheln immer zu dritt an einer Stelle sitzen. Angetroffen werden kann die Berberitze in Gärten und Parks, als Begrenzungshecken und in montanen Regionen auch wild in Laub- und häufiger Nadelwäldern. Es gibt diverse Pilzarten, die auf Berberitze spezialisiert sind, darunter dürften die 3 oben genannten Arten wohl die häufigsten und auffälligsten sein. Tremella exigua Desm. 1847 wächst nur indirekt auf Berberis, da dieser Zitterling den Pseudoperithezien von C. berberidis aufsitzen kann.



    Cucurbitaria berberidis, der Berberitzen-Kugelpilz (siehe auch PdS Band 1, Nr 385), kennzeichnet sich durch brombeerförmige Fruchtkörper mit ziemlich dicker Wand und in Relation dazu wenig Hymenialstruktur. Die Fruchtkörper findet man erst im Februar in reifem Zustand (vorher gibt es sie zwar auch schon, sie sind aber innen weiß (und trotzdem nicht essbar). Per Stereolupe kann man nach einem Querschnitt bereits gelbbraune Striche erkennen, die alle dieselbe Richtung haben.
    Mit 0,3-0,6mm ist der Kernpilz zudem vergleichsweise groß, und da er häufig rasig wächst bereits im Feld erkennbar. Die Sporen sind auffällig mauerförmig (= dictyospor), ein bedeutendes Merkmal für die holzbewohnenden Gattungen Cucurbitaria, Teichospora und Chaetoplea (sowie diverse Kleingattungen). Die Pseudoperithezien von Cucurbitaria-Arten sind lange geschlossen und haben keinen sichtbaren Ostiolus (das erinnert an den Begriff "Cleistothezium", welcher hier aber aufgrund der anscheinend einheitlich apikal öffnenden Fruchtkörper nicht angewendet wird). Bei Teichospora sieht das anders aus, ihre meist einzeln wachsenden Fruchtkörper haben eine mehr oder weniger deutliche Spitze. Achja und es gibt auch noch diverse lignicole Pleospora-Arten, die aber eingesenkt und noch kleiner als 0,3mm sind :D


    C. berberidis gehört in die Familie Cucurbitariaceae innerhalb der Pleosporales. Die Gattung Cucurbitaria hat bei uns etwa 24 Arten (dazu habe ich mal eine Zusammenfassung geschrieben).

















    Diaporthe detrusa ist ein Sordariomycet aus der unübersichtlichen Gattung "Kugelpilz" (Diaporthe). Das sind zuweilen Pflanzenschädlinge, die auch Nutzpflanzen angreifen und zum Absterben bringen, und sodann auf dem abgestorbenen Material ihre Hauptfruchtformen bilden. Typischerweise hat eine Art dieser Gattung valsoide Fruchtkörper, also mehrere Perithezien zusammengefasst in einem Stroma. Die Perithezien reißen auch zusammen die Rinde auf und erscheinen mittels ihrer Mündungen dann an der Oberfläche (im Feld gut erkennbar). Die valsoide Anordnung ist nur im Querschnitt zu erkennen! Bei Schnitten durch das Substrat kann man auch schwarze Linien erkennen: das sind Begrenzungslinien, die den direkten Einfluss des Pilzes markieren.


    Die Sporen von Diaporthe-Arten sind 2zellig und haben meistens mehrere Tropfen pro Zelle (häufig 2). Typisch ist die Apikalstruktur der Sporenschläuche: congophil, also in Kongorot deutlich selektiv einfärbbar.


    Florian hatte sich bei seiner zuletzt gefundenen Valsa zudem noch über die Sporen- und Ascusverteilung gewundert ("Sporen überall verteilt"). Das ist charakteristisch für die ganze Ordnung Diaporthales: es gibt keine definierte Hymenialstruktur, wie oben bei Cucurbitaria gezeigt. Asci hängen an Hyphen wild durcheinander. Wären die Sporen also gefärbt, wäre der Querschnitt gepunktet und nicht gestrichelt.


    Man achte auch auf die dicken Paraphysen. Diese lösen sich bei längerem Aufenthalt sowie auch bei völliger Reife der Fruchtkörper auf. Das ist der Grund, warum die Perithezien manchmal innen weißlich (mit vielen Paraphysen) und manchmal innen schwarz (Paraphysen alle weg) erscheinen.











    Thyronectria lamyi hat keine definierte systematische Position (Sordariomycetes, ohne Ordnung). Der Pilz erinnert entfernt an Pustelpilze der Gattung Nectria, unterscheidet sich von diesen aber durch die Perithezienwand und Farbe, sowie durch mauerförmige Sporen, die sehr schnell zu Sekundärsporen zerfallen. Man kann die Sporen mit Kresylblau anfärben, um die Septierungen deutlicher darzustellen (ohne Färbung kaum erkennbar).







    Das wars mal wieder, der nächste Beitrag beschäftigt sich mit Sven's Dungpilzchen, die ich hier einen nach dem anderen zusammensammle. Macht euch auf was gefasst :evil:



    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Björn!


    Das Faszinierende an deinen Beiträgen ist (neben den Pilzen), daß man sich das einfach komplett durchlesen und anschauen mag. Auch wenn man beschlossen hat, sich vorerst mit anderen "Kerngebieten" zu beschäftigen.
    Aber es macht Spaß, sich das anzugucken.
    Das ist auch genau die richtige Dosis: Drei Arten, Gemeinsamkeit das Substrat, ansonsten total unterschiedlich, und damit gleich noch was zur Systematik mitbekommen.


    Danke.



    LG, Pablo.

  • Wunderbarer Beitrag, Björn! :thumbup:


    Von Cucurbitaria berberidis und Thyronectria lamyi habe ich in meiner Nähe einen Fundort - allerdings an Mahonie (Mahonia bealei = Berberis bealei).
    Nun ist die Mahonie sicher mit der Berberitze eng verwandt, weswegen beide Pflanzen gelegentlich in der gleichen Gattung stehen.



    Das wars mal wieder, der nächste Beitrag beschäftigt sich mit Sven's Dungpilzchen, die ich hier einen nach dem anderen zusammensammle. Macht euch auf was gefasst :evil:


    Darauf freue ich mich bereits!
    War heute mit Sven unterwegs (morgen evtl. mehr dazu), und weiß in etwa, was er dir so geschickt hat!
    Bin auf deine Bilder gespannt.


    LG Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Björn,


    danke für diesen sehr informativen Beitrag. :thumbup:
    Immer wieder bemerkenswert finde ich deine Querschnitte, der von der Thyronectria gefällt mir besonders.
    Cucurbitaria berberidis finde ich auch in meinem Garten, an Mahonie, bisher waren die Fruchtkörper allerdings nur selten schön reif.


    Auf die Dungpilze freue ich mich natürlich auch.


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.