Was ist eigentlich "bitunikat"?

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 7.516 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ingo W.

  • Hallo allerseits,


    im benachbarten Dungpilz-Forum kam vermehrt die Frage auf, was eigentlich "bitunikat" oder "fissitunikat" bedeutet. Gespaltene Asci? Oder das teleskopartige Herausfahren von allem, was im Ascus drin ist? Hier also nochmal für alle bebildert die Erklärung dieser Thematik.



    Dazu müsste man erstmal etwas ausholen. Ihr kennt ja Schlauchpilze. Schlauchpilze mit echten Sporenschläuchen, also Zellen, in deren Inneren Mitose und Meiose stattfindet und wo die Sporen bis zur Reife eingeschlossen bleiben. Meistens sind das 8, manchmal aber auch <8 (Tuberales) oder >8 (z.B. Thelebolales, einige Diaporthales wie Ditopella ditopa, falls >8, dann häufig 2 hoch x mit xeN und x>3).


    Die Art und Weise, wie so ein Sporenschlauch funktioniert, wurde von verschiedenen Mykologen ziemlich gut erforscht. Sie ist ein wichtiger Faktor in der systematischen Einteilung der Schlauchpilze nach Klassen:
    *Pezizomycetes sind die, deren Sporenschlauch sich mit einem Deckel öffnet
    * Leotiomycetes haben keinen Sporenschlauchdeckel, dafür aber einen Ring an der Spitze, der strichartig mit Iod-Reagenzien reagieren kann
    * Sordariomycetes haben einen ähnlichen, aber meist kräftigeren Mechanismus als die Leotiomycetes, sowie deutlich häufiger dunkle Sporen
    * Dothideomycetes haben eine doppelte Sporenschlauchwand, die sich bei Reife der Sporen oder durch äußere mechanische Einflüsse in eine Endotunika und eine Exotunika einteilt. Dabei geht die innere Wand (Endotunika) nach außen (meistens durch Aufplatzen der äußeren Wand irgendwo im oberen Drittel).
    [* Eurotiomycetes haben die gleichen Mechanismen wie die Dothideomyceten, aber andere Fruchtkörper-Eigenschaften]
    [* Geoglossomycetes sind als Erdzungen eine eigene Klasse mit einem helotialen Ascusporus]
    [* Lecanoromycetes stehen zwischen Leotiomycetes und Dothideomycetes. => Flechten]


    Greifen wir uns diese Dothideomyceten heraus. Das sind meistens winzige Kernpilze, die z.T. substratspezifisch an verrottenden Pflanzenteilen leben (ABER: häufig bilden sie Nebenfruchtformen, die parasitisch sind!).
    Die wichtigsten Gattungen sind
    Pleospora, sehr viele Arten mit mehrfach geteilten Sporen, 90% auf Kräutern, 10% Totholz
    Sporormiella, coprophile Arten mit sich teilenden, dunklen Sporen (häufig 4zellig, sonst >4)
    Dothidea, Hysterium, Splanchnonema... (=> Schlauchpilzseminar: 23.-26.04)



    um nur einige zu nennen. Ich habe mir als Beispiel für die Verlängerung des Sporenschlauchs durch die "Bitunikatie" eine der vielen Phaeosphaeria-Arten herausgesucht:



    Zu erkennen ist eine gute Verdopplung der Länge sowie auch ein gewisser Raumgewinn. Die Sporen sind nach dem Ausfahren deutlich mehr voneinander entfernt als vorher. Sollte man Zweifel haben, welcher der Sporenschläuche zu messen ist, dann sollte man sich die Probe unter dem Mikro eine Weile angucken, meistens platzen irgendwo Sporenschläuche auf. Es ist natürlich klar, dass man die noch nicht ausgefahrenen Asci misst. Noch ein anderes Beispiel:





    Und schließlich noch einmal ein Blick auf die Ascusspitze einer Sporormiella, deren äußere Wand bereits abgesprengt wurde. Durch das teleskopartige ausfahren bleibt der Rest der Wand erstmal auf der Spitze hängen. Die Sporen werden auch nach dem Aufplatzen noch zu 8 zusammengehalten. Das hat bei Sporormiella einen bestimmten Effekt (unter Auflicht beobachtet und gefilmt): Die Asci treten aus den winzigen Fruchtkörpern heraus und stehen etwa 200 µm hervor. Die Sporen befinden sich also schon außerhalb des Fruchtkörpers, aber immer noch in der inneren Ascushülle. Durch weitere mechanische Einflüsse dann platzt auch diese außerhalb des Fruchtkörpers auf und die Sporen verteilen sich, bleiben also nicht an der Fruchtkörperspitze kleben.



    Soweit so gut zu dieser Thematik, da gibt es natürlich noch eingehendere Studien zum Aufbau des Apikalapparats von Dothideomyceten, der wie ihr seht auch etwas speziell erscheint und sich so gut wie nie mit Iod anfärben lässt, was auch wieder seinen Sinn hat, denn der Apikalapparat muss sich ja nicht zwangsläufig öffnen, da nach Beobachtung die meisten Sporen auch seitlich nach Aufplatzen herauskommen können. Das war jetzt mal eine etwas spontane Nachtschicht, bis zum nächsten Beitrag und byebye

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  • Hallo Björn,


    ich finde es immer wieder toll, wenn ab und zu allgemeinverständliche Erklärungen der grundlegenden Fachbegriffe erscheinen.
    Es kommen ja immer wieder neue Pilzbegeisterte hinzu, die zunächst von dem "Fachchinesisch" erschlagen werden und dann dankbar sind, wenn jemand das Wesentliche für den Einstieg zusammenfasst.


    Wenn ich mr Deine Homepage anschaue, bin ich überzeugt, dass Du auf dem Asco-Gebiet zu den Top-Experten gehörst.


    Danke,
    Bernd
    (Ich finde den / das "Daumen-hoch-Smiley" nicht) :)

  • Hallo Björn!


    Schön-schön!
    Ist also der beste Beweis für bitunikate Asci das Beobachten des Verhaltens der Asci bei Reife?
    Oder lässt sich das jetzt auch an der dicken Ascuswand an sich vermuten/nachweisen?
    Oder sieht man vielleicht durch Färbemittel die Doppelwände?


    Hat bei der "Teleskop-Variante" der äußere Mantel eine Sollbruchstelle, platzt also bei den meisten Asci immer an der gleichen Stelle auf?


    VG Ingo W

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    150-15 (APR 2022) = 135-5 (GnE-Wette verloren "über 11 gelöst") = 130+4 (am nächsten an der 222.Schnapps-Punktzahl) = 134+7 (7.Platz im APR 2022) = 141+4 (KISD-Prozente von GnE) = 145-15 (APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (APR 2024) = 133

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  • Hallo Ingo,


    das stimmt soweit, manchmal allerdings sieht man das Aufplatzen auch bei unreifen Sporenschläuchen aufgrund des Quetschvorgangs. Eine Sollbruchstelle würde ich bei den Asci nicht vermuten, wie gesagt, meistens im oberen Drittel.


    Dicke Ascuswand ist nicht synonym mit bitunikat. Es gibt zahlreiche Sordariomyceten und vor allem Lecanoromyceten (= Flechten) mit dicker Ascuswand, die aber unitunikat ist. Dass die Wand doppelt ist, sieht man erst, wenn die innere Wand nach außen kommt und der Sporenschlauch deutlich an Länge zunimmt.


    lg björn

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  • Hallo Björn!


    Dann konnte das mit meiner bitunikaten(?) cf.-Tubeufia auch nichts werden. Ich habe immer versucht die doppelte Ascuswand zu erkennen.
    Besten Dank!


    VG Ingo W

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  • Hallo Björn!


    Dann konnte das mit meiner bitunikaten(?) cf.-Tubeufia auch nichts werden. Ich habe immer versucht die doppelte Ascuswand zu erkennen.
    Besten Dank!


    VG Ingo W


    Welche cf. Tubeufia? Tubeufia cerea heißt übrigens jetzt Helicosporium cereum.


    lg björn

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  • Ich hab mal versucht, das auseinanderdriften im Bild festzuhaten. Gedriftet sind sie, allerdings immer an anderer Stelle als der, die ich fokussiert hatte. :D


    Ein paar Fotos sind trotzdem dabei rausgekommen.


    Auf dem ersten, noch nicht vollständig geteilten Ascus, erkennt man die Doppelwandigkeit an der "Bruchstelle".

  • Hallo Ralf!


    Besten Dank auch dir, ich denke, jetzt bin ich im Bilde.


    Hallo Björn!


    Ich hatte vor Jahren mal versucht, eine Winz-Nectria/Tubeufia zu bestimmen, wo ich irgendwann mal mit dem Problem der bitunikaten Asci nicht weiterkam.
    http://asco-sonneberg.de/pages…roup_id=25361&position=17


    VG Ingo W

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