Vor ein paar Tagen erreichte mich ein Päckchen mit 12 verschiedenen Kollektionen, die in Tüten abgepackt waren. Es handelte sich um diverse Funde von Stefan und Heidrun aus Sachsen (ich nehme doch an, dass Heidrun auch aus Sachsen ist, bin jetzt aber nicht konkret informiert). Wie immer bei der beschwerlichen Detektivarbeit durch den Ascomycetendschungel bekam ich einen Job als Auftragsdeterminierer der sächsischen Kollektionen, die haupsächlich aus Pyrenomyceten (= Kernpilzen) bestand.
Aus den 12 Sammlungen konnte ich 16 verschiedene Arten festmachen, davon möchte ich euch die 5 sehenswertesten hier vorstellen. Die Identität einiger Arten konnte aufgrund ihres frühzeitigen Abscheidens nicht festgestellt werden, sie verbleiben daher unbestimmt (darunter auch eine vermeintliche Helminthosphaeria mit langen Seten).
[1] Biscogniauxia marginata, allgemein angezweifelt worden aufgrund der zu kleinen Sp, hat sich letztlich doch als korrekt herausgestellt. Die Sp habe ich als 12,8-14,9x10-11,5 µm nachgemessen, welche somit in Bezug auf ihre Größe wie auch auf ihre Form gut zu B. marginata passen. Die Gattung Biscogniauxia teilt sich ein in Arten mit begrenztem, teils becherförmigem Stroma sowie in Arten mit flächigem Stroma. Ähnlich ist hier nur B. repanda mit elliptischen Sp.
[2] Dermea cerasi, ein relativ dicker, bis 4mm breiter Becherling auf Ästen von Prunus sp. (konnte hier nicht weiter bestimmt werden). Sehr typisch sind die bis um 20 µm langen, unseptierten Sp sowie die begleitende Konidienform (diese wurde auch vorgefunden, aber nicht weiter untersucht). Der Ascusporus reagiert in IKI blau.
[3] Eutypa lata var. aceris ist ein krustenförmiger Kernpilz der Diatrypaceen (Eckenscheibchen) mit flächigem, aber nicht eingesenktem, krustenförmigen Stroma. Der sonst an Ahorn übliche E. achari (= E. maura) hat immer eingesenkte, regelmäßig angeordnete Perithezien. Typisch für die hier gezeigte Art ist die Sp-Größe (<10x2) sowie der blauende Ascusporus in IKI (genau hingucken, dieser Porus ist sehr klein).
[4] Mycothyridium vestitum wächst an abgestorbenen Laubholzästen diverser Art (wohl gerne an Carpinus, Fagus, Quercus) und bildet valsoide Fruchtkörperstrukturen (Stroma mit eingebetteten Perithezien), die innen wie außen orangegelblich bis orangebraun gefärbt sind. Unter dem Mikro zeigt der Pilz dann seine typischen, mauerförmigen, dunkelbraunen Sp und wohl unitunikate Sporenschläuche. Genau wie Dictyoporthe stellt Mycothyridium eine Art Übergang von den Sordariomyceten zu den Dothideomyceten dar, weshalb es vielfältige Diskussionen über die richtige Zugehörigkeit gab und auch noch gibt (Dictyoporthe bipapillata wird heute als "Fenestella bipapillata" bezeichnet, obwohl die Asci von Jaklitsch & Barr 1997 als "unitunicate" beschrieben werden).
Derzeit befindet sich die Gattung Mycothyridium (abgespalten von Thyridium, welche eindeutig Sordariomyceten sind) in einer unbestimmten Familie innerhalb der Dothideomyceten.
[5] Trematosphaeria "lignicola" nom. prov. ist ein von mir 2013 ins Leben gerufene Taxon eines unbeschriebenen Dothideomyceten, der vermutlich innerhalb der Pleosporales in der Familie Melanommataceae am besten aufgehoben sein würde. Er zeigt mit seinem struppigen Aussehen und der mehr oder weniger langen Perithezienmündung Beziehungen zu Herpotrichia und Trematosphaeria auf, die demnächst genetisch überprüft werden sollen. Bis dahin werden weitere Aufsammlungen nötig sein, um die Ökologie und die Variationsbreite dieser Art zu erfassen. Sie wächst an verschiedenen Laubhölzern (Tilia, Quercus, Acer, Clematis) und ist relativ häufig.
Ich bedanke mich bei Stefan und Heidrun für das Zusenden ihrer Kollektionen. Dermea cerasi und Eutypa lata var. aceri sind für mich persönlich neue Arten (Nr 1063 und 1064), die in das Ascomycetenwerk aufgenommen werden können. Außerdem wurden neue Daten von Trematosphaeria "lignicola" notiert und abgeheftet.
Bis zum nächsten Beitrag, vielleicht sieht man sich ja in etwas mehr als einer Woche in Hornberg, BYEBYE