Nestpilze

Es gibt 20 Antworten in diesem Thema, welches 2.942 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Gestern hab ich mal wieder versucht, irgendwelche Pilze zu finden. Es war und ist nahezu aussichtslos, wenn man Pyrenomyceten einmal außen vor lässt. Es ist, nunmehr im dritten Jahr hintereinander, viel und viel zu trocken für die Jahreszeit. Und es war auch bis vor knapp zwei Wochen viel zu kalt, mit regelmäßigen Nachtfrösten bis in den April hinein.
    Nachdem ich nun zwei Stunden durch die wüstenähnliche Natur gestolpert bin, traf ich auf diese alte Buche.
    Bis vorige Woche stand sie noch abgestorben im Wald. Eine fehlgestürzte Fichte, die am gegenseitigen Hang geschlagen wurde, hat sie umgerissen und da liegt sie nun.
    Die alte Spechthöhle hatt ich schon früher bemerkt. So in 5 oder 6 Metern Höhe hatte der Zimmermann des Waldes sich dort vor vielen Jahren eine Wohnung gemeißelt.
    Genau dort ist sie nun beim Aufschlag geborsten. Klar, das ich da mal einen Blick reinwerfe. Rein aus Neugier, nicht weil ich dort Pilze vermute.


    Überraschung:







    Da die Buche erst wenige Tage liegt und die Pilze schon recht alt sind, kann man vermuten dass sie am stehenden Stamm in der Spechthöhle gewachsen sind.
    Gattung, Art ? Eine Vermutung habe ich. Genaues wird mir heute im Laufe des Tages hoffentlich das Mikroskop und die Literatur verraten.
    Bis dahin kann ja mal ins blaue spekuliert werden. :)

  • Ach, da könnte man ja ruhig mal zocken.
    Ich bin ja schwer verleitet auf Kastanienbrauner Becherling, Peziza badia zu wetten aber so einiges spräche dagegen.
    Deshalb ...



    Buchenwald-Becherling, Peziza arvernensis



    Ich schmeiße (bei Bedarf) mal 1 Pilzchip in den Winners Pot. Wenn da weitere mitmachen, könnten sich die Richtigtipper den Topf dann teilen.




    Großartiger Fund übrigens! :cool:

    • Offizieller Beitrag

    Moin!


    Sowas hatten wir gestern auch. Erfreulicherweise hatte der Becherling an dem Holz noch Gesellschaft.
    Da es eine Lösung geben wird, lege ich mal 5 Chipse in den Gewinntopf und tippe auf Peziza micropus (/varia s.l.).



    LG, pablo.

  • So, ich löse mal auf. Meine Vermutung war Peziza micropus, wie Pablo auch vermutet hat.


    Pustekuchen. Mausmann hat mit Peziza avernensis die richtige Wahl getroffen.


    Mittlere textura intricata sehr schmal, aber deutlich. Sporenmaße und die feinen Wärzchen passen auch sehr gut.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    In gewisser Weise ist das eine Überraschung. Aber das zeigt mal wieder, daß in der Gattung ohne Mikro eben so gut wie nichts geht.
    Gut, dann sammelt mausmann seinen Chip wieder ein und ich ziehe mir fünfe ab.


    Das Witzige daran: Einen solchen Nestpilz haben Anna, Stefan und ich am Samstag auch gefunden. Wenn auch sonst so gut wie nichts. Du bist mit der dürren Situation nicht alleine, Ralf. ;(


    Die Stelle war mir bekannt vom letzten Jahr, am selben pappelstamm sprossen jetzt erneut Becherlinge. Damals wurden die mir als Peziza varia s.l. bestimmt. Jetzt habe ich mal noch einen eingesammelt und glaube daß es was Anderes ist:





    Aufnahme vom letzten Jahr:


    Die Sporen sind erst reif fein punktiert und auch dann so zart, daß es kaum zu erkennen ist (auch angefärbt).
    Die Paraphysenköpfe sind keulig, eine Textura intricata ist vorhanden, aber das hat P. varia ja auch.
    Irgendwie kam ich noch auf Peziza domiciliana (Mauerbecherling), der auch ganz fein punktierte Sporen haben soll.
    Die von P. arvenensis kamen mir immer etwas deutlicher punktiert vor, bis eben. Jetzt mag ich mich nicht mehr entscheiden. :(



    LG, pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ralf.


    Nur abgeschossene, reife Sporen und ohne die kleinen Kullern, die manchmal auf siebter oder achter Position in den Asci hocken:
    ~ 14-17 x 9-11 µm


    Passt nicht zu deinem Fund; zu breit / falscher Q-Wert, richtig?



    LG, Pablo.

  • Passt nicht zu deinem Fund; zu breit / falscher Q-Wert, richtig?


    Richtig.



    Es passt eigentlich alles perfekt zu P. micropus, die allerdings glatte Sporen haben sollte. Bist Du denn sicher, dass die Sporen ornamentiert waren und es sich nicht um irgendwelche feinen Anhaftungen gehandelt hat ?


    P. varia und Co. sollten moniliforme Paraphysen haben, Deine scheinen einfach zu sein. Daher würde ich den Fund nicht im P.varia Komplex einordnen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ralf!


    Auf den Bildern kommt das nicht wirklich rüber. Diese Pünktchen sind schon sehr fein, durchs Okular beim durchfokusieren schon erkennbar, aber bei der Abbildung hapert es. An Artefakte glaube ich nicht, dafür tritt das zu regelmäßig auf und ist auch teils bei Sporen noch im Ascus zu erkennen. Und wirklich sichtbar wird das auch erst beim Anfärben, in Wasser ist da nur eine diffuse Unregelmäßigkeit zu erkennen. Kongo geht sogar noch etwas besser als BWB:

    Und noch besser wär's mit besserer Kamera und Kameratubus.


    Die Paraphysen sind schon clavat, da lässt sich nichts rütteln:


    Allerdings meine ich letztes Jahr mit dem Billigmikro auch moliniforme gesehen zu haben, mit eingschnürten Septen. Ob da möglicherweise zwei Arten in direkter Nachbarschaft wachsen?
    Ich hatte damals ja welche an Eike verschickt, ich glaube, die abweichende Paraphysenform und auch die feinen Pünktchen wären ihm aufgefallen.


    PS.: Oberes Bild mal anklicken. Ich habe extra einen Ausschnitt mit maximaler Auflösung hochgeladen.



    LG, pablo.

  • Hallo Pablo,


    ich glaube, da muss ich passen. Ich sehe die feine Granulierung die Du beschreibst, kann das aber nicht in Einklang mit den übrigen Merkmalen bringen. Vielleicht eine P. avernensis mit außergewöhnlich breitelliptischen Sporen?
    Nach Hohmeyer wären die Sporenmaße noch so eben im Bereich dieser Art, aber mir gefällt dann auch wieder die grobe Struktur des äußeren Hymeniums nicht. Falls das auf den Fotos nicht täuscht.


    Schwieriger Fall, wie so oft bei Peziza. :)

    • Offizieller Beitrag

    Tja...


    Wie oben schon angemerkt: Das, was bei B./K. als Peziza domiciliana (Nr. 40) beschrieben wird, passt eigentlich am besten. Allerdings etwas zu groß wären dann bei mir die Sporen. Ob da ein Fehler liegt? Das prüfe ich nochmal nach und gucke mal durch, was mir sonst noch an Literatur zu der Gattung habe...



    LG, pablo.

  • Peziza domiciliana sollte zumindest einen Öltropfen aufweisen. Zudem scheinen mir die Sporenmaße doch etwas zu groß für diese Art.
    Ich hatte die Art schon ein paarmal, und die Fruchtkörper waren immer mindestens ansatzweise gestielt. Das kann man auf Deinen Fotos natürlich nicht erkennen.

    • Offizieller Beitrag

    Hm.


    Öltropfen in reifen Sporen sind da nicht. Ein etwas diffuser Inhalt, der sich in richtung der Pole orientiert. So ähnlich wie bei P. subisabellina, aber sehr viel undeutlicher eben. Ansonsten kein Inhalt.


    Gestielt sind die nicht wirklich. Allerdings kann man da ja wieder die Frage nach den Wuchsbedingungen anbringen. Wenn ein Fruchtkörper auf dem Weg vom Substrat zur freien Luft erstmal eine Mörtelschicht durchbrechen muss, oder sich durch eine Mauerritze schieben, dann wird er wohl eher einen Stiel entwickeln, als wenn das Substrat eh schon and er Luft liegt.
    Also schwierig: Ich bleibe mal bei Peziza species.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Morgen!


    Ganz witzig übrigens: Ich habe noch mehr Höhlenpilze gefunden. :)
    Momentan wächst auch ansonsten fast nichts. Aber an diesen dicken, morschen Pappelstämmen sitzen recht oft Becher.
    Also zwei Funde gestern, an zwei verschiedenen Stämmen. Beide sind die selbe Art wie die oben Gezeigten von letzter Woche, ich nenne die mal "Kollektion B" und "Kollektion C".


    Kollektion B:




    Der Unterschied zu Kollektion A (oben) ist anscheinend vor allem ein geringerer Reifegrad. Jedenfalls sehe ich kaum freie Sporen oder in Wasser sporenabschießende Asci. Das Ornament ist hier auch noch feiner, mit der Kamera sowohl mit BWB als auch mit Kongo nicht mehr wirklich abzubilden. Die Pünktchen auf dem dritten Bild sind Sporeninhalt, nicht Ornament. Die gemessenen Sporen (frei, reif) sind eine Nuance kleiner, da komme ich nur noch auf ~13-16x8-10 µm.
    Regelrecht gestielt sind die Fruchtkörper nicht, die Außenseiten variieren etwas von weiß filzig (Basis) bis körnig (Becherrand).
    Dabei vermute ich aber mal, daß bei der Trockenheit solche Merkmale vielleicht mit Vorsicht zu beurteilen sind.


    Kollektion C (echter Nestpilz):



    Diese Kollektion wieder etwas reifer, Sporenornament sogar noch etwas deutlicher als bei Kollektion A; Sporen (frei, reif) ~ 13-16,5x8-10,5 µm.


    Bei beiden Kollektionen auch wieder zweischichtiges Fleisch mit Trennschicht aus dünneren, nicht kugeligen Hyphen; Paraphysen mit keuligen Endzellen, Sporen reif ohne bzw. mit sehr diffusem, an den Polen gestautem Inhalt.


    So kann's gehen. Unbekannte Peziza, schon dreimal gefunden. Scheint hier in der Gegend am Oberrhein nicht selten zu sein, die Art. Was immer es auch ist.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    "unbekannt" glaube ich nicht, sondern "nur" extrem schwierig zuzuordnen. Wir wissen sicher auch noch viel zu wenig über die Variationsbreite dieser Gattung und die extremen Witterungsbedingungen zur Zeit sind sicher auch nicht hilfreich.

    • Offizieller Beitrag

    Nochmal hallo!


    Ich will nun mal noch einen Abschluss und ein Resumee zu diesen Nestpilzen wagen.
    Ohne Anspruch darauf, daß es stimmt, aber die letzte Kollektion:






    Sieht schon sehr nach Peziza varia s.l. aus.
    Jedenfalls sind hier die Sporen glatt, wenn auch zwei oder drei vereinzelt leichte Pünktchen hatten.
    Die Paraphysen passen nun auch besser, sind zwar apikal immer noch keulig, aber haben diese spindelig aufgeblähten Glieder.
    Ansonsten gleicht alles den oben gezeigten Kollektionen, auch die Sporengröße und die Ökologie.


    Was nun folgt, ist lediglich eine Theorie und keineswegs überprüft oder belegt:
    Die Kollwktionen oben stammen allesamt noch aus der "Trockenzeit", erst diese neue habe ich nach den ersten Regenfällen letzte Woche untersucht. Eventuell erscheinen ja die Sporen durch ungünstige Witterung (Trockenheit) fein punktiert und die Paraphysen "quellen" bei genügend Feuchtigkeit erst auf.
    Tendenziell würde ich nämlich schon vermuten, daß alle von mir gezeigten Pilze zur gleichen Art gehören.


    Wobei ich Peziza varia mal als Sammelart auffasse, denn eine Unterscheidung von zB Peziza micropus traue ich mir nicht zu.


    Und Peziza arvenensis müsste ich danna uch mal einsammeln, die würde ich mir auch gerne noch mal selbst mikroskopisch angucken.



    LG, Pablo.