Athelia vs. Leptosporomyces? --> Trechispora

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 2.629 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo in die Runde.


    Es geht um folgenden Fund:







    Gefunden am 23.04. (also noch vor Ende der Trockenzeit) in einem Auwald am Rhein bei Mannheim an einem vermodernden Fomes fomentarius.
    Der Fruchtkörper ist häutig, insgesamt kaum mehr als 1mm dick, wobei sich die obere Schicht (mit Hymenium) vom fein fädigen Subikulum ablösen lässt.
    Am Rand teils feine Rhizomorphen. Teils reßt die obere Schicht feldrig auf, das Subikulum bleibt intakt. Im Alter und beim Trocknen gilbend.
    Mikroskopische Eckdaten: Monomitisch, Hyphen hyalin, dünnwandig, Schnallen vorhanden;
    Basidien keulig, klein (reif, also mit Sterigmen 10-14 µm lang), büschelig, ungestielt, viersporig; keine Zystiden beobachtet;
    Sporen elliptisch, dünnwandig, inamyloid, ~3,5-5x2,5-3 µm.


    Sorry wegen den dürftigen Mikrobildern. Rötlinge sind viel einfacher zu mikroskopieren und erst recht durchs Mikro zu fotografieren. Dabei saß ich an dem hier sicher länger als an dem Rötling....


    Hm.


    Neulich hatte ich einen Fund an morschem Birkenholz, der sehr ähnlich aussah, allerdings mit etwas größeren Sporen (bis 6 µm lang). Mit identischen makroskopischen Eigenschaften allerdings nicht gilbend.
    Den hatte ich mal nassforsch als Athelia bombacina abgeheftet.


    Aber passt dieser hier auch dazu? Mit den kleineren Sporen und dem Wqachstum auf altem Porling?
    An faulenden Porlingen soll ja Athelia neuhoffii vorkommen, die Art hätte aber deutlich größere Sporen.
    Irgendwie stieß ich noch auf die Gattung Leptosporomyces / Fibulomyces.
    Da würde wohl Leptosporomyces mutabilis auch einigermaßen passen?
    Und was unterscheidet die Gattungen nun eigentlich? Eine Abgrenzung über die Basidiengröße ist doch etwas duffus, zumindest aus meiner Sicht...



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    da gehst du mit deinen Fragen ja schon ganz schön in die Tiefe. Die Gattung Athelia erkennt man ja mikroskopisch relativ leicht an der pallisadenförmigen Anordnung der Basidien und die lockere Struktur der Hyphen, die oft rechtwinklig verzweigt sind. Deine Mikrobilder sehen nicht wie Athelia aus und die Sporen wären auch zu klein. Makroskopisch ähnliche bis gleiche Gattungen auf Porlingen wären Leptosporomyces/Fibulomyces, Trechispora und Ceraceomyces. Leptosporomyces/Fibulomyces wird kaum noch getrennt, was auch kaum möglich ist. Kennzeichnend sind die kurzen Basidien bis max. 15 µm und die schmalen Hyphen (bis 4 µ). Trechispora (glattsporige Arten) mit ebenfalls so kurzen Basidien haben ampullenförmig angeschwollenen Hyphen an den Septen. Die Gattung Ceraceomyces hat Basidien bis 25 µm Länge und Basalhyphen bis mind. 10 µ Breite. Man muß schon von allen Gattungen mal Funde gesehen haben, um den Unterschied zu erkennen. Also mehr möchte ich zu deinem Pilz nicht sagen.
     
    Übrigens Athelia macht nie solche fimbriaten Ränder.


    LG
    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Ja, das ist mein Dilemma.
    Irgendwie muss man ja mal anfangen, die Pilze anzugucken. In solchen Bereichen fehlt mir natürlich die Erfahrung. Bei Pilzen wie diesem sitze ich oft zwei Stunden am Mikroskop, fertige verschiedene Präparate an, mache Bilder (die meisten werden unansehnlich)...
    Dann kommt noch einige Zeit an Literatur und Internetrecherche dazu. Immerhin: ich sehe was. Nur müsste ich auch wissen was ich sehe. Die einzelnen Merkmale zu erkennen und beurteilen zu können, darum geht es ja im Wesentlichen. Ich kann noch so lange Hyphen angucken, wenn ich aus der Anordnung nichts herauslesen kann, komme ich nicht weiter. Das ist der Erfahrungsfaktor.
    Darum neulich auch meine Frage nach einem speziellen Kurs.
    Es geht auch so, aber es ist langwierig und mühsam. Insbesondere wenn es um Arten, Gattungen, Familien geht, vor denen ein Großteil der Pilzfans Reißaus nimmt und ein anderer Großteil locker aus der Hüfte nach Pilze der Schweiz bestimmt.
    Kommt beides nicht für mich in Frage: Auch wenn ich mich noch nicht auf ein Spezialgebiet festlegen will, interessieren mich die Rindenpilze und Porlinge mindestens genauso wie die Rötlinge und Röhrlinge. Und ich will auch möglichst wissen, wie ein Pilz wirklich heißt und auch warum.
    Das alles ist halt nicht in zwei Jahren zu lernen.


    Ich bin froh, daß du dir die Zeit nimmst, im Netz bei mir und anderen über die Funde drüberzuschauen und Ratschläge zu geben. Egal, ob dabei eine Bestimmung rauskommt, oder nicht.
    Denn: Das, was du jetzt geschrieben hast, hilft mir eher weiter, als wenn ich jetzt einen Namen bekommen hätte. Denn dann wüsste ich immer noch nicht, welche Merkmale relevant sind und auf was insbesondere zu achten ist.


    Wenn ich das mal so zusammennehme:
    Athelia = Basidien in Palisaden, Hyphen locker verknüpft + oft rechtwinklig verzweigt, Sporen größer als hier angegeben
    Fibulomyces / Leptosporomyces = Basidien bis 15 µm lang, Hyphen bis 4 µm breit
    Trechispora = Hyphen an den Septen ampullenförmig angeschwollen
    Ceraceomyces = Basalhyphen (Subikulum, nehme ich an?) bis über 10 µm breit, Basidien bis 25 µm lang


    Das ist doch gut. Da kann ich direkt mal was mit anfangen.


    Muss ich nur noch den Fund darauf überprüfen. Kein Problem, liegt ja hier noch rum.
    Gib mir etwas Zeit, ich melde mich wieder. Und wenn's mit den Bildern mit meiner Kameraausrüstung bei solchen Pilzen hapert, dann eben mit Stift und Papier.


    Und bei dem hier:


    Muss ich auch noch mal ran. Den hatte ich oben erwähnt.
    Den hatte ich als Athelia bombacina bestimmt, aber nun macht sich Skepsis breit. Saß an Birke, aber sowas wie Rhizomorphen sind da ja auch dran. Oder besser gesagt: Ganz feine Fäden, die sich von den Rändern aufs substrat ziehen. Basidien und Sporen waren da etwas größer als bei dem Fund oben, aber die Hyphen will ich nochmal genau sehen.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Morgen!


    Also den Pilz in Beitrag #3 sollten wir am besten vergessen. Ich habe gemerkt, daß ich davon kein Material mehr habe. Wahrscheinlich wurde der wieder im Wald ausgesetzt...


    Also bleibt der mal außen vor.


    Folgende Ergänzung gehört zum Pilz aus dem Startbeitrag:





    Ich habe mal versucht, besonders auf den Aufbau des Fruchtkörpers, insbesondere auf die Hyühen zu achten.
    Was nicht einfach ist, weil in der Tat ist das sehr dicht verwoben, die Hyphen auch teils inkrustiert, was die Darstellung nicht gerade vereinfacht. Darum auch der etwas klägliche Versuch, etwas aufzumalen.


    Was wohl wichtig ist: Tatsächlich sind die größten Basidien noch nicht mal 15 µm lang. Auch im Subikulum sehe ich keine Hyphe, die breiter wäre als knapp 4 µm. Das Geflecht ist sehr dicht, Inkrustierungen finden sich aber hauptsächlich an der Basis. Hyphen im Bereich zwischen Subhymenium und Subikulum messen teils weniger als 2 µm, was aber auch daran liegen kann, daß das Material inzwischen "tot" ist.


    Wenn ich deine Tips berücksichtige, Frank, dann kann ich mir nichts anderes als Leptosporomyces vorstellen (aber was weiß ich schon?). Wenn ich davon ausgehe, daß die Gattung so stimmt, dann bleibe ich wieder an Leptosporomyces mutabilis hängen.
    Mikrozeichnungen bei Mycobank scheinen immerhin ganz gut zu passen. Allerdings finde ich bei der Art keine Erwähnungen zum Vorkommen an alten Porlingen. Und: Die Sporen bei meinem Fund sind teils etwas zu breit. Da sind einige dabei, die sehen fast subglobos aus und kommen dann auch auf eine Breite von ~3 µm. Oder passt das noch?



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    Sporenform und -breite schließen L. mutabilis fast aus. Wenn ich alles zusammenfasse, was du erkannt hast, würde ich eher auf eine Trechispora cohaerens tippen. Vielleicht findest du noch Septen mit den typischen Anschwellungen für diese Gattung, die meist am Rand des Fruchtkörpers und an im Porling befindlichen Hyphen zu suchen sind.


    LG
    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Also zu dick, die Sporen? Zu "rundlich"?
    OK.
    Rand habe ich nicht mitgenommen. Muss ich in Zukunft machen, weil ja oft auch die Rhizomorphen interessant sind.
    Aber von Hyphen durchzogenen Fomes habe ich, wenn da was angeschwollen ist (ampullenförmig), dann finde ich das. :thumbup:



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Sooooooo!


    Aus den Röhren des FomFoms habe ich mal solche weißen Fäden rausgepult:

    Das sollten Rhizomorphen des weißen Häutchens im Porling sein.


    Wenn ich das nun richtig verstanden habe, wird das hier gesucht:


    Zwecks besserer Sichtbarkeit wieder mit Zeichnung.
    Sehr interessant, auch daß hier die Hyphen einen Tick breiter sind als im hymenium und im Subikulum direkt darunter. Und auch solche Anastomosen habe ich da nicht gesehen. Aber unter "ampullenförmig angeschwollen" kann ich mir nun etwas vorstellen, glaube ich.


    Es ist schon enorm hilfreich zu wissen, was man suchen soll und wo. :thumbup:
    Beeindruckend finde ich, daß du das an der Form der Sporen erkennst, Frank. Immerhin gibt es davon ja auch >solche Bilder<, das mag ein wenig schmäler sein, aber den Blick muss man erstmal haben.
    Allerdings: Natürlich habe ich mir den Schlüssel zu trechispora auf deiner Seite durchgeguckt. Wahrscheinlich kannst du meine Frage schon ahnen: Was hat es mit den Kristallen auf sich bzw. was würde in diesem Falle Trechispora confinis disqualifizieren?



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    da hast du doch die richtigen Hyphen gefunden, sodass Trechispora bestätigt ist. Trechispora cohaerens s.l., so steht sie in Pilze der Schweiz (und ich weiß ja nicht, welche Literatur du hast), wird nun noch auf Grund der Kristallformen von Trechispora confinis unterschieden. Bei Trechispora cohaerens sind die Kristalle stäbchenförmig mit gespaltenen Enden, bei Tr. confinis rhomboid.
    Trechispora confinis (46 Funde meinerseits) ist sehr viel häufiger als Tr. cohaeres s. str. (nur 9 Funde).
    Leptosporomyces mutabilis hat ebenfalls kleine stäbchenförmige Kristalle an den Hyphen, aber eben eine andere Sporenform und nicht diese geschwollenen Hyphen, die nur für Trechispora typisch sind und die du gut gezeichnet hast.


    Beste Grüße
    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Ich danke dir für die großartige Hilfe. :thumbup:
    Einen schön dünnen Schnitt werde ich noch machen, um die Kristalle ohne zu quetschen beurteilen zu können. Denn gequetscht geht da schon mal was kaputt und stimmt dann nicht mehr.


    An Literatur bin ich nicht großartig bestückt. Pilze der Schweiz, klar, Großpilze BWs auch (ist immerhin etwas umfangreicher), Die Corticiaceae s.l. aus Edizione Candusso habe ich nur als "Sicherungskopie" auf der Festplatte. Finde ich aber unbefriedigend, damit zu arbeiten, ich hab's gerne in Papier vor mir. Das steht aber auf der Wunschliste weit oben (Neben der Neuauflage vom Ryvarden ;) ).


    Ansonsten versorge ich mich auch gerne im Netz (da sind einige sehr hilfreiche Links auf deiner Seite), aber da ist freilich nicht alles vollständig. Das wird schon, mit der Zeit. So lange beschäftige ich mich ja noch nicht mit Pilzen, die man gar nicht essen kann. Umso mehr freut mich so eine Diskussion, nicht nur weil ein Pilz bestimmt wurde, sondern weil ganz allgemein eine Menge hängen bleibt.


    Mal schauen, ein paar interessante Antro - Pilze habe ich noch einigesammelt. Auch wenn's Porlinge sind: Das scheint auch nicht so ganz einfach zu sein.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Dann mal noch das letzte Detail.
    Ich nehme mal an, daß nicht diese großen Einlagerungen im Gewebe gemeint sind:

    Sondern die kleinen, die an den Hyphen sitzen und selten mal auch irgendwo rumschwimmen, wenn die Hyphen beim Schneiden durchgeschüttelt wurden:

    Da die Form zu beurteilen, bringt mich nun auch echt an die Grenzen mit diesem Mikroskop. Aber rhomboid sehen die Dinger nicht aus. Gespaltene Enden sehe ich zwar nicht, aber Stäbchen sind das wohl. Meist zwei oder drei zusammenklebend.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Dann mache ich das so. :thumbup:
    Wenn dich ein Fund aus fachlicher Sicht interessiert, dann schicke ich ihn dir auch gerne zu. Muss aber nicht sein, nur um einen Namen vergeben zu können. Für mich ist momentan die Diskussion wichtiger als ein 100% sicheres Ergebnis. Aber sag bescheid, wenn der Zufall mich hier mal was zeigen lässt, was du untersuchen willst.




    LG, Pablo.