Jetzt gehts rund bei den Scutellinia

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 5.383 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Rada.

  • Heute geht es mal um die rundsporigen Scutellinia, von denen ich hier drei Arten vorstellen möchte.
     
    Scutellinia legaliae
     
    Diese Art ist mit 3 bis 8mm zwar klein und wächst auch kaum in großen Gruppen, fällt aber durch die leuchtende, karminrote Farbe dennoch auf. Scutellinia legaliae mag nasse Füße und ist daher oft an dauerfeuchten resp. nassen Standorten zu finden. Die Marginalhaare sind sehr kurz, dicht besetzt und können alle möglichen Formen der Wurzel zeigen. Schumacher gibt eine maximale Länge von 800 µm an. Meine Kollektionen erreichen max. 650 µm.
    Die markanten Sporen, die zwischen 16 und 18 µm Durchmesser haben, machen S. legaliae zu einer der am einfachsten zu bestimmenden Arten, sofern man wirklich ausgereifte Sporen unter dem Mikroskop hat. Diese zeigen im Profil deutlich sichelförmige Warzen, die sofort an eine Haifischflosse denken lassen. Unreife bzw. fastreife Sporen zeigen diese ausgeprägten Warzen oft nicht und das führt dann schon mal in die Irre.












    Scutellinia trechispora
     
    Diese Art verwirrt durch ihre makroskopische Vielfalt. Die Apothecien schwanken in der Größe zwischen 5 und 10 mm. Das Farbspektrum reicht von einem satten rot bis hin zu einem dumpf schmutzigorange oder gar tombakfarben. Die Art findet sich gerne etwas neben den üblichen, blanken Scutellinia-Plätzen, gerne unter dichterem Krautbewuchs, solange es dort nackte Erde gibt. Die Haare sind mit bis zu 1800 µm recht lang, Schumacher gibt sogar über 2000 µm an. Entgegen der Angaben von Schumacher finden sich bei meinen Kollektionen nicht selten Haare mit tri- oder gar multifurcater Wurzel. Jedoch nur mit Auswüchsen der 2. Generation.
    Die 14-18,7 µm großen Sporen sind durch recht lange, an der Spitze überwiegend abgeflachte Warzen gekennzeichnet, die der Spore im Profil das Aussehen eines Zahnrades geben. Darauf ist besonders zu achten, denn das unterscheidet diese Art von der sonst sehr ähnlichen S. heterosphaera nom.prov., die kegelförmige, leicht abgerundete Warzen besitzt. S. heterosphaera ist eine gute Art, die m.W. jedoch noch nicht offiziell beschrieben wurde, daher nom.prov.














    Scutellinia minor
     
    Diese sehr kleine, fast unscheinbare Scutellinia sitzt gerne einzeln oder mit ein, zwei Kollegen zwischen Moosen, kann aber auch auf nackter Erde vorkommen. Die Apothecien erreichen selten mehr als 5mm, bleiben meist kleiner. Reife Apothecien zeigen einen Rand aus überwachsenden hyphoiden Haaren, der deutlich schwächer gefärbt ist, als das Hymenium. Das erinnert im Feld zunächst an ein Moosbecherchen, bis man die bis ca. 600 µm langen und dicken, jedoch nur spärlich vorhandenen Marginalhaare erkennt. Die Haare können einfach bis trifurcat verwurzelt sein. Die Paraphysen sind bei dieser Art sehr oft gegabelt. Die Sporen schwanken sehr in der Größe zwischen 16,5 bis 20,5 µm und zeigen ein Ornament aus bis 1,5 µm hohen, meist abgerundeten Warzen. Diese können sowohl gleichmäßig über die Spore verteilt sein, jedoch auch zu Clustern aggregiert und manchmal verbunden sein. Nicht selten zeigen einzelne Sporen wenige, aber übergroße Warzen.
    Verwechseln kann man die Art mit Scutellinia barlae, die jedoch wesentlich kürzere Haare hat.










    Viel Spass beim suchen und bestimmen.

  • Hallo Ralf,


    bei deinem letzten Satz hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen, bitte korrigiere ihn,


    "Viel Spass beim lesen und staunen".


    Beides hatte ich, für die spontan einsetzende Schnappatmung gäbe es mehrere Erklärungen.


    Belassen wir es bei einer, dein Bericht ist vom Feinsten :thumbup:


    Korrigieren nicht vergessen,


    :evil:


    LG
    Peter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

    Einmal editiert, zuletzt von Habicht (†) ()

  • Hallo Ralf,


    absolut genial. :thumbup:
    Mir war bisher nur eine rundsporige Art vergönnt (legaliae), aber das will ich noch dieses Jahr ändern, nach deinem Bericht jetzt erst recht. Werde, wenn es die Hitze zulässt, demnächst mal nach Scutelllinias Ausschau halten, noch sind die Wegränder feucht genug.


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ralf,


    ja iwie habens mir die Scutellinias auch angetan. Meine ersten 1-2 Gehversuche sind in der Gattung schon gemacht. Da kommt deine tolle Zusammenstellung gerade recht als Hilfe zur "Einarbeitung".


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

    Einmal editiert, zuletzt von Climbingfreak ()

  • Hallo Ralf


    Scutellinia ist eine wahrhaft interessante Gattung. Ich habe derzeit über 3000 Mikrofotos von dieser Gattung geschossen, wieviel Aufsammlungen es sind, muß ich zählen. Viele waren für mich nicht bestimmbar.


    LG Harzi

  • Ahoi, Ralf,


    Masterpiece of Mikroscopic Imagery
    .
    Himmelsstürmer.
    Pilzolymp.


    Das dauert, bis die Kinnlade wieder zum Schließen kommt.
    Das ist Stoff, aus dem (nicht nur heute Nacht) die guten Träume sind....


    Von der Arbeit, die darin steckt,
    möchte ich lieber gar nicht erst zu träumen anfangen...



    Boah! 8| 8| 8|





    Das Erstaunlichste von Allem aber ist,
    wieso Du mal so eben
    satte 3 phänomenale Pilzportraits
    (denn genau da gehören IMHO die einzelnen Beschreibungen hin)
    in einem Normalbeitrag verschleuderst. Kopfkratz



    :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:




    Geplättet:
    Peter

    Link zu Pilzlehrwanderungen: Pilzschule Rhein-Main

    Link: Verzehrfreigaben gibt es online nicht

    Galerie: Pilzfotos "zum Anfassen"/Stereobilder

    Der frühe Vogel fängt den Wurm. Soll er doch im Dunkeln tappen...ich fange lieber Pilze. Fossas sind auch nur aktiv, wenn es sich lohnt.

    Meine Fotos und Artwork dürfen nicht ohne meine vorherige ausdrückliche Genehmigung außerhalb dieses Forums verwendet werden!

    Pilz-Chips: 90+8 für Nobis Pilz-Cover-Rätsel=98, +2 Interne Tribünen-Punkte-Wette APR 2022=100, +4 PhalschPhal-Gedicht APR = 104 +5 Rätselgedicht = 109, 3 als Rätselprämie an Lupus = 106, Gnolm-Kreativpreis APR 2024 +3 = 109

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ralf!


    Tolle Vorstellung!
    Meine bisherige Ausbeute an rundsporigen Arten bsilang: 0 (eine unbestimmte im letzten jahr).
    Die finde ich aber noch, so ein Beitrag macht durchaus wieder Lust auf die Gattung.



    LG, pablo.

  • Hallo Ralf,


    ich ziehe meinen Hut (Notiz: ein Hut-zieh-Smilie muss her),


    sage Danke


    und speichere den Beitrag da ab, wo ich ihn zu gegebenem Zeitpunkt auch wieder finde.


    Toller Beitrag :thumbup: !


    LG


    Andreas

  • Hallo Ralf!
    "Faszinierend" würde ein uns wohlbekanntes Spitzohr sagen... Bei den Sporen mit den kleinen Haifischflossen (super beschrieben, so verstehe ich es auch mal ;)) in der blauen Farbe musste ich an einen kleinen blauen Planeten mit Meeresoberfläche und viel zu vielen Haien denken. Danke fürs Teilen!


  • Hallo Peter,


    Danke für den netten Kommentar. Dennoch: Selber suchen und bestimmen macht mehr Spass als staunen. :)



    Hallo Ralf


    Wegen solcher Beiträge von Dir habe ich mich Anfang 2014 im Forum angemeldet :)
    Große Klasse!


    LG Karl


    Hallo Karl,


    das hat sich dann vor allem gelohnt, weil hier viel kompetentere Leute schreiben als ich. Und vor allem hat es sich für uns gelohnt, denk ich u.a. an Deine Eifelberichte.



    Hallo Matthias,


    keine faulen Ausreden, die Scutellinia sind auch bei Hitze draußen. :D



    Hallo Ralf,


    ja iwie habens mir die Scutellinias auch angetan. Meine ersten 1-2 Gehversuche sind in der Gattung schon gemacht. Da kommt deine tolle Zusammenstellung gerade recht als Hilfe zur "Einarbeitung".


    l.g.
    Stefan


    Hallo Stefan,


    das schöne an den Scutellinia ist, dass man wenigstens weiß in welcher Gattung man schlüsseln muss :)



    Hallo Ralf


    Scutellinia ist eine wahrhaft interessante Gattung. Ich habe derzeit über 3000 Mikrofotos von dieser Gattung geschossen, wieviel Aufsammlungen es sind, muß ich zählen. Viele waren für mich nicht bestimmbar.


    LG Harzi


    Hallo Hartmut,


    die Qualität Deiner Fotos bringt mich immer zu staunen und bleibt für mich unerreichbar. Damit müsste doch so manche schwierige Bestimmung zu machen sein.



    Ahoi der Peter,


    ein bisschen dick aufgetragen, aber sehr nett. :)
    Selbstredend kopiere ich das später einzeln in die Portraits. Warum erst hier ?? Anfixen, wie es auf Neudeutsch wohl heißt..... :D



    Hallo Pablo,


    Unbestimmbar ? Hab ich die gesehen ? :P



    Hallo Andreas,


    danke sehr. Wenns hilft, hat sich das Einstellen dreifach gelohnt.



    Hallo Ralf!
    "Faszinierend" würde ein uns wohlbekanntes Spitzohr sagen... Bei den Sporen mit den kleinen Haifischflossen (super beschrieben, so verstehe ich es auch mal ;)) in der blauen Farbe musste ich an einen kleinen blauen Planeten mit Meeresoberfläche und viel zu vielen Haien denken. Danke fürs Teilen!


    Hach Tuppie,


    ich möchte es nicht missen, wie Du es immer wieder schaffst trockene Beiträge mit Deiner Phantasie zu beleben. :)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Zitat

    Meine bisherige Ausbeute an rundsporigen Arten bsilang: 0 (eine unbestimmte im letzten jahr).


    Hallo Pablo,


    Unbestimmbar ? Hab ich die gesehen ? :P


    Ja, hast du.
    Das war ein Einzelfruchtkörper, zudem noch mit meinem Liddl-Mikroskop angeguckt, da ließ sich absolut nicht definieren, wie die Sporenstacheln geformt waren.
    Und : Einzelfruchtkörper eben.
    Du hattest mir glaube ich geraten, die Stelle im Auge zu behalten. Habe ich (in losen Abständen getan).
    Das letzte Resultat war diese wuchsgestörte, die ich dir neulich geschickt habe. Eine rundsporige habe ich an dem Platz leider nicht wiedergefunden.



    LG, Pablo.

  • Moin Ralf


    Danke schön. Das Problem ist meiner Meinung nach, das die Gattung Scutellinia viele unbeschrieben Arten besitzt. Oft kommt man mit den Schlüsseln und der Monographie von Schumacher zu keinem Ergebnis. Meine zuletzt aufgenommene Scutellinia umbrorum vom 20.Juni (Giepenbachwiese Oberharz)
    LG Harzi







  • Danke für die wunderbare Vorstellung dieser drei Rundsporer, Ralf! :thumbup:



    Das Problem ist meiner Meinung nach, das die Gattung Scutellinia viele unbeschrieben Arten besitzt. Oft kommt man mit den Schlüsseln und der Monographie von Schumacher zu keinem Ergebnis.


    Ich weiß nicht, ob es wirklich so viele unbeschriebene Arten in der Gattung gibt. Vielleicht ist auch die Variabiltät der einzelnen Arten größer als wir annehmen?
    Vor meiner Dungpilzphase habe ich mich sehr intensiv mit der Gattung beschäftigt.
    Dabei habe ich gelernt, dass man ausgiebig mikroskopieren muss.
    Also verschiedene Apothecien untersuchen, darauf achten, dass die Fruchtkörper wirklich ausgereift sind und alle Merkmale genau prüfen.
    Das ist oft sehr aufwändig.


    Aktuell hatte ich eine kurzhaarige Scutellinia an Holz in Arbeit.
    Nach der ersten Untersuchung war ich mir wegen der Sporenmaße (21-23 x 11-12) und der max. bifurkat wurzelnden Haare relativ sicher mit Scutellinia heterosculpturata. Das Sporenornament schien auch zu passen.
    Steffen (Toffel), der ebenfalls diese Aufsammlung untersuchte, schloss die Art aus und verwies auf Scutellinia ceijpii.
    Also nochmals mikroskopiert.
    Nun fand ich Sporen von (21)22-25 x 11-13,5 und auch einige mehrfach wurzelnde, 1-4 fach septierte Haare.
    So wurde aus der anfangs vermuteten Scutellinia heterosculpturata nun doch noch und recht plausibel Scutellinia ceijpii.
    Leider habe ich keine Makroaufnahme, aber diese Pilzchen sehen doch alle +/- gleich aus. ;)





    LG Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72


  • Moin Ralf


    Danke schön. Das Problem ist meiner Meinung nach, das die Gattung Scutellinia viele unbeschrieben Arten besitzt. Oft kommt man mit den Schlüsseln und der Monographie von Schumacher zu keinem Ergebnis. Meine zuletzt aufgenommene Scutellinia umbrorum vom 20.Juni (Giepenbachwiese Oberharz)
    LG Harzi


    Hallo Hartmut,


    die abgebildete Kollektion hätte man auch genauer auf S. heterosculpturata prüfen sollen. Nobi hat sie ja nachfolgend bereits erwähnt. Und er hat unbedingt recht damit, dass man mehrfach/vielfach/ausgiebig mikroskopieren sollte. Manchmal ist die Variabilität sogar in einem Apothecium so groß, dass man die Schnittmengen aus mehreren Proben braucht um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Besagte heterosculpurata hatte ich grad gestern, und sie fast als S. umbrorum verworfen. Erst die genau Untersuchung der Haare zeigte die Wahrheit.




    Hallo Nobi,


    so geht das manchmal. Für S.heterosculpturata wären die Sporen auch zu schlank und die Haarwände zu dick. Die Konzentration von Warzen an den Polen der Sporen sieht man bei S. ceijpii meist auch sehr gut.


    Ganz sicher gibt es bei den Scutellinia noch unbeschriebene Arten. So habe ich erst gestern von einer S.trechispora sehr ähnlich sehenden Art Kenntnis bekommen, die wohl noch nicht beschrieben ist. Es gibt leider viel zu wenige wirkliche Experten die sich mit dieser Gattung beschäftigen. Und dann will das ja alles auch noch veröffentlicht werden.