Knopfbecherchen, rosarot

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.213 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Orbiliengucker!


    Am Donnerstag fanden wir im Schwarzwald in einem schattigen Einschnitt wenig Pilze. Einer davon ist diese Orbilia, die ein morsches Holzstück (ich tendiere zu Laubholz, auch wenn in dem Wald hauptsächlich Tannen und Fichten stehen) überwächst, vor allem in den Rissen und Löchern in dem Holz.
    Das Holz liegt nass, sehr nass. In einem munter plätschernden Bergbach, nicht völlig von Wasser überspült, aber doch mit Kontakt zum fließenden Nass.
    Der Fundort sieht so aus:

    Befindet sich auf einer Meereshöhe von ~600m mit saurem Granitgestein.


    Die Pilzchen sind schlecht abgelichtet, aber immerhin die Farbe lässt sich erkennen:




    Ob es was zu bedeuten hat kann ich nicht sagen. Bislang finde ich keinen einzigen gelblich gefärbten Fruchtkörper. Nur hyalin und weißlich oder deutlich öfter mit diesen Rosatönen. Sicher lag das Substrat ziemlich verdeckt und Knopfbecherchen sollen ja bei wenig Licht anders gefärbt sein können als mit viel Licht. Aber bislang: Alles pink.
    (alle Makroaufnahmen lassen sich durch anklicken noch etwas vergrößern)


    Was man mirkoskopisch sagen kann -
    Im Schnitt sieht's so aus:


    Zellen der Medulla nahe der Ansatzstelle:


    Randzellen in H2O:


    Was ich nicht sagen kann ist, ob die Kappen auf den birnenförmigen Randzellen nur Exsudat sind oder tatsächlich Glaskörper. Die Brechung ist schon stark, das Zeug lässt sich auch nicht so einfach rausspülen (und ist auch kongophil), aber das alles gilt auch für die apikalen Beläge auf den Paraphysen.


    Die Sporengrößen schwanken recht stark (6,5-11,5 x 1-1,5), die Sporen sind nur sehr selten leicht gekrümmt, ansonsten sehr schlank spindelig mit zugespitzten Enden, der Inhalt entweder aus zwei mittelgroßen Tröpfchen nahe den Polen, teils auch aus diversen kleineren Tröpfchen, die dann an den Polen zusammenfließen. Manchmal auch nur ein Tröpfchen an einem Pol.


    Die Asci sind wie erwartet IKI- und haben meist eine lange, unregelmäßig verknitterte, dünne "Wurzel", die meist einzeln, selten verzweigt ist. Apikal zeigen die Asci aus einer perspektive nicht nur einfach eine abgeflachte, sondern eine regelrecht eingedetschte Spitze.


    In Lugol:


    Die Paraphysen sind größtenteils kopfig, zum Becherrand hin finden sich aber auch etliche eher keulig geformte Paraphysen. Die Köpfchen haben oft einen lichtbrechenden, recht beständigen Überzug, der kongophil ist.
    In Wasser:


    In Kongorot SDS:


    Ich habe ja selbst keine Ahnung davon und weiß, daß das eine sehr schwierige Gattung ist die auch noch viele offene Fragen enthält. Allzu viele Hoffnungen mache ich mir nicht, habe aber noch einiges an Material, das weiter untersucht werden kann.
    Und wenn es schon so was zu sagen gibt: Mich würd's freuen.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo!


    Eigentlich hast du ja alles, was man zur Orbilienbestimmung braucht.


    Da sich die Hauben auf den Randzelllen anfärben lassen, handelt es sich um Exsudat, also das gleiche in verstärkter Form wie auf der Fruchtschicht aufgelagert ist. Für die "Glaskörper" hat wohl noch niemand ein geeignetes Färbemittel gefunden.


    Interessant ist die Art des Sporenkörpers (SB = spore body) in vitalen Sporen: siehe fotografierte Spore 2 und 3 von links.



    Ich schaue mal, was ich rauskriege.
    Falls du weitermikroskopierst, achte auch mal auf das Vorhandensein der NFF. Das sind viel größere, aber hyalinzellige septierte Strukturen in Form von eingerollten "Schnecken" oder Ypsilons oder bei dir wahrscheinlich 3-fach septierte große "Kommas" (Bilder des Fundes HB 94242a anschauen):
    Anamorphe



    VG Ingo W

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    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    145-15 (Teilnahme APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (Teilnahme APR 2024) = 133+5 Honorar APR = 138+8 (APR-Treppchenwette 2.Pl.) = 146+4 (APR-Früh-Joker-Bonus 1.Pl.) = 150+15 (Phalprämierung 2. + 5. Pl) = 165


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    Hallo, Ingo!


    Danke. :thumbup:
    Mit "Viel größere Strukturen" meinst du: Am selben Substrat, irgendwo um die Becherchen drumrum, aber größer als diese?
    Ich sehe mir das morgen vormittag mal an. Heute hatte ich nur einen Schnelldurchgang gemacht. ich will auch noch bessere Makroaufnahmen und bessere Sporenbilder machen. Dieser Spore-Body kann auch ein Schatten sein, entstanden aus mehreren kleineren Tröpfchen, die sich etwas linienartig angeordnet haben. Aber da gucke ich nochmal genau.


    Das mit der Anfärbbarkeit bei den Glaskappen vs Exsudat ist interessant: Kann auch beides vorhanden sein?
    Denn bei den Marginalzellen gibt es sowohl färbbare Anlagerungen, als auch solche, die sich nicht anfärben lassen:



    LG; pablo.

  • Hallo Pablo!


    Zur Form der Anamorphe habe ich oben noch einen Link auf Zottos "veritas"-Seite gesetzt.


    Die SBs sind schon welche. Auch gut zu sehen im Bild, auf dem du die abgeplatteten Asci zeigst. Innendrin die Sporen anschauen.
    Momentan bin ich bei Orbilia luteorubella. Feinabstimmung muss aber noch gemacht werden.


    VG Ingo W

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Ah, ab HB 9424a2-1a .
    Interessant. Nur das Pulver auf den ersten drei Bildern kann ich nicht einordnen, ist das eine Kultur in einem Schälchen oder liegt da etwas auf einem Objektträger?
    Weil ich weiß noch nicht, wo ich nach der Anamorphe suchen soll. Beim Mikroskopieren der Becher ist mir so eine struktur (noch) nicht begegnet.



    LG; pablo.

  • Hallo Pablo!


    Die Anamorphen schwimmen manchmal im Präparat rum. Sollen so außenrum um die Apos wachsen, aber oft habe ich auch kein Glück die zu finden.
    Wollte dich bloß etwas sensibilisieren, falls dir sowas unterkommt, sicherlich nicht unbedingt nötig für die Bestimmung.


    Also ich komme zu Orbilia luteorubella und sarraziniana. Laut einer Zotto-Schlüsselaussage von 2008 sind die schwer voneinander zu unterscheiden, es soll da wohl sogar intermediäre Kollektionen geben.
    Die Arten der Sektion luteorubella sind wohl beinahe alle "semiaquatisch" von der Wuchsweise, manmchmal substratüberspült, und farblich hyalin oder mit Lila(Rosa?)schein angegeben.


    Die letztendliche Antwort werden wir aber auf jeden Fall erfahren, denn Zotto iinteressiert sich ja für solche Funde.
    Also mach auch schon mal den punktgenauen Fundort fertig!
    Wenn du so weit bist, schickst du mir am besten alles an meine E-Mail Adresse, außer, du willst Zotto selbst kontaktieren.


    VG Ingo W

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ingo!


    Die Sporen sind hier aber auch schwer darzustellen. Ich hab's eben noch mal probiert, aber so richtig zufrieden bin ich immer noch nicht. Bilder dazu zeige ich heute oder morgen abend. Jedenfalls ist es in der Tat so: Da befindet sich bei reifen Sporen ein würstchenförmiger SB an einem Ende.
    Was dabei vielleicht interessant ist: Irgendwo las ich gestern abend noch was zur Anordnung der Sporen in den Asci (Hier? Hast du noch was editiert? Oder wars auf der veritas - Seite?). Das könnte schon passen, daß die unteren Sporen im Ascus verkehrtrum drin sitzen. Jedenfalls dann, wenn sich der SB immer am selben Ende befindet. Der erscheint bei einigen Asci (bei denen es sich erkennen lässt, was selten der Fall ist) bei den unteren Sporen am unteren Ende, bei den oberen Sporen am oberen Ende zu sitzen.
    Auch dazu demnächst noch Bilder (sobald ich die bearbeitet habe).


    Ich schicke dir die Bilder und detaillierte Fundangaben gerne per Mail. Die Frage ist: Bilder in Originalauflösung oder lieber etwas verkleinert? Wobei ich die ohnehin immer etwas zurechtschnipple, weil was brauche ich einen Haufen Holz drumrum, wenn ich nur die Becher in der Mitte zeigen will?
    Frage zwei: Soll ich von dem Material etwas aufbeahren, eventuell trocknen? Soll die Möglichkeit für eine Sequenzierung offen gehalten werden? Ich könnte auch eine frische Probe an Zotto schicken, aber die Art scheint ja doch gut verbreitet zu sein und von ihm schon oft untersucht.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo!

    Zitat


    Die Sporen sind hier aber auch schwer darzustellen.


    Da ist man wohl fast am Ende des gut Darstellbaren, was das Lichtmikroskop betrifft.
    Ich selbst muss bei so winzigen Strukturen Kongorot-SDS ranhauen; wirkt zwar auch abtötend, aber lässt sich etwas Zeit.
    Dein Mikroskop ist qualitätsmäßig besser als meins, schau halt mal, was geht.


    Mit der Sporenanordnung im Ascus könnte es sein, dass bei dir eine E-Mail von mir angekommen ist. Die ging mir verloren. Zumindest kann ich das Abschicken nirgends nachvollziehen, geschrieben habe ich aber eine.


    Wie interessant Zotto deinen Fund hält und ob der möglicherweise weitergeschickt werden soll, kann ich dir natürlich auch erst sagen, wenn er drüber geschaut hat.

    Zitat


    Soll ich von dem Material etwas aufbeahren, eventuell trocknen?


    Naja, erst mal nicht wegschmeißen. Das Gros möglichst vital halten, wenn du viel hast, auch welche trocknen.


    Zitat


    Bilder in Originalauflösung oder lieber etwas verkleinert?


    Wenn die Originalauflösung gestochen scharf ist, wäre das natürlich ein Argument, nichts zu verkleinern.
    Ansonsten muss man schauen, was am besten aussieht und was Information rübergibt.


    Ich nehme ja an, am Standort war auch mindestens eine Erle?
    Zotto nimmt ´s recht genau und will normalerweise das konkrete Substrat wissen. Möglicherweise wird man sich dann noch mit Holzmikroskopie befassen müssen.


    Irgendwas war noch.
    Ach ja, der vorher angefragte "Schimmel" auf den veritas-Bildern ist Orbilia-Kultur in Petrischale, genau.


    VG Ingo W

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ingo!


    Vielen dank für die Erklärungen!
    Das Material, das ich habe, ist eben das Holzstück im ersten Beitrag auf dem zweiten Bild. Also reichlich. :)
    Irgendwie hatte ich am Fundort nicht ans Zerschnippeln gedacht. An Erlen kann ich mich nicht erinnern, aber in solchen schattigen Tälern stehen gerne welche. Vielleicht kann Björn bei gelegenheit noch mal gucken. ich erninnere mich an Weißtanne, Fichte, Esche und Hasel. Das Problem ist nur: In einem so steolen Tal (Bach mit großem Gefälle) und so steilen Flanken kann das Holzstück sonstwoher stammen. Also bliebe wirklich nur, das mikroskopisch zu untersuchen. Davon habe ich aber keine Ahnung, muss ich gestehen.


    Deine Email ist angekommen, die habe ich gelesen. Die Antwort mitsamt Bildern und Funddaten kommt ~ morgen abend.
    Ich gucke mal, was ich mit den Bildern mache, ob ich da noch was verkleinere oder nicht.


    Hier noch ein paar Previews.
    Sporen, erneut wenig mit der Kamera scharf erfasst:

    Was bei der Zeichnung nicht stimmt: Die SBs finden sich meist am schmaleren Ende der Sporen, statt am breiteren.
    Für die Zeichnung dient 1 Kästchen = 5 µm als Maßstab.


    Die Lage der Sporen in den Asci erkenne ich auch am besten an den SBs. Das klappt natürlich dann nur bei reifen Asci. Und ist auch kaum abzubilden. Vielleicht erkennt man es so ein wenig:


    Mit durchscrollen ist es einfacher, weil man dann auch die Sporenwand sehen kann, wenn man ein wenig dreht. So sieht man im Grunde ja nur SBs.
    Die interessant lange Ascuswurzel sollte da zu erkennen sein. Und die sind teils noch krasser.


    Nochmal ein Makro:



    LG, Pablo.