Essbarkeit Netzstieliger Hexenröhrling

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 18.371 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von WestHarzer.

  • Moin,


    die Suche im Netz zum aktuellen Stand der Essbarkeit/ nicht Essbarkeit des Netzstieligen Hexenröhrlings ist recht verwirrend, wie ich finde. Selbst in aktueller Literatur und Pilzbüchern findet man unterschiedliche Meinungen zur Verwertbarkeit. Hat jemand da noch den Überblick?



    So ließt man z.B.: "Geniessbarkeit: Essbar, gut erhitzen. Wissenswertes: Trotz der Meinung, dass B. luridus in Verbindung mit Alkohol giftig ist, ist es mittlerweile bewiesen, dass er kein Coprin enthält und deshalb auch nicht als Giftpilz zu werten ist."


    Und an anderer Stelle wieder: "Der Netzstielige Hexen-Röhrling ist roh giftig, gut gekocht normalerweise essbar. Vereinzelt treten bei gemeinsamem Verzehr mit Alkohol Unverträglichkeiten auf, wofür oft der Wirkstoff Coprin verantwortlich gemacht wird. Er wirkt in Verbindung mit Alkohol giftig. Bisher konnte in dem Pilz jedoch kein Coprin oder ähnlich wirkende Substanzen nachgewiesen werden"


    Aber auch: "Am Netzstieligen Hexenröhrling scheiden sich die Geister der Experten. Die einen bezeichnen ihn als schmackhaften Speisepilz, die anderen warnen vor seinem Genuß und stufen ihn als giftig ein. Fest steht: er ist roh stark giftig, und auch in Verbindung mit Alkohol giftig. Bei manchen Personen können aber auch gekocht Vergiftungserscheinungen auftreten."


    Wie geht Ihr mit diesem Pilz um/ wie verwertet Ihr ihn?



    Grüße!
    Jan



    :huh:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Jan!


    Es ist alles richtig, was du zitierst.
    Das Problem bei Boletus luridus: Es hat wohl in der Tat Fälle gegeben, wo Leute beim Verzehr und bei gleichzeitigem Alkoholgenuss unangenehme Reaktionen hatten. Und das waren nicht unbedingt Leute, denen man eine Verwechslung mit Boletus torosus (sehr seltene Art in Deutschland, die tatsächlich nachweislich Coprin enthält) zutrauen würde.
    Das allerdings sind eher Ausnahmen. Die meisten Menschen, die ich kenne und die den Pilz essen, haben damit keine Probleme. Bei mir ist es ebenso: Ich vertrage den gut, auch mit einem oder zwei Bierchen dazu. Nehme ihn aber selten mit, da der hier gerne auf "von Hunden gedüngten" Flächen wächst oder völlig vermadet ist.
    Die Giftigkeit im Rohzustand ist ja bei allen blauenden Röhrlingen mehr oder weniger gleich: Auch Flockis (Boletus erythropus) sind roh stark giftig. Maronen (Boletus badius) sind roh zumindest leicht giftig.
    Unverträglichkeiten für bestimmte Pilze kommen bei so ziemlich jeder Art vor, egal ob gegart oder nicht. Bei den meisten Arten sind sie selten, d.h. nur wenige Menschen reagieren empfindlich.


    Fazit: Wenn du Boletus luridus selbst probieren möchtest, rate ich erstmal zur Vorsicht. Sicheres Erkennen ist der erste Punkt (ist eh klar). Dann mit einer kleinen Menge anfangen, erstmal ohne Alkohol probieren. Beim nächsten Mal, wenn du es gut vertragen hast, auch mal ein kleines Bierchen dazu. Wenn dann immer noch keine unerwünschten Nebenwirkungen auftreten, sollte es ok sein.


    Man weiß halt auch nicht, was die Zukunft bringt. Daß Coprin in der Art nicht nachgewiesen ist heißt ja nicht, daß nicht ein anderer, unbekannter Giftstoff in dem Pilz sein kann, der für die Reaktionen bei einigen Leuten verantwortlich ist.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,



    bei den Pilzportraits wurde von Dir noch etwas von Involutin erwähnt, auch im Buch von Björn wird Involtin erwähnt.



    Zitat von Dir:
    "Inzwischen ist bekannt, daß B. luridus wohl ähnliche Inhaltsstoffe (Involutin) enthält, wie der Kahle Krempling (Paxillus involutus). Ob diese Stoffe verantwortlich sind für das Eintreten des Paxillus –“ Syndroms (schwere allergische Reaktionen mit Hämolyse bei regelmäßigem Verzehr größerer Mengen) ist noch nicht abschließend geklärt.


    Schade wäre es, wenn diese Vergiftungserscheinungen auch von B. luridus ausgelöst werden können, da der Pilz gut erhitzt ein ausgezeichneter Speisepilz wäre."



    Da ich Eure Meinung sehr schätze und seitdem auf den Netzstieligen Hexenröhrling verzichtet habe, obwohl ich ihn auch sehr schmackhaft finde und keine Probleme nach dem Verzehr hatte. OK die Maden sind ein Thema für sich. Wollte ich mal nachfragen, ob inzwischen Involutin im Netzstieligen Hexenröhrling nachgewiesen ist?


    VG


    Timo

    VG


    Timo


    Pilzchips 95 (+ 10 aus dem EM-Tippen)- 10 für APR 2018= 85+ 20 APR`18-Coins (10 Stk. schnellste Jokereinlösung + 5 Stk. Platzierung+ 5 Stk. Schnapszahl 111) =105

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Rasmik!


    Neue Erkenntnisse habe ich dazu jedenfalls nicht. Man muss auch berücksichtigen, daß "ist im Pilz nachgewiesen" erstmal nichts über die Konzentrationen aussagt. Beim Kahlen Krempling ist die Konzetration wohl recht hoch und führt auch da meistens erst nach wiederholtem verzehr zu (ernsten) Problemen. Eine ähnliche Situation haben wir bei den Erdritterlingen, in denen Stoffe nachgewiesen wurden, die den Inhaltsstoffen im Grünling ähnlich sind ( ---> mögliche Giftwirkung).
    Aber in welchen Konzentrationen?
    Und: Wirken diese "verwandten Stoffe" tatsächlich auch so wie die Stoffe, die die entsprechenden Vergiftungen ausgelöst haben?
    Oder ist nur eine bestimmte Kombination von Stoffen für die Giftwirkung einzelner Pilze verantwortlich?


    Da sind - in vielen Bereichen, nicht nur bei Netzhexen - noch sehr viele Fragen offen oder nur unbefriedigend beantwortet.
    Das Risiko sollte man sich allerdings schon bewusst machen. Ob man deswegen vom Verzehr völlig absieht oder vielleicht nur geringe Mengen isst, muss man selbst entscheiden.
    Ich muss hier auch mal gestehen, daß ich selbst schon Grünlinge (dann aber die richtigen, also T. equestre, nicht T. frondosae!) verzehrt habe. Aber nur einmalig, da der Pilz bei mir kaum zu finden ist.
    Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es da einige Rätsel, was die Giftwirkungen von Pilzen betrifft.
    Man könnte sogar so weit gehen und sagen: Der Verzehr von Wildpilzen an sich ist riskant. Und zwar unabhängig von der richtigen Bestimmung. Da einfach über die genauen Zusammensetzungen der Inhaltsstoffe wenig bekannt ist.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    danke für den Hinweis.
    Dann hätte ich noch eine weitere Frage an Dich, bzw. an alle.
    Esst ihr Pilze, die von der DGfM auf der Liste der Pilze mit uneinhaltlich beurteiltem Speisewert aufgeführt sind?
    Ich esse zum Beispiel von der Liste den Hallimasch und den Schwefelporling.


    VG


    Timo

    VG


    Timo


    Pilzchips 95 (+ 10 aus dem EM-Tippen)- 10 für APR 2018= 85+ 20 APR`18-Coins (10 Stk. schnellste Jokereinlösung + 5 Stk. Platzierung+ 5 Stk. Schnapszahl 111) =105


  • Esst ihr Pilze, die von der DGfM auf der Liste der Pilze mit uneinhaltlich beurteiltem Speisewert aufgeführt sind?
    Ich esse zum Beispiel von der Liste den Hallimasch und den Schwefelporling.


    Hi,


    ja, ich sehe es so wie Pablo und würde den Netzstieligen Hexenröhrling essen, wenn er mir denn schmecken würde. Da ich aber schon keine Flockenstielige Hexenröhrlinge mag (es versteht zwar nur Mentor, aber mir schmecken sie zu metallisch), bin ich auch auf die Netzis nicht scharf. Wenn ich allerdings eine Pilzlehrwanderung durchführe und mich würde jemand fragen, ob er den Netzi oder auch den Hallimasch essen darf, würde ich diese Pilze freigeben mit der Erklärung "dass sie zu persönlichen Unverträglichkeiten führen KÖNNEN". Hallimasch z.B. heißt nicht umsonst ursprünglich "Heil im Arsch" - also nichts anderes als abführend ;)


    Schwefelporling sind nun auch nicht meine Lieblinge, aber ich esse z.B. super gerne Herbstlorcheln und übrigens können auch Morcheln (die im Frühjahr immer in aller Munde sind) das Morchella-Syndrom auslösen :cool:
    Ich vertrage sie prima :yumyum:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Ui, da müsste ich jetzt erst nachgucken, was der aktuelle Stand dieser Liste ist.
    Mal abgesehen vom einmaligen verzehr von Grünlingen esse ich freilich auch Hallimasch (A. mellea und A. ostoyae, A. gallica war auch schon dabei), Netzhexen (wie schon erwähnt) und diverse Porlinge (Schwefelporling, Riesenporling, Sklerotienporling).
    Was zu rauchblättrigen Schwefelköpfen und zu Behangenen faserlingen drin steht, weiß ich nicht.
    Ob Wiesenellerlinge (Cuphophyllus pratensis) auf der Positivliste stehen, da bin ich auch gerade nicht so sicher.


    Aber mit vielen Arten ist es ja auch so: Die isst man, wenn man sie in ausreichender Anzahl findet. So zB die Wiesenellerlinge, die nehme ich normalerweise nicht mit (obwohl die lecker sind), weil es eben eine gerschützte Art ist. Aber gebietsweise sind die häufig, werden von so ziemlich niemandem gesammelt und wenn dann mal eine ganze Wiese damit vollsteht...


    Bei anderen selteneren Arten hatte ich bislang einfach noch keine Gelegenheit, weil ich die lieber stehen lasse, als mich an einem oder zwei Fruchtkörpern sattzuessen.
    Insofern: Von mir keine Daten zu Boletus depilatus, Boletus queletii, Amanita strobiliformis usw.
    Warum auch? Meist findet man genug häufige Arten wie C. cibarius, B. edulis und B. reticulatus, weitere essbare Amanitas, Champignons (wobei ich da einige Arten meide), Riesenschirmlinge, Stockschwämmchen, einige häufige und leckere Täublinge und Milchlinge und einiges mehr.



    LG, Pablo.

  • Erstmal zum Involutin:


    Ich habe auch eine neuere Quelle gesichtet, die angibt, daß das Involutin gar nicht auslösend für das Paxillussyndrom sei,obwohl ursprünglich angenommen und, daß der Stoff , der das Paxillussyndrom auslöst, ein anderer unbekannter Stoff sein muß. Die Seriösität dieser Quelle vermag ich nicht zu beurteilen.


    Daß netzstielige Hexenröhrlinge kein Coprin enthalten, wird in allen neueren Quellen angegeben. Wir haben sie auch zusammen mit einem Bierchen gut vertragen.


    Zum Geschmack: Bei meiner Tochter rangiert der Netzstielige Hexenröhrling weit über dem Flockenstieligen (Note 2+für den Netzstieligen, der Flockenstielige nur im unteren 3er Bereich). Ich mag sie beide, weiß nicht welchen lieber.


    Hallimasch rangiert in unserer Liste im Einserbereich und er wird bestens vertragen.

  • Hexenröhrlinge hab ich zwar noch nie gegessen, dafür aber Hallimasch und das schon seit dem Vorschulalter.


    Noch nie hatte einer von uns Probleme damit, weder meine Geschwister und Eltern damals, noch jetzt meine Freundin und ich!
    Immerhin esse ich Sie schon ca. 45Jahre, jeden Herbst!:yumyum: :yumyum: :yumyum:


    VG Ulli