Hallo, Leute!
Nach wie vor: Viel zu trocken, viel zu heiß. Die kurzen Gewitterschauer bringen nicht wirklich was. Aber so ganz tot ist es nicht. Jedenfalls nicht überall. An manchen, örtlich stark begrenzten Stellen mit entsprechender Bodenfeuchtigkeit kann man auch jetzt noch und auch in den schlimmen Regionen noch ganz gut Funde machen. Wenn man sich denn mit solchen Funden überhaupt beschäftigen will.
Da wo die Römer hausten habe ich mich am Samstag mit Lea getroffen. Es war brütend heiß und schwül im Wald. Die alte Römervilla lag als Grundmauern danieder in der Tageshitze, dort merkte ich auch, daß ich unterwegs meinen Schlüssel verloren hatte.
Ein schönes Waldstück ist das da oben über dem Neckartal. Der Boden scheint weitgehend kalkig zu sein, das Relief leicht wellig, die Höhe durchzogen von kleinen, flachen Tälern und Gräben. Viele Eichen und Buchen, leider keine Kastanien und keine Kaiserlinge. Die haben die Römer wohl damals wieder mitgenommen.
Die meisten der im Folgenden vorgestellten Pilze fanden sich +/- an einer Stelle, so etwa im Radius von 10 Metern.
Zum warm werden mal was Leichtes.
Phaeolus schweinitzii = Nadelholzbraunporling
Meripilus giganteus = Riesenporling
Panus conchatus = Laubholzknäueling
Tyromyces kmetii = Orangener Saftporling
Kuehneromyces mutabilis = Stockschwämmchen
Physisporinus sanguinolentus = Rötender Porenschwamm
Physisporinus / Rigidoporus species = unbekannt
Den werde ich die Tage noch als anfrage einstellen. Es kann freilich auch Physisporinus sanguinolentus sein, aber mit untypischer Farbreaktion. Dieser hier rötet halt nicht, sondern er graut. Und als er am nöchsten tag nach fleischfarben umgefärbt war, da bräunte er. Auch scheinen die Sporen einen Tik zu klein zu sein und vielleicht etwas zu rundlich.
Also vorerst mal indet.
Momentan spielt sich alles an Aststücken ab, die man so aus dem verrottenden haufen aus liegendem Stamm- und Astholz im feuchten Graben neben dem Weg zieht. Besonders geil sind solche Stückchen:
Da hätte man 6 oder 7 Arten nur an dem einen Holzstück untersuchen können. Ich habe mich dafür entschieden, nur zwei anzugucken.
Tomentella crinalis = Stacheliges Filzgewebe
Was mal eine gut zu bestimmende Tomentella wäre, wegen dem stacheligen hymenophor und den braunen Farben. Dazu kommen 7-8 µm große, rundliche Sporen mit bi- (oder gar multi-)furkaten Stacheln, keine Zystiden aber etliche Zystidiolenartige Elemente, die wohl auch unreife oder verwachsene Basidien sein wollen. Generative Hyphen im Hymenium dünnwandig, im Subikulum auch dickwandig, immer mit Schnallen, in den Rhizomorphen auch "richtige" Skeletthyphen ohne Septen.
Bestimmung selbstverständlich nach Tomentella.de.
Den weißen Porling neben der Tomentella habe ich nicht angeguckt. Im nachhinein eigentlich sehr schade, aber leider hat der Tag nur 30 Stunden.
Dafür fand sich am selben Holzstück noch ein auffälliger, erst weißer, dann cremeockerfarbener, dann sogar liecht ins Fleischige umfärbender Rindenpilz mit dicken, auffälligen Rhizomorphen (auf dem Bild mit blauem Rucksack links unten auf und unter der Rinde):
Der heißt bei mir momentan Phanerochaete cf velutina (Flaumiger Zystidenrindenpilz). So ganz zufrieden bin ich damit aber nicht, da sind ein paar Punkte, die nicht so ganz passen wollen (Dicke der Rhizomorphen, Sporengröße, Hyphen im Subikulum).
Muss ich auch noch mal extra einstellen.
Recht nahe verwand ist
Scopuloides rimosa (Körnchen - Zystidenrindenpilz):
Der ist dünner, hat aber die selben, spitz zulaufenden, stark inkrustierten Lamprozystiden, statt dünnwandigen Leptozystiden hat er aber Septozystiden, also septierte, dünnwandige Zystiden.
Sehr ähnlich wäre da noch Scopuloides hydnoides, der sich wohl nur makroskopisch durch die dichter stehenden, spitz zulaufenden Stacheln untescheiden lässt.
Wer hingeguckt hat, sieht auf dem Stöckchen oben noch den obligatorischen Schleimpilz, der immer da sein muss, wenn man durch solche Haufen stöbert.
In diesem Fall ist es
Arcyria denudata = Rotwuschelpuschelschleimpilz (oder so)
Allein durch anpusten ließen sich die Sporocarpien nicht lösen, aber beim Drüberstreichen kullerten sie doch ab wie Kegel.
Tja, was es sonst noch so gab...
Ein Breitblatt, Behangenen Faserling, indet. Rädchentintlinge, ein Löwengelber Dachpilz und weitere Dachpilze:
Pluteus salicinus = Graugrüner Dachpilz
Pluteus cervinus = Rehbrauner Dachpilz (heute mal in weiß)
Pluteus phlebophorus = Runzliger Dachpilz
Merkt euch mal die Cheilozystiden (erstes Mikrobild) und die Pleurozystiden sowie die Sporen (2. Mikrobild).
Also es sah irgendwie so aus, als wollte sich weit und breit kein Fund einstellen, der gleich auf den ersten Blick spektakulär war. Die Rede ist sowohl vom Kaiserling als auch vom Königsröhrling (beide in dem Gebiet wohl noch nicht nachgewiesen). Das mag wohl an der Hitze liegen, im nächsten Jahr werden sie dort sein.
Jedenfalls fiel mir dann an der Römervilla auf, daß mein Schlüssel weg ist.
Der Weg: Weit. Viele Gelegenheiten, den irgendwo im Graben oder im Totholz verloren zu haben. Toll. Und beim Suchen auch lange nichts, am liebsten hätte ich meine Brille dem Schlüssel hinterhergeschmissen. Aber das war leichter gesagt als getan, denn dann hätte ich ja immerhin ungefähr wissen müssen, wo der Schlüssel war.
Das zumindest ist meine Entschuldigung, warum ich beim Rückweg an dem Holzhaufen noch einen Pilz eingepackt habe, ohen ihn am Standort abzulichten. Der wuchs an einem Stamm, der sich mit dem Stamm überkreuzte, an dem auch Pluteus phlebophorus wuchs. Entfernung kaum 1 Meter.
Eingepackt. Sollte ja der Selbe sein, Zwei Fruchtkörper sind besser.
Zuhause die beiden nebeneinandergelegt.
Sieht recht ähnlich aus, oder?
Der mit dem unkaputten Stiel ist der oben vorgestellte Pluteus phlebophorus.
Die Hutfarben weichen etwas ab, das gehört zur variationsbreite verschiedener Arten.
Auffällig: dieser Pluteus phlebophorus riecht deutlich spermatisch. ist mir bei vorigen Funden der Art nie aufgefallen. Der andere Fruchtkörper riecht absolut unbedeutend, möglicherweise ganz leicht nach Apfelsaft.
Habt ihr euch die Zystiden und Sporen gemerkt?
Ist doch quatsch. Muss man sich nicht merken, kann man doch hochscrollen, wenn's interessiert.
bei dem mit dem kaputten Stiel und ohne spermatischen Geruch siehts's mikroskopisch so aus:
Und die Huthaut als Bonus, die ist bei beiden ziemlich gleich:
Also wenn nicht der Hut bei beiden fruchtkörpern bis zum rand fein runzlig wäre, würde ich den mit den rundlicheren Sporen und den oben meist deutlich abgeplatteten, wenig flaschenförmigen Pleurozystiden Pluteus pallescens (verblassender dachpilz) taufen wollen. Es gibt zwar bein den Sporen und Zystiden Übergänge, aber die Mehrzahl der Pleuros ist schon so fett und mehr sackartig wie die drei rechts. Und bei P. phlebophorus eben immer flaschenförmig, mit viel schlanker zulaufender spitze, mal dick mal schlank.
So kann's gehen, auch ein Mikro ist kein Allheilmittel. ich bleibe noch unsicher und nenne den zweiten Pluteus cf pallescens.
Und das war's. ich will mal gucken, ob das Wasser wieder angestellt ist, noch eine Aspirin auf die Nacht und dann ins Bett.
In der Hoffung euch nicht zu sehr gelangweilt zu haben.
Den für mich schönsten Fund hat Lea ganz am Ende der Tour gemacht.
LG, Pablo.