Pilz an Eichenstamm

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 7.829 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Horst Schlüter.

  • Liebe Pilzfreunde,
    beinahe habe ich schon ein schlechtes Gewissen, diesen Pilz einzustellen, denn leider sind mir nähere Angaben nicht möglich außer der Tatsache, daß dieser Pilz an einem mächtigen Eichenstamm wächst.
    Die Photos sind am 20.09.2008 an einer Eiche am Sonnenberg, Winnenden-Breuningsweiler entstanden. Der Pilz war so hoch, daß es mir nicht möglich war, daran zu riechen oder gar ihn in die Hand zu nehmen, und eine Leiter stand mir nicht zur Verfügung. Inzwischen ist von dem Pilz nichts mehr zu sehn.
    Kann man etwas dazu sagen?


    Und dann noch eine Frage. Ist dieser Pilz als Schädling zu betrachten, der die Eiche kaputt macht?
    Immerhin ist der Baum direkt am Wegrand und wir vom NABU haben dann ein Problem, wenn der Baum umstürzen sollte. Andererseits handelt es sich um eine mächtige Eiche, um die es außerordentlich schade wäre, könnte sie nicht erhalten werden.


    Es grüßt
    Horst Schlüter


    PS. Hutdurchmesser vielleicht 3-4 cm
    sollt sich zufällig ein Entomologe in das Forum verirrt haben und etwas zu dem Insekt sagen können, so bin ich auch daran interessiert.

  • Hallo Horst!
    Dass das der Beringte Seitling ist weißt du als alter Hase bestimmt! Ich hoffe jedoch, dass ich hier nicht daneben getippt habe. Auch ich bin im NABU und weiß um die Problematik alter Bäume. Oft will man sie schützen, so dass sie als Naturdenkmal ausgezeichnet werden und schon sind die Bäume rats fatz weg. Sie unterliegen nun der Unteren Landschaftsbehörde, die auf die Verkehrssicherheit achtet. Ohne den neuen Status hätten sie vielleicht noch Jahre gelebt. Und da ist Pilzbefall schon ein Indikator für kränkelnde Bäume.


    Gruß
    Winfried

  • Hallo Winfried,
    danke für die positive Einschätzung meines Könnens und Wissens. Ich gebe zu, daß ich nicht wußte, daß es sich um den beringten Seitling handelte. Einer meiner ersten Pilze in diesem Forum war einer mit ??, dieser war aber wesentlich größer und an einem Apfelbaum, der wahrscheinlich inzwischen umgestürzt ist.
    Aber nun zu Deiner Antwort. Wenn man den Baum sieht, auch die Belaubung, dann sieht er recht vital aus. Natürlich hat er in größerer Höhe auch ein paar morsche Äste, was aber eher aus meiner Sicht, als natürlicher Vorgang zu werten ist, d.h. Äste sterben ab, weil sie durch andere Äste bedingt, kein Licht mehr bekommen.
    Immerhin hat der Baum in 1 m Höhe fast 1 m Durchmesser. Wenn er kippt, dann ziemlich sicher über einen Weg, u.U. auf eine Gartenhaus und zwar nicht die dortige NABU-Hütte, sondern eine Hütte weiter.
    Hat jemand eine Ahnung zu diesem Thema?


    Es grüßt
    Horst Schlüter

  • Hallo Winfried,



    Dass das der Beringte Seitling ist weißt du als alter Hase bestimmt! Ich hoffe jedoch, dass ich hier nicht daneben getippt habe.


    - Wenn du "Beringte Seitling" durch "Berindeter Seitling (Pleurotus dryinus) ersetzt, dann hast du m.E. korrekt getippt. :D


    - Diese Art wird in der Literatur oft auch "Eichen-Seitling" genannt, ein m.E. völlig irreführender Name, da ich in meinem Sammelgebiet wenigstens genau so häufig "Rot-Fichte (Picea abies)" als Substrat festgestellt habe.


    ---> Diese Art dürfte ein "Weißfäule erzeugender Schwächeparasit" sein, der alle Holzbestandteile zersetzt. Ob er aggressiv ist, weiß ich nicht. Aber, ich werde mich schlau machen und melde mich nach einer entsprechenden Literaturrecherche wieder.


    Grüße
    Gerd

  • Hallo,


    Zitat

    Diese Art dürfte ein "Weßfäule erzeugender Schwächeparasit", der alle Holzbestandteile zersetzt.


    Hierzu habe ich eine Frage: Bislang dachte ich immer bei Weißfäule würde nur das Lignin abgebaut und die Cellulose nicht angegriffen. Stimmt das nun doch nicht oder ist mit der Aussage gemeint, dass Kernholz etc. alles angegriffen wird?


    Gruß
    Felix


    p.s.: Sorry für off-topic.

  • Hallo Felix



    Hallo,


    Zitat

    Diese Art dürfte ein "Weßfäule erzeugender Schwächeparasit", der alle Holzbestandteile zersetzt.


    Hierzu habe ich eine Frage: Bislang dachte ich immer bei Weißfäule würde nur das Lignin abgebaut und die Cellulose nicht angegriffen. Stimmt das nun doch nicht oder ist mit der Aussage gemeint, dass Kernholz etc. alles angegriffen wird?



    Ich zitiere hierzu "Prof. H. Butin (1996): Krankheiten der Wald und Parkbäume. Diagnose - Biologie - Bekämpfung; Georg Zieme Verlag":


    "Bei der Weißfäule werden dagegen das Lignin, später allerdings auch Cellulose und Hemicellulose abgebaut. Für diesen Vorgang stehen Weißfäulepilzen Phenoloxidasen, Cellulasen und Hemicellulasen zur Verfügung, die meist als Ektoenzyme von den Hyphen ausgeschieden werden.


    ---> Und dies kann man leicht nachvollziehen, wenn man ein durch "Weißfäule" zersetztes Aststückchen vom Boden aufhebt. ---> Wiegt fast nichts mehr!!


    - Würde nur Lignin abgebaut, dann wäre der Gewichtsverlust (dem Ligninanteil des Holzes entsprechend) nur etwa 25%:thumbup:
    -----------------------------------------


    Übrigens: Nach BUTIN erzeugt Pleurotus dryinus (Berindeter Seitling) im Stamm eine "örtlich begrenzte Weißfäule"


    Grüße
    Gerd


    PS.:
    - Ich suche noch ein paar Folien zum Thema "Braun-/Weißfäule" raus und stelle die dann im Unterforum "Wissenschaftliches ein.


    ---> Erledigt, Hier geht's lang.


    Nachtrag: 21:15Uhr


    "H. JAHN (1979): Pilze die an Holzwachsen" beschreibt den Holzabbau durch "Weißfäule" noch etwas detaillierter als BUTIN:


    "Weißfäulepilze zerlegen außer der Zellulose und den übrigen Polysacchariden auch das Lignin. Der Abbau kann auf verschiedene Weise erfolgen. Entweder bauen diese Pilze zunächst nur oder verstärkt das Lignin ab (z.B. Trametes versicolor u.a. Trameten), oder der Abbau von Lignin und Kohlenhydraten erfolgt etwa gleichmäßig, ...; und schließlich können die Kohlehydrate anfangs stärker angegriffen werden (Näheres bei Rypácek 1966)"

  • Hallo zusammen,


    da gibt es in der Anfrage von Horst noch eine Frage, die bisher nicht beantwortet wurde:


    Zitat von Horst


    Und dann noch eine Frage. Ist dieser Pilz als Schädling zu betrachten, der die Eiche kaputt macht?
    Immerhin ist der Baum direkt am Wegrand und wir vom NABU haben dann ein Problem, wenn der Baum umstürzen sollte. Andererseits handelt es sich um eine mächtige Eiche, um die es außerordentlich schade wäre, könnte sie nicht erhalten werden.


    ---> Es sollte klar sein, dass diese –žPilzart–œ Holz abbaut und den Baum schädigt.


    - Nach JAHN (1979, S. 16) wird bei –žStammfäule–œ das Wachstum (auch Dickenwachstum) der Bäume kaum behindert, da das lebende, saftführende Splintholz und die Rinde kaum geschädigt werden. Jedoch wird durch die allmähliche Zerstörung des Festigungsgewebes die Gefahr des Abbrechens von Stamm und Ästen bei Sturm erhöht.
    Rettungsmaßnahmen bei Stammfäulepilzen sind meist nicht möglich. Bleibt die Fäule mehr lokal begrenzt, so kann man manchmal –“ jedoch nicht immer mit Erfolg - durch sorgfältiges Entfernen des angegriffenen Holzes im Stamm und Ausschmieren mit einer stützenden Masse den Stamm länger erhalten.


    ---> Und an dieser Feststellung hat sich m.W. nichts geändert.!


    - Ganz im Gegenteil: Die damals noch übliche –žstützende Masse (meist Beton)–œ ist teuer und hat sich langfristig nicht bewährt. Und auch das –žEntfernen des angegriffenen Holzes–œ ist fragwürdig, da dadurch die –žCODIT-Schutzzonen–œ beschädigt/entfernt werden.
    ------------------------------


    - Wenn ich mir den ASTSCHNITT anschaue, dann wurde der wohl (nach heutigen Erkenntnissen) eher –žnicht sachgerecht–œ durchgeführt:
    (1) Ein Schnitt sollte völlig –žglatt–œ sein und notfalls müssen überstehende Rinden-/Holzanteile mit einem Messer entfernt werden, da sonst die –žÜberwallung der Wunde–œ stark behindert wird.
    (2) Der Schnitt sollte –žschräg nach unten–œ nahe am Stamm erfolgen, damit das Wasser ablaufen kann.


    (3) Eine Verletzung des Astkragens muss vermieden werden, da sonst die Ausbildung der –žAbschottungszone (CODIT 4)–œ zerstört wird.


    (4) Unklar ist, ob in der richtigen Jahreszeit –žgeästet–œ wurde.


    (5) Die Aststärke kann ich ebenso wenig beurteilen wie die Frage, ob der Schnittstelle versiegelt wurde.
    ---> Schau einmal HIER, da wurde das Thema diskutiert.


    Mein Fazit 1:
    - Bei einer derartiger –žÄstung–œ wundere ich mich nicht, dass eine –žholzabbauende Pilzart–œ diese Wunde besiedelt hat.
    ------------------------------------------


    Nun zur Frage , ob die Eiche noch zu retten ist?
    - Da kann ich nur eine –žunverbindliche–œ Vermutung äußern:


    (1) Wenn BUTIN (ein bekannter und anerkannter Forstpathologe), den ich zitiert habe, richtig liegt (ich zweifele nicht daran) mit –žlokal begrenzter Stammfäule, dann wird man die Eiche wohl noch viele Jahre erhalten können.


    (2) Und, wenn ich mir die SCHADSTELLE anschaue, dann scheint das Holz (sollte man überprüfen) noch nicht arg zersetzt zu sein,


    (3) Rettungsmaßnahmen sind bei –žaggressiven Holzzersetzern–œ meist für –ždie Katz–œ.


    (4) Doch hier sehe ich noch eine Chance, dass eine Sanierungsmaßnahme durchaus –žerfolgreich–œ sein könnte:
    (a) Die –žÄstung–œ scheint (wenn ich die Überwallung richtig beurteile) noch nicht sehr alt zu sein.
    (b) Eine starke Holzzersetzung (Weißfäule) kann ich auf dem Bild nicht erkennen.


    Fazit 2:
    ---> Diesen Baum sollte sich ein –žFachmann–œ einmal genauer anschauen. Und der sollte auch prüfen, ob eine Sanierung empfehlenswert und erfolgversprechend ist


    (5) Für deine Eiche scheinen mir Rettungsmaßnahmen durchaus noch sinnvoll zu sein. Es sei denn, diese Eiche ist von weiteren Pilzarten befallen, die das Kernholz bereits weitgehend zersetzt haben und noch keine Fruchtkörper (kommen oft erst nach Fällen der Bäume) gebildet haben.
    ---> Doch das kann nur ein Fachmann vor Ort entscheiden

  • Hallo Gerd,
    da bin ich Dir nun äußerst dankbar, daß Du Dir so viel Mühe mit dem Thema machst und ich bin froh, daß Du dem Baum, falls Sanierung angegangen wird, noch ein paar Jährchen gibst. Leider weiß ich nicht, wann der Ast entfernt wurde. Es könnte sein, daß er im Wege war, um den Ladewagen auf dem Weg durchfahren zu lassen.
    Jedenfalls habe ich durch Deine Beiträge unheimlich viel dazu gelernt.


    Gruß
    Horst