Hallo, Forumsfreunde!
Am letzten Wochenende ist etwas extrem außergewöhnliches passiert. Oder vielleicht auch nicht?
Jedenfalls kamen zwei Sachen zusammen. Es ist nicht außergewöhnlich, daß sich ein paar Pilzfreunde irgendwo treffen um zu versuchen, Pilze von Pilsen zu unterscheiden. Nein, sowas kommt vor.
So etwas aber im Südwesten Deutschlands zu machen, grenzt in diesem Jahr natürlich schon an eine kabarettistische Meisterleistung. Im Death - Valley in Kalifornien wachsen ja auch kaum Pilze, und das ist klimatisch ja ziemlich ident zum Südwesten der Republik in diesem Jahr.
Aber: Die Pilzleute trafen sich bei Markus. Und Peri war auch dabei.
Und dann passierte das, was wir eigentlich hätten wissen müssen und warum wir dieses Treffen schon sehr viel früher und sehr viel öfter in diesem Jahr hätten durchführen sollen: Neptun kam auch.
Es war echt erstaunlich, auf der Hinfahrt fuhren wir in eine Starkregenfront, während der Exkursion am Samstag war es trocken, erst beim Grillen ging es los. Und regnete fast den ganzen Sonntag!
Dann war aber auch Schluss. Anscheinend wurde der Regen gebraucht, um die Mitte und den Osten absaufen zu lassen. Unverschämt, wir hier hätten gerne noch etwas davon abgenommen.
Langer Rede kurzer Sinn:
Natürlich gab's außer Rindenpilzen & co kaum was zu gucken. Es hat trotzdem einen Mordsspaß gemacht. Wir waren am Samstag an zwei Orten (und beim Grill- und Regenmeister zum Abendbrot). Jetzt zeige ich einfach mal ein paar Bilder und hoffe auf rege Ergänzungen (in Wort, Bild und Film).
Falls denn die Internetanschlüsse wieder hergestellt sind, und der Berufsstress es zulässt.
Physisporinus sanguinolentus = Rötender Porenschwamm
Bewunderer einer monströsen Lohblüte (Fuligo septica)
Volvariella murinella = Mausgrauer Scheidling
Da konnte man noch mit Volvariella volvacea vergleichen, da der hier schon recht groß geraten ist. Der hätte aber größere Sporen und etwas andere Cheilozystiden.
Botryohypochnus isabellinus = Sternsporiger Spinnweb - Rindenpilz
Peinlich: Als ich die Sporen gesehen habe bin ich wie der Stier aufs Rote Tuch richtung Tomentella losgeprescht und auch noch zu einem - natürlich total falschen - Ergebnis gekommen.
Zum Glück gibt's Leute, die einen da wieder in die richtige Richtung schubsen. Auch wenn's kein Filzgewebe ist: Ein mikroskopisch außerordentlich hübscher Pilz und ziemlich unverwechselbar, wenn man den mal kennt.
UMO = Unbekanntes Mykologisches Objekt:
Fährt so ziemlich alles auf, was es an Zystiden geben kann. Untere Reihe im Mikrobild mitte Gloeozystiden, rechts daneben Leptozystiden, rechts oben Lamprozystide. Unten links die einzigen zwei Schnallen, die im Subikulum gut zu sehen waren. Ansonsten anscheinend schnallenlos.
Hilfe, was es nicht alles gibt...
Hyphodontia spathulata = Breitzahniger Zähnchenrindenpilz:
Die Form der Hyphidien an den Stachelspitzen und die Form der Stacheln / Zähne selbst spielt da irgendwie eine Rolle zur Abgrenzung ähnlicher Arten. Mir schwirrt jetzt noch der Kopf...
Außerdem finde ich, daß diese kopfigen Zystiden in der Trama wie Halozystiden aussehen, wenn da so eine Kappe draufsitzt. Aber irgendwie werden die nicht so genannt. Naja, diese Kappen lösen sich auch rasch auf in Melzer und Kongo, dann bleiben nur noch schwer zu entdeckende, kopfige Elemente übrig.
Clitopilus hobsonii = Muschelförmiger Räsling
mit winzigem, kaum 1mm langem, lateralem Stielchen, mit dem er sich wohl durch die Erdschicht gearbeitet hat. Das Mycel scheint aber auf dem Holz draunter zu sitzen. Der Fruchtkröper ist ziemlich unreif und weigert sich auch, im Döschen nachzureifen. Vielleicht hat er es auch nicht verkraftet, daß ich eine Lamelle und ein Fitzelchen Huthaut entnommen habe.
Möglich wären auch noch ein paar der Rötlinge mit reduziertem Stiel gewesen. Aber die Sporen sind nicht eckig. Bei dem Reifegrad ist auch keine Längsrillung zu erkennen. Nur wenn mal eine der Sporen auf dem Kopf steht, dann erscheint das Ding rhombenförmig.
Mykorrhizapilze gab's nur an einer Stelle.
Nämlich Xerocomellus rubellus = Blutroter Filzröhrling
Und das hier:
Was erstmal aussieht wie eine Thelephora, aber keine Schnallen hat. Da kann man mal bei Tomentella gucken und schlüsselt zu Tomentella fuscocinerea (Fuchsgraues Filzgewebe). Aber Frank meint, die Fruchtkörper sehen komisch dafür aus. Zu dick und zu stark thelephora - artig. Und daß es eben doch ein paar seltene Thelephora - Arten ohne Schnallen gibt. Wir werden es erfahren, der Pilz ist auf dem Weg zu ihm.
Dann bleibt mir aus dem Schönbuch noch der hier zu zeigen:
Der für mich erstmal aussah wie Phaeolus schweinitzii an Rotbuche. Ist es aber nicht.
Lieber Ingo (falls du mitliest): Wir hatten mal eine Diskussion, wo ich behauptet hatte, Phaeolus an Rotbuche gefunden zu haben. Ich nehme alles zurück und behaupte, daß du damals recht hattest. Das hier ist ein Inonotus, nämlich der Flache Schillerporling (Inonotus cuticularis). Und das war der damals höchstwahrscheinlich auch, denn radiatus sieht noch mal anders aus.
Dieser hier aus dem Schönbuch war noch recht jung, die Setae im Hutfilz noch nicht so ausgeprägt, aber gut erkennbar:
Links oben eine hymeniale Sete. Die sind recht spärlich und etwas kleiner, aber stärker pigmentiert und unverzweigt.
Später im Sondelfinger Wald tauchte der selbe noch mal ausgereift auf:
Sorry, mit Blitz ist meine Kamera Mist. Aber die Setae im Hutfilz bei der Kollektion sind eine Pracht:
Ansonsten gab's im zweiten Exkursionsgebiet noch Mycoacia (=Phlebia) nothofagi (Scheinbuchen - Fadenstachelpilz):
Mit dem ganz auffälligen, schwer zu definierenden Geruch.
Und Junghuhnia nitida = Schönfarbiger Resupinatporling:
Trotz der seltsamen Farbe des Hymeniums, aber mikroskopisch passt alles. Die stark inkrustierten Skeletozystiden, die Sporenform und -Größe, die Skeletthyphen im Subikulum, deren Wände sich mit BWB nicht expressiv anfärben lassen.
Und das dritte Exkursionsgebiet hatte vor allem einige schöne Pilsfunde zu bieten und Regentropfen auf dem heißen Grill.
Was in guter Gesellschaft den Spaß nicht mindern kann.
und weiße Ohren natürlich auch:
die Markus im Garten kultiviert und die tatsächlich seit seinem Fund immer wieder völlig farblos an dem Ast erscheinen. Insofern liegt da keine Beeinflussung durch Witterung vor, sondern das Mycel hat tatsächlich eine etwas andere Programmierung, daß es immer wieder Fruchtkörper mit Pigmentverlust hervorbringt.
Mir hat's total Spaß gemacht mit euch allen, Markus, Lea, Sabine, Holger, Murph, Peri - Peter, Claudi, Jogi, Björn.
Claudi und Jogi: Schade, daß wir uns am Sonntag nicht mehr gesehen hatten. Markus und ich haben uns verquatscht bei ihm, irgendwann war eins durch, dann wollte ich zum Zug, Markus noch was schaffen. Wir waren auf dem Weg zum Bahnhof noch ein knappes Stündchen im Wald. Das sah auch kaum anders aus als am Samstag, im Großen und Ganzen das gleiche Angebot an Sapros, die sich nach dem Regen zaghaft raustrauten und ein Mykorrhizapilz (Samstag waren es immerhin zwei).
Wenn ihr wollt, kann ich die Bilder vom Sonntag noch zeigen, muss aber nicht.
Vor allem freue ich mich auch ein Wiedersehen mit jedem von euch.
LG, Pablo.