Wiesen-Champignon im Pfälzerwald?

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 2.568 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von ZiUser.

  • Hallo,


    diese hier habe ich heute am Wegrand bei Burg Landeck gefunden. Geruch angenehm pilzig, keine Spur von Anis. Im Schnitt nicht gilbend, nur an der sich etwas verjüngenden Knolle etwas bräunend.





    Da bleibt eigentlich nur Agaricus campestris, oder gibt es da noch mehr? Jedenfalls keinerlei Wiese, steiniger Wegrand über Sandstein, von Castanea sativa beherrschter Mischwald.


    Würde mich über Kommentare wie immer freuen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Rainer!


    Die Wuchsform und auch der kräftige Ring wollen gar nicht zu Agaricus campestris passen. Erste Regel beim Champis bestimmen: Es gibt immer noch eine andere, besser passende Art. ;)
    Zum beispiel Agaricus pseudopratensis (Schmalberingter Karbolegerling), Agaricus moellerianus (Kleinsporiger Wiesenchampi, beide Arten verfärben nur schwach oder auch gar nicht), oder eben einfach Agaricus bisporus (Zuchtchampi), wobei die weißhütigen Formen in freier Wildbahn sehr selten sind und man meist die braunhütigen findet.



    LG, pablo.

  • Hallo Pablo,


    die Regel werde ich mir merken, und die Lust die Dinger zu verspeisen ist mir vergangen.


    Wobei mir Deine beiden Alternativen auch nicht gefallen. A. pseudopratensis soll relativ klein sein, und die hier sind doch eher kräftig und auch noch sehr jung, wobei der größere schon die 7 cm hat. Außerdem steht in den GPBW etwas von "erstaunlichen Farbwechsel von Chromgelb zu Weinrot" - beides ist immer noch nicht zu sehen, seit dem Schnitt vor einer halben Stunde hat sich nichts mehr verändert. Und für A. moellerianus passt mir weder die Beschreibung noch das Bild dort, insbesondere die dort erwähnte abgestutzte Baisknolle kann ich nicht sehen.


    Von den Bildern am ähnlichsten sieht mir A. bernardii aus - und dass dort nicht sogar Streusalz gelagert wurde halte ich nicht für ausgeschlossen. Es war eine kleine kahlgeschlagene Stelle am Wegrand direkt am Beginn einer Wegsteigung von der Burg in den Pfälzerwald. Aber eher spekulativ ...


    Im Zweifel lasse ich sie lieber offen.

  • Hallo,
    für mich sieht der wie ein ausgebüxter Zuchtchampignon (Agaricus bisporus) aus: kein eindeutiges Röten, kein eindeutiges Gilben, in der Stielbasis ein leichtes Bräunen. Geruchlich weder Karbol noch Anis, auch keine Bittermandel, kein Fisch, kein Urin. Soooo viel bleibt da nicht übrig.
    Agaricus campester ist grundsätzlich ein auffallend weißer, weithin leuchtender, fast immer sauberer Pilz, der auf einer Wiese wächst. Haben wir im Moment auf der Waldenburger Ebene reichlich, so viel wie seit Jahren nicht.
    Ich hätte noch eine Regel zur Champignonsbestimmung: erkennt man nicht auf Anhieb die Art (aufgrund eines vorhandenen Alleinstellungsmerkmales), muss das Mikroskop ran ;) .
    FG
    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Hallo, mit Zucht-Champignon kann ich mich gut anfreunden, es passt einfach auch nichts anderes. Und die Nähe zur Burg Landeck (Freiluft-Gastronomie, wenige Dutzend Meter entfernt) lässt einen schon an mögliche Ausbreitungswege denken.
    Dank & Gruß Rainer

  • Ich gebe zu von wilden Champignons nur rudimentäre Kenntnisse zu haben aber da wir Kürzlich bei einem Seminar in Bad Laasphe einen entsprechenden Fund gemacht haben möchte ich hier noch den gedrungenen Champignon, Agaricus spissicaulis, ins Rennen werfen.
    Zu den bereits Beschriebenen Merkmalen bringen mich der auffallend schmale, hängende Ring, sowie die Hutschuppung als auch die insgesamt sehr gedrungene Form des Pilzes auf diese Art.
    Auch die auf den Bildern sehr hell erscheinenden und damit mit reichlich Zystiden besetzten Lamellenschneiden würden sehr gut passen.


    Aber wie gesagt, meine Kenntnisse der Gattung sind wirklich nicht besonders ausgeprägt......

  • Hallo Rainer,


    A. bisporus passt nicht. Diese Art hat zum Beispiel einen aufsteigenden/gestiefelten Ring, während er hier hängend ist.


    Ich sehe Myzelstränge an der Stielbasis. Das heißt, es kommen im Wesentlichen zwei Arten in Betracht:
    A. bresadolanus (Wurzelnder Egerling) und A. litoralis/spissicaulis (Gedrungener Egerling).


    Gedrungene, große und festfleischige Fruchtkörper, überstehende Huthaut, dieses Färbungsverhalten (schwach in der Stielbasis rotbraun verfärbend), die aufreißende Huthaut und helle Lamellenschneiden (Cheilozystiden) sind typisch für diese Art, wie Björn auch schon richtig festgestellt hat. :thumbup:


    Viele Grüße,
    Emil

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Emil!


    Wenn du mal wieder im Supermarkt stehst, dann begutachte mal eine Auslage an Zuchtchmpis, wo noch möglchst viel vom Stiel dran ist. Meistens sind die ja noch wie hier eher geschlossen. Und dann versuche mal, den "aufsteigenden Ring" zu erkennen. Meine Erfahrung: Das klappt nicht so wie in der Literatur oft beschrieben. ;)
    Agaricus bresadolanus ist hier zB auszuschließen, die Art sieht völlig anders aus, nicht nur habituell, auch hätte die eine zumindest schwach gilbende Rhizoide, eine knollige Stielbasis und ist zumiest nur flüchtig beringt.
    Agaricus litoralis ist auch von der Form noch mal etwas anders und sollte zumindest in der Stielspitze erkennbar röten. Interessant wäre da noch der Standort. Um Burg Landeck herum sind schon Buntsandsteinböden, die allerdings weitestgehend sauer sind.
    Agaricus litoralis kenne ich nur von einem Standort aus der Oberrheinebene auf recht trockenem, sandigem Boden mit Kalkeinfluss (Baumaßnahmen, Schnellbahntunnel drunter und Flugsandaufschüttung).
    Um ganz sicher zu gehen wäre es allerdings schon sinnvoll, wenigstens zwei mikroskopische Merkmale abzuklären: Cheilos vorhanden / Lamellenschneide steril oder nicht? Und Basidien zwei- oder viersporig.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    da hast du schon Recht mit dem aufsteigenden Ring. Bei A. campestris und bisporus ist der Ring dann eher so rudimental ausgebildet, dass man ihn weder als hängend, noch als aufsteigend erkennt. Aber erkennbar und eindeutig hängend erwarte ich von "gestiefelten" Arten eigentlich nicht und habe ich auch noch nicht gesehen.
    Zumal das nicht der Einzige Kritikpunkt an A. bisporus ist, den ich erst nach mikroskopischem Beweis glaube. ;)


    Der Standort ist ein Argument, das stimmt. Ich würde den Pilz auch gerne mikroskopieren.


    Viele Grüße,
    Emil

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Emil.


    Skepsis ist immer angebracht, gerade bei Champis. :thumbup:
    Ich tue mich da selbst oft sehr schwer mit der Bestimmung. Wenn Rainer mir getrocknetes Material schickt, kann ich zumindest ein paar mikroskopische merkmale prüfen (Sporen, Cheilos, Basidien). Ob ich aber zu einer Bestimmung komme, wenn es nicht A. bisporus ist, wäre zweifelhaft. Dazu fehlt mir die Erfahrung, ich brauche bei Champis immer auch ein paar frische Fruchtkörper in der Hand, um auch die makroskopischen merkmale nachvollziehen zu können (insbesondere Verfärbungen, Geruch).



    LG; pablo.