Wandelbarer Hallimasch (Armillaria gallica)?

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 3.724 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Guten Abend,
    gestern habe ich oberhalb von Ilbeshausen-Hochwaldhausen im Vogelsberg, am Rand des Oberwalds, einen kurzen Waldspaziergang gemacht. Es waren wenige Pilze zu sehen. Am Fuß einer Buche stand, von oben betrachtet, anscheinend ein Hallimasch, naja, kein Grund sich zu bücken, wenn man doch noch auf Besseres hofft und der Rücken noch unter der Gartenarbeit vom Vortag leidet. Bei einem kurzen Abstecher zum Schwarzbach, der in der Topographischen Karte 1:25.000 den schönen Namen "Schwarzer Fluß" trägt, habe ich mich auf dem Rückweg bergauf gewundert. An der Basis von zwei lebenden Bäumen standen ebenfalls mehrere Exemplare eines Hallimasch, oder war das ganz was anderes? Jedenfalls war der Stiel unten so stark verbreitert wie bei einigen Untergattungen von Schleierlingen, das Velum zog sich von der Basis bis kurz unter den Hut und war in vielen Bereichen gelb. Der Hut hatte kleine Schuppen, so ähnlich wie bei den Rauköpfen. Aber: da war keine Stelle feucht oder schleimig. Hm.


    Zum Glück habe ich ein Exemplar mitgenommen und zu Hause noch mal untersucht. Chemie: KOH negativ, also nix Cortinarius. Die Lamellen waren dafür auch viel zu weißlich. Heute früh der Sporenabwurf: weiß! Also die Bestimmungsliteratur, die ich habe, mal aufgeschlagen. Da gab es in den Großpilzen Baden-Württembergs Bd 3 S. 120 ff tatsächlich in der Gattung Hallimasch (Armillaria) zwei Arten mit unten verdickten Stielen: Wandelbarer Hallimasch (Armillaria gallica) und Dunkelscheibiger Hallimasch (Armillaria cepistipes).


    Zunächst noch eine Ergänzung zur Lage: 500 m hoch gelegen, Untergrund Basalt, nur dünne Erdauflage (lehmig?), neutral bis basisch. Baumbestand: vor allem (Rot-)Buche und Bergahorn. Die Funde alle an lebender Rotbuche.


    Hier sind meine Fotos. Zu bedenken ist, dass sie am Nachmittag nach 16 Uhr aufgenommen wurden, zum Teil mit den herbstlich warmen Farben der Sonnenstrahlen.


    (1) Gelbliche Bänder und gelbliche Schüppchen auf dem Hut beim größeren Exemplar


    (2) Ring aus Fetzen des Velums gebildet, Lamellen weißlich, mit Zahn herablaufend. Hutdurchmesser ca 4,5 cm


    (3) Hutdurchmesser ca 4,5 cm , Stiel ca 4,5 cm


    (4) Die Schüppchen sind gelblich, je nach Lichteinfall


    (5) Trama wattig


    (6) Dieses Exemplar stand ca 30 m entfernt. Auf Grund der Struktur des Rings halte ich es nicht für A. mellea.


    (7) Hier sind noch Exemplare von einem anderen Standort


    (8) Hier ein Foto, das mit Blitzlicht aufgenommen wurde. Bei der Untersuchung zu Hause, ein paar Stunden später, war von der gelben Farbe nichts mehr zu sehen.


    Bei den Großpilzen Baden-Württembergs Bd 3 ist im Schlüssel (S. 121) bei Armillaria gallica zu lesen:


    Zitat

    3* Ring nur als wattige Fetzen, vergänglich -> 6
    6 Dunkle Hutschuppen bis zum Rand reichend, Stiel unterhalb der Ringzone meist mit gelblichen Flöckchen oder Bändern besetzt. -> Armillaria gallica
    6* Hutschuppen nur im deutlich abgesetzten Hutzentrum, Stiel fast glatt oder mit unauffälligen, vergänglichen Flöckchen wie bepudert. -> Armillaria cepistipes



    Da alle diese Eigenschaften zutreffen, komme ich zu


    Wandelbarer Hallimasch (Armillaria gallica)

    Dieser deutsche Name wird auch vom Verbreitungsatlas der Pilze Deutschlands der Deutschen Gesellschaft für Mykologie verwendet:
    http://www.pilze-deutschland.d…aria-gallica-marxm-romagn


    Es gibt eine Reihe von anderen deutschen Namen für die Art:
    Knolliger Hallimasch (Gröger, Bestimmungsschlüssel für Blätterpilze ... Bd. 1)
    Fleischfarbener Hallimasch (Wikipedia; Pilzflora von Sachsen-Anhalt)
    Gelbschuppiger Hallimasch


    Am 1.10. hat Abeja schon von einem Fund von Armillaria gallica berichtet (-> LINK). Ihr Beitrag einschließlich der Hinweise auf andere Beiträge hat mir sehr geholfen.


    Eine sehr nützliche Literaturstelle war in einem der Beiträge genannt:
    Hallimasch –“ Biologie und forstliche Bedeutung / Dagmar Nierhaus-Wunderwald, Roland Engesser und Daniel Rigling. - 2. Aufl. - Birmensdorf : Eidg. Forschungsanstalt WSL. 2012. (Merkblatt für die Praxis; 12). Zu finden unter:
    http://www.wsl.ch/dienstleistu…blikationen/pdf/11570.pdf


    Ich bin von der Bestimmung sehr überzeugt, auch wenn ich bis gestern Abend noch nichts von der Art gehört hatte. Als Anfänger macht man viele Erstfunde :)


    Viele Grüße
    Lothar

  • Schön, jetzt eine Literaturstelle für Hallimasch mit wattig-fetzigem Ring zu haben... Im Felde hatte ich da nämlich ein paar vor Kurzem auf Laubholz - mit wattig-gespinstigem Velum partiale fast wie bei einem Schleierling - und mir war nicht wohl dabei, dass sie so verschieden von meinen bisherigen Funden waren (bei der Recherche nach einem möglichen wattigem Ring fand ich damals nichts).
    Viele Grüße, Birki

    Ich bin kein Experte und gebe nur Denkanstöße, keine Bestimmungen

    Einmal editiert, zuletzt von Birki ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Lothar!



    Auch wenn ich mich mit der UNterscheidung der Hallimasch - Arten noch kaum auseinandergesetzt habe: Genau solche Fruchtkörper habe ich bisher immer als Armillaria gallica bestimmt.
    Eine sehr schöne Dokumentation mal wieder von dir. Und allerhand Wissenswertes zusammengetragen. Denn taxomomisch hat sich in der Gattung eben auch das Eine oder Andere verändert.



    LG, Pablo.