Ritterlinge (Tricholoma) 2015

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 2.734 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo Pilz- und Ritterlingsfreunde!


    (leider etwas verspätet, ich hoffe es bereitet trotzdem Freude)


    Hier nun mein Ritterlingsbericht aus dem Norden für dieses letzes Jahr.
    Zusätzlich noch je eine kleine Einschätzung zur Häufigkeit im Gebiet sowie, für diejenigen, die sich noch nicht im Detail mit den schönen Ritterlingen beschäftigt haben, nur ein paar ganz westentliche Bestimmungsmerkmale.
    Fragen oder gar Kritik sind willkommen.


    Viele Grüße
    Konrad


    1. Tricholoma equestre - Kiefern-Grünling
    eher selten, aber in entsprechenden Biotopen fast stets vorhanden

    die Art ist leicht kenntlich, allerdings sind schon bei Grünlingen nur unter Pinus teils recht deutliche Unterschiede vor allem in Bezug auf Statur und Färbung zu beobachten...


    2. Tricholoma sciodes - Schärflicher Ritterling
    selten

    kennzeichnend ist der erst nach einiger Zeit einsetzende, scharfe Geschmack sowie auch Habitus und Ökologie


    3. Tricholoma portentosum - Schwarzfaseriger Ritterling
    bis jetzt deutlich seltener gefunden als Arten mit ähnlicher Ökologie


    4. Tricholoma argyraceum (BULL.) GILLET
    häufig

    kennzeichnend sollen u. a. die "spitzen" Hüte und die sinnenwebenartigen "Schleier" bei jungen Fruchtkörpern sein

    5. Tricholoma cf. inocybeoides


    bei Betula, Pinus - Sporen ~ 5 x 3



    bei Betula


    6. Tricholoma cf. scalpturatum



    finde ich im Gegensatz zu klaren T. argyraceum (Pinus, Betula) meist im Kalk-Laubwald


    7. Tricholoma cingulatum - Beringter Erdritterling
    vereinzelt


    8. Tricholoma terreum - Gemeiner Erdritterling
    häufig

    m.E. schon optisch zu Erkennen - Exemplare aus dem Laubwald sind mir interessanterweise immer noch nicht begegnet
    bekannterweise sehr Variabel - hier eine extrem große, stämmige Variante mit Cortina


    9. Tricholoma squarrulosum BRES.
    selten


    10. Tricholoma orirubens - Rötender (Erd-)Ritterling
    relativ selten

    am besten gekennzeichnet durch das schwefelgelbe Basalmycel


    11. Tricholoma sulphureum - Schwefelritterling
    häufig


    12. Tricholoma imbricatum - Feinschuppiger Ritterling
    häufig

    leicht kenntlich durch den trockenen Hut (bzw. nicht schleimig) mit arttypischer Textur


    13. Tricholoma vaccinum - Bärtiger Ritterling
    selten, Neomycet


    14. Tricholoma ustale - Brandiger Ritterling
    häufig


    15. Tricholoma ustaloides - Bitterer Eichenritterling
    sehr selten

    das vllt. Bitterste was ich je schmecken musste...



    16. Tricholoma fulvum - Gelbblättriger Ritterling
    häufig


    17. Tricholoma albobrunneum (PERS. : FR.) P. KRUMM.
    Relativ häufig (im Gegensatz zu anderen Arten mit ähnlicher Ökologie!) auf armen (Sand)böden bei Pinus

    Hier eine kurze Charakterisierung dieser Art nach meinen Erfahrungen:
    FK stets klein; Hut stets schwarz/dunkel radialfaserig, allerdings recht unterschiedlich stark; Lamellen und Stieloberfläche stets schmutzig rotbraun fleckend; Hutrand oft bzw. meist leicht gerippt (nur in einem ganz schmalen Bereich ganz Außen; weiße Stielspitze m.E. oft nicht gut erkennbar


    18. Tricholoma focale - Halsband-Ritterling
    sehr selten


    19. Tricholoma populinum - Pappelritterling
    nicht selten


    20. Tricholoma pessundatum - Getropfter Kiefern-Ritterling
    selten

    die FK dieser Art sind stets mittelgroß - groß (- sehr groß), meist kräftig und recht dichtblättrig. Die arttypischen konzentrisch angeordneten Flecken sind meinst vorhanden (genau schauen! mehrere FK etc.) - möglicherweise aber kein Muss. Der Hut hat keine Radialfaserung und ich finde die Unterseite kontrastiert auffallend weiß zum Hut.


    21. Tricholoma arvernense BON
    sehr selten


    22. Tricholoma apium - Sellerieritterling
    sehr selten - nur ein bekannter Fundort

    blind am (starken) Geruch zu erkennen


    23. Tricholoma saponaceum s. l. - Die Seifen-Ritterlinge
    vereinzelt

    hier eine Sippe aus dem armen Kiefernwald.


    24. Tricholoma roseoacerbum/acerbum



    immernoch unklar.


    25. Tricholoma sp. - Ein ganz seltsamer Vertreter!!


    - klein
    - auffallend dunkel - auch der Stiel dunkel befasert
    -
    Fleisch auffallend grau
    - bein Handling orangebraun färbend, besonders an Basis und Hutrand
    - kein Mehlgeruch
    - bei Pinus (und Betula)
    - Sporen ~ 6,4 x 4 µm


    evtl T. triste ....
    vllt. hat ja noch jemand eine Idee!




    Taxonomie nach Christensen & Heilmann-Clausen (2013)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Konrad,


    sehr schöne Funde und Bilder und mir machst du mit Ritterlingen immer eine Freude. ;) :thumbup:


    Eine Frage/Anmerkung noch dazu: Deinen T. orirubens hätte ich eher T. basirubens genannt. T. orirubens soll ja gelbes Basismycelfilz haben. Woran hast du den festgemacht.


    Den Sellerieritterling und T. ustaloides will ich gerne auch mal finden. Mit T. focale kann ich handeln. Ich kenne da 2-3 Stellen, wo die massenhaft auftreten. ;)


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Konrad!


    Doch, das ist genau der richtige Moment für dieses wunderbare Thema. :thumbup:
    Das lockert die Ascomycetische mehrheitenbildung schön auf, gerade jetzt wo die Rindenpilze ein wenig schlapp machen.


    Tolle Aufnahmen und durchaus hilfreiche Erklärungen!


    Bei der tricholoma orirubens steht ja dabei, daß das Basismycel gelb war, Stefan. Auf den Bildern ist es nicht zu sehen, glaube ich. Solche Details bekommt meine Kamera auch nie richtig hin, siehe zB gelbes Basismycel von Xerocomus ferrugineus.


    Die Angaben zur Häufigkeit, beziehen die sich auf regionale Erfahrungen?
    Denn zB Tricholoma vaccinum sehe ich doch recht regelmäßig mal, Tricholoma cingulatum ist in meiner Gegend gut verbreitet und an entsprechenden Standorten häufig und Tricholoma sciodes in sauren Buchenwäldern des Odenwaldes regelmäßig anzutreffen.
    Tricholoma orirubens hatte ich allerdings noch kein einziges Mal in der Hand.


    Interessant ist übrigens auch die Kollektion "Tricholoma spec." auf den letzten Bildern.
    Den glaube ich zu kennen, eben auch aus Kiefernforsten, mit und ohne Birken, meist aber mit Weiden und irgendwelchen Prunus - gewächsen in der Nachbarschaft. Grauliches Fleisch ja, aber Verfärbungen hatte ich bis dato noch nicht beobachtet.
    Allerdings hatte ich die auch immer irgednwie als Tricholoma terreum (im weiteren Sinne) abgetan.
    Muss ich mal in diesem jahr genauer drauf achten, was die noch so können.



    LG, Pablo.

  • Hallo Konrad,


    Danke fürs mitnehmen ins Reich der Ritterlinge! Viele der von dir gezeigten Arten waren mir noch völlig unbekannt. Werde gleich nochmal einige in meinen Büchern nachlesen.


    Liebe Grüße
    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen



  • Eine Frage/Anmerkung noch dazu: Deinen T. orirubens hätte ich eher T. basirubens genannt. T. orirubens soll ja gelbes Basismycelfilz haben. Woran hast du den festgemacht.


    Ja wie Pablo schon vermutet: Es klingt zwar immer doof aber, er hatte das gelbe Mycel man sieht es nur auf dem Foto (welches in ziemlicher Finsternis entstand) nicht :cool:




    Die Häufigkeiten geben an wie häufig ich die Arten im Raum Mecklenburg finde. T. vaccinum zB war ein Erstfund für mich, da die Fichte ja in der norddeutschen Tiefebene nicht vorkommt und scheinbar Fichtenforste allein keine gute Verbreitung der Art gewährleisten. Natürlich bin ich nicht in allen Biotopen gleichermaßen unterwegs, zB denke ich finde ich T. populinum selten da ich nicht in Pappelforste oder Parks etc gehe sondern eher natürliche Standorte besuche (gilt letztlich auch für Fichtenforste s. T. vaccinum).. dennoch kann ich ganz gut abschätzen wie häufig ein Biotop ist und das macht die Sache dann hoffentlich schon genauer.


    Der Unbekannte war mir sehr suspekt.. ich dachte schon an T. atrosquamosum aber ich glaube da passten die Sporen nicht..



    VG
    Konrad

  • PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Konrad!


    In der Tat, das leuchtet ein. :thumbup:
    Regionale Unterschiede gibt es eben durchaus. T. vaccinum ist hier auch ein "Bergpilz", in der Ebene habe ich ihn noch nicht gefunden. Der mag's etwas kühler und steht dann erst ab gewissen höhen in sauren Nadelwäldern.
    Tricholoma focale ist hier im Südwesten zB extrem selten (wenn es überhaupt noch vorkommen gibt), mir selbst ist kein Fundort in meiner Ecke bekannt. Eventuell mag der etwas kontinentaleres Klima.



    LG, Pablo.


  • Hallo,


    ich habe nicht alle Merkmale niedergeschrieben und die Bilder nicht nach Aussagekraft ausgewählt. Dennoch sind alle Arten ohne "cf"
    korrekt bestimmt, im Sinne der angegebenen Literatur.


    VG
    Konrad


  • 1. Tricholoma equestre - Kiefern-Grünling


    > Tricholoma frondosae? Ne, ist ausm Cladonio-Pinetum


    Hallo Konrad,
    die in FNE4 getroffene Aussage, dass Tricholoma frondosae an Pappel gebunden sein soll, halte ich für falsch. Aus meinen zahlreichen Exkursionen im Lorenzer Reichswald östlich von Nürnberg weiß ich, dass dieser Pilz (bzw. ein Grünling dieses Aussehens) auch in reinen Kiefernbeständen vorkommen kann. Er unterscheidet sich von Tricholoma equestre durch eine augenblicklich dunkelbraune KOH-Reaktion auf dem Hutrand. Genau das tun auch die unter Pappel gewachsenen Exemplare gleichen Aussehens. T. equestre reagiert mit KOH dagegen langsam und schwach schmutzig orange.
    FG
    Oehrling
    [hr]


    Das muss ein himmlischer Kiefernwald sein, in dem diese gezeigten Ritterlinge wachsen. Da lassen sich mit Glück bestimmt noch andere Arten finden. Wo liegt er denn? - dafür würde ich weit fahren.
    FG
    Oehrling

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    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Hallo Konrad,
    die in FNE4 getroffene Aussage, dass Tricholoma frondosae an Pappel gebunden sein soll, halte ich für falsch. Aus meinen zahlreichen Exkursionen im Lorenzer Reichswald östlich von Nürnberg weiß ich, dass dieser Pilz (bzw. ein Grünling dieses Aussehens) auch in reinen Kiefernbeständen vorkommen kann. Er unterscheidet sich von Tricholoma equestre durch eine augenblicklich dunkelbraune KOH-Reaktion auf dem Hutrand. Genau das tun auch die unter Pappel gewachsenen Exemplare gleichen Aussehens. T. equestre reagiert mit KOH dagegen langsam und schwach schmutzig orange.
    FG
    Oehrling


    Hallo,


    das ist ja interessant. Das müsste man natürlich aber statistisch belastbar machen - sprich lässt sich denn jeweilsein eindeutiger Pähnotyp zuordnen? Wie schon gesagt finde ich auch diverse Formen von T. equestre s. l. vor allem Farbe und Statur variieren dabei stark. Aber auch Formen mit geschupptem Stiel kenne ich (die finde ich besonders interessant - es handelt sich nicht um T. joachimii).
    Und in den FNE4 steht ja auch dass die Sequenzierung mehrere Arten unter Pinus und zwei Arten unter Populus vermuten lässt - von denen wiederum einige die gleichen seien könnten, sprich unter beiden Bäumen vorkommen könnten, insofern halte ich wiederum die Bezeichnung "falsch" für vorschnell.
    Letztlich ist das nur molekular zu eruieren und bis dahin finde ich eine ökologische Trennung (klappt bei Pilzen ja oft, wenn auch nicht immer) legitim.


    VG
    Konrad
    [hr]

  • Ich wäre dir sehr verbunden. Vielleicht käme ich dann im Herbst hochgefahren.
    FG
    Oehrling

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Konrad & Stephan!


    Wenn ich das richtig im Kopf habe, wird in FNE4 sogar in Frage gestellt, ob T. frondosae nur an Pappel gebunden ist.
    Da meine ich rauszulesen, daß die Art zwar "bei Pappel" dokumentiert wird, aber die Autoren das eher in Frage stellen und bei der Ökologie eher die Bodenbeschaffenheit als Trennmerkmal gelten lassen wollen: Extrem nährstoffarm und sauer für T. equestre ss. FNE4 vs. eher nährstoffreich und neutral bis schwach basisch für T. frondosae ss. FNE4.
    Aber so wie ich das verstehe, gibt es ja auch in dem Komplex noch einige ungeklärte Fragen.
    Umso spannender finde ich das Thema mit den chemischen Reaktionen.
    Wenn du da so konstante Ergebnisse hast, Stephan, müsste man echt mal jeweils zwei / drei gut dokumentierte Kollektionen sequenzieren lassen und mit den vorhandenen Sequenzen abgleichen, wie Konrad vorschlägt.


    Der beschriebene Wald hört sich nach einem absoluten Oberknüller an, Konrad.
    Da würde ich ja auch zu gerne irgendwann mal...



    LG, Pablo.