Hallo, ich möchte Euch am Versuch meiner ersten Täublingsbestimmung mittels der chemischen Reaktionen teilhaben lassen, wie ein Anfänger diese erlebt–¦und wenn er sogleich einen nicht so ganz einfach zu bestimmenden Täubling aussucht.
Ich hatte mir vorgenommen, in diesem Jahr mit den Täublingen zu üben, und sammelte daher eine ganze Reihe verschiedener Arten. Zu jedem Fund notierte ich mir die Details, rief gedanklich das mir schon zur Verfügung stehende Täublingsvokabular ab, notierte die Vermutungen zu den einzelnen Funden, und sammelte die Fruchtkörper im Froster zur späteren genauen Bestimmung.
Bedenken aufgrund der Reaktionen der gefrorenen und dann aufgetauten Pilze haben sich zerstreut, es funktioniert dennoch.
Seit kurzer Zeit stehen mir nun die Hilfsmittel Eisensulfat, Phenol, und Guajak zur Verfügung, welche mir helfen sollen, die Funde aus dem Froster nun nach und nach konkret benennen zu können. An Funden gibt es 32 Stück zu untersuchen, von denen aber sicherlich einige auch mal doppelt sind, wie etwa der Ocker-Täubling. Das wird eine Winteraufgabe.
Am letzten Oktobertag fand ich nun eine Gruppe Täublinge, die ich noch nicht hatte, und nahm zwei Exemplare mit zur zeitnahen Bestimmung. Diese kamen in den Kühlschrank, und gestern (am 01. November) hatte ich die Gelegenheit, mir diesen Fund genauer anzusehen.
Über den Verlauf dieses Bestimmungsversuches hier eine kleine Übersicht, aus naiver Anfängersicht.
Erste Vermutung: Schwarzroter Speitäubling
Fundort: am 31.10.2015 im Nadelwald, bestehend aus überwiegend Fichten, vereinzelten Kiefern, und in einiger Entfernung (ca. 50 Meter) angrenzend an einen Laubmischwald mit überwiegend Buchen, Boden sauer, etwa PH 4.5, viel Sternchenmoos
Fund: Täubling, vermutlich der Schwarzrote Speitäubling, Russula atrorubens, Gruppe mit fünf sehr nah beieinander wachsenden Fruchtkörpern in verschiedenen Stadien
Hut der Fruchtkörper rot, zur Mitte hin bei den meisten Exemplaren deutlich dunkler, hier bis 8 Zentimeter im Durchmesser, Huthaut großteils sehr leicht abziehbar, darunter rosarot gefärbt am Übergang zu den Lamellen, Lamellen hell creme-weiß, sehr brüchig, Stiel weiß, brüchig, zur Stielbasis leicht verdickend, leichter Geruch nach altem Obst, Kompott, Obstbrand, Geschmack leicht scharf (nicht wie erwartet sehr scharf, brennend)
Farbtest, chemische Reaktionen:
Eisensulfat: blass-bräunlich, Phenol: dunkelbraun, Guajak: blau-grün
Tja, da dachte ich, der Fall sei klar, und die chemischen Reaktionen würden mir den Russula atrorubens bestätigen. Falsch gedacht, und noch schlimmer, fehlbestimmt. Eine Reaktion auf Phenol hätte ausbleiben sollen.
Die Reaktion auf Phenol kann ich nicht als –žWein-braun–œ bezeichnen (wirkt auf dem Foto etwas heller als real), wenn dies auch in der Literatur so genannt ist. In diesem Falle wirklich ein schönes dunkelbraun, kräftig, wie guter Kakao (ohne Milch).
Da in den meisten Literaturen, selbst im BLV, der Russula atrorubens fehlt, blieben mir nur wenige Möglichkeiten, um festzustellen, dass bei dieser Art eine Reaktion auf Phenol ausbleiben sollte. Die Reaktionen auf Eisensulfat und Guajak könnten optisch zwar passen, aber wenn man die Farben noch nicht so oft gesehen hat–¦
In Betracht kam noch der Rote Speitäubling, Russula rubra. Auch hier findet sich der rötliche Hut mit zur Mitte hin dunkler werdenden Farben. Aber der Geruch sollte laut Literatur eher –žhonigartig angenehm–œ sein, jedoch auch nach Obst.
Könnte folglich mit meiner Wahrnehmung übereinstimmen, wobei die Sinne dahingehend noch weitgehend ungeschult sind. Jedoch wäre auch beim Russula rubra ein scharfer Geschmack zu erwarten gewesen, der nach meinem Empfinden als nur leicht scharf feststellbar war (Kostpröbchen bei jungen und älteren Exemplaren durchgeführt). Bei anderen Täublingen hatte ich die Erfahrung –žsehr scharf bis brennend–œ jedoch schon, und gehe daher von der mir zur Verfügung stehenden Wahrnehmung als funktionstüchtig aus, ebenso wie auch etwa das Bittere beim Gallen-Röhrling.
Während ich mich also nun auf die chemischen Reaktionen verlassen hatte, welche hier nicht auf Russula atrorubens, sondern auf R. rubens zutrafen, blieb mir noch ein Merkmal, das Sporenpulver. Denn nach den chemischen Reaktionen blieben auch noch weitere mögliche Täublinge übrig.
Vorab konnte ich jedoch nach vielen Vergleichen sieben weitere mögliche Täublingsarten ausklammern, immer ausgehend von möglichen Variationen der Hutfarben, außer noch dem Buchen-Speitäubling sowie dem Kiefern-Speitäubling, da der Fundort nah angrenzend an einem Buchen-Mischwald lag und auch einzelne Kiefern vorkamen, und für beide Speitäublinge wären die chemischen Reaktionen ebenfalls zutreffend (beim zuvor noch eingegrenzten Kirschroten Speitäubling (R. emetica) wäre die Guajak-Reaktion gelb-braun gewesen, somit war es wieder ein Kandidat weniger). Zumindest die Reaktion auf Eisensulfat schloss also einige weitere Kandidaten aus.
Also blieb das Sporenpulver:
Roter Speitäubling (R. rubra): ockerfarben
Schwarzroter Speitäubling (R. atrorubens) weiss
Buchen-Speitäubling (R. mairei): weiss
Kiefern-Speitäubling (R. silvestris): weiss
Beim Sporenabdruck in Weiss blieben also drei mögliche Namen, bei ockerfarbigem Sporenpulver wäre der Fall wohl gelöst (sofern ich nicht einen weiteren Täubling vernachlässigt hätte).
Test Sporenpulver, Farbe: WEISS
Es bleiben übrig: Russula atrorubens, R. mairei, und R. silvestris.
Nochmal vergleichen, welche dieser Arten unter der Huthaut rötlichfarben sind–¦aha, der Russula silvestris nicht, hätte ich also schon zuvor ausklammern können. Der Russula mairei, der Buchen-Speitäubling, ja, unter der Huthaut rosa, laut Literatur. Der Schwarzrote Speitäubling R. atrorubens hat keine Angabe zur Farbe unter der Huthaut, kann ich den, als meinen eigentlichen bestimmten Fund, nun auch ausklammern?
Es bliebe folglich als einziger Kandidat der Buchen-Speitäubling übrig, an den ich allerdings nicht glaube. Gut, Buchen gab es dort, aber in mindestens fünfzig Metern Abstand. So lang wird keine Buchenwurzel–¦aber vielleicht durch das Myzel verlängert..?...aber fünfzig Meter? Oder habe ich nur halbherzig geschaut..?..
Jedoch, beim Buchen-Speitäubling sollte sich die Huthaut nicht so leicht abziehen lassen, was bei diesem Fund aber ein Leichtes war. Zudem mag der Buchen-Speitäubling wohl eher kalkhaltigen Boden, hier ebenfalls nicht der Fall, der PH-Test hat es belegt. Und zu den sich leicht verdickenden Stielen ebenfalls kein Treffer.
Oder eben der Buchenmischwald nebenan wird schon wieder kalkhaltig, dann sollte ich dort auch wegen der Herbsttrompeten wohl nochmal nachsehen–¦
So, ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt–¦und vielleicht ist es für Euch allein schon makroskopisch klar, an welchem der Täublinge ich hier gescheitert bin. Würde mich freuen, wenn Ihr mir bei der Lösung helft!
Und die anderen 31 Täublinge bleiben noch etwas im Froster, so. :nana: