Schöner Post-Zahnarzt Rasling (?) in in Schönbrunn / Hericium erinaceum? / Tramete

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.533 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von wobistbovist777.

  • Guten Abend allerseits!



    Ich möchte euch einen, wie ich finde, sehr interessanten Pilzfund nicht vorenthalten.


    Fall 1:
    Nach einem weniger erfreulichen Besuch beim Zahnarzt machte ich auf dem Weg nach Hause noch einen Abstecher in den Schönbrunner Schlosspark,

    und zwar in den weniger touristischen Teil, der sich zwischen Tiergarten Schönbrunn und Maxingstrasse (wer ´s kennt) nach Süden erstreckt und dort in einen Ei-Hb-Wald übergeht.


    Dort wurde ich auf kaiserlichem Boden eines mir unbekannten pilzlichen Gebildes ansichtig, und zwar in einem Rhododendronbeet:

    Das Gebilde beeindruckte mich sehr ob seiner vielstämmigen, fleischigen Formung und der sich darin dartuenden Vitalität; machet Euch selbst einen Eindruck anhand der folgenden depictationes:


    Habituell tippte ich auf einen Rasling und gelangte am ehesten zu Lyophyllum conglobatum.
    Kennt den jemand und kann diese Diagnose bestätigen oder widerlegen?


    Im an den Park anschliessenden Wald stolperte ich über zwei weitere Pilzlinge, deren Zugehörigkeit sich mir nicht gänzlich erschließen wollte:


    Fall 2)
    An der Unterseite eines liegenden Zerreichenstammes schlummerte ein Stachelbart:

    ich würde ihn für Hericium erinaceum halten - oder könnte es auch H. cirrhatus sein?


    Fall 3)
    Ein Porling auf einem älteren, grossteils entrindeten Hainbuchenstamm:

    Aufgeschnitten ein recht intensiver Geruch: pilzig-schärflich, ähnlich Flaschenstäubling.
    Mir fällt dazu eigentlich nur Trametes cervina ein. Klingt das vernünftig?


    Danke im Voraus für eure Anmerkungen!
    Schönen Abend,
    Greg

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Greg!


    Ein schöner Park mit schönen Pilzen. :thumbup:
    Lyophyllum conglobatum... Gut möglich, daß der inzwischen auch als konspezifisch mit Lyophyllum decastes (Dunkler Büschelrasling) betrachtet wird. Ähnliche Fruchtkörper habe ich von der Art auch schon gesehen.


    Der Stachelbart sollte Hericium coralloides (Ästiger Stachelbart) sein.


    Der Porling am Hainbuchenstamm macht schon den Eindruck von Trametes cervina (Hirschbraune Tramete), ist aber bei solchen Porlingen in dem Alter oft schwer zu definieren. Theoretisch wäre auch Antrodia malicola (Zimtfarbene Braunfäuletramete) oder eine weitere Antrodia - Art möglich. Wenn nicht sogar ein Spongipellis - Art.


    PS.: Mögen die üblen Nachwirkungen des vorangegangenen Anlasses möglichst bald verflogen sein!


    LG, Pablo.


  • Guten Abend Pablo,


    ich danke für die Antworten!
    Wenig erbaulich indes ist die sich ergebende Einsicht in die Begrenztheit meiner Kenntnisse! Fürwahr - unübersehbar vielfältig sind die Bildungen der Natur, und wir - wanken von einem unsicheren Trittstein zum nächsten, in einem Meer der Unkenntnis ...
    Selbst Stachelbärte narren uns immer wieder von Neuem, und gar schon die Trameten und ihre Anverwandten; von Tintlingen, Schnitzlingen, Samthäubchen und anderen vertrackten Narreteien der belebten Welt will lieber gar nicht reden ...


    @ Lyophyllum: L. decastes glaubte ich eigentlich halbwegs zu kennen; und hab verwundert gesehen, dass Horak, das, was am ehesten dem ähnlich sieht, was ich gefunden habe, und was ich als Novize conglobatum genannt hätte, nur als Varietät von decastes erwähnt wird. Dabei sind diese Funde schon sehr eigen: die extrem dunkle H-Farbe und die geradezu filzige Feinstruktur der HH, v.a. bei jungen FK ...


    @ dem Hericium nehm ich ´s schon etwas übel, dass er mich immer wieder narrt; so kenne ich coralloides:

    - aber nun diese herabhängenden structures, den Tentakeln erschlaffter Seeamenmonen gleich? Ok, Cirrhatus nicht, weil keine Hüte; für erinaceus wohl zu wenig kompakt und Stacheln zu kurz? Dann bleibt als Erkenntnis, dass H. coralloides doch recht plastisch ist...


    Bleibt als Trost immerhin, dass meine Tramete - wenn sie nur eine ist - doch recht wahrscheinlich die hirschbraune sein dürfte ;)


    Jenseits von Wissen oder Nichtwissen aber ist es in jedem Fall schön, solche faszinierenden Wesen beobachten zu können !


    LG,
    Greg

    • Offizieller Beitrag

    Moin, Moin!


    Ich fürchte, das hört nie auf mit den Pilzen. Je mehr man kennt, desto mehr wird man sich bewusst, was man alles nicht kennt.
    Ziemlich normaler Vorgang, manchmal etwas enervierend, vor allem wenn man das Gefühl hat, die PIlze stehen um einen rum und lachen und heißen alle Rumpestielzchen.


    Es gibt viel zu viele Möglichkeiten das Aussehen zu verändern für Pilze. Bei dem Stachelbart mags daran liegen, daß er unter einem Stamm wächst und da wenig Platz für die Entfaltung in der Vertikalen hat.
    Was übrigens auch so aussieht, ist der Tannen - Stachelbart (Hericium flagellum). Der offenbar auch schon an Rotbuche gefunden wurde. Da müsste man allerdings mal gucken, wie sich die mikroskopisch unterscheiden, aber irgendwie...
    Dieses Parkgelände sieht nicht so ganz nach einem naturbelassenen, montanen Waldgebiet aus.


    Zumindest die Filzigkeit der Hüte dürfte beim Wachstum bei dem Rasling noch verschwinden. Schwach filziig belegt kenne ich die auch als Jungpilze. Der Pilz kann immer wieder überraschen, ist ganz außerordentlich variabel, was auch dazu geführt hat, daß haufenweise Varietäten oder gar eigene Arten beschrieben wurde.
    Mittlerweile macht man es sich offenbar einfach (und ich erst recht) und nennt alles, was dunkle Hutfarben hat, büschelig wächst, nicht verfärbt und nicht komisch stinkt, recht robust ist und festfleischig (wie sich das gehört) einfach Lyophyllum decastes.
    Nun heißt es Daumen drücken und hoffen, daß niemand den Komplex durchsequenziert, da zwei Dutzend Arten draus macht, die aber leider nicht nach morphologischen merkmalen trennbar sind.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    wieder etwas dazugelernt - danke!
    Thema ist für mich damit vorerst erledigt!


    @ Filzigkeit bei L. decastes / conglobatum:
    ja, wie du sagst, vor allem an jungen Expll ausgeprägt, verliert sich dann mit zunehmendem Alter;
    Interessant ausserdem, dass die filzige Struktur auch am Stiel zu erkennen ist (Lupe, Bino): in meinem Fall war sie dafür verantwortlich, dass die Stiele leicht grau-braun überflogen wirken.


    LG,
    Greg