Welcher Saframschirmling?

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 6.718 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von schmechtarius.

  • Liebes Forum,



    seit langem komme ich mal wieder mit einer Bestimmungsfrage zu euch. Am Wochenende fand ich in einem Eschen-/Pappel-Auwald eine größere Anzahl Safranschirmlinge. Aufgrund der Größe dachte ich zuerst an Parasole, aber beim Blick auf den Stiel war schnell klar, dass es sich um was anderes handeln muss.


    Ich hätten den jetzt fast als gemeinen Safranschirmling CHLOROPHYLLUM RACHODES OLIVIERI abgelegt, aber den kenne ich nur deutlich kleiner und dünnfleischger. Der Hut vom größten Pilz auf dem Bild hatte etwa einen Durchmesser von 23cm und eine Dicker von 2,5cm (6cm mit Lamellen). Vor Ort gab es noch größere, dickere Exemplare, die aber schon deutlich überständig waren. Beim CHLOROPHYLLUM RACHODES OLIVIERI liest man immer was von maximal 17-20cm. Die ausgewachsenen Exemplare in der Gruppe waren aber alle deutlich größer als 20cm im Durchmesser und ziemlich "massiv".



    Was kann das also sein? Ich kenne mich mit den verschiedenen Safranschirmlingen nicht so gut aus. Also ich weiß, dass es mehrere gibt, aber kenne nicht die Unterscheidungsmerkmale.


    1.


    2.


    3.


    Vielen Dank für eure Hilfe,
    Christian


    Edit: falsche Bezeichnung korrigiert

  • Hallo, Christian!


    Es werden sich bestimmt noch Experten melden (ich bin keiner), aber ich kann dir auf jeden Fall schon mal sagen, dass eine genaue Unterscheidung in der Gattung Chlorophyllum teilweise nur mikroskopisch möglich ist (google mal nach Arbeiten der Spezialistin auf diesem Gebiet, Else Vellinga, verbunden mit Stichwörtern wie Chlorophyllum rachodes und key, falls du da intensives Interesse haben solltest).


    Für mich als Nichtspezialist und ohne weitere Detailangaben/-aufnahmen spricht auf den ersten Blick (mit Vorbehalt u.a. wegen der nicht perfekten Sicht auf die genaue Form des Rings - z.B. einfach/doppelt? - und die genaue Form der Knolle) zunächst eigentlich mal nichts gegen Chlorophyllum rachodes. Ob der relativ große Hutumfang dagegen spricht, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass für eine rein makroskopische Einschätzung, die in dieser Gattung eher unsicher bleiben muss, auf jeden Fall noch folgende Details äußerst nützlich wären, falls du die noch nachliefern könntest:


    1. Große Detailaufnahme von den Ringen am Stiel (einfach/doppelt etc.?)
    2. Detailaufnahme von der Beschaffenheit der Knolle nach Entfernen der Erdreste: gerandet oder nicht etc.?
    3. wahrscheinlich nicht mehr möglich, da nicht mehr frisch: wie schnell und in welcher Farbabstufung genau röten Fleisch/Stiel
    4. Hast du an deinem Fundort im Wald vielleicht irgendwelche Kompostierungsreste gesehen?


    Soweit mal ein paar Tipps, was du mMn für eine bessere Einschätzung seitens der Experten hier noch nachliefern könntest, sofern es dir möglich ist.


    Schönen Gruß, Bernd

  • Vielen Dank für die Einschätzungen. Ich werde nachher nach der Arbeit noch versuchen ein paar zusätzliche Informationen aufzutreiben.


    zuehli: Woran machst du fest, dass das der Garten-Riesenschirmling ist? Und wenn der Garten-Riesenschirmling jetzt Chlorophyllum rachodes heisst, wie heißt dann der Safranschirmling, den ich bisher (so wie meine wenige Jahre alten Pilzführer) unter Macrolepiota rachodes abgelegt hatte? (Ich hab oben versucht mich an die aktuelle Nomenklatur zu halten, was ja offensichtlich daneben ging).

  • In einfachen Worten:
    Der "normale" Safran-Schirmling, der früher rachodes (rhacodes) hieß, ist jetzt Chlorophyllum olivieri. Das ist der strubbelige der vorwiegen in Nadelwäldern wächst.
    Der mit der sternförmigen Kalotte und gerade übergehender Knolle ist jetzt C. rachodes. Das ist dein Pilz oben.
    Der ebenfalls mit sternförmiger Kalotte, aber büschelig wachsend und mit deutlich gerandeter Knolle heißt jetzt Chlorophyllum brunneum. Nach meiner Meinung ist das der ominöse Macrolepiota venenata.


    Beste Grüße
    Harald

  • Hallo Harald, hallo porst,




    also wenns um den Gartenschirmling und Verträglichkeit geht, da kann ich mitreden. Vor mehr als 30 Jahren, kam mir ein Gartenschirmling unter. Ich hatte Mischpilze.......das war der einzige Schirmling, den ich hatte, so fiel es nicht auf, dass er rötete. Kleingeschnippelt und ab in die Pfanne und Heidi kam nicht mehr von der Toilette runter. Mir war übel, Schweißausbrüche und mein Kreislauf war im Keller. Mir gings richtig schlecht. Nach 2 Tagen gings mir besser.


    Seitdem gibt bei mir nur dann Schirmlinge, wenn ich mir 100% ig sicher bin, dass es Riesen sind. Und wenn sie röten, dann bleiben sie im Wald. Das war mir eine Lehre. Man kann mit Pilzen gar nicht vorsichtig genug sein.




    Liebe Grüße




    Heidi

    Jeder Tag an dem Du nicht gelacht hast, ist ein verlorener Tag.
    Auch von mir gibt es keine Essensfreigabe.



    100 Chips, da Islandwette verloren = 95 Chips
    95-2 Chips für Jan-Arnes Rätsel = 93 Chips
    93-5 Chips für Grünis Grauen Wulstling= 88 Chips
    88-10 Chips für APR 2017 = 78
    78 + 10 (APR 2017 als erste über die Hälfte der Gesamtpunkte gekommen) = 88

    88-3 Chipse für OPR = 85

    85 - 10 Chips für APR 2018 = 75

    75 + 5 fürs APR = 80

    80 -10 Chipse für APR 2019 = 70 Chipse

    70 +5 Apr 2019 = 75


    Keine Veröffentlichung ohne mein Einverständnis!!!!!!

    • Offizieller Beitrag


    Das ist der, der aktuell Chlorophyllum rachodes heißt und früher als rachodes var. bohemica bzw. var. hortensis unterwegs war. Zu deutsch der Garten-Riesenschirmling, dessen Genießbarkeit umstritten ist.


    Grüße
    Harald


    Hallo Harald,


    bist du dir sicher (auch mit der Genießbarkeit)? Ich dachte deine genannten Namen sind alles Synonyme für C. brunneum?


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Noch ein paar Detailinformationen:

    • Ring ist doppelt, soweit erkennbar (die Ringe an beiden Stielenexemplare hier sind schon etwas hinüber)
    • Knolle bei den vorhandenen Exemplaren nicht gerandet
    • Bei Verletzung rötet der Stiel zuerst orange-rot wie oben im Bild, nach einigen Minuten schlägt die Farbe in bräunlich um. An verletzten Lamellen ist die Farbe nach einer Weile eher weinrot würde ich sagen
    • Kompostierreste waren am Fundort keine zu sehen. Ich habe aber nicht explizit danach geschaut.

    Keulenstieliger Garten-Safranschirmling (Chlorophyllum rachodes) sollte also passen.


    Um die Genießbarkeit ging es mir nicht vorrangig. Aber es ist gut, einige Erfahrungen zu hören.


    Ich habe gerade kurz mein Pilzbilderarchiv durchstöbert und noch ein Bild von der Boletus-Tagung vom September entdeckt. Bei dem wusste ich auch nicht genau, was es für einer war. Stefan war glaube ich bei der Exkursion dabei und sollte die Kollektion kennen.



    Das wird ja dann wohl Chlorophyllum brunneum sein, wegen der gerandeten Knolle.


    Viele Grüße,
    Christian

    • Offizieller Beitrag


    Hallo Christian,


    ja das ist C. brunneum. :thumbup: Ich hab von der Boletus-Tagung übrigens auch einen kleinen Bericht hier im Forum verfasst. Den kannst du gern hier nachlesen, sofern du den noch nicht gesehen hast...


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


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  • Ok, gut. So langsam bekomme ich einen besseren Überblick über die Safranschirmlinge.


    Hallo, Christian!


    Geht mir ähnlich, deshalb auch meine obige Frage nach den Detail-Infos, deren Wichtigkeit mir als etwas fortgeschrittenem Anfänger erst in dieser Pilzsaison hier in diesem Forum bewusst wurden und mich zum Weiterlernen bw. Weiterlesen anregten.


    Danke, dass du noch mal nachgeschaut hast, nicht nur du lernst hier ja was dazu, sondern auch wir alle, die wir deine Fotos und Infos zum Mitbestimmen nutzen dürfen! :thumbup:
    Auch deine neuen Details sprechen ja nicht gegen die Einordnung als Chlorophyllum rachodes.


    Da du ihn erwähnst und falls es dich interessiert- zur Abgrenzung von C. brunneum fand ich auch diese Diskussion in einem Nachbarforum sehr hilfreich.
    Stefan: Danke für das tolle Foto von C. brunneum, habe es mir schon neulich bei der Lektüre deines Beitrags abgespeichert! :thumbup:


    Außerdem zur Gattung Chlorophyllum (hab die Links noch mal gegoogelt, da ich die Dateien auf die Festplatte heruntergeladen hatte) die folgenden beiden engl. Artikel der Spezialistin E. Vellinga (Links zu PDF-Dokumenten):
    1. Chlorophyllum
    2. The complex of Chlorophyllum rachodes


    Manches darin ist mir zu hoch bzw. zu speziell, aber einige wichtige Infos kann man mitnehmen und findet darin auch einen Schlüssel für die Gattung.


    Schönen Gruß, Bernd

  • Hallo,
    hier noch einmal eine Zusammenfassung über die Gattung Chlorophyllum.


    Safranschirmlinge (Chlorophyllum) unterscheiden sich von den Riesenschirmlingen (Macrolepiota) daran, dass sie im Schnitt deutlich röten und einen glatten, ungenatterten Stiel haben. Von den Safranschirmlingen gibt es in Deutschland im Wesentlichen drei Arten:


    - Chlorophyllum olivieri (Dunkler Wald-Safranschirmling): Wachstum im Wald, Hutschuppen sparrig-fransig, farblich ähnlich dem Untergrund gefärbt. Ring doppelt, dick.
    Diese Art wird in den älteren Büchern als "Safran-Schirmpilz, Macrolepiota rhacodes" bezeichnet und ist essbar.


    - Chlorophyllum rachodes (Keulenstieliger Garten-Safranschirmling): Wachstum außerhalb des Waldes, an nährstoffreichen Stellen. Braune Hutschuppen farblich zum weißen Untergrund kontrastierend, zahlreich und verteilt. Stielbasis verdickt, aber Knolle nicht abgesetzt oder gerandet. Ring meist doppelt/dicker.
    In alten Büchern meist als "Gartenform des Safran-Schirmpilzes", "Macrolepiota rhacodes var. hortensis" oder "Macrolepiota bohemica" bezeichnet (allerdings galten diese Bezeichnungen ebenso für C. brunneum, der nicht von C. rachodes unterschieden wurde). Die Art gilt als essbar, kann allerdings auch Unverträglichkeitsreaktionen verursachen und sollte deshalb gemieden werden.


    - Chlorophyllum brunneum (Gerandetknolliger Garten-Safranschirmling): Wachstum wie C. rachodes außerhalb des Waldes. Hutschuppen ebenfalls kontrastierend, aber im Gegensatz zu C. rachodes eher schollig in der Hutmitte und weniger einzeln und zahlreich. Knolle dick, gerandet und oft mit Erde paniert. Ring meist einfach und dünn. Tendenziell ist diese Art gedrungener als die beiden anderen.
    Chlorophyllum venenatum (Gift-Safranschirmling / Gift-Riesenschirmling) soll sich von dieser Art praktisch nur mikroskopisch durch fehlende Schnallen an den Hyphen unterscheiden. Schnallen sind aber auch, wenn sie vorhanden sind, oft schwer zu finden und ihre Anzahl hängt vom Alter des Pilzes ab. Deshalb ist davon auszugehen, dass C. brunneum und C. venenatum synonym sind. Die Art gilt als giftig, allerdings ist sie wohl eher schwer verträglich und leicht verderblich. Trotzdem kann der Genuss zu heftigen Brechdurchfällen führen und ist deshalb nicht empfehlenswert.


    Sehr erleichtert hat mir das Verständnis über diese Gattung (besonders auch über Macrolepiota, was deutlich schwieriger ist) ein Artikel von Gernot Friebes im Tintling, der wiederum hauptsächlich einem Konzept von Else Vellinga folgt.


    Viele Grüße,
    Emil

  • Vielen Dank, Bernd und Emil!


    Die Zusammenfassung der Gattung Chlorophyllum ist dir sehr gut gelungen! Damit kann man arbeiten! Die Schlüssel in den verlinkten PDFs schaue ich mir bei Gelegenheit an, sobald wieder Frischmaterial zum Schlüsseln aufgetaucht ist!


    Den Artikel im Tintling werde ich mir mal ansehen. Leider habe ich ihn noch nicht selbst im Abo, kenne aber genug Leute, wo ich ihn mir ausleihen kann!



    Der ganze Beitrag hat mir wirklich sehr geholfen. Bin jetzt um einiges schlauer!


    Viele Grüße und besten Dank,
    Christian

  • Hallo an alle,


    wie ich auch gerade erst gelernt habe, heißt wahrscheinlich der Safranschirmling übrigens doch rhacodes (wie in der Originalbeschreibung, "zerlumpt" von gr. rhakos der Lumpen), und war kein Druckfehler für rachodes (soll irgendwie "rötend" bedeuten) - in dieser Ansicht hat G. Krieglsteiner diesen "Fehler korrigiert" , und Vellinga ist der (überflüssigen) Umbenennung gefolgt.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Emil, vielen Dank für die nützliche Zusammenfassung! :thumbup:


    Hallo Wolfgang,


    hmm, kennst du den nachfolgend verlinkten, längeren Artikel von Vellinga zur Schreibweise rachodes vs. rhacodes? Das sieht mir nicht nach einem einfachen Übernehmen aus; da hat sich jemand richtig viel Gedanken gemacht. Ob auch "richtig" viel im wahrsten Wortsinn, kann ich als interessierter Laie nicht beurteilen... :)


    Schönen Gruß, Bernd


  • Hallo Bernd,
    nein den kannte ich nicht, vielen Dank! Das setzt das kürzlich gehörte wieder in ein anderes Licht.
    Wolfgang

  • Hallo Zusammen, ich denke die Antwort von Emil trifft die Sache auf den Punkt.


    Letztendlich sind meiner Erfahrung nach bei den Safranschirmlingen individuelle Unverträglichkeiten und die Frische der gegessenen Pilze für evtl. auftretende Probleme verantwortlich.
    Wir als fünfköpfige Familie essen seit Jahren alle auftretenden Varienten des Safranschirmlings und hatten und haben keinste Verträglichkeitsprobleme! Im übrigen kommen, zumindest hier im Leipziger Auwald, die Arten auch direkt im Wald vor.

    Viele Grüße


    Verzehrfreigaben gibt es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort !