Pilze aus dem Rebentopf

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 4.645 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von pilzmel.

  • Wir haben diesen Sommer in Berlin auf dem Balkon zwei Reben (echte, kein wilder Wein) gepflanzt. Die Kübel sind recht tief, und wir haben gekaufte Gartenerde fürs Auffüllen genommen. Seit Oktober wachsen in dem einem Topf, der viel Schatten hat, direkt neben der Weinrebe, immer wieder bräunliche, wässrige Pilze mit spitzen Schirmchen. Ein Freund, der einen Garten hat, sagte, solche hätte er auch immer wieder, wenn er Gartenerde verwende. Wir haben keine Ahnung von Pilzen. Essen wollen wir sie eigentlich nicht, nur mal wissen, was das für welche denn überhaupt sein könnten.
    Sie werden bis etwa 6, 7 cm lang, haben einen dünnen, weißlich-wässrigen Stiel, das Hütchen ist hellbraun, läuft eher spitz zu und ist etwa daumennagelgroß.
    Die Fotos sind nicht sonderlich gut, das wässrige kommt nicht so raus, sie sehen hier zu opak aus. Sie sind auch in keiner Weise gelb, sondern weißlich-hellbraun.


    Im voraus vielen Dank für Eure Antworten!

  • Hallo colorcraze!


    Ich denke, es handelt sich um ein Samthäubchen (Conocybe). Da gibt ´s einige Arten, für die genaue Art-Ermittlung müsste mikroskopiert werden.


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    145-15 (Teilnahme APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (Teilnahme APR 2024) = 133+5 Honorar APR = 138+8 (APR-Treppchenwette 2.Pl.) = 146+4 (APR-Früh-Joker-Bonus 1.Pl.) = 150+15 (Phalprämierung 2. + 5. Pl) = 165


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  • Ich denke, es handelt sich um ein Samthäubchen (Conocybe). Da gibt ´s einige Arten, für die genaue Art-Ermittlung müsste mikroskopiert werden.


    Hallo Ingo, vielen Dank für Deine Antwort, sie hat mir auf jeden Fall weitergeholfen.


    Ich habe jetzt mal eine Weile herumgegoogelt. Zunächst stieß ich auf www.fungiworld.com, wo ein Haufen Conocyben aufgeführt sind. Viele können es schon vom Namen her nicht sein (Schleimiges, Zylinderhütiges, Zerbrechliches, Milchweißes Samthäubchen z.B.). Leider sind nicht zu allen Bildern vorhanden, bei folgenden Arten hätte ich gern die Bilder verglichen:
    Conocybe nigrescens ("schwarzwerdendes Samthäubchen"), Conocybe subpubescens - Langstieliges Samthäubchen, Conocybe velutipes - Gebirgs-Samthäubchen, Erdbraunes Samthäubchen, Conocybe herbarum - Kräuter-Samthäubchen, Conocybe graminis - Dunkles Gras-Samthäubchen, Conocybe fiorii - Dattelbraunes Wurzel-Samthäubchen, Conocybe elegans - Elegantes Samthäubchen und Conocybe echinata - Dunkelscheiteliges Samthäubchen.
    Über www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=139063 stieß ich nun auf ein Bild, das Psathyrella (Faserling) zeigen soll, und die Pilze dort sehen von der Form her sehr ähnlich den unseren aus. Auf den Foto dort ist gut dieses wässrig-durchscheinende wiedergegeben, das mir nicht so gut abzufotografieren gelang.
    Die von Herrn Wilhelm auf der Uni-Seite www.pilze-basel.ch aufgeführten seltenen Psathyrella-Arten sinds jedenfalls nicht, der schwärzlichbraune Faserling ist viel zu dunkel, der Berliner Wildschweinkot-Mürbling ist es auch nicht, denn der ist zu geriffelt.
    Es wird keine seltene Art sein, sondern eine ganz gewöhnliche, nehme ich mal an. - Auf einer Seite wurde gesagt, Pilze in Blumentöpfen kämen öfters vor, gerade diese Arten, und sie verschwänden von selbst, wenn die Pflanze etwas trockener würde. Und Psillocybin sollen sie womöglich auch noch enthalten. Na ja. Ich will sie ja eh nicht essen, eigentlich nur loswerden.


    Frage nach diesem Ritt über den Bodensee:
    Was scheint Dir wahrscheinlicher: Conocybe oder Psathyrella?

  • Hallo colorcraze!


    Psathyrella (Mürbling/Faserling) würde ich der Lamellenfarbe wegen eher ausschließen.
    Der weiß bereifte Stiel, der Habitus und die orangebraunen Lamellen würde für Samthäubchen (Conocybe) sprechen.
    Sich jetzt irgendwo ein passendes Bild zu suchen, ist vergebliche Mühe. Die sehen sich teilweise ziemlich ähnlich. Schätze mal, wenn sich ein Pilzler 5 Jahre lang ununterbrochen nur mit Samthäubchen beschäftigt hat, kann er eine relativ sichere makroskopische Vordiagnose stellen, muss aber sicherlich auch dann noch oft zur Bestätigung mikroskopieren.


    VG Ingo W

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    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    145-15 (Teilnahme APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (Teilnahme APR 2024) = 133+5 Honorar APR = 138+8 (APR-Treppchenwette 2.Pl.) = 146+4 (APR-Früh-Joker-Bonus 1.Pl.) = 150+15 (Phalprämierung 2. + 5. Pl) = 165


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  • Hallo colorcraze,
    interessant, wie du dich da reingekniet hast; Respekt.
    Die höchste Wahrscheinlichkeit haben Conocybe rickenii und fuscimarginata, wobei ich wegen des bräunenden Stiels zu ersterer Art tendiere. Ist aber per Bild schwierig.
    Beste Grüße!
    Andreas

  • Hallo Ingo,



    Psathyrella (Mürbling/Faserling) würde ich der Lamellenfarbe wegen eher ausschließen.
    Der weiß bereifte Stiel, der Habitus und die orangebraunen Lamellen würde für Samthäubchen (Conocybe) sprechen.


    Aha! Ja, ich habe gestern schon gemerkt, daß es eine sehr knifflige Sache ist, die Pilze zu unterscheiden, als ich Kritiken von einem Pilzbestimmungsbuch las. Es reicht ja noch nichtmal, eine Pilzart genau in Worten zu beschreiben, wie sie in jung, mittelalt und alt aussieht, nein, man muß ja auch noch wissen, durch was genau sich sehr ähnlich aussehende Arten unterscheiden.



    Sich jetzt irgendwo ein passendes Bild zu suchen, ist vergebliche Mühe. Die sehen sich teilweise ziemlich ähnlich. Schätze mal, wenn sich ein Pilzler 5 Jahre lang ununterbrochen nur mit Samthäubchen beschäftigt hat, kann er eine relativ sichere makroskopische Vordiagnose stellen, muss aber sicherlich auch dann noch oft zur Bestätigung mikroskopieren.


    Ich hätte noch den "Sporentest" machen können (~herausfinden, welche Farbe die Sporen haben, das ist wohl auch oft ein Unterscheidungsmerkmal), aber davon habe ich leider erst gelesen, als die Pilze schon hinüber waren und länger als 24 h in der Komposttonne.
    Ah ja, "Geruch: pilzig (nasser Waldboden)" hätte ich noch anzubieten.
    Wir kamen sowieso zu spät auf die Idee, im Web jemanden zu fragen, deshalb habe ich auch kein Bild davon, wie sie im Topf neben der Rebe stehen. Falls sie nochmal rauskommen, werde ich mir mal die Pilzbestimmungs-Checkliste von www.pilzfreundetreff.de vornehmen und versuchen auszufüllen.
    Und vielleicht mal die Nachbarin fragen, ob sie ein Mikroskop hat...


    Vielen Dank jedenfalls, jetzt wissen wir wenigstens, was da wächst - bei so unbekanntem Zeugs packt einem ja denn doch mal die Neugier. (Die beiden Eicheln, die uns Vögel in die Blumentöpfe geworfen haben, kannten wir ja - aber bei so manchen zugelaufenen Sachen müssen wir fragen.)


  • Die höchste Wahrscheinlichkeit haben Conocybe rickenii und fuscimarginata, wobei ich wegen des bräunenden Stiels zu ersterer Art tendiere. Ist aber per Bild schwierig.


    Schon, aber Ähnlichkeitsvergleich per Bild hilft schon etwas weiter. Google findet dank deinem Hinweis ein Bild, das den Pilzen wirklich sehr, sehr ähnlich sieht: Conocybe rickenii (J. Schff.) Kühn auf der Seite des belgischen botanischen Gartens.
    Bei der Fuscimarginata siehts leider mau aus mit Bildern, auf einer slowakischen Pilzseite, die Google bei Eingabe von "Conocybe fuscimarginata" findet, wird wohl auch diskutiert, ob das Abgebildete eine Conocybe oder eine Psathyrella sei. Jedenfalls, das Abgebildete ist nicht der Pilz, der bei uns wächst, dazu sieht die Hutkrempe zu anders aus.
    Vielen Dank für Deine Antwort! Ich glaube, jetzt haben wirs:
    - Conocybe rickenii ...
    wies dann weiter gehört, ist aber noch fraglich.
    Die erwähnte Seite des belgischen botanischen Gartens sagt:
    (J. Schff.) Kühn.
    Eine Seite der Uni Rioja (Spanien) schreibt C. rickenii (J. Schaeffer) Kúhner.
    Eine Basler Fundliste schreibt: (Schweff.) Kühn, das Dungliebende Samthäubchen,
    Und eine Schweizer Studienwochenliste (Excel) nennt es Conocybe rickenii (Schaeff.) Kühner - Tonblasses Samethäubchen.


    Ja was nun - dungliebend oder tonblaß? Letzteres fände ich ja treffender, denn SIW haben wir unsere Reben nicht gedüngt. Könnte höchstens die Gartenerde mit Dünger angereichert gewesen sein, was, wenn man einem Gutachten über ein Naturschutzgebiet glaubt, aber nährstoffarme Böden liebende Flora auf Jahrzehnte vertreibt.


    - Also fungiworld fragen:
    Dort gibt es keine Conocybe rickenii, nur eine


    Conocybe siliginea f. rickenii - Dungliebendes Samthäubchen
    (Jul. Schäffer 1930) Arnolds 2003

    • Taxonomie:
      Makr. Einordnung: Blätterpilze
    • Synonyme:
      - Conocybe coprophila (Kühner 1926) Kühner 1935 ss. S. Lundell in S. Lundell & Nannfeldt
      - Conocybe rickenii (Jul. Schäffer 1930) Kühner 1935
      - Galera pygmaeoaffinis (Fries 1857) Quélet 1872 ss. Ricken(3)
      - Galera rickenii Jul. Schäffer 1930(4)
    • Deutsche Namen:
      Dungliebendes Samthäubchen


    Taxonomie scheint wohl ein ziemliches Nebelfeld zu sein.
    Seis drum. Da das Bild vom belgischen botanischen Garten so überzeugend war, denke ich, daß Du mit der Feinbestimmung schon richtig liegst. Vielen Dank jedenfalls für Deine Antwort!


  • korrekt ist Conocybe rickenii (J. SCHÄFF.)KÜHNER.


    Also wohl "Conocybe rickenii, wie von Julius Schäffer und XY Kühner in ihren Standardwerken beschrieben", nehme ich an.
    Es gibt ja auch noch C. rickeniana, habe ich gesehen. Ist das nur ein Synonym oder soll das nochmal was anderes sein?


    Der Deutschname ist nicht wirklich wichtig. Eingebürgert hat sich "Tonblasses Samthäubchen", weil es auch ein "Dung-Samthäubchen (C. fimetaria) gibt.


    Aha. Ich finds aber schon netter, wenn es auch einen deutschen Namen hat - da kann ich mir mehr drunter vorstellen (gestern habe ich zufällig eine Seite gefunden, die nicht nur lateinische und deutsche, sondern auch polnische Pilznamen hat. Find ich prima! Sowas sollte es für alle europäischen Sprachen geben, dann könnte man im Web noch viel mehr finden, denn viele machen doch Fotos und beschreiben die Pilze.)
    Conocybe fimetaria nennt fungiworld Wurzelndes Mist-Samthäubchen. Hm. Mist und Dung sind schon ohne weiteres verwechselbar.
    Tonblasses Samthäubchen gefällt mir besser ;)

  • Hallo colorcraze,
    beschrieben, also quasi getauft, hat Schäffer die Art, aber als Galera rickenii. Kühner hat sie ein paar Jahre später in die Gattung Conocybe verfrachtet. Drum die Klammersache.
    Conocybe rickeniana ist eine andere Art.
    Beste Grüße!
    Andreas


  • beschrieben, also quasi getauft, hat Schäffer die Art, aber als Galera rickenii. Kühner hat sie ein paar Jahre später in die Gattung Conocybe verfrachtet. Drum die Klammersache.
    Conocybe rickeniana ist eine andere Art.


    Du kennst Dich ja richtig gut aus! Langjährige Beschäftigung mit Pilzen oder sind hier auch einige Biologen unterwegs?


    Die Bilder, die ich zu C. rickeniana fand, waren "sehr gemischt". Eins war sicher genau die gleiche Art, wie sie auf der belgischen Seite als C. rickenii angegeben war und wahrscheinlich bei uns im Topf wächst, die anderen zeigten sonstwas.
    Wie sieht C. rickeniana denn aus, und wie heißt es auf Deutsch? Ist es vielleicht gelber? (Bei meinen Bildern ist auf dem ersten ein Gelb/Orangestich, der aber von der Lampe stammt, nicht vom Pilz. Das zweite Foto ist farbgetreuer.)

  • Hallo colorcraze,
    das wird ja ein richtig langer post, und das zu Kleinen Braunen.
    Sooo lange befasse ich mich noch nicht mit Pilzen, und ob studierte Biologen hier unterwegs sind, weiß ich nicht. Aber man kann z. B. im Index Fungorum vieles nachlesen, was die Taxonomie betrifft.
    C. rickeniana kenne ich nicht aus eigener Anschauung. Ist klein, braun und hat einen (frisch) gerieften (besser: gestreiften Hut) und hat deshalb mal den Deutschnamen "Gerieftes Samthäubchen" bekommen. Der Mehrzahl der Conocybe-Arten kommt man sowieso nur mit dem Mikroskop auf die Schliche. Oft auch dann nicht.
    Beste Grüße! Andreas