Riesenschirmlinge aus Sporen

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  • Hallo zusammen,



    ich will mal vom aktuellen Stand meiner Riesenschirmlings-Experimente berichten. Vor einigen Wochen hatte ich über kulturpilz.de • Foren-Übersicht, Pilze - Pilzforum und freesporeprints.org -&nbspInformationen zum Thema freesporeprints. Sporen bekommen, zweimal Parasol (Macrolepiota procera) und einmal Safranschirmling (Chlorophyllum rhacodes). Nochmal vielen Dank an GermanJuggalo, Locke und Fabio!


    Vor genau drei Wochen habe ich dann einen Vorversuch gestartet, um mal zu testen, wie lange die Sporen zum Keimen brauchen und was da sonst noch wächst. Bei Sporen von Wildpilzen weiß man ja nie, was da alles drin ist. Da die Riesenschirmlinge zu den Kompostpilzen zählen, habe ich Pferdemist und Stroh als Substrat gewählt. Getreide war mir wegen der möglichen Kontaminationen zu riskant, ebenso die üblichen Petrischalen mit Kartoffel-Dextrose-Hefe- oder Hundefutter-Agar. Außerdem bevorzuge ich Methoden, die sich ohne allzu großen Aufwand am Küchentisch durchführen lassen.



    Mein Material:
    - Strohpellets
    - Pferdemistpellets
    - Gips
    - 15 Kleine Gläser mit Schraubdeckel
    - Alufolie
    - drei 10ml-Einwegspritzen mit Kanüle, steril verpackt
    - drei Schnapsgläser
    - Skalpell oder Teppichmesser



    Die Vorbereitung:
    Die Gläser wurden zu 2/3 mit feuchtem Substrat befüllt (1 Teil Strohpellets auf 1 Teil Pferdemistpellets und ein klein wenig Gips), Alufolie über die Öffnungen drübergelegt und die Deckel locker drübergeschraubt. Danach wurden sie zusammen mit den Schnapsgläsern 90 Minuten im Dampfdruckkochtopf sterilisiert und durften über Nacht abkühlen.


    Am nächsten Tag ging es dann an die Zubereitung der Sporenspritzen. Zuerst habe ich Leitungswasser 10 Minuten kochen lassen und dann jeweils einen Milliliter in jede der Spritzen gezogen, dazu ebensoviel Luft, damit man später gut schütteln kann. Dann wurde der Kanülenschutz draufgesteckt und ich habe die Spritzen abkühlen lassen. Später habe ich mit dem Skalpell Sporen von den Abdrücken gekratzt und in die Schnapsgläser getan. Die Klinge wurde vorher und zwischendurch über einer Gasflamme bis zur Rotglut erhitzt, damit sie steril ist. Dann mußte ich nur noch die Spritzen nehmen, ein paar Tropfen Wasser auf die Sporen geben, mit der Kanüle verrühren, wieder zurück in die Spritze ziehen, Kanülenschutz aufsetzen und schütteln.


    Zum Beimpfen nimmt man die Deckel von den Gläsern, schüttelt nochmal die Sporenspritze, sticht durch die Alufolie und läßt ein paar Tropfen auf das Substrat fallen. Danach schraubt man den Deckel fest zu.


    Als weiteres Experiment habe ich dann ein paar Strohpellets abgekocht und nach dem Abkühlen noch ein paar Milliliter von dem Sud in die Spritzen gezogen, um zu testen, ob die Sporen auch auf diese Art keimen können.



    Aber zurück zu den Gläsern. Ich hatte von jedem Abdruck fünf Gläser angesetzt. Von einem Parasol keimten die Sporen in allen Gläsern nach 10 bis 14 Tagen. Bei dem anderen Parasol wuchs einmal schon nach fünf Tagen Mycel, wurde aber schnell grün und entsorgt. Nach 16 Tagen wuchs dann Mycel in einem anderen Glas, in den restlichen tut sich bisher noch nichts, beim Safranschirmling auch nicht.


    Vier Tage bevor in den Parasolgläsern Mycel sichtbar wurde, sind die Sporen in den Spritzen gekeimt, es ist jedoch kaum Mycel gewachsen. Nur die Safranschirmling-Spritze ist voller Mycel, dort vermute ich aber Schimmel.



    Hier ein paar Fotos von den Parasolen:


    1091112mpglaeseren1.th.jpg
    Oben links befindet sich ein Parasol aus Stralsund, die anderen sind aus Hessen.


    1091112mpsnah01ey0.th.jpg 1091112mpsnah02ze3.th.jpg
    Der Stralsunder Parasol in Nahaufnahme.


    1091112mphnah01nv7.th.jpg 1091112mphnah02ri5.th.jpg
    Und nochmal ein Hesse.



    Wie erwartet, ähnelt das Parasol-Mycel dem von Champignons.



    Grüße, Carsten

  • Hallo Carsten,


    Respekt, und danke für den anschaulichen Bericht. Eine Frage habe ich noch, was sind eigentlich Strohpellets und Pferdemistpellets? Selber gemacht, oder gibt es so etwas mi Handel?


    Schöne Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,



    schau mal hier: Pellet – Wikipedia
    Die Strohpellets gibt's im Tierbedarf, z.B. als Nagetiereinstreu, die Pferdemistpellets habe ich aus dem Baumarkt, die gab's als Gartendünger. Kann man aber auch bestellen, z.B. hier: Web Site Currently Not Available als gekörnter Pferdemist.


    Pellets werden oft unter hohem Druck und sehr heiß gepreßt. Dadurch sind die Strohpellets fast keimfrei.



    Grüße, Carsten

  • Zeit für ein kleines Update...



    Bei den Safranschirmlingen ist nichts passiert. Da werde ich demnächst nochmal eine Sporenspritze anfertigen müssen...


    Die Parasole wachsen munter vor sich hin, bei 18 bis 19 °C etwa 3 - 4mm pro Tag.


    Bei vier von fünf der hessischen wächst das Mycel wattig und dicht. Ein Glas ist schon durch, die anderen werden in den nächsten Tagen soweit sein. In älterem Mycel entstehen - wie beim Champignon - rhizomorphe Strukturen.
    1091126mphglaeserfm4.th.jpg 1091126mphglaeserhintenzo5.th.jpg
    1091126mphmycelfw1.th.jpg 1091126mphrhizojs2.th.jpg


    Bei den Stralsundern hatte ich vor acht Tagen drei Gläser ohne Mycel nochmal mit der alten Sporenspritze nachbeimpft. Inzwischen ist in allen Mycel sichtbar, in einem sogar schon richtig viel (auf dem Foto das rechte, links das vom ersten Beitrag).
    1091126mpsglaeserac7.th.jpg 1091126mpsmycelxe4.th.jpg


    Nach dem Durchwachsen werde ich die Gläser ein bis zwei Wochen stehen lassen und dann das Mycel weitervermehren.



    Grüße, Carsten

  • Falls es interessiert, nochmal ein Update:



    Die Parasolmycelien leben noch.
    Die Stralsunder haben sich fast alle als Kontis geoutet, bloß eines sieht gut aus, ist aber nicht allein. Hatte versucht, Körnerbrut anzusetzen, da war aber ein Schimmel schneller... Einen Teil davon hatte ich mit körnerfreiem Substrat gemischt, da wächst es aber nur schwach und langsam.
    Die Hessen wachsen besser und bilden immer wieder Rhizomorphen. Als ich die ersten Gläser mit frischem Substrat gemischt hatte, war ich aber zu großzügig. Das viele Substrat wurde nicht komplett bewachsen. Evtl. war da ein schwarzer Schimmel im Spiel, war aber schlecht zu erkennen. Habe diese Stellen später großzügig entfernt. Schon klar, daß man sowas besser komplett entsorgt, ich wollte aber weiter Substrate testen und sie sowieso auswildern, wobei Kontis dann nicht so ins Gewicht fallen. Von den ursprünglichen Gläsern war eh noch was übrig, damit züchte ich jetzt Getreidebrut.


    Als Substrat hatte ich neben Stroh/Pferdemist verschiedene Mischungen von Stroh, Mist, Kompost, Buchen- und Fichtenspänen getestet. Es zeigten sich aber keine erkennbaren Unterschiede. Kompost aus Nadeln, Laub oder Holzresten wäre wohl besser gewesen, war aber leider nicht verfügbar.


    Noch ein paar Fotos:
    111090217mphsubstratgj0.th.jpg 111090217mphsubstratalttn4.th.jpg
    Substratgläser


    111090217mpsreisea4.th.jpg 111090217mphreisfn9.th.jpg
    Getreidebrut



    Grüße, Carsten

  • Noch ein Nachtrag zum Substrat:


    In einer Mischung aus Stroh und Sägespänen mit 10 bis 20% Kompost und ca. 10% Rasensaat wächst das Parasolmycel ganz gut. Eine mehrwöchige Kompostierung dieser Mischung brachte keine Veränderung, erst der Zusatz von Olivenöl (2 - 3 Teelöffel pro Liter) und Hefeextrakt (1TL/l) resultierte in schnellerem und stärkerem Mycelwachstum. Jedoch kam es dabei auch zu vereinzelten Ausfällen durch bakterielle Kontaminationen.


    Grüße, Carsten