Hallo.
Als nächstes ein paar Pilze aus Oberitalien / Südalpen am Lago Maggiore; alle aus einem Seitental zwischen bis zu 2200 Meter hohen Bergen auf Höhen um 500 bis 900 Metern gefunden.
Das Grundgestein in dem Tal ist fast durchgehend Granit, das Milieu daher einigermaßen sauer; die Wälder in der untersuchten Höhenstufe dominiert von Esskastanien, Rotbuchen und Eichen, dazwischen viele Birken, Hasel, Ahorn.
Klimatisch waren zumindest die Norhänge oberhalb von ca. 1200m noch dick eingeschneit.
Guepiniopsis buccina (Schüsselförmiger Haargallertpilz):
An liegendem Laubholzast; einige der Fruchtkörper sind trotz guter Durchfeuchtung ziemlich am Ausblassen, was eventuell nicht nur altersbedingt sein muss, sondern einfach zur Variationsbreite gehört.
Mikroskopisch ein Pilz mit stark gelatinöser Trama, teils "pelzigen" Hyphen und Septen ohne Schnallen.
Die Haare der Außenseite setzen sich zusammen aus Ketten von kugeligen bis keulig aufgeblähten Zellen.
Basidien "stimmgabelförmig" (im Bild nur junge und unreife Basidien eingefangen); Die Sporen sollten normalerweise auch gelegentlich septiert sein, was hier nicht der Fall ist. Vielleicht noch nicht reif genug.
Stereum rugosum (Runzliger Schichtpilz) hat mich mit den komischen, kleinen und wenig zusammenfließenden Fruchtkörpern irritiert. Zudem der auch trotz recht guter Feuchtigkeit nicht richtig erröten wollte, immerhin ein trübes Rotbraun kam heraus.
Zur Strafe musste der mikroskopiert werden:
Sporen waren kaum zu finden, aber die wenigen waren ausreichend groß und schlank elliptisch.
Die rotbraun pigmentierten "Safthyphen" setzen sich im Hymenium als pigmentierte, etwas dickwandige Pseudozystiden fort.
Acanthohyphidien zahlreich vorhanden.
An einem völlig verwitterten Stumpf entweder von Eiche oder von Esskastanie sitzt ein Rudel von Hymenochaete rubiginosa (Umberbraune Borstenscheibe):
An dünnen, liegenden Laubholzzweiglein sitzt Hymenochaete corrugata (Gefelderte Borstenscheibe):
Hymenochaete carpatica soll makroskopisch nahezu identisch sein, hätte aber signifikant größere Basidien und Sporen.
An einem Laubholzstumpf ein wunderbar üppiges Vorkommen von Irpex lacteus (Milchweißer Eggenpilz):
Bei der Wuchsweise und an solchem Substrat sollte man nicht mit Steccherinum oreophilum rechnen, der sich im Grunde aber nur durch vorhandene Schnallen von Irpex lacteus unterscheidet.
Aber Irpex lacteus stellt auch mal Fallen. Also nicht alles, was auf den ersten Blick wie eine Schnalle aussieht, ist auch eine.
Generative Hyphen im Subhymenium mit einfachen Septen (ohne Schnallen):
In den Kästchen oben rechts und links: Eine verzweigung der Hyphe direkt an einer Septierung. Die abzweigende Hyphe macht eine Kurve und taucht dann unter die erste Hyphe ab. Sowas sieht durchaus erstmal nach Schnalle aus, da muss man also genauer hingucken. Zumal die Schnallen bei S. oreophilum schwer zu sehen sein sollen.
Kürzlich schon vorgestellt, aber eben erneut gefunden und untersucht wäre Sistotremastrum niveocremeum (Cremeweißer Trugschütterzahn):
An liegendem Laubholzast bei Dauerregen sitzt Terana caerulea (Blauer Rindenpilz):
Der hat sich farblich ans Wetter angepasst und erscheint hier mal in "taubenblau" bis gräulich-grau.
Ob's an den fehlenden Dendrohyphidien liegt, die in dieser Kollektion nicht ausgebildet sind?
Was auf dem Mikrobild grün ist, muss man sich blau vorstellen. Mikroskopiert wurde in KOH, darin reagiert der blaue Farbstoff grün. In Wasser wäre alles, was auf dem Bild grün ist, dann natürlich blau. Bis auf die bräunlichen hyphen im Subikulum, die bleiben bräunlich.
In bester Erntehöhe an einem Birkenstamm (ein dankbarer, beherzter Tritt und ab ist das Ding) sitzt ein ordentlicher Brocken der Anamorphe von Inonotus obliquus (Chaga, Schiefer Schillerporling):
Wat nu?
Mikroskopisch hat das Inonotus - artige Hyphen und Konidien. Recht unspektakulär.
Irgendwie sollte ich das Ding nun putzen (schwarze Außenschicht weg) und dann zerhächseln und dann als Pulver in Gläschen verpacken?
Boah, was für ein Stress.
An einem noch stehenden, toten Haselstämmchen findet sich mit Trechispora candidissima (weißflauschiger Stachelsporling, deutscher Name eben selbst erfunden) ein besonders hübsches Pilzchen:
Was allerdings auch eine ziemlich schwer zu bestimmende Art ist.
Also mal angenommen, man findet mal heraus, daß das in die Gattung Trechsipora gehört, dann geht man auf Franks Seite zu den >Downloads<, klickt auf "die Gattung Trechispora" und zerbricht sich die nächsten Stunden den Kopf über diverse Kristallformen, Hyphenbreiten und die Frage, wo hier das Hymenium beginnt und das Subikulum endet.
Antwort auf die letzte frage: Das Hymenium sitzt da, wo Hyphen Kontakt mit Umgebungsluft haben. Ein Subhymenium wird quasi nicht ausgebildet. Das Subikulum sitzt nur unter den fertilen Bereichen, darum funktioniert es nicht, wenn man die Hyphenbreiten in den Rhizomorphen oder den wattigen Mycelfäden messen will (da komme ich nur auf bis zu 4 µm, septennahe verbreiterungen natürlich ausgenommen). 6 µm breite erreichen die Hyphen tatsächlich nur im Subikulum.
Die Kristalle lassen sich allerdings gut in den Rhizomorphen beobachten. Und da gibt es zwei Typen, was erstmal verwirrend ist. Die Hyphen sind fast durchgehend inkrustiert mit kleinen, anfangs stäbchenförmigen, dann zu dickeren Konglomeraten zusammenklumpenden Kristallen. Die sind aber - so wie ich das verstehe - nicht bestimmungsrelevant. Im Subikulum und den Rhizomorphen finden sich zwischen den Hyphen zusätzlich noch größere bipyramidale Kristalle, und die sind gesucht. Allerdings sind die nicht einfach zu finden.
Sporen dürften klar sein (siehe Bild), Skeletthyphen fehlen, Schnallen vorhanden, keine zystidenartigen (dickwandigen), inkrustierten Elemente, die ins Hymenium ragen.
Uff.
Vergesellschaftet übrigens am selben Haselstrauch mit Plicatura crispa (Krauser Adernzähling), der wiederum vergesellschaftet ist mit ziemlich eingetrockneten Fruchtkörpern von Tectella patellaris (Klebriger Schleierseitling):
Die Kombination Plicatura crispa / Tectella patellaris finde ich bei mir in der Ecke auch auffallend oft, aber im nördlichen Oberrheingebiet vorwiegend an Kirsche (Prunus sp.) statt an Hasel (Corylus).
Als weiteren Beifang ein paar Haselsträucher weiter gibt's noch diverse Vorkommen von Encoelia furfuracea (Hasel - Kleiebecherling):
Und weil's einfach hübsch aussieht, noch ein Stilleben von Pycnoporus cinnabarinus (Zinnoberporling) und Trametes hirsuta (Striegelige Tramete) an liegendem Esskastanienstamm:
LG, Pablo.