Rindenpilz auf Fichte

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.990 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo zusammen


    Vom 27.2.16 habe ich noch einen Rindenpilz auf einer Fichtenrinde übrig, den ich nicht bestimmt bekomme.
    Hier sind die Bilder:
    1.


    2.


    3.


    4.


    Dann gab es oft Verdickung der Hyphen (Bild 5 und 6).
    5.


    6.


    7.


    Ich habe auch probiert etwas von der Unterseite des Pilzes abzuschneiden, aber der Pilz ist wie gummi und es hat nicht geklappt :/


    VG : Thorben

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Thorben!


    Solche an den Septen angeschwollenen Hyphen kommen zB bei Trechispora oder Sistotrema vor.
    Bei glattsporigen und monomitischen Arten gibt es aber nach dem Schlüssel bei Frank nur welche mit entweder glattem oder mit odontoidem Hymenophor (>Trechispora kavinioides<). Das sollte es also nicht sein.
    Bei Sistotrema wäre >Sistotrema muscicola< wohl die beste Option. Dann müsstest du aber Basidien mit mehr als 4 Sterigmen finden.
    Was hier irritiert, sind die Strukturen auf dem letzten Bild (in KGR), die wie Zystiden oder Zystidiolen aussehen. Das würde zu keiner der beiden Optionen passen.


    Schick den ruhig mal mit, der sieht interessant aus.
    Kann aber auch sein, daß da nur eben wieder Schizopora radula raus kommt.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo


    Zitat


    Schick den ruhig mal mit, der sieht interessant aus.


    Alles klar, wenn ich es schaffe schicke ich die Pilze morgen los :)


    VG : Thorben

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Thorben!


    Die Proben sind wohlbehalten eingetroffen.
    Der hier gezeigte Pilz an Fichte ist Schizopora radula:

    Allerdings hat der offenbar irgendein Problem.
    Diese angeschwollenen Hyphen sind mir auch aufgefallen, diese Anschwellungen sehe ich aber nicht nur an den Septen.
    Zudem sind da auch etliche Fremdsporen unterwegs. ich sehe mindestens zwei Typen von Konidiosporen: Zum einen die bräunlichen, runden, die du oben auch zeigst, und dann noch welche, die den echten Sporen von Schizopora paradoxa sogar recht ähnlich sehen. Etwas kleiner, etwas anders geformt und anderer Inhalt.
    Die Basidiosporen sind eher rar, auch Basidien sind wenige intakte zu sehen.
    Bei den vorhandenen Sporen, die ich dem Rindenpilz zuordnen kann, messe ich 4-5x3 (+/- 0,2) µm.
    Was reichlich aber nicht überreichlich zu finden ist, sind kopfige Elemente und spindelige bis irregulär - spindelig verwachsene Zystidiolen. Diese Zystidiolen hast du lang ausgewachsen auch auf deinem letzten Bild oben. Sowas kann zB bei Döschenhaltung passieren.
    Hier mal zusammengestellt: links oben eine Basidie und eine Basidiole, links unten ein paar Sporen, ansonsten kopfige Hyphenenden und Zystidiolen.


    Wichtig sind die Hyphen, soweit sie halt nicht deformiert sind.
    Was auffällt, sind bis in die Porenränder durchlaufende, skeletoide (also dickwandige) Hyphen. Dort werden sie an den Enden dünnwandig und bilden eine sterile Oberfläche aus Hyphenenden zusammen mit inkrustierten Enden von normalen (dünnwandigen) generativen Hyphen.
    (oben).

    Warum nun aber skeletoid und nicht echte Skeletthyphen?
    Das ist oft und gerade bei Schizopora nicht leicht zu sehen. Was man sucht, sind möglichst gerade durchlaufende, möglichst dickwandige Hyphen. und bei denen sucht man nach Septierungen (in diesem Fall gut zu sehen, weil mit Schnallen). Die Septen musst du nicht an jeder dickwandigen Hyphe finden, aber man sollte den richtigen hyphentyp im Auge haben und da dann schon einige Septen sehen.
    Das sieht dann so aus wie im unteren Teil des oben stehenden Bildes.
    Die Hyphen werden gerne zu den Septen hin etwas dünnwandiger, gehen manchmal an der Septe auch in richtige generative Hyphen über.


    Zur Bestimmung: Makroskopisch ähnilche Fruchtkörper gibt es in einigen gattungen.
    Ceriporia fällt aus, da gibt es keine Schnallen.
    Ceriporiopsis hat Schnallen, aber da laufen keine solchen dickwandigen Hyphen vom Subikulum bis zu den Porenmündungen durch. Skeletocutis hat echte Skeletthysphen, die Sporen sehen zudem ganz anders aus. Sidera siehe Skeletocutis. Junghuhnia gehört zu Steccherinum, hat also echte Skeletthyphen und auch diese dick inkrustierten, ins Hymenium aufsteigenden Hyphenenden. Oxyporus hat keine Schnalllen und dafür inkrustierte echte Zystiden.


    In der Gattung hat Schizopora paradoxa eine andere Ausprägung des Hymeniums, etwas größere Sporen, weniger kopfige Elemente und extrem dickwandige (volle, ohne Lumen) dickwandige Hyphen im Subikulum.
    Schizopora flavipora hat noch etwas feinere Poren, ist farblich etwas anders und hat noch kleinere Sporen (nicht bis 5 µm wie hier).


    Der Pilz aus >dem anderen Thema<:

    ist auch Schizopora radula. Ich messe da bei den Sporen nur Längen bis knapp über 5 µm, also maximal vielleicht 5,1 oder 5,2.
    Habe ich aber jetzt keine Dokumentation zusammengebastelt.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo


    Erst einmal viele dank für das anschauen und bestimmen :)
    Ich hätte den wahrscheinlich nie bestimmen können.
    Aber das beide S. radula zeigen 8| , dass hätte ich jetzt nicht gedacht.


    Zitat


    Allerdings hat der offenbar irgendein Problem.


    Diese angeschwollenen Hyphen sind mir auch aufgefallen, diese Anschwellungen sehe ich aber nicht nur an den Septen.
    Zudem sind da auch etliche Fremdsporen unterwegs. ich sehe mindestens zwei Typen von Konidiosporen: Zum einen die bräunlichen, runden, die du oben auch zeigst, und dann noch welche, die den echten Sporen von Schizopora paradoxa sogar recht ähnlich sehen. Etwas kleiner, etwas anders geformt und anderer Inhalt.


    Vielleicht liegt das auch an der Döschenhaltung ;)
    Aber das nächste mal werde ich die Proben direkt trocknen, doch fürs erste werde ich einen riesen Bogen um diese Pilze machen.
    Die sind doch noch viel zu schwer für mich :cursing: oder ich verstehe die Pilze einfach viel zu schlecht, vielleicht ein schwer zu verstehender Dialekt :/
    Naja egal, sobald ich wieder neuen Mut getankt und eventuell Literatur besorgt habe, dann probiere ich es auf ein neues.


    VG : Thorben

  • Hallo,


    mich interessiert es jedenfalls, von Thorben's Rindenpilzen mit Mikrobildern sowie Pablo's Bestimmung zu lesen.


    Mich hat ja auch die Neugier bei den Rindenpilzen ein wenig gepackt. Staune, ja beneide fast schon, wie zielsicher Pablo durch die Gattungen hüpft. Auch wenn ich mir eine sichere Bestimmung so schnell nicht zutraue, so interessiert mich auf jeden Fall, mal die mikroskopischen Merkmale erkennen zu lernen (z.B. monomitisch, dimitisch, skeletoid etc. pp).
    Motiviert dich das nicht auch, Thorben ?
    Als mögliche Einstiegsliteratur nenne ich hier nochmal, Corticiaceae of North Europe siehe http://www.mykoweb.com/systematics/literature, auch wenn es nicht Pablos bevorzugtes Werk ist, dafür gratis.


    Wenn der Pilz wie Gummi ist und sich nicht gut schneiden läßt, dann entnehme ich erst ein größeres Stückchen, lege es auf ein Holzbrettchen, träufle KOH 3% drauf, warte 5-10 min und mach mit einer Rasierklinge unter der Lupe Mikrogulasch daraus. Diese Ministückchen kann ich nach der KOH-Behandlung dann meist auch quetschen.
    Quetschen versuche ich mit der Skalpellspitze, ohne Wasser, sonst weichen die Stückchen aus, oder ich versuche mit der Präpariernadel wie mit einem Nudelholz drüberzurollen und die Stückchen auszuwalzen. Erst dann Wasser und Deckglas.


    Gruß
    Günter




    Grüße
    Günter

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Thorben & Günter!


    Nein, daß der schwer zu untersuchen war, lag eben daran, daß der irgendwie befallen war.
    Das hatte nichts bzw. wenig mit der Döschenhaltung zu tun.
    Persönlich finde ich übrigens Schizopora ziemlich fies zu präparieren. Im vergleich zu anderen Gattungen ist die Konsistenz schon sehr wiederspenstig. Dazu muss man auch noch recht genau auf eher schwierige merkmale achten (wie eben dieses hyphengedöns). Insofern ist es auch kein Wunder, daß du da Schwierigkeiten in der Deutung hattest, Thorben. Es gibt andere Rindenpilze, die viel besser zu präparieren und auch viel einfacher zu "lesen" sind.
    Schwierigkeit ist immer relativ, würde ich sagen. Oder anders ausgedrückt:
    Ich habe mal sagen hören, es gäbe sogar Leute, die Täublinge bestimmen können! 8|
    Oder andere, die in der Lage sind, Telamonien zu unterscheiden. 8|
    Sogar soll es Menschen geben, die in der Lage sind, Pyrenomyceten zu erkennen. 8|
    Und ganz ausgefallen: Anamorphen! 8|
    Soll heißen: Das ist wohl immer eine Frage, in welchem Bereich man sich gerade bevorzugt bewegt. Die Anzahl an untersuchten Funden bestimmt die Erfahrung. Je mehr, desto leichter wird's. Wenn man in einen Bereich einsteigt, ist es am Anfang immer schwer und bessert sich dann langsam, so wie man mehr und mehr einen Überblick gewinnt.


    Überschätzt mich mal nicht. Momentan faszinieren die mich einfach, die Krusten. So langsam wird es dann auch leichter mit dem Einschätzen der Merkmale und den Bestimmungen. Da ich die meisten Arten aber noch zu finden habe, sind immer Neufunde dabei und da sitze ich dann auch recht lange dran. Manche sind dann auch für mich nicht bestimmbar oder bleiben irgendwie unsicher. Jedenfalls habe ich in dem Bereich selbst noch viel zu lernen.


    Ein kleiner Hinweis zur Präparation:
    Wenn es mir um isolierte Strukturen geht, dann mache ich das ähnlich, Günter. Also wenn ich zB nur Basidien sehen will.
    Um den Aufbau eines Pilzes zu beobachten, ist die Vorgehensweise natürlich eher ungünstig.
    Wenn ein Pilz zu gummiartig ist, dann trockne ich den. Getrocknet lassen sich sogar Trameten präparieren. ;)
    Auch in einem sehr dünnen Schnitt sieht man die feinen Strukturen möglicherweise nicht, aber man macht sich mal ein Bild vom Aufbau. Anschließend kann man das selbe präparat ja immer weiter quetschen (und zerschieben), um einzelne Kleinstrukturen sichtbar zu machen.



    LG, Pablo.

  • Hallo Günter


    Zitat


    Mich hat ja auch die Neugier bei den Rindenpilzen ein wenig gepackt. Staune, ja beneide fast schon, wie zielsicher Pablo durch die Gattungen hüpft. Auch wenn ich mir eine sichere Bestimmung so schnell nicht zutraue, so interessiert mich auf jeden Fall, mal die mikroskopischen Merkmale erkennen zu lernen (z.B. monomitisch, dimitisch, skeletoid etc. pp).
    Motiviert dich das nicht auch, Thorben ?


    Interessant finde ich das schon und bin auch beeindruckt wie gut Pablo das macht, aber momentan mache ich keine Rindenpilz suche.
    Mal schauen, sollte mir aber ein interessanter Rindenpilz "über dem Weg laufen", werde ich ihn mitnehmen.


    Zitat


    Als mögliche Einstiegsliteratur nenne ich hier nochmal, Corticiaceae of North Europe siehe http://www.mykoweb.com/systematics/literature, auch wenn es nicht Pablos bevorzugtes Werk ist, dafür gratis.


    Klasse, danke für den Link :)
    Ich habe mir gleich mal einiges runtergeladen.


    VG : Thorben

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Nochmal zu "Corticiaceae of Northern Europe":
    Das Werk ist brilliant. :thumbup:
    Der einzige Grund, warum ich mehr mit Bernicchia (Corticiaceae s.l. in Fungi Europaei) arbeite, ist, daß das ein wenig aktueller ist und mehr Arten aus allen Klimazonen Europas behandelt.
    Allerdings wird bei der Bestimmung von Neufunden eigentlich eh immer beides konsultiert und verglichen.



    LG, Pablo.