Hallo Leute,
was für ein bescheuerter Betreff. Aber egal - nachdem bei uns fast ein Jahr lang mykologisch nahezu Totalausfall herrschte, möchte ich mich auch mal wieder beitragstechnisch hier austoben. 'Weiss gar nicht mehr so richtig, wie das noch ging.
Im Oderland - will heissen, der Region an der polnischen Grenze, ca. 60 Kilometer gen Ost vom wiederum östlichen Berliner Stadtrand entfernt befinden sich einige Orte, die in den meisten Gegenden, ausserhalb der neuen Bundesländer, nicht sehr geläufig sein dürften. Frankfurt/Oder zum Beispiel und unweit davon Müllrose, in deren Umgebung ich mich hin und wieder in meiner Freizeit herum treibe. Dort ist es mitunter auch klimatologisch völlig anders als in vielen anderen Regionen unseres doch recht ausgedehnten Heimatlandes. Kontinetaler halt. Mit wärmeren - trockneren Sommern und auch meist kälteren Wintern.
Zum Glück gibt es sowohl in Frankfurt/Oder als auch in Müllrose private Wetterstationen, die per Internet permanent erreichbar sind. Auf den entsprechenden Seiten kann man, neben aktuellen Temperaturen, auch Bodenfeuchtewerte und verschiedene Mittelfristdaten einsehen.
Zum Beispiel die Kältesumme des verflossenen Winters, die bei etwa 85 Punkten liegt. Da der vergangene Winter landesweit als einer der mildesten der vergangenen Jahre gilt, ein stattlicher Wert. Zur Erinnerung - der durchschschittliche Winter liegt per Definition zwischen 100 und 200 Punkten Kältesumme. Hierzulande dürften nur wenige Stationen, im Flachland wohlgemerkt, höhere Werte gemessen haben. Wenn überhaupt - dann in Richtung Uckermark bzw. Oderhaff.
Der Indikator für den nachhaltigen Start der Frühjahrsvegetation ist das Erreichen der 200 Punkte Marke bei der Grünlandtemperatursumme. Wer mehr darüber wissen möchte - google weiss es. Auf jeden Fall wurde an beiden Messstationen am 26.03.2016 - also am Ostersamstag - diese Marke erreicht. An dieser Stelle lasse ich mal ein paar Bilder folgen, damit ihr wisst, was das vegetationstechnisch und eventuell auch mykologisch für Folgen hat.
Man mag es kaum glauben, aber:
Schneeglöckchen zum Beispiel dürften in den meisten Regionen seit Monaten Geschichte sein.
Die Krokusse waren eben erblüht und gaben erstes Futter für die Hummeln.
Haselsträucher verblühten im Rheinland bereits im Januar - bei uns waren sie zu Ostern noch "online".
Da wir hier ein Fachforum für Mykologie sind: seit mehreren Jahren fällt auch der Start der Spitzmorcheln (M. elata!!!) ziemlich genau mit dem Erreichen der 200 Punkte-Marke zusammen. Die entdeckten Exemplare standen gewiss noch keine 5 Tage dort. Sehr zaghaft stießen sie durch das Kiefernstreu.
Minimorchel
Ich denke, dass sich die Morcheln bei der aktuellen Witterung gut weiter entwickeln werden, so dass ich am nächsten Wochenende den Korb mitnehmen kann.
Im Wald gibt es neben den aktuellen, vegetativen Ereignissen noch andere bemerkenswerte Sachen zu entdecken.
Hier scheint es so, dass der Waldbewirtschafter nicht so ganz zufrieden mit seiner Baumschule war. Evetuell wollte er gar keine Espen anbauen. Anders kann ich mir das jedenfalls nicht erklären.
Warum in den vergangenen Wochen (im November waren die noch nicht da) derartige Schneisen durch diese Kiefernwälder gezogen wurden, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären. Sowas habe ich noch nie zuvor gesehen.
Allerdings konnte ich in diesem Zusammenhang eine Beobachtung machen, die eine meiner wichtigsten Fragen der vergangenen Jahre beantwortet. Warum wachsen ausgerechnet in diesen Kiefernwäldern Spitzmorcheln?
Vielleicht könnt ihr es auf dem Bild erkennen. Überall in diesen Furchen wurde der blanke Kalk hochgewühlt. Die Oberfläche der Böden ist stocksauer.
Knapp unterhalb scheint es aber intensive Kalkschichten zu geben. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre wird im nächsten Frühjahr möglicherweise, an den Rändern dieser Schneisen und wohl auch mittendrin, eine Morchelinvasion drohen, die seinesgleichen sucht. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus - oder auch nur große Morcheln - wenn man so will.
Gruß Ingo