Entoloma vernum mit Fragen

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.573 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Harald Andres Schmid.

  • Hallo, zusammen,


    Wir haben uns in der Mikroskopgruppe
    gestern Sonntag einen Nachmittag Zeit genommen,
    eine Nolanea genauer und detailliert anzuschauen.


    Da tauchen natürlich Fragen auf.
    Wir haben deutliche Abweichungen zu den Angaben in der Literatur.
    Hat jemand mirkoskopische Erfahrungen mit der Art?


    1. Schnallen:
    Wir haben in der Huthaut keine Schnallen,
    in den Tramahyphen in fünf Präparaten 1 (!) Schnalle gefunden.
    Laut Ludwig sind Schnallen
    "im Hymenium reichlich, andernorts selten oder fehlend".
    In Grosspilze Baden-Württembergs, Band 4, schlüsselt sich der Pilz
    in Schlüsselschritt 19, S. 146 pauschal "mit Schnallen".


    Pigment der Huthaut:
    Wir haben nur spärlich intrazelluläres Pigment gefunden.
    Laut Literatur sollten die Hyphen inkrustiert sein.
    Grosspilze Baden-Württembergs, Schlüsselschritt 13, S. 146:
    "Pigment inkrustiert, manchmal zusätzlich auch intrazellulär".
    Ludwig: "Pigment in der HDS deutlich inkrustierend".
    Funga nordica: "Pigment incrusting, sometimes in addition intracellular".
    Gröger: 4a, S. 525: "Hh-Pigment inkrustierend, daneben meist noch intrazellulär."


    Hutfarbe:
    Siehe Abbildung.
    Längere Zeit gründlich befeuchtet ist der Hut kastanienbraun.
    Funga nordica: "Cap dark brown to almost black"
    (Hut dunkelbraun bis fast schwarz).
    Grosspilze Baden-Württembergs, 33, S. 147:
    "Hut braun bis dunkelbraun".


    Es war für die Mitglieder der Mik-Gruppe so nicht ganz einfach,
    den Pilz ohne Anleitung und Hilfe zu schlüsseln.
    Sie schafften es sofort mit "Gröger", da dort die Frage
    nach den Schnallen entfällt, und die Frage nach den
    Huthautpigmenten erst im letzten Schlüsselschritt auftaucht.


    Ich freue mich, wenn jemand etwas dazu sagen mag.


    Hier noch die vollständigen Ergebnisse unserer mikr. Untersuchung:


    Huthaut mit spärlichem, intrazellulärem Pigment, ohne Schnallen,
    Sporen im Schnitt 11 Tausendstel, heterodiametrisch, Q = 1.4,
    mit 5-7 ausgeprägten Ecken,
    Tramahyphen lang, bis 600, mit schlanken Enden,
    Septen ohne Schnallen (1 Ausnahme),
    Basidien 4-Sporig,
    Kaulozystiden an der Stielspitze zylindrisch, einige schwach keulig.
    Cheilozystiden keine gefunden


    Lieben Gruss, Harald Andres


    Entoloma vernum - Lundell - Gefurchtstieliger Frühlings-Glöckling

  • Hallo Harald Andres


    Du führst ja mehr Argumnte gegen E. vernum auf, als dafür :).


    Ihr habt wegen des Vorkommens im Frühjahr in Teilschlüssel g gesucht und seid über 4a und 5b zu E. vernum gelangt. Unter 4a steht aber Pigment inkrustierend und hinzu kommt, das E. vernum zumindest frisch viel dunkler ist. Bei solchen Widersprüchen, muss man auch mal den alternativen Weg gehen und gelangt unschwer zu Teilschlüssel i


    LG Karl


    PS. Eine harte Trennung im Schlüssel über die Erscheinungszeit ist aber auch echt Scheiße. Ein wirklich ärgerlicher Schlüsselfehler.

  • Hallo, zusammen,


    Gerhard Wölfel hat sich per Mail gemeldet.
    Hier (mit seiner Zustimmung)
    seine Einschätzung des Fundes:


    Hallo,


    Vor Jahren habe ich mich intensiv mit dem Formenkreis um Entoloma vernum beschäftigt. Wenn man in dies Gruppe einsteigt, meint man E. vernum in mindestens drei Arten aufteilen zu können. Genaue Standortbeobachtungen usw. belegen aber im Laufe der Zeit dass es sich um nur eine, sehr plastische Art handelt. Eine Ausnahme bildet vielleicht Entoloma proterum. Ihr Fund kommt dem sehr nahe wie in der Literatur diese Art beschrieben wurde. Ob dies allerdings - trotz anderer Pigmentierung und anderer Sporenform - wirklich eine gute Art ist, müssen wohl erst DNA-Untersuchungen klären. Ich habe da inzwischen so meine Zweifel.


    Hinsichtlich der Schnallenverhältnisse gilt für viele Arten der Untergattung Nolanea der Hinweis aufs Hymenium.; d.h. nur in der Fruchtschicht sind vereinzelt Schnallen zu finden, niemals in der Huthaut!


    Hoffe ich habe Ihnen etwas weiter geholfen.


    Mit herzlichem Gruß


    Gerhard Wölfel
    [hr]
    Hallo, Karl,


    Danke!
    Andreas Gminder hat sich im Forum gemeldet, und zieht die Bestimmung ebenfalls in Zweifel.
    Er schlägt E. cuneatum vor.
    Interessant: Du hast recht, mit dem Schlüsselweg mit der Huthautpigmentierung.
    Man gerät aber gleich ins nächste Problem:
    Die Schnallen in der Lamellentrama.
    Das passt dann wieder nicht.
    Bin mal gespannt.
    Lieben Gruss, Harald Andres


  • Man gerät aber gleich ins nächste Problem:
    Die Schnallen in der Lamellentrama.
    Das passt dann wieder nicht.
    Bin mal gespannt.


    Hallo Harald Andres


    In der Gattung Entoloma und besonders in der UG Nolanea wird oft pauschal angegeben mit Schnallen; Schnallen nur im Hymenium; Schnallen im Hymenium häufig sonst überall selten. In solchen Fällen sucht man auch an den Tramhyphen oft vergeblich. Die besten Aussichten hat man an der Basis junger, noch nicht entwickelter Basidien (Basidiolen). An reifen Basidien sucht man meist vergeblich.


    Hier am Beispiel von Entoloma pallescens


    LG Karl


  • Hallo, Karl,
    Danke!
    Ich bin tatsächlich gewohnt, Schnallen in den Tramahyphen zu suchen, nicht an den Basidiolen.
    Ist halt auch einfacher zu präparieren und aufzuspüren
    (ich warte immer noch, dass jemand für die Basalschnallen einen besseren Tipp hat als bloss:
    "Ganz, gaaaaanz wenig Material und queeeetschen!") :)
    Doch wenn wir weitergeschlüsselt hätten, wären wir darauf gestossen:
    Gröger schreibt in Teilschlüssel i ja tatsächlich (1a/1b):
    Bas-Basen ohne/mit Schnallen.
    Das hätten wir dann natürlich noch angeschaut.
    Scheint, wir haben an unserem fröhlich durchgearbeiteten Sonntagnachmiitag
    sauberer mikroskopiert als geschlüsselt...
    Klassischer Fehler:
    Man landet beim Schlüsseln bei einem Pilz, das Bild im Ludwig scheint zu passen,
    und man versäumt, die Bestimmung weiter abzusichern,
    beziehungsweise, zu versuchen, sie selbst zu widerlegen.
    (Ich dachte, über das Stadium sei ich hinaus...) :rolleyes:


    Dank Dir ganz herzlich!
    Harald Andres

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Harald Andres!


    Das Wesentliche haben ja nun die Rötlingskenner schon beigetragen.
    Zum Abrunden kann ich noch eine Kurzdoku eines Fundes von letzer Woche zeigen; leider nur ein Eizelfruchtkörper aber an bekanntem Standort (vielleicht ja nur ein Kundschafter).


    oben HDS, mitte Lamellenschneide, unten Stielcortex:

    Hier finde ich das inkrustierte Pigment schon sehr deutlich.
    Schnallen gab es auch da nur subbasidial, in allen anderen Geweben fehlten die. Um das sichtbar zu machen, hätte ich aber nochmal ordentlich anfärben und Quetschen müssen und dann in Öl ein paar Bilder machen.
    Sieht so aus wie bei Karls Beispiel zu sehen.



    LG, Pablo.


  • Hallo, Pablo,
    Danke!
    (Wenn Ihr so weiter macht, werd ich öfter in diesem Forum hier etwas posten (handfeste Drohung!). :)


    Deine Mikrobilder sind klar.
    Die Hutdeckschicht hatte keine Spur von solchen Ikrustierungen.
    Wir setzen uns am Mittwoch nochmals zusammen,
    werden den Pilz nochmals vornehmen,
    vor allem was die Basalschnallen betrifft und dann... ?


    Der von Andreas Gminder vorgeschlagene E. cuneatum
    hat im Schlüssel von Gröger doch eine gewisse Logik,
    vor allem die hellere Papille, die beim Aufnehmen deutlich sichtbar war.


    Was denkt Ihr über seine Kritik betr. die Zusammenlegung der Arten:


    "ich glaube kaum dass das E. vernum ist - weder Statur noch Farbe passen. Ich halte das für E. cuneatum, oder eine nah verwandte Art die leider oft alle unter E. cetratum subsummiert werden - zu Unrecht meiner Meinung nach."


    Lieben Gruss, Harald Andres


    Die

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Harald Andres!


    Zu den Arten im Entoloma - cetratum - Komplex kann ich mangels untersuchter Funde nichts beitragen.
    Die Diskussion würde ich lieber den Leuten überlassen, die da besser eingearbeitet sind.


    (Wenn Ihr so weiter macht, werd ich öfter in diesem Forum hier etwas posten (handfeste Drohung!). :)


    Solche Drohungen lese ich sehr gerne! ;)



    LG; pablo.

  • Hallo,


    Herr Gerhard Wölfel hat mich gebeten, ein Sporenfoto einzustellen.


    Wir haben die Pilze im Kühlschrank gehätschelt
    (sie haben sich erstaunlich gehalten)
    und sie uns Mittwoch Abend nochmals vorgenommen.


    Schnallen:
    An Basidiolen tatsächlich zu finden.


    Farbe Hut:
    Angetrocknet im Kühlschrank noch blasser strohfarbener geworden.


    Erneutes gründliches Befeuchten eines Hutes:
    Noch weniger nachgedunkelt als letztes Mal,
    Ich würde es diesmal als sattbraun bezeichnen,
    ohne die rötliche Komponente,
    auf keinen Fall als ausgeprägt dunkelbraun.
    (wobei: der Pilz ist seit Samstag im Kühlschrank!)


    Die Sporen: