Das Lebermoos - Nabelings - Paradoxon

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 2.505 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, ForumsFreunde!


    Da hatte doch kürzlich der Torsten am lebermoos unter seinen Rosenbüschen ganz hübsche orangene Nabelinge gefunden.
    >Siehe hier<
    Wir hatten noch ein wenig gefachsimpelt, daß die nun nicht mehr Omphalina sondern Loreleia heißen, und daß es da mit postii und marchantiae zwei Arten gibt.


    Jedenfalls hat Torsten mir eine probe zukommen lassen, und seitdem grüble ich daran herum, warum das nun wieder so uneindeutig ist.
    Weil: Eigentlich sollte das ganz einfach sein:
    HDS - Hyphen mit inkrustiertem Pigment ---> Loreleia marchantiae
    HDS - Hyphen ohne inkrustiertes Pigment ---> Loreleia postii


    Es könnte so einfach sein.
    Ist es aber anscheinend nicht.
    Zum untersuchten Fund kommen wir gleich, erstmal die Frage zur Literatur:
    Der oben erwähnten Unterscheidung wiederspricht nämlich Funga Nordica: Dort ist es genau umgekehrt, was die Pigmentierung angeht.
    Erhard Ludwig erwähnt erstmal bei keiner der beiden Arten inkrustiertes Pigment, erwähnt aber, daß Gulden bei ihren Funden von O. postii durchaus inkrustiertes Pigment beobachtet hat.
    Lehnt sich Funga Nordica hier eventuell an die Beobachtungen von Gulden an?


    Jedenfalls:
    Alleine das Feststellen, wie das Pigment vorliegt, ist gar nicht so einfach.
    Wenn ich in KOH mikroskopiere, sind die Hyphen definitiv glatt.
    Erst als ich mal probeweise ein paar Präparate in Wasser quellen lassen und mikroskopiert habe, ist da ein sehr feines, inkrustiertes Pigment erkennbar.


    Hier mal die Bilder zum untersuchten Fund:


    Basidien viersporig, Sporen sehr variabel (aber mit typischer Nabelingsform), alle Septen ohne Schnallen.


    Huthaut in KOH eingeweicht, mit Kongo angefärbt, alle Hyphen glatt:

    In Huttrama vereinzelt oleifere Hyphen vorhanden


    Hutquerschnitt, Trama mit einigen "Blumenkohl - Kristallen", HDS Hyphen in Wasser, Bilder unten mitte und rechts mit Kongo gefärbt, ansonsten ohne Chemie.

    Bilder werden beim Anklicken größer.


    Die Frage ist nun: Welcher Literatur vertraue ich?
    Und reicht das aus, um das vorliegende Pigment als inkrustiert zu bewerten?
    Bei einem Rötling würde ich sagen: Ja, ist inkrustiert.


    Und dann passt es nicht mehr zusammen, auch mit den makroskopischen Trennmerkmalen, die Ludwig hervorhebt: Lamellen gegabelt, entfernt, dicklich bei O. marchantiae; untermischt, schmaler, dichter stehend bei O. postii.
    Im Exsikat sind hier ziemlich entfernt stehende, dickliche Lamellen vorhanden, die regelmäßig mit lameletten untermischt sind. Gabelungen keine.


    Hat jemand vielelicht noch eine Idee, zur weiteren Literatur?
    Gibt es zu den orangenen nabelingen an lebermossen irgendwelche Fachartikel (Sprache egal) auch neueren Datums?
    Das würde mich tatsächlich interessieren, wie sich das nun verhält...



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    tja da ist guter Rat teuer. Ich hab keine Idee. Das einzige, was ich dir raten kann, dass du eine schöne Dokumentation gemacht hat, die dir bei zukünftiger Bestimmung, bzw. beim eventuellen Vorlegen des Beleges bei einem Experten schon mal gut verwenden kannst.


    Ein andere Möglichkeit: Du machst ne neue Art draus. :giggle: :evil: Das haben auch schon ganz andere fertig gebracht, wenn die nicht weiter wussten. :saint: *Ironiemodus aus*


    l.g.
    Stefan

  • 8| Oha....da hab ich ja nen dollen Pilz im Garten 8| Mensch Pablo...so viel Mühe :thumbup: Danke schön :)


    Was ich in der Hinsicht noch anbringen kann ist das diese Rosen in Deutschland zumindest sehr selten sind...Sie werde hier noch sehr wenig verkauft bzw sind allgemein nicht sehr verbreitet..das liegt z.T. daran das diese Rosenart noch nicht lange in der Zucht ist...das sind sogenannte Hulthemia Hybriden und kommen ursprünglich aus den trocken Gebirgsregionen des Irans und der Türkei..allerdings sind die Rosen,glaube ich zumindest, Importe aus England gewesen..

  • Hallo Pablo,




    Weil: Eigentlich sollte das ganz einfach sein:
    HDS - Hyphen mit inkrustiertem Pigment ---> Loreleia marchantiae
    HDS - Hyphen ohne inkrustiertes Pigment ---> Loreleia postii


    habe ebens in der FN, 2nd ed. (Knudsen & Vesterholt 2012) nachgeschlagen.
    In den Beschreibungen wird wie folgt differenziert:


    L. postii

    • Trama ohne ölhaltige Hyphen
    • Pigment inkrustierend, parietal und intrazellulär


    L. marchantiae

    • Trama mit ölhaltigen Hyphen
    • Pigment parietal, nicht inkrustierend


    Ich hoffe, das hilft Dir weiter.


    Nachtrag: Hierzu fehlen mir zwar die Erfahrungswerte, aber eine mögliche Inkrustierung der Hyphen würde ich sicherheitshalber nur bei einem Präparat in Wasser untersuchen, nicht dass es sich durch das KOH auflöst.


    Gruß, Andreas

    Einmal editiert, zuletzt von Gelöschter Nutzer ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    Gut. Dann kann man die glatten Hyphen in KOH ignorieren, in Wasser sind sie ja fein inkrustiert. :thumbup:
    Das Problem bei mir ist eben durch das Schlüsseln mit Funga Nordica zustande gekommen. Oder umgekehrt: Durch das Nachlesen in den Großpilzen BWs. Denn dort führt inkrustiertes HDS - Pigment zu O. marchantiae, steht also im Wiederspruch zu FN.
    Und im Grunde auch zu Ludwig.


    Leider habe ich momentan keinen Gröger I da, wo die beiden Arten auch geschlüsselt sein sollten.
    Hat da jemand Lust, kurz nachzugucken?
    Wenn es hlat wiedersprüchliche Angaben in zwei Schlüsselwerken gibt fällt es so ohne weitere Erfahrung nicht leicht zu beurteilen, was nun richtig wäre.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    Gröger bietet eine ganz neue Option an. Danach haben beide kein inkrustiertes Pigment. Der unterscheidet hauptsächlich nach dichtstehenden Lamellen, Hutfarbe, Kerbung des Hutrandes und Basidienmaßen :cursing: Super. Jedes Buch sagt was anderes.


    Nach Gröger würde der Pilz L. marchantiae heißen; wenig Lamellen hat er und (mehr oder minder) lebhaft Orange-Färbung gestehe ich dem einfach mal zu. ;)


    l.g.
    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stefan!


    Also hier mal ein Fall, in dem Gröger und Ludwig ungefähr das Gleiche sagen.
    Wie oben erwähnt findet sich im Ludwig auch erstmal kein Hinweis auf inkrustiertes Pigment bei beiden Arten, nur in einer Fußnote der Hinweis auf Guldens Aufsammlungen.


    Ich kann mich hier nicht guten Gewissens nach den lamellen richten, denn auch da geht was durcheinander:
    Die Lamellen stehen eher entfernt, sind aber mit Lameletten untermischt und nicht gegabelt.
    Den Hutrand kann ich am Exsikat nicht beurteilen.
    Die Basidienlängen kann ich nochmal nachmessen, aber es würde mich nicht überraschen, wenn das nach Gröger im bereich für beide Arten liegt.


    Momentan frage ich mich ernsthaft, ob es da überhaupt etwas zu trennen gibt...



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,



    Leider habe ich momentan keinen Gröger I da, wo die beiden Arten auch geschlüsselt sein sollten.
    Hat da jemand Lust, kurz nachzugucken?


    Gröger (2006) unterscheidet die beiden Arten in seinem Schlüsselwerk wie folgt:



    Gruß, Andreas

    Einmal editiert, zuletzt von Gelöschter Nutzer ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Andreas!


    Nochmals Danke! :thumbup:
    Also wenn ich diesem Schlüssel folge (Basidien muss ich noch messen) dann komme ich zu O. marchantiae.
    Berücksichtige ich das Pigment, komme ich nach FungaNordica zu O. postii, nach GPBWs zu O. marchantiae.
    Nach Ludwig würde ich ebenfalls eher zu O. marchantiae tendieren, da auch hier vorwiegend makroskopische merkmale den Ausschlag geben. Aber auch bei den makroskopischen Merkmalen scheint je nach Autor die Gewichtung etwas anders zu sein.


    Immerhin fürchte ich inzwischen, daß es nicht bestimmungsrelevant ist, wie das HDS - Pigment vorliegt.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    im Zweifelsfall sollte man der Summe der Merkmale den Vorzug geben.
    Konkret würde ich hier auch zu Loreleia marchantiae tendieren.


    Edit: Vermisst Du die Basidien noch?


    Gruß, Andreas



    PS: Auch in Bestimmungswerken können sich Fehler einschleichen oder anders ausgedrückt: Wo gehobelt wird, fallen Späne. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Gelöschter Nutzer ()

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Genau darauf wird es hinauslaufen.
    In dem Fall würde ich eben dazuschreiben "sensu Autor xy", dann ist das auch kein Problem, wenn es zu einer späteren bearbeitung kommt.
    Und klar: Perfektion wird es nie geben. Das lassen sie gar nicht zu, unsere variablen kleinen Freunde. :)


    Die Basidienmaße ermittle ich trotzdem noch. Es kann ja nicht schaden.



    LG; pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Also, die Basidien in KOH 3%, gemessen wurden nur vermutet ausgereifte Basidien (idealerweise mit Sterigmen, die aber natürlich nicht mitgemessen).

    in der Länge 25 - 35 µm
    in der Breite (apikal, breiteste Stelle) 6,5 - 8(9) µm


    Also ungefähr wie befürchtet: Bedeutet einen Wiederspruch nun auch im Gröger - Schlüssel (Basidiengröße fürht zu O. postii, weitere Merkmale zu O. marchantiae).


    Nun bleibe ich vorerst mal bei "Loreleia spec.", mit etwas Zeit in der nächsten Woche mache ich mich mal auf die Suche nach etwas tiefer gehender Literatur.
    Idealerweise hat ja schon mal jemand ein paar Kollektionen von beiden "Arten" untersucht und sequenziert und sich dabei auch die Typusbelege mal vorgenommen und sequenziert...



    LG, Pablo.