14.11.2015: Eine Spätherbst-Tour erster Klasse - Teil 1

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.797 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • [font="Arial"]Bericht vom 14.11.2015:
    Eine Spätherbst-Tour erster Klasse
    - Teil 1
    [/font]
    [font="Arial"]Liebe Schwammer-Freunde,
    an diesem Tag war ich und Matthias mal wieder unterwegs. Wir wählten ein Mischwald-Gebiet aus und wurden nicht enttäuscht.
    Sehr viele interessante Fund warteten auf uns.
    Aber seht selbst...

    Wegen der Menge müssen wir diesen Bericht diesmal auf 3 Teile aufteilen.

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    [font="Arial"]Teil 2 findet Ihr hier
    Teil 3 findet Ihr hier


    Wir schreiben den Bericht wieder zusammen.
    Wie immer: Meine Texte sind schwarz, Matthias' Texte sind grün. ;)
    Meine Bilder sind mit einem schwarzen
    ☻, Matthias' Bilder sind mit einem grünen☻gekennzeichnet.
    Einige Bestimmungen sind noch in Arbeit. Diese ergänzen wir später noch, falls wir noch dazu kommen.

    [/font]
    [font="Arial"]Bevor wir los zogen hatte ich noch ein paar Minuten zeit und schaute bei Matthias um die Ecke auf einem uns bekannten Magerrasen ganz schnell was sich finden ließ...
    Es ging los mit schmackhaften Orangefarbenen Wiesen-Ellerlingen (Cuphophyllus pratensis):

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Ein Helmling folgte...

    Fundort:
    ca. 550 müNN. ca. N50, O12, auf Rasen bei Weide, Hainbuche, Ahorn, Pflaume, Blasenspiere,
    Gemeine Trauben-Kirsche, Felsenbirne und Riesen-Lebensbaum
    Fundzeit: 14.11.2015
    Wuchsform: vereinzelt
    Hutform:
    stumpfkegelig
    Huthaut: braun, grau bereift, deutlich bereift
    Hygrophanität: ja
    Hutrand: kantig
    Lamellen: grau, mit Zwischenlamellen, mit deutlichen Queradern, bogenförmig
    Lamellenschneiden:
    weiß

    Lamellen - Hutübergang:
    angeheftet
    Stiel: braun, nach unten hin dunkler werdend, hohl, bereift
    Stielbasis:
    normal
    Fleisch: ohne Besonderheiten
    Größe:
    Hutdurchmesser ca. 1-2 cm, Stiellänge ca. 5-6 cm, Stieldurchmesser ca. 1,5 mm
    Sporenpulverfarbe: nicht getestet
    Geruch: stark nitrös
    Geschmack: nicht probiert

    [/font]
    [font="Arial"]Das ist wahrscheinlich der Grauer Nitrathelmling (Mycena leptocephala) - muss aber noch mikroskopisch bestätigt werden.
    Mycena latifolia wäre ja auch möglich.

    ☻
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    [font="Arial"]
    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Der nächste zunächst unspektakulär aussehende Täublings-Fund entpuppte sich als sehr spannend... und letztlich als schwieriger, aber nicht unlösbarer Fall.
    [/font]
    [font="Arial"]Makrodaten:
    Fundort:
    ca. 550 müNN. ca. N50, O12, auf Rasen bei Weide, Hainbuche, Ahorn, Pflaume, Blasenspiere,
    Gemeine Trauben-Kirsche, Felsenbirne und Riesen-Lebensbaum
    Fundzeit: 14.11.2015

    Wuchsform: paarweise
    Hutform:
    abgeflacht
    , Mitte vertieft
    Huthaut-Konsitenz: glatt
    Huthaut-Farbe:
    weinrot
    , nach außen hin heller werdend
    Huthaut-Abziehbarkeit: vollständig abziehbar
    Fleischfarbe unter Huthaut: rosa
    Hut-Fraßstellen-Rand-Verfärbung: keine
    Hutrand: leicht gerieft
    Lamellen:
    weiß, queradrig, Zwischenlamellen
    Lamellensprödigkeit: nicht getestet
    Lamellenschneiden: glatt (also nicht gesägt)

    Lamellen-Hutübergang:
    gerade angewachsen, leicht herablaufend

    Stiel: weiß
    , runzelig, zusammendrückbar, wattig ausgestopft, dick im Vergleich zum Hut
    Stielbasis: gelblich
    , rund
    Fleisch: weiß
    , alles sehr zerbrechlich
    Größe: Hutdurchmesser ca. 5 cm; Stiellänge 7 cm, Stieldurchmesser ca. 15 mm
    Sporenpulverfarbe:
    Pantone 7506U = ████ - das ist keine Romagnesi-Farbe. Am ehesten passt IIb nach Romagnesi nach Direktvergleich des Pulvers mit der Romagnesi-Tabelle
    Geruch: vergessen zu testen
    Geschmack:
    scharf
    [/font]
    [font="Arial"]Es kamen mehrere Täublinge in Betracht.
    Ich musste zwingend mikroskopieren.

    Mikrodaten:

    [/font]
    [font="Arial"]Sporen:
    (5.8) 6.2 - 7.4 (7.8) x (4.4) 4.7 - 5.6 (6.1) µm
    Q = (1.2) 1.23 - 1.4 (1.5) ; N = 68
    Me = 6.7 x 5.2 µm ; Qe = 1.3

    [/font]
    [font="Arial"]Warzen bis 0,7 µm
    Ornament: Typ B2 nach Woo (wenige Verbindungen, mittelhohe Warzen)
    Apikulus ca. 1,5 µm lang
    Hilarleck: nicht erkennbar

    [/font]
    [font="Arial"]
    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Basidien:
    4-sporig
    31.1 - 35.6 x 9.25 - 9.36 µm
    Q = 3.32 - 3.85 ; N = 2
    Me = 33.4 x 9.3 µm ; Qe = 3.6
    Sterigmen: 5-7 µm

    [/font]
    [font="Arial"]Cheilos und Pleuros:
    40.3 - 49.4 x 9.3 - 11 µm
    Q = 4.2 - 5 ; N = 9
    Me = 45.7 x 10 µm ; Qe = 4.6
    appendikuliert
    [/font]
    [font="Arial"]Epikutis-Hyphen / -Enden:
    septiert, gegabelt, im Schnitt Ø 2,6 µm
    [/font]
    [font="Arial"]Pileozystiden:
    nicht bis wenig (1-2) septiert, mit Inkrustationen(?).
    Durchmesser:
    4.6 - 6.37 µm
    N = 5
    Me = 5.4 µm
    Längen: nicht ermittelbar –“ aber wohl länger als 100 µm

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Folgende Täublinge folgende in die nähere Auswahl:
    [/font]
    [font="Arial"]Beim Grünvioletten Täubling (Russula violacea) passt die Hutfarbe, Begleitbäume, Huthaut-Abziehbarkeit, die Farbe unter der Huthaut, Stielform, Lamellen-Stielübergang, die normale Schärfe (also nicht brennend), das zerbrechliche Fleisch und das nicht verfärbende Fleisch nicht.
    Mikroskopisch passt er auch nicht.
    Ähnliches trifft für die Verwechslungspartner von Russula violacea - also Russula clariana und Russula pelargonia zu.
    Diese "Gruppe" scheidet also aus.

    [/font]
    [font="Arial"]Bei Russula exalbicans passt die Färbung, Huthaut-Abziehbarkeit, der Lamellenstand und das nicht grauende Fleisch nicht.
    Mikroskopisch passt sie auch (z. B. Sporen müsste 8-10 µm lang sein) nicht und scheidet damit aus.

    [/font]
    [font="Arial"]Bei Russula emetica passt die Färbung, die Sporenpulver-Farbe, die normale Schärfe (also nicht brennend), die nicht bauchigen Lamellen und der der Lamellenstand nicht. Ähnliches gilt für die Verwechslungspartnerin Russula nana.
    Mikroskopisch passt sie auch (z. B. Sporen müsste 7,4-10 µm lang sein) nicht und scheidet damit aus.

    [/font]
    [font="Arial"]Bei Russula longipes passt die Sporenpulver-Farbe, Begleitbäume (Nadelholz), die normale Schärfe (also nicht brennend), Huthaut-Abziehbarkeit und die nicht bauchigen Lamellen nicht. Mikroskopisch passt sie auch nicht. Auch sie scheidet aus.
    [/font]
    [font="Arial"]Bei Russula gracillima passt die Färbung, Huthaut-Abziehbarkeit und der Stieldurchmesser nicht. Mikroskopisch passt er recht gut, mit Ausnahme der Zystidenlängen. Ähnliches gilt für Verwechslungspartnerin Russula betularum.
    Bei Russula fragilis passt einiges mehr, jedoch die Sporenpulver-Farbe, die Schärfe und der Stieldurchmesser nicht.
    Außerdem passt sie mikroskopisch gar nicht. Auch diese "Gruppe" scheidet aus.

    [/font]
    [font="Arial"]Bei Russula ionochlora passt die Färbung, Huthaut-Abziehbarkeit sporen, Farbe unter Huthaut, die Schärfe und der Lamellenstand nicht.
    Mikroskopisch fällt sie wegen dem Sporenornament auch raus.

    Beim Lackierten Täubling (Russula laccata) wäre der Stiel etwas zu dick und die Sporen zu klein. Außerdem wird der Fortsatz bei den Zystiden nirgends genannt. Ansonsten würde er super passen, scheidet aber dann doch einfach wegen der Sporengröße aus.

    ABER: Bei Russula atrorubens passt zwar die Huthaut-Abziehbarkeit und die Begleitbäume nicht.
    Sie passte mikroskopisch jedoch sehr gut, sodass ich keinen Zweifel mehr hatte. "Er wird sich wohl einen anderen Baum als Partner genommen haben." dachte ich mir.
    Und so fand ich die Lösung für das Problem - nach längerer Suche: Atrorubens kann laut Neuhoff und Heinemann Salix begleiten. Und Favre fand sie in den Alpen unter Koniferen.
    Und was stand neben meinem Pilz? Eine Konifere und Salix auch. ;)
    Interessant: Koniferen werden überhaupt nirgends in "normalen Schlüsseln" als Russula-Begleitbäume genannt...

    Es ist also der Schwarzrote Spei-Täubling (Russula atrorubens):

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Das war's dann schon auf der Wiese - weiter ging es mit Matthias zusammen...
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    [font="Arial"]Erster Fund: Kugelsporiges Stummelfüßchen (Crepidotus cesatii) - sehr wahrscheinlich - muss auch noch kurz unter's Mikroskop:

    ☻
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    [font="Arial"]
    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Der Veränderliche Spaltporling (Schizopora paradoxa) zeigte die Zähne:

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    [/font]
    [font="Arial"]Sehr winzige Blatthelmlinge (Mycena capillaris) - Hut-Durchmesser nur ca. 2 mm:

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Weiter ging es mit dem Flaumigen Zwergseitling (Resupinatus applicatus):

    [/font]
    [font="Arial"]☻[/font]




    [font="Arial"]
    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Der Milde Zwergknäueling (Panellus mitis) - immer schön:

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Auch der Ohrlöffelstacheling (Auriscalpium vulgare) war wieder da:

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Ist das nicht toll:

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Der Fransige Wollrindenpilz (Amphinema byssoides):

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Mattias konnte den nächsten sofort bestimmen:
    Eine ziemlich häufige Art, der man auch in knallorange begegnen kann. Das Grün an der Oberfläche kommt von Algen.
    Der
    Fleischgraue Knorpelporling (Skeletocutis amorpha):

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Überall in großen Mengen: Lärchen-Haarbecherchen (Lachnelulla occidentalis):

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Der dritte Helmling heute war der Fleischbräunliche Helmling (Mycena metata).
    Eine sehr häufige Helmlingsart und durch die etwas fleischfarbene Färbung auch makroskopisch klar. Die Erscheinungszeit beschränkt sich meist erst auf den späten Herbst:

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Ein schon etwas älteres Exemplar vom Grubenlorchel (Helvella lacunosa):

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Und schon wieder ein wunderschöner Helmling. Diesmal der Rotschneidige Helmling (Mycena rubromarginata).
    Ihre wahre Schönheit ist erst bei starker Vergrößerung sichtbar. Dennoch sind die roten Schneiden auch mit bloßem Auge klar zu sehen:

    ☻
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    [font="Arial"]Zur abwechslung mal ein Schüppling - hier der Tonweiße Schüppling (Pholiota lenta):

    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Der nächste verbreitete einen Geruch... ;) au weia!
    Natürlich der Gurkenschnitzling (Macrocystidia cucumis):


    ☻
    [/font]
    [font="Arial"]Bei diesen schönen Exemplaren des Herben Zwergknäuelings (Panellus stipticus) machten wir ein paar mehr Bilder:

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    [/font]
    [font="Arial"]Weiter zum Teil 2[/font]

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, dieter!


    Wow, eure Bilder und Fundnotizen werden immer noch besser, kaum zu glauben, wie das auf dem Niveau noch möglich ist.
    Ein wenig mit Kritik rumnerven kann ich dennoch:
    Die vermeintliche "Schizopora paradoxa" ist wohl keine. makroskopisch sieht das viel mehr aus wie eine Mycoacia, eventuell auch Basidioradulum oder Radulomyces. Um eine mikroskopische Betrachtung kommst du da nicht herum.
    Auch bei der vermuteten Mycena capillaris würde ich ein ganz dickes Fragezeichen hinstellen. Ganz so winzig sind die normalerweise nicht, das Substrat sollte etwas frischer sein (noch nicht modrig geschwärzt wie hier), der Habitus ist etwas anders und die Stiele nicht so hyalin.
    "Amphinema byssoides" glaube ich auch nicht, makroskopisch kenne ich den in einigen Nuancen anders. Allerdings gibt es da so viele ählinche Arten aus unterschiedlichen Gattungen, ohne mikroskopische Untersuchung sind in dem Bereich keine Bestimmungen möglich.
    "Fleischgrauer Knorpelporling": Gut, daß da Skeletokutis amorpha dabei steht. ;) Klar, Tippfehler passieren. Skeletocutis amorpha ist richtig, aber das ist der Orangene Knorpelporling, der Fleischgraue ist Skeletocutis carneogrisea.



    LG, Pablo.

  • Huhu Dieter, und Matthias,




    ich bin von den Socken. Soooo genaue Bilder klasse. Wißt Ihr..........mir sind gerade die Worte abhanden gekommen, so toll ist das für mich.




    Liebe Grüße





    Heidi

    Jeder Tag an dem Du nicht gelacht hast, ist ein verlorener Tag.
    Auch von mir gibt es keine Essensfreigabe.



    100 Chips, da Islandwette verloren = 95 Chips
    95-2 Chips für Jan-Arnes Rätsel = 93 Chips
    93-5 Chips für Grünis Grauen Wulstling= 88 Chips
    88-10 Chips für APR 2017 = 78
    78 + 10 (APR 2017 als erste über die Hälfte der Gesamtpunkte gekommen) = 88

    88-3 Chipse für OPR = 85

    85 - 10 Chips für APR 2018 = 75

    75 + 5 fürs APR = 80

    80 -10 Chipse für APR 2019 = 70 Chipse

    70 +5 Apr 2019 = 75


    Keine Veröffentlichung ohne mein Einverständnis!!!!!!


  • Wow, eure Bilder und Fundnotizen werden immer noch besser, kaum zu glauben, wie das auf dem Niveau noch möglich ist.


    Danke danke - aber die Ehre gilt Matthias, da ich eher noch fast auf Anfänger-Niveau bin.



    Die vermeintliche "Schizopora paradoxa" ist wohl keine. makroskopisch sieht das viel mehr aus wie eine Mycoacia, eventuell auch Basidioradulum oder Radulomyces. Um eine mikroskopische Betrachtung kommst du da nicht herum.


    OK, danke für den Hinweis - weiß jetzt gerade nicht ob Matthias den mikroskopiert hat.
    Hier wird Matthias bestimmt noch was sagen können.



    Auch bei der vermuteten Mycena capillaris würde ich ein ganz dickes Fragezeichen hinstellen. Ganz so winzig sind die normalerweise nicht, das Substrat sollte etwas frischer sein (noch nicht modrig geschwärzt wie hier), der Habitus ist etwas anders und die Stiele nicht so hyalin.


    Hier mal das komplette Blatt:

    Den habe ich aber leider nicht mitgenommen.
    Werde ich mal als unbekannte Art ablegen.



    "Amphinema byssoides" glaube ich auch nicht, makroskopisch kenne ich den in einigen Nuancen anders. Allerdings gibt es da so viele ählinche Arten aus unterschiedlichen Gattungen, ohne mikroskopische Untersuchung sind in dem Bereich keine Bestimmungen möglich.


    Da warten wir auf Matthias.



    "Fleischgrauer Knorpelporling": Gut, daß da Skeletokutis amorpha dabei steht. ;) Klar, Tippfehler passieren. Skeletocutis amorpha ist richtig, aber das ist der Orangene Knorpelporling, der Fleischgraue ist Skeletocutis carneogrisea.


    Ohhh, ja - sorry...
    Hab ich in meiner Datenbank korrigert.
    Beste Grüße
    Dieter

  • Hallo Dieter,


    erst einmal ganz großes Lob für eure große Bestimmungsarbeit und dafür, dass ihr hier immer wieder Zeug zum Betrachten und auch Diskutieren einstellt. Besonders toll finde ich auch, dass ihr euch auch immer traut, nach dem Bestimmen konkrete Namen zu veröffentlichen - ich kenne einige, die das nicht wagen.


    Dennoch möchte ich mir erlauben, eure Russula atrorubens anzuzweifeln. Es gibt mMn einfach zu viel, was nicht zu R. atrorubens passt. R. atrorubens gehört im weiteren Sinne zu den Speitäublingen, deren makroskopische Kennzeichen (neben der Schärfe und Brüchigkeit des Fleisches) in erster Linie das weiße Sporenpulver (maximal 1b, also viel blasser als die von dir angegebene Farbe, die in der Tat mindestens 2b darstellt) und die reinweißen (nicht wie von dir gezeigt wachsgelblichen) Lamellen und Stieloberfläche bilden. Insbesondere im Unterschied zur gilbenden R. fragilis weist die Stielbasis auch nie gelbe Flecken so wie bei euerem Exemplar auf. Dazu kommen noch die angegebenen Begleitbäume (welchen der vielen soll man sich denn eigentlich heraussuchen? bilden die alle Mykorrhiza?), bei denen überraschenderweise die Fichte als Hauptmykorrhizapartner fehlt. Ich kenne R. atrorubens als Pilz der feuchten moosigen, gerne torfmoosigen Fichtenwälder großer Höhenlage, wie sie z. B. im Schwarzwald oder im Fichtelgebirge vorkommen. Daher kommt mir auch das angegebene Habitat (Rasen) seltsam vor.


    Leider habe ich bei der von dir dargestellten Merkmalskombination keine spontane Idee, was in Frage kommen könnte, insbesondere das von dir als mittel creme angegebene Sporenpulver killt sozusagen jede plausible Idee (etwa Russula atropurpurea oder vielleicht auch noch fragilis, die mMn rein optisch in Frage kämen). Scharfe violette Täublinge haben entweder deutlich helleres oder deutlich dunkleres Sporenpulver.


    FG
    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Hallo Öhrling,
    danke für Deine wertvollen Hinweise.
    Ich habe das mit dem Sporenpulver gesehen. Da das Sporenpulver keine Romagnesi-Farbe hat war dieses Merkmal für mich nicht eindeutig. Ich lasse in solchen Fällen eine Abweichung nach oben und unten von lockeren 2 Romagnesi-Schritten zu.
    Werde heute abend mal nachsehen ob ich den Pantone-Abgleich noch auf Bilder habe.
    Begleitbäume: Das sind die die in der Nähe des Pilzes standen. Das Wurzelwerk wurde nicht untersucht - somit kann ich den echten Partner nicht nennen.
    Habitat: Sollte passen laut Favre - also wir sind ja hier im Fichtelgebirge und die Konifere war ja da.
    Genau so wie Dir ging es mir - keine weitere Idee. Ich kann nur noch eine ausländische oder unbeschriebene Art vermuten.
    Darf ich dir das Sporenpulver und den Pilz schicken?
    Zum Sequenzieren ist das Material zu wenig. Da müssten wir bis November warten. Aber diesen werde ich nicht aufgeben.
    Beste Grüße
    Dieter

  • Hallo zusammen,


    zunächst mal ein Dank an alle für das Lob ebenso wie für Kritik.


    zur "Schizopora" kann ich nur sagen, dass es wohl wirklich keine ist. Aber da ich die Art nicht genauer untersucht habe, wird der unbenannt bleiben müssen.


    Die Amphinema dagegen hatte ich kurz zur Kontrolle unterm Mikro und auch bei nur kurzer Untersuchung kommt mit den typischen Zystiden ja nichts anderes in Frage.


    Zur Mycena: Soweit ich mich erinnere hatte ich vor Ort keine Zweifel an capillaris. Allerdings war es noch ein junges Exemplar, das sich zu mikroskopieren wohl nicht wirklich gelohnt hätte. Als Alternative käme noch M. polyadelpha in Frage, die gelegentlich auch an Buchenblättern wächst. Bislang war hier alles, was ich an kleinen weißen Helmis Buchenlaub unterm Mikro hatte capillaris, aber ganz auszuschließen wäre polyadelpha in der Tat nicht.


    Bei Täublingen bin ich raus, da kennst Du Dich ja mittlerweile sehr viel besser aus als ich, Dieter. ;)
    Edit: Warst ja schon schneller als ich mit dem Antworten. ;)


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Mreul ()

  • Darf ich dir das Sporenpulver und den Pilz schicken?


    Das wäre zu viel Aufwand. Wenn du das Sporenpulver noch hast, fotografiere es doch einfach (unbedingt bei Tageslicht!) und stelle das Foto ein, dann kann ich mir ein Bild machen. Und mikroskopiert hast du den Pilz schon, was soll da bei mir anderes rauskommen. Das Problem liegt ja nicht in der Merkmalserhebung, die ist (wie eigentlich immer bei euch :thumbup: ) vollständig, sondern in der Interpretation der Merkmale.
    FG
    Oehrling
    [hr]
    Hallo Dieter,
    ich habe ihn gefunden! Es handelt sich um den Pilz, der in Großpilze Baden-Württembergs Band 2 auf S. 551 Russula olivaceoviolascens genannt wird. Die dortige Beschreibung passt bestens auf deinen Fund, v. a. wird die Möglichkeit des cremefarbenen Sporenpulvers genannt, was meine Bedenken auflöst. Ob man den mit R. atrorubens synonymisieren kann oder nicht, wie es a.a.O. gemacht wird, ist eine taxonomische und damit akademische Frage, für die ich mich nicht kompetent fühle. Aber genau das ist der gesuchte Pilz, da bin ich mir sicher. Insofern hattest du mit R. atrorubens recht.
    FG
    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Schade, dann muss der Zähnchenpilz wohl ungeklärt bleiben.
    Bei der Amphinema, da meinst du sicher diese Zystiden, Matthias?

    Also weit aus dem Hymenium ragend, dünnwandig, septiert mit großen Schnallen und zumindest apikal pp fein inkrustiert?
    Das wäre dann schon ein wesentlicher Punkt. Ein Blick auf die Sporen kann nicht schaden, daß das von Form und Größe auch etwa passt, aber so viele Pilzchen mit solchen auffälligen Septozystiden gibt es ja nun auch wieder nicht.


    Was mir so eingefallen wäre aus Hyphodontia, Hyphoderma & co sollte zumindest wohl keine haben.



    LG, Pablo.


  • Hallo Dieter,
    ich habe ihn gefunden! Es handelt sich um den Pilz, der in Großpilze Baden-Württembergs Band 2 auf S. 551 Russula olivaceoviolascens genannt wird. Die dortige Beschreibung passt bestens auf deinen Fund, v. a. wird die Möglichkeit des cremefarbenen Sporenpulvers genannt, was meine Bedenken auflöst. Ob man den mit R. atrorubens synonymisieren kann oder nicht, wie es a.a.O. gemacht wird, ist eine taxonomische und damit akademische Frage, für die ich mich nicht kompetent fühle. Aber genau das ist der gesuchte Pilz, da bin ich mir sicher. Insofern hattest du mit R. atrorubens recht.
    FG
    Oehrling


    Hallo Öhrling,
    Ohhhh diese Seite kenne ich bestens ;) Ich habe sie hin und her gekaut und kenne die Thematik mit olivaceoviolascens - Verwechslung mit Russula laccata usw und die "Auflösung" des Problems aus Spanien dazu (sorry gerade nicht im Büro - kann nicht nachschauen nach der Quelle).
    Olivaceoviolascens gibt es für mich deshalb nicht mehr. Olivaceoviolascens ist laccata oder atrorubens. Da es laccata (das war meine erste Vermutung) nicht sein kann wegen der Sporengröße musste es atrorubens sein. Ja, ich weiß Sporenpulver atrorubens wird von den verschiedenen Autoren unterschiedlich beschrieben was den Romagnesi-Wert angeht. Dass sich die Autoren hart taten ein Pulver welches keine Romagnesi-Farbe hat einer Romagnesi-Farbe zuzweisen kann ich nachvollziehen.
    EDIT: Hab ich vergessen: Sporenpulver fotografieren ist nicht besonders genau. Genau und vergleichbar ist der Pantone-Wert. Du kannst also den Pantone-Schlüssel direkt neben die Romagnesi-Tafel legen, was aber eben kein Ergebnis bringen wird.
    Beste Grüße
    Dieter

  • Hallo Dieter,


    wie immer eine sehr sehr schöne Dokumentation deiner Fund. Da kann ich echt noch ne Menge von lernen. Ich bin da eher etwas chaotischer und vergesse bei der Beschreibung oft wichtige Details :rolleyes:
    Teil 2 und 3 schaue ich mir gleich auch noch an... :)


    Herzliche Grüße,
    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen

  • Hallo Pablo,


    Zitat von Beorn


    Bei der Amphinema, da meinst du sicher diese Zystiden, Matthias?


    Also weit aus dem Hymenium ragend, dünnwandig, septiert mit großen Schnallen und zumindest apikal pp fein inkrustiert?
    Das wäre dann schon ein wesentlicher Punkt. Ein Blick auf die Sporen kann nicht schaden, daß das von Form und Größe auch etwa passt, aber so viele Pilzchen mit solchen auffälligen Septozystiden gibt es ja nun auch wieder nicht.


    ganz genau die meine ich. Diesmal hab ich davon aber keine Bilder mehr angefertigt, da ich die Art schon x-fach hatte. Die Sporen habe ich zwar nicht mehr extra vermessen, aber wenn da irgendwas nicht auf Amphinema gepasst hätte, wäre das sicher aufgefallen.


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Matthias!


    Dann wird's wohl passen. :thumbup:
    Bei solchen Pilzen bin ich generell mißtrauisch, einfach weil Mikrokopie so wichtig ist. Selbst Coniophora arida kann mal so aussehen, aber das ist ja beim ersten Blick durchs Mikro geklärt. Klar muss man die Sporen in dem Fall nicht ausmessen, man sieht ja mit etwas Erfahrung, ob's von der Größe und der Form her passt.
    Eigentlich fasziniert mich auch eben das an all den Krusten, die makroskopischen Variationsbreiten der einzelnen Arten, die Ähnlichkeiten, dann das Betrachten der Mikromerkmale...
    ... und dann freut man sich, wenn ein makroskopischer Arbeitstitel bestätigt wird. Oder ist überrascht, wenn was ganz anderes raus kommt.
    Das Schöne an dem Bereich ist aber auch, daß vieles gut erschlossen ist und man mit geeigneter Literatur schon sehr viel rausbekommt.



    LG; Pablo.