Hallo,
ich eröffne hier einmal das Thema Wildkräuter bzw. Wildpflanzen auf die man beim Pilze suchen ja fast zwangsläufig stößt.
In einem anderen Thread mit einem gänzlich anderen Thema ergab sich eher zufällig das Thema Wildkräuter. Nachfolgend kopiere ich das bisher geschriebene zum besseren Verständnis einfach hier herein:
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abeja schrieb:
Ausprobieren kann ja nicht schaden!
Wenn die "guten" bei dir so in Massen vorkommen, scheint das ja pilzlich/ waldlich eine bevorzugte Gegend zu sein - auch was du sonst so berichtest.
Man wird so ein bisschen neidisch, wenn man von Heidelbeeren und Preiselbeeren liest (saurer Boden nehme ich an), hier gibt es nur Brombeeren am Waldrand (und dann braucht man fast eine Machete), die sind aber noch nicht reif. Auch sonst erntest du ja so einiges, womit ich mich noch nicht richtig beschäftigt habe: Brennnesselsamen = Superfood (las ich ...) .. hier blühen die erst aber jetzt ... und die ganzen Grünblatt-Geschichten sind doch eher etwas für das Frühjahr (vor der Blüte) nehme ich an (ich muss mir auch mal so ein Buch zulegen ... ich bin zwar botanisch interessiert, aber die "nur-nach-Blatt-Bestimmung" klappt nicht immer so hundertprozentig bzw. ich hatte da bisher keine Lust zu.)
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Maria schrieb:
Hallo Abeja,
ja, viele Gegenden (nicht alle) in Mittelfranken sind wirklich reichlich mit bestimmten Pilzen und verschiedenen Wildfrüchten gesegnet.
Verschiedene Wildkräuter bzw. Wildgemüse kann man verteilt über das ganze Jahr ernten. Es ist richtig, dass man die Blätter verschiedener Wildpflanzen aus unterschiedlichsten Gründen vor der Blüte ernten sollte, dies gilt aber bei weitem nicht für alle Pflanzen. Wenn Du Dir z.B. den Giersch, die Brennnessel oder den Löwenzahn ansiehst, um jetzt nur ein paar bekannte Pflanzen zu nennen deren Blätter man vor der Blüte ernten sollte, dann wachsen diese jung nach wenn man sie mäht. Und somit findet man an Wegrändern, Parks etc. beinahe das ganze Jahr über junge Pflanzen vor der Blüte. Und dann gibt es ja auch noch die zweijährigen Pflanzen die erst im oder ab dem zweiten Jahr blühen, die allgegenwärtige Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) z.B.
Wie Du schreibst stehen die Brennnesseln zurzeit in voller Blüte. Zeitgleich und direkt daneben gibt es aber bereits die ersten dicken Samen die man ernten kann. Die Haupterntezeit kommt allerdings noch.
Brennnesselsamen sind eine Schatztruhe wertvollster Mineralien, Vitaminen und Phytohormonen. Bevor die Brennnesselsamen zum teuer verkauften Superfood avancierten sagte man, dass ein Teelöffel Samen pro Tag den Bedarf eines durchschnittlichen Erwachsenen an den wichtigsten Mineralien und Nährstoffen deckt. Für das "Superfood" heißt es nun zwei Teelöffel oder ein Suppenlöffel Wink und man verallgemeinert immer wieder, dass die Samen dem Ginseng zumindest ebenbürtig sind. Dies stimmt auch, aber im Vergleich zum Ginseng nur bezogen auf die immunstärkende Wirkung der Samen wobei man die anderen Wirkungen der Pflanzen außer Acht lässt. Oder man preist die Samen verallgemeinernd als natürliches Viagra an, was irgendwie sogar stimmt - die Brennnesselsamen fördern z.B. auch die Samenproduktion beim Mann - erweckt damit aber oft den falschen Eindruck eines sofort einsetzbaren Mittels.
Ich finde es jedenfalls sehr schade, dass, wie bei vielen anderen Heilpflanzen auch, überwiegend aus kommerziellen Gründen Halbwissen verbreitet wird. Und ob dies den Pflanzen immer gerecht wird, wage ich zu bezweifeln.
Brennnesselsamen schmecken gut, sind schnell und reichlich zu ernten (Handschuhe nicht vergessen Wink ), man kann sie getrocknet sehr gut aufbewahren, sie sind kulinarisch universell einsetzbar und sie sind wie eingangs schon geschrieben eine wirkliche Schatztruhe vieler wichtiger Mineralien, Vitamine und Phytohormone. Sie regen die Körperfunktionen an, helfen bei chronischer Müdigkeit und Leistungsschwäche, fördern bei stillenden Müttern die Milchbildung und bei Männern die Samenproduktion und sind immunstärkend (und hier dem Ginseng gleichzusetzen).
Ich empfehle den Teilnehmern meiner Kräuterseminare die erst in das Thema einsteigen immer, sich einen Naturführer zuzulegen, der nach Blütenfarbe und Blütenform untergliedert ist. Mit den Blüten ist die Bestimmung viel einfacher - mit der Zeit kann man viele Pflanzen dann auch problemlos ohne Blüten bestimmen. Aber man muss sich damit ja auch nicht beschäftigen - es genügt doch auch, sich einfach nur an der Vielfalt der verschiedenen Pflanzen zu erfreuen wenn man auf der Pilzpirsch ist Smile
Upps - dies wurde jetzt aber ein langer Text! Naja, Du merkst schon, Pflanzen begeistern mich halt einfach Smile
Liebe Grüße
Maria
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abeja schrieb:
Hallo Maria,
ja ich weiß, dein "Spezial-Thema" Smile, da haben wir das Pilzthema mit Kräutern "gewürzt".
Also Pflanzenbestimmung generell fällt mir nicht schwer, ich habe auch die entsprechende ausführlichere Literatur bzw. die guten Weblinks. Die befassen sich natürlich hauptsächlich mit der Bestimmung im blühenden Zustand. Es gibt natürlich auch so Bücher wie "Flora Vegetativa" (wo ich bisher eben keine "Lust" hatte, die Form des dritten Blattzahnes mit dem des zweiten Blattzahns etc. in Relation zu setzen).
Außerdem wird da natürlich nicht Bezug genommen auf die eventuelle Verwendbarkeit (höchstens im Nebensatz oder mit einem - neudeutsch - Icon).
Und klar, viele Pflanzen treiben nach dem Mähen neu aus, aber trotzdem ... ich habe immer so den Eindruck, dass es eine (sommerliche) Jahreszeit gibt, in der es da ganz "mau" aussieht, zumindestens hier im SW.
Entweder alles hochgewachsen, dürr, bräunlich, angenagt, staubig, dreckig - oder nach dem Mähen noch nicht richtig da, bzw. überwuchert von was anderem.
Giersch z.B. kenne ich in der Nähe nur an einem Standort (da fahren auch noch ein paar Autos vorbei), der steht da in voller Frucht, null Jungpflanzen - natürlich könnte ich da mal im Frühjahr ...
Allgemein habe ich auch etwas Bedenken bzgl. der Verschmutzung - so völlig von Verkehr, Hundenk... u. ..p, von Pestiziden (in der Nähe von Rebhängen) unbeeinflusste Pflanzen zu finden ...
Gerade habe ich z.B. diverse Links mir angeschaut, zum Brennnesselsamen ernten (der eine so, die andere so), eher grün, eher braun, eher lufttrocknen, eher nachhelfen (Dörrgerät, Backofen), nicht zu stark erhitzen (eben Rohkost) , einer röstet (wg. des Geschmacks) ... aber keiner denkt daran, dass die Samen vielleicht Luftverschmutzungs-"Anhaftungen" haben könnten?
Denn gewaschen wird da ja nichts (o.k. eigentlich bin ich da auch nicht so überpingelig, aber man weiß ja nie).
Bei reduziertem Platzangebot (ohne eigenen Garten, ohne Terasse, nur mit Balkon) ist sogar das Lufttrocknen schon ein Problem, ebenso bei stark wechselndem Wetter und bei hoher Luftfeuchtigkeit.
Noch mehr OT:
welches Buch zum Thema könntest du empfehlen (im Pflanzenbestimmungsforum wurden auch schon mal 2 genannt),
das "kleine" und das "große")
"Essbare Wildpflanzen : 200 Arten bestimmen und verwenden" (Fleischhauer, Guthmann, Spiegelberger)
"Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. 2000 Pflanzen Mitteleuropas. Bestimmung, Sammeltipps, Inhaltsstoffe, Heilwirkung, Verwendung in der Küche" (gleiche Autoren)
... ich glaub, ich nehm` das "dicke".
Viele Grüße von abeja
[hr]
Hallo abeja,
und hier kommt nun meine Antwort auf Deine Fragen.
Die "Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen" von Fleischhauer habe ich auch und die ist sehr gut da sehr umfangreich. Allerdings benutze ich persönlich diese Enzyklopädie nur sehr selten und was die Umsetzung in der Küche angeht, sieht es in diesem Buch auch eher mau aus.
Soll ich einmal ganz ehrlich sein? Zum reinen Bestimmen reicht mir in 80 bis 90 Prozent der Fälle z.B. der Naturführer "Was blüht denn da?" von Dietmar Aichele vollkommen aus.
Es ist eher schwierig wirklich gute und für die alltägliche Praxis gut umsetzbare Bücher zu finden. Viele der auf dem Markt zu findenden Bücher sind meiner Meinung nach oberflächlich oder zu einseitig oder sind was das Kulinarische angeht in einer normalen Küche nicht wirklich umsetzbar.
Sehr gut ist die WDR-Reihe "Delikatessen am Wegesrand", "Un-Kräuter zum Genießen" und "Baumblätter-Salat" von Brigitte Klemme und Dirk Holtermann, Walter Rau Verlag.
Empfehlen kann ich z.B. auch das Buch "Delikatessen aus Unkräutern" von Graupe/Koller, Orac-Verlag, um zumindest zwei Bücher zu nennen. Es gibt natürlich noch eine ganze Reihe weiterer empfehlenswerter Bücher.
Nun zu den Brennnesselsamen
Man kann sie grün und braun ernten - ich persönlich ernte sie lieber und mag sie auch lieber wenn sie noch schön grün sind. Man kann sie frisch, direkt von der Brennnessel weg essen oder trocknen. Wenn es rein ums Kulinarische geht kann man die Samen natürlich rösten, ich benutze die Samen z.B. auch ab und an als Panade.
Die Ernte an sich ist ganz einfach und das Trocknen völlig unproblematisch, und es nimmt keinen Platz in Anspruch. Man nimmt einfach einen normalen Baumwollbeutel, kehrt die Innenseite nach außen, also das die Nähte außen sind, schneidet die Stiele mit den Samen und den Blättern ab (nicht den ganzen Stiel, sondern nur den Teil mit vielen Samen), steckt alles in den Beutel, die Triebspitzen nach unten, und hängt den Beutel einfach irgendwo auf (wo es einigermaßen luftig und trocken ist). Wenn es einigermaßen trocken ist und dies geht bei der Brennnessel auch bei den momentanen klimatischen Verhältnissen sehr schnell, schüttelt man die Brennnesselstiele vorsichtig, die Samen fallen nach unten in den Beutel, und man zieht die Stiele mitsamt den Blättern aus dem Beutel. Die Samen im Beutel noch etwas nachtrocknen lassen, in ein Schraubglas umfüllen und fertig.
Zur "Verschmutzung"
Natürlich sammelt man nicht direkt neben einer vielbefahrenen Straße oder an Wegrändern mit lebhafter Hundefrequenz. Ich meine, dies ist ähnlich wie mit den Pilzen, die wäscht man ja in der Regel auch nicht und ich glaube nicht, dass jemand Pilze direkt neben der Schnellstraße oder direkt an den –žStellen der Hunde–œ sammeln würde.
Was die Pestizide angeht, so kann man sehr viel an der Pflanzenvielfalt am Ackerrand, am Feldrain oder auf der Wiese ablesen. Je höher die Pflanzenvielfalt, desto unbedenklicher kann man sammeln. Vorsichtig sollte man sein, wenn da nur zwei oder drei wiederkehrende Pflanzen stehen oder wenn eine Wiese nur noch aus Löwenzahn zu bestehen scheint.
Ich hoffe, ich konnte Dir Deine Bedenken etwas nehmen und Deine Fragen ein wenig beantworten.
Liebe Grüße
Maria