Zwei schwierige Fälle

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 3.054 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mykologicus.

  • Guten Tag liebe Pilzfreunde,
    ich habe wieder mal zwei Pilze an Holz gefunden und hoffe auf eure Hilfe. Beide Funde nördliches Hamburger Umland in "ungepflegtem Gehölz".


    Schüsselförmige Mehrscheibe?
    Diesen Pilz habe ich vergangene Woche bei Frost und Schnee gefunden. Er wuchs an einem fast komplett entrindeten Ast in ca. 170 cm Höhe. Hier ganz rechts im Bild. Ich habe ihn eigentlich nur entdeckt, weil ich die braune, papierartige Schicht am Ast zunächst für einen potentiellen Pilz hielt und dieses Foto machte.


    Die Pilze wachsen irgenwie resupinat und auch wieder nicht. Sie sind in der geometrischen Mitte am Substrat angewachsen, aber zu den Rändern hin deutlich aufgebogen wie ein Schüsselrand. Größe dieses Exemplars (habe ich mitgenommen) 2 cm in der Breite.


    Farbe auf der Oberfläche beigefarben und auf der Rückseite dunkelbraun. Teilweise ist die Farbschicht auf der Oberseite so dünn, dass der dunkle Untergrund durchscheint.


    Konsistenz fest/hart, knapp einen mm dick. Man könnte sie durchbrechen. Oberfläche geringfügig kleiig gepockt, keine Verfärbung auf Ankratzen, kein Geruch. Die Fruchtkörper wuchsen auf einer recht kleinen Fläche mit nur wenigen Exemplaren.


    Der einzige Idee, die ich zum Pilz habe, wäre die Schüsselförmige Mehlscheibe Aleurodiscus disciforme. Ich habe zwar etliche Pilzbücher, aber der große LAUX hat noch die größte "Auswahl" an Rinden- und Schichtpilzen anzubieten. Etwas besser passendes war im LAUX nicht zu finden. Was ich beim googeln über die Schüsselförmige Mehlscheibe gefunden habe (Westfälische Pilzbriefe), spricht andererseits gegen meinen Fund: sie soll im Süden im Sommer bis Herbst fruktifizieren, im Norden eher selten sein.


    Rußbrauner Schichtpilz?
    Im selben Gehölz fand ich an der Schnittfläche eines (Eichen?-)Stubbens diese Pilze:


    Sie wuchsen stärker resupinat, die Kanten fast überall etwas vom Substrat abgehoben. Farbe grau bis bräunlich, in der Mitte hin lebhafter, zum Rand hin heller gefärbt. Rundum am Rand mit hellem, teilweise fast weißen Streifen. Bei größeren, älteren Exemplaren ist der Randbereich nicht mehr weißlich sondern der restlichen Farbe stärker angegelichen. Keine Verfärbung auf Druck oder Ankratzen (aber es hat gefroren, könnte bei Plusgraden evtl. anders ausfallen). Kein Geruch. Größe der Fruchtkörper bis ca. 3 cm lang. In der Mitte oft rissig.


    Auch hier bin ich mit meinem Vorschlag Rußbrauner Schichtpilz Lopharia spadicea überhaupt nicht sicher.


    Weiß jemand mehr? Danke im Voraus fürs Ansehen und


    liebe Grüße Sabine

  • Hallo Sabine!


    Ich denke, auf den ersten Bildern hast du trotz der nicht wahrgenommenen Verfärbung Stereum rugosum (Runzeliger Schichtpilz). Bei Frost klappt ´s übrigens nicht mit dem Rot-Anlaufen, mir etwas Glück schaffst du ´s aber im warmen Zimmer, wenn du ihn mit Wasser versorgst.


    Zu meiner Unterstützung verweise ich mal auf ein paar Frostbilder der Art. Deine sind vergleichbar mit den mehrjährigen mit Hutkanten.
    Kein Text!


    Man könnte zusätzlich noch mal so viele Bilder knippsen, um die Art bei frostfreien, nassem Wetter zu veranschaulichen, da kann sie nämlich recht viele Farben haben (hell- bis dunkelocker, hell- bis dunkelbraun, fast schwarz, auch orangelich).


    Auch die Farben deines 2. Fundes würden sehr gut auf die Art passen. Wie stellt sich die Hutoberseite deines 2. Fundes dar?
    Die Lopharia fällt mir nicht dazu ein.


    VG Ingo W

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    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

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  • Hallo und guten Abend Sabine,


    bei deinem zweiten Fund kann ich mir durchaus Bjerkandera adusta vorstellen.


    Eine gute Zeit
    Gelbfieber & Co

  • Guten Morgen Ingo und Uschi,
    vielen Dank für eure Tipps! Wie gut dass ich von dem kleinen hellen einen Fruchtkörper mitgenommen habe. Und mit Wasser benetzt hat er natürlich sofort die typische rötliche Blutung gezeigt. Mein Fund paßt tatsächlich hervorragend zu den Bildern, die über den Link zu sehen sind. Das ist eine klasse Zusammenstellung. Und ich hatte gedacht, Stereum rugosum "könnte" ich inzwischen... ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, den zu Hause mit Wasser zu testen, im Nachhinein irgendwie blöd von mir...


    Zum zweiten Fund: die Oberseite an den abgehobenen Kanten ist hellbraun und leicht filzig. Leider habe ich hier nichts mitgenommen und müßte das Pilzchen nochmal auf-suchen. Stereum rugosum habe ich eigentlich schon recht häufig gefunden, aber meistens waren die Krusten dünner als hier beim zweiten Fund. Ich habe auch noch mit dem von Uschi vorgeschlagenen Bjerkandera adusta verglichen, von dem auch noch ein anderes Bild:

    Da sind doch einige Farben, die bei beiden Pilzen gleichermaßen vorkommen. An den Angebrannten Rauchporling hätte ich von alleine nicht gedacht wegen der fehlenden Hutbildung, aber auch ein großer hat mal klein angefangen. Ich werde ihn wohl einfach nochmal suchen - und wenn er nicht blutet, würde ich zu Bjerkandera adusta tendieren.


    Vielen Dank nochmal und
    liebe Grüße Sabine

  • Zitat


    Zum zweiten Fund: die Oberseite an den abgehobenen Kanten ist hellbraun und leicht filzig.


    Wenn die Filzigkeit gut ohne Lupe wahrzunehmen ist, fällt zumindest schon mal Stereum rugosum (Runzeliger Schichtpilz) flach. Ist mir auch lieber so, sonst wäre meine Theorie über die Frostfarbe (+- ocker) von rugosum dahin.


    Ein zweiter kurzer Gedanke ging auch in Richtung Chondrostereum purpureum (Violetter Schichtpilz), dem können nämlich frostig auch die violetten Farben verlorengehen, zumindest bei einigen am Standort (meist sind aber noch irgendwo violettliche Frk. vorhanden).
    Der fällt aber auch flach, denn hellfilzig.


    Dann habe ich gestern auch noch über Stereum gausapatum (Eichen-Schichtpilz) nachgedacht. Da passt die Hutfilzfarbe schon eher, aber da sind mir die Frk. zu dick und die Hutkanten nicht wellig genug.


    Für Bjerkandera adusta (Angebrannter Rauchporling) gefällt mir die Breite der Hutkanten und der Filz nicht.


    Kurz: ich bin mit nichts so recht zufrieden und bin gespannt, ob sich ´s noch klären lässt. Vielleicht doch gausapatum?


    Zitat


    Leider habe ich hier nichts mitgenommen und müßte das Pilzchen nochmal auf-suchen. Stereum rugosum habe ich eigentlich schon recht häufig gefunden, aber meistens waren die Krusten dünner als hier beim zweiten Fund.


    Stereum rugosum ist vielleicht initial oder im ersten Jahr dünn, gehört aber m.M. zu den dicksten Stereum-Arten.


    Zitat


    Ich habe auch noch mit dem von Uschi vorgeschlagenen Bjerkandera adusta verglichen, von dem auch noch ein anderes Bild:
    Da sind doch einige Farben, die bei beiden Pilzen gleichermaßen vorkommen. An den Angebrannten Rauchporling hätte ich von alleine nicht gedacht wegen der fehlenden Hutbildung,


    Hat mich rein resupinat auch schon genarrt, dann ist er aber immer unterseitig gewachsen


    VG Ingo W

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  • Guten Morgen Ingo,
    jetzt bin ich aber überrascht, du hast dir ja eine Riesenmühe mit einem so langen Kommentar und so vielen in Erwägung gezogenen Pilzarten gemacht. Ganz ganz vielen Dank dafür! Ich werde also noch mal suchen gehen, hoffentlich finde ich den wieder. Und dann pule ich einen Fruchtkörper ab und melde mich hierzu wieder. Vielleicht kommen wir ja noch ein Stückchen weiter.
    Herzliche Grüße Sabine

  • Hallo und guten Abend,
    nach längerem Suchen habe ich beim dritten Anlauf den zweiten Pilz wieder gefunden. Der Stubben war ziemlich mit Efeu bewachsen, aber es war gar keine Eiche, sondern eine Birke.


    Die beiden abgepulten Pilze habe ich jetzt bei Feuchtigkeit und Plusgraden stante pedes zum Erröten gebracht. Zwei Aufnahmen zeigen
    a) die gerötete "Vorderseite" (keine extreme Farbverfälschung, der Pilz lag auf einer grauen Schreibtischunterlage Modell) und
    b) die zweite die Unterseite, die am Holz angewachsen war. Scharf gestellt dort auf den Rand, den ich als leicht feinfilzig beschrieben hatte. Für das Bild lag ein weißes Blatt drunter.


    Ich denke, er hat sich damit klar als Stereum rugosum geoutet, oder?


    Vielen Dank nochmals für eure Hilfe und
    liebe Grüße
    Sabine

  • Hallo Sabine!


    Zitat


    Ich denke, er hat sich damit klar als Stereum rugosum geoutet, oder?


    Ja, ich denke du hast recht. Die Hymeniumfarben, die Dicke der Frk. und die wenig welligen Hüte passen gut.
    Interessant finde ich die beige-braune, feinfilzige Hutoberseite. Habe ich so hell und unzoniert auch noch nicht gesehen.


    VG Ingo W

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  • Hallo und guten Abend Sabine,


    bitte die Aufsammlung nicht wegschmeißen - trocknen!


    Solltest du in diesem Jahr wieder in der Harz/Harly/Fallstein-Region unterwegs sein möchte ich dir anbieten gemeinsam das Innenleben des Pilzes zu erkunden.


    Eine gute Zeit
    Gelbfieber & Co

  • Hallo Uschi guten Abend,
    das ist aber ein tolles Angebot! Ich denke dass ich das sehr gern und dankend annehmen werde. Wir sind nämlich dieses Jahr wieder im Harz. Details per PN.
    Liebe Grüße Sabine