Hallo liebe Pilzfreunde!
Nachdem ich vor kurzem zum ersten Mal ganz vorsichtig Erdritterlinge probiert habe, wundere ich mich um so mehr über die Reaktion auf die gewisse wissenschaftliche Publikation aus dem Jahr 2014, die dafür gesorgt hat dass Erdritterlinge von manchen Medien als giftig eingestuft wurden. Ich habe jetzt Erdritterlinge zwei Mal nacheinander in geringen Mengen gegessen (etwa 100g pro Malzeit) und habe, wie erwartet, keinerlei Beschwerden. Ich habe dann auch den Rest der Pilze mit Essig und Gewürzen eingekocht - siehe Bild. Nicht mein Lieblingspilz, aber angenehm pilzig im Geschmack und durchaus akzeptabel.
Kennt jemand einen dokumentierten Vergiftungsfall mit Erdritterlingen, egal welcher Art? In Frankreich scheint der Pilz ja schon lange sehr beliebt zu sein und wird offenbar ohne Probleme verzehrt. Die Katalanische Regeierung hat eine extra Seite zum Thema "Pilze sammeln" eingerichtet und listet dort den Gemeinen Erdritterling als sehr populären Pilz für Pilzsammler, neben Leistlingen, Reizker- und Schnecklingsarten. Wikipedia-Artikel in manchen anderen Sprachen (u.a. Spanisch und Französisch) stuft den Erdritterling als Speisepilz ein.
In Wikipedia wird, mit entsprechenden Verweisen auf die Informationsquellen, folgendes festgehalten:
- chinesische Wissenschaftler haben im Rahmen ihrer Studie die Stoffe aus (Zitat) "Previously Unknown Poisonous European Mushroom Tricholoma terreum" isoliert. Diese Inhaltsstoffe wurden isoliert und dann vermutlich hoch dosiert an Mäuse verfüttert. Die Ergebnise wurden am 17 April 2014 veröffentlicht mit dem Fazit: "...Both compounds were found to increase serum creatine kinase levels in mice, indicating that T. terreum may be the cause of mushroom poisoning ultimately leading to rhabdomyolysis."
- weiter, Zitat aus Wikipedia mit Verweis auf "Tintling":
"Entwarnung gab es von Prof. Dr. Siegmar Berndt, Toxikologie der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, der errechnete, dass Menschen von 70 kg Körpergewicht ca. 46 kg Frischpilze zu sich nehmen müssten, damit durchschnittlich die Hälfte von ihnen einen Schaden erleiden würde."
Ich bin zwar kein Wissenschaftler sondern nur ein pragmatischer Informatiker, aber dadurch bin ich mit Logik ein bisschen vertraut. Also, was ich daraus schließe ist folgendes:
- Mäuse mit hochdosierten und isolierten Stoffen zu füttern töten die armen Mäuse nicht mal, erhöht aber bestimmte Werte.
- Diese erhöhten Werte implizieren dass Erdritterlinge vielleicht zur Vergiftung führen könnten ("may be the cause of mushroom poisoning") die zur Rhabdomyolyse führt.
- Ein Toxikologe der DGfM hat Entwarnung gegeben.
So weit so gut, da wundert micht erst mal nichts. Die Wissenschaftler haben also Stoffe aus Pilzen isoliert und evtl. negativen Einfluss auf Mäuse beobachtet. Sowas tuen manche Wissenschaftler offensichtlich. Hätten sie Stoffe aus Knoblach, Zitronen, Erdnüssen oder sogar aus Steinpilzen isoliert und sie an irendwelche Tiere verfüttert, dann hätten sie wahrscheinlich was ähnliches oder viel schlimmeres herausgefunden, aber warum auch immer fiel die Wahl auf Erdritterlinge.
Was ich nicht verstehe - warum bezeichnet man man den Erdritterling danach als Giftpilz? Ich gehe oft auf 123pilze.de. Die Seite mag ich, sie ist wie ein gutes Pilzbuch mit tabellarischen Darstellung der Merkmale. Aber dort sind die Erdritterlinge sogar aus "tödlich giftig" eingestuft. Bitte nur als konstruktive Kritik verstehen, kein Angriff - ich schätze 123pilze.de wirklich sehr!
Warum soll man überhaupt auf den Verzehr verzichtet - 46 kilo schafft doch kein Mensch in kurzer Zeit zu essen! Und 70kg Körpergewicht ist sowieso beneidenswert Habe ich irgendwas übersehen? Denke ich zu einfach oder naiv?
Mir ist sehr bewusst, dass Inhaltstoffe in Pilzen und anderen Nahrungsmitteln ein sehr komplexes Thema ist. Ein PSV muss auf die mögliche Allergien, individuelle Unverträglichkeiten usw hinweisen, und das tut ein PSV auch, das ist alles korrekt. Aber darf man solche Pilze wie Erdritterlinge unter Generalverdacht stellen, oder sogar als giftig bezeichnen und dadurch sie in die gleiche Schublade wie den Grünen Knollenblätterpilz stecken? Wenn man Nüsse oder Zitrusfrüchte essen oder Milch trinken möchte wird man doch nicht gleich davon mit möglichen Unverträglichkeiten abgeschreckt!
Diese Diskussion habe ich bereits gefunden und gelesen.
Als nächstes habe ich die Nebelkappe probiert. Die Nebelkappe soll u.a. in Frankreich nach dem Abkochen als meist gut verträglicher Speisepilz gelten (etwa wie Hallimasch bei uns - die meisten vertragen ihn doch). Und Rita Lüder empfielt in ihrem bekannten Buch "Grundkurs Pilzbestimmung" die jungen Exemplare zu probieren. Das habe ich auch gemacht und gut vertragen. Geschmacklich ein interessantes Erlebnis! Die Nebelkappen rochen beim Braten fast wie ein süßes Gebäck, sehr witzig. Die Kinder kamen angerannt und haben gefragt ob wir Weihnachtsplätzchen backen Man muss den Pilz nicht mögen, aber man kann ihn durchaus probieren - das ist meine Meinung dazu. Was meint ihr?