Vorspann.
Obwohl ich mich seit Jahrzehnten mit Pilzen beschäftige, kommt es immer wieder vor, dass ich seltene, kaum bekannte Arten zu sehen bekomme.
Dass ich Jahr für Jahr von diversen persönlichen Erstfunden überrascht werde.
Bei der enormen Artenzahl allein in Deutschland ist das natürlich kein Wunder und sicher geht es euch ganz ähnlich.
Diese für mich neuen Arten können sowohl Groß- als auch Kleinpilze sein. Hier geht es hauptsächlich um letztere.
Die ich entweder selbst entdeckte oder von lieben Pilzfreunden mit der Bitte um Bestimmungshilfe zugeschickt bekam.
Einige davon möchte ich euch in einer lockeren Serie gern vorstellen.
Es wird sich ausschließlich um Ascomyceten handeln, also um Pilze, deren Sporen sich in Schläuchen (Asci) entwickeln.
Und es werden vor allem kleine, makroskopisch eher unscheinbare Arten sein, die ich euch zeigen möchte. So um 0,5 bis 5 mm. Wobei 5 mm die Ausnahme ist.
Matthias (Mreul) hat zu einigen Arten wunderbare Bilder beigesteuert.
Ich werde das natürlich entsprechend erwähnen und lade Euch hiermit herzlich ein, mich bzw. uns auf einer ganz besonderen Entdeckungsreise zu begleiten.
[hr]
Beginnen möchte ich mit einer Art, deren Bestimmung mir reichlich Probleme bereitet hat.
Gefunden während einer gemeinsamen Exkursion mit Sven, Nando und einigen anderen Pilzfreunden am 30.10.2016 im NSG Bockwitz an Pferdedung (Konik).
Schnell war klar, dass es sich um einen Thecotheus handelte.
Nun ist die Gattung überschaubar und sie besteht zu einem Großteil aus coprophilen (dungbesiedelnden) Arten.
Die Asci sind diffus amyloid (d.h. +/- blauend in Jodlösung) und die Sporen zeichnen sich durch gelegentliche polare Anhängsel (Apikuli) aus.
Der Norweger Olav Aas veröffentlichte 1992 eine umfangreiche Monografie.
Mit deren Hilfe konnte ich bisher den ein oder anderen Vertreter dieser Gattung bestimmen.
Diese Aufsammlung widersetzte sich jedoch ziemlich hartnäckig meinen Bestimmungsversuchen.
Da konnte ich den "Aas" drehen und wenden, wie ich wollte, ich kam einfach zu keinem Ergebnis.
Oder wie ich gegenüber Stefan während der gemeinsamen Fahrt zum Nordtreffen erwähnte.
"Da ist ein winziger Becherling auf Dung, ein Thecotheus, den gibt es einfach nicht! Da sitze ich schon seit Tagen dran."
Natürlich gab es ihn doch!
Ursprünglich beschrieben von Wang 1994 als Thecotheus formosanus.
Da passte schonmal die Sporengröße, das feinwarzige Epispor und die großen Apikuli (also, die polaren Anhängsel).
Was nicht passte, war ein polarer Kragen, der bis dato nur von Thecotheus africanus und T. perplexans bekannt war, zwei Arten auf Elefantendung.
Also weitergesucht und schließlich bei einer Publikation von Doveri & Coué aus dem Jahr 2008 fündig geworden.
Thecotheus formosanus f. collariatus Doveri & Coué
Apothecien 1 -1,5 mm. Ausgebreitet bis leicht konvex. Blassgrau.
Asci 200 -270 x 15-21 µm, uniseriat.
Sporen 18-20(21) x 8-9(9,5) µm. Fein punktiert und einseitig abgeflacht. Apikuli 4-5 x 3-4 µm. Aufnahmen in Baumwollblau (BWB).
Hier kann man ganz gut die Kragen sehen. 3,5-4 x 1,5 µm. Ebenfalls in BWB.
Und hier sollte die feinpunktierte Sporenoberfläche zu erkennen sein.
Neben haarähnlichen, apikal unverdickten Paraphysen (2-3 µm) ist die Art durch apikal kopfig verdickte Paraphysen ausgezeichnet (5-7(9) µm).
Es gibt also zwei Paraphysentypen. Hier ein Eindruck von den kopfigen Paraphysen, aufgenommen in Kongorot.
Auch sieht man nochmal schön die abgeflachten Sporen.
Die erwähnte Literatur hänge ich gern als PDF noch an.
LG Nobi