Seltene Ascomyceten II. - Pleophragmia leporum

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  • Nachdem ich vor kurzem mit dem Portrait von Thecotheus formosanus den Startschuss für eine kleine Serie gab, möchte ich nun einen weiteren seltenen Ascomyceten vorstellen.


    Es handelt sich um Pleophragmia leporum, ebenfalls ein dungbesiedelnder Pilz, der mich vor allem wegen seiner wunderschönen Sporen begeistert.
    Auch wenn diese Art bereits ausführlich im Forum diskutiert wurde, ist sie meiner Meinung nach sehr selten.
    Lediglich drei aktuelle deutsche Funde sind mir bisher bekannt (Sachsen-Anhalt, Thüringen und der hier vorgestellte aus dem Bergischen, NRW).


    Da ich die Species trotz Untersuchung vieler Hundert Dungproben bisher nicht in Sachsen finden konnte, muss ich davon ausgehen, dass sie aktuell in Sachsen ausgestorben ist.
    Der letzte sächsische Fund datiert von 1883.


    Auch Francesco Doveri (Fungi Fimicoli Italici, 2004), Mike Richardson & R. Watling (Keys to Fungi on Dung, 1997) und Ann Bell (Australien/Neuseeland) scheinen die Art nicht zu kennen. Jedenfalls wird sie in deren Büchern bzw. Schlüsseln nicht erwähnt.


    Meinem lieben Pilzfreund Torsten Richter gelang nun vor kurzem eine weitere Aufsammlung, die erste aus MV, welche ich an dieser Stelle vorstellen möchte.


    Doch lassen wir Torsten erstmal selbst zu Wort kommen, bevor es die ersten Bilder gibt:


    "Sieben Rehköttel auf einen Streich oder die Geschichte von Pleophragmia leporum

    Auch weit im Norden, wo der Blick aus der längst schon geschlossenen HO-Gaststätte weit bis aufs Meer hinaus reicht, gibt es Pilze!
    Ja genau, hinter den sieben Bergen, bei den sieben Freizeitmykologen im flachen Lande Westmecklenburg.
    Und gerade neulich geschah es wieder. Auf einer vom Torfabbau geschundenen und nun mit Pfeifengras (benannt nach den Torfabbauganoven) wiederbesiedelten Fläche,
    wo sich Hase und Reh Gute Nacht sagen, lagen sie...schon etwas "vom Winde verweht" bzw. ausgetrocknet! Einsame Köttel von Hase und Reh.
    Eingedost und nach Hause geschleppt von Ascofan Torsten Richter. Im hübschen Rehna ging dann das Licht des Mikroskopes an und siehe da.......ein Pilz.
    Aber was für einer?
    Lesen, blättern, wühlen und schnüffeln bei DOVERI, BELL und Co. ergaben nichts vernünftiges. Ein klarer Fall also. Den gab es noch nicht.
    Und dann schlug die Sternstunde der Sachsen......Köttel-Genie alias Nobi hatte eine begründete Vermutung, denn Torsten, der Köttel-Laie aus dem Norden hatte per Mail schon einige Details aus dem Steckbrief des gesuchten Coprophilen verraten.
    Es sollte ein wahrhafter Silvesterknaller werden....."


    Und der wurde es! :thumbup:
    Auch dank Matthias (Mreul), der einige wunderbare Fotos und Collagen von diesem Fund anfertigte.
    Köttel-Genie ist natürlich arg übertrieben, ich hatte einfach nur zufällig die richtige Idee! ;)


    Vorhang auf!


    Die ersten beiden Bilder vom Fundort, dem Torfabbaugebiet Breesen. Beide Bilder von Torsten.


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    Rehnaer Pilzfreunde bei der Pilzsuche im Torfabbaugebiet.


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    Alle weiteren Bilder, wie erwähnt, von Matthias. Herzlichen Dank an dieser Stelle nochmals für die großartigen Aufnahmen!


    Die tief ins Substrat eingesenkten Pseudothecien sind nur schwer zu entdecken und sie lassen noch nichts von der Schönheit ahnen, die sie im Inneren bergen.


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    Pseudothecien im Schnitt.


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    Erst die Mikrobilder zeigen die ganze Schönheit dieser Art.


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    Es folgen die zwei angekündigten Dokumentationen, die Matthias wieder hinreißend gelungen sind!


    28099490wq.jpg


    28099498km.jpg


    Einige kurze Beschreibungen aus der wenigen mir bekannten Literatur zu dieser Art füge ich als PDF an.
    Da ist zum einen Georg Winter, der in Rabenhorsts Kryptogamenflora von 1887 den Fuckelschen Typus vorstellt, außerdem Cain, der in "Coprophilous Sphaeriales in Ontario, 1934" den Pilz anhand kanadischer Funde beschreibt sowie ein Fundbericht von Rèblova & Svrcek in der Czech Mykol. 49, 1997.


    LG Nobi

  • Lieber Nobi


    Vielen Dank für die Vorstellung dieses sehr seltenen Pilzes.
    der Pilz ist wirklich sehr beeindruckend. Von der Probe ist zufällig nichts mehr übrig?


    LG Harzi

  • Hallo Nobi,
    kenn mich mit den Dungpilzen ja nicht aus, aber dass dies ein klasse Fund ist, ist mir nach deinem Beitrag schon klar. Daher Gratulation an alle Beteiligten.
    Auch die Beschreibung der ganzen Fundumstände und Namensfindung durch Torsten ist wirklich "drollig" und hat Spaß gemacht. Danke.
    Viele Grüsse.
    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.


  • Von der Probe ist zufällig nichts mehr übrig?


    Ich frage mal bei Torsten und Matthias an. Und beim nächsten spannenden Dungi bist Du ganz sicher mit im "Verteiler"!



    Kenn mich mit den Dungpilzen ja nicht aus...


    Das wird schon noch, Du musst nur regelmäßig hier vorbeischauen! :D
    Übrigens, das nächste Portrait wird ein "richtiger" Pilz sein, also einer, der nicht auf Sch... wächst! ;)



    Auch die Beschreibung der ganzen Fundumstände und Namensfindung durch Torsten ist wirklich "drollig" und hat Spaß gemacht. Danke.


    Prima, dass Du das so siehst! :thumbup:
    Denn es war unser Anliegen, keine wissenschaftliche Fundbeschreibung zu liefern, sondern zu zeigen, das auch "Extrem-Mykologen" mit viel Spaß und Humor bei der Sache sind!


    LG Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,
    "Das wird schon noch, Du musst nur regelmäßig hier vorbeischauen! Big Grin"
    Worauf du dich verlassen kannst :D :thumbup:
    V.G.
    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

    Einmal editiert, zuletzt von Bergwald ()

  • Erneut eine tolle Vorstellung, Nobi. :thumbup:


    Ich hatte ja die Ehre, diese Art einmal finden zu dürfen und war bei der Bestimmung auch auf Deine Hilfe angewiesen. Trotz eifriger Untersuchung 100er Rehkuddeln von auf wenige m ² genau dem selben Fundort gelang mir bisher kein Wiederfund. Möglicherweise bevorzugt diese Art ein imperfektes Stadium und die Hauptfruchtform lässt sich nur sehr selten blicken, ähnlich wie z.B. bei Oligoporus ptychogaster ? Oder sie ist eigentlich terricol und besiedelt Dung nur in Ausnahmefällen ? Denn bei einer solchen Seltenheit dürfte die Überlebenschance der Art recht gering sein. Pilze stellen uns halt immer wieder vor Fragen, die kaum lösbar sind.

    • Offizieller Beitrag

    Hi Nobi,


    ein sehr feines Pilzlein und auch von Matthias mal wieder wunderbar in Szene gesetzt. :sun: Die Sporen sehen wirklich klasse aus. Da gibts nichts. Danke für die Vorstellung. Was ich aber schade finde, dass du uns bei der nächsten Vorstellung einen unechten Pilz zeigen willst; weil der ja leider nicht auf Dung wachsen soll. :giggle: :evil: :saint:


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

    Einmal editiert, zuletzt von Climbingfreak ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Nobi!


    Weder die Größe der Fruchtkörper noch deren Standort spielt für mich eiine Rolle.
    Wichtig ist die Dokumentation (überragend!) und die Geschichte zum Fund (ein Erlebnis!). :thumbup:
    Das macht einfach Spaß, einen Pilz in dem Rahmen kennen zu lernen. Und wenn du nichts dagegen hast, würde ich dennoch gerne zu diesem (und dem vorigen) Thema einen Link in der Protraitübersicht setzen, um das Wiederfinden nachher zu erleichtern.



    LG, Pablo.


  • Oder sie ist eigentlich terricol und besiedelt Dung nur in Ausnahmefällen? Denn bei einer solchen Seltenheit dürfte die Überlebenschance der Art recht gering sein.
    Pilze stellen uns halt immer wieder vor Fragen, die kaum lösbar sind.


    Zu Substrat und Verbreitung kann man nur spekulieren, Ralf.
    Fakt ist, dass die Art von Dung beschrieben wurde und mir bisher keine terricolen Funde bekannt sind. Was nichts heißen muss!
    Es gibt bei meinen Lieblingen, den kleinen Dungis sicher noch seltenere Arten, Species von denen mir noch nicht einmal ein Gattungsfund geglückt ist!
    Ich sage nur Camptospaeria, Fimetariella, Ramgea, Semidelitschia oder Wawelia, um nur einige zu nennen.
    Wie die überleben können, ist mir ein noch größeres Rätsel. Doch ist nicht die ganze Natur ein einziges unglaubliches Rätsel!



    Was ich aber schade finde, dass du uns bei der nächsten Vorstellung einen unechten Pilz zeigen willst; weil der ja leider nicht auf Dung wachsen soll. :giggle: :evil: :saint:


    Naja, unecht trifft es nicht ganz, eher halbecht würde ich sagen, da es ja immerhin ein Ascomycet sein wird! ;)



    Weder die Größe der Fruchtkörper noch deren Standort spielt für mich eine Rolle.
    Wichtig ist die Dokumentation (überragend!) und die Geschichte zum Fund (ein Erlebnis!). :thumbup:
    Das macht einfach Spaß, einen Pilz in dem Rahmen kennen zu lernen. Und wenn du nichts dagegen hast, würde ich dennoch gerne zu diesem (und dem vorigen) Thema einen Link in der Protraitübersicht setzen, um das Wiederfinden nachher zu erleichtern.


    Danke für die wohlwollenden (und wohltuenden) Worte, Pablo.
    Den Link zu den Portraits darfst Du natürlich gern setzen.


    Ursprünglich hatte ich erwogen, die kleine Serie direkt als Portrait zu schreiben, also relativ nüchtern und schnörkellos.
    Ich fand es letztlich jedoch besser, euch die kleine Geschichte, die vom Fund über die Bestimmung bis zur Dokumentation reicht, nicht vorzuenthalten.
    Einfach, damit die Pilzfreunde, die sich bisher nicht mit dieser kleinen Welt beschäftigt haben, auch ein gewisses Feeling dafür bekommen.


    LG Nobi

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    Chips: 72

  • Wer Torsten, Dich ( Nobi ;) ) und andere schon mal live erleben durfte, mit welcher Begeisterung ihr eurer Wissen teilt und weitergebt, der vergisst das nicht so schnell und ist begeistert von der "kleinen" Pilzwelt :) Ich weiß wovon ich rede ;)


    Toller Beitrag Nobi :thumbup:


  • Denn es war unser Anliegen, keine wissenschaftliche Fundbeschreibung zu liefern, sondern zu zeigen, das auch "Extrem-Mykologen" mit viel Spaß und Humor bei der Sache sind!


    Das ist euch auch wunderbar gelungen, Nobi, launiger Bericht und tolle Fotos! Auch wenn ich mich mit den Pilzen auf Dung nie beschäftigt habe, hab ich die Dokumentation genossen, danke. :thumbup:==Pilz22


    Grüßle
    Heide

    Liebe Grüßle

    Heide



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