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Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 3.420 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    ... zeigt sich so manches Mal, ob eine Tour erfolgreich war oder nicht, nämlich im Zuge der Nachbearbeitung und Nachbestimmung.


    Hallo zusammen!


    Es folgt ein kurzer Bericht über die heutige APR-Tour in Bochum, die neben eisiger Kälte auch die ein oder andere schöne Überraschung bereit hielt. Let's go!


    1)


    Sarcoscypha austriaca wird im Ruhrgebiet immer häufiger. Hier und heute konnten wir die Art vereinzelt an 3 oder 4 Stellen finden.



    2)


    Den Schleimpilz-Parasiten Polycephalomyces tomentosus durfte ich seit gut einem Jahr nicht mehr finden. Jetzt war es endlich mal wieder so weit - hier (wie häufiger mal) auf Trichia varia.



    3)


    In den letzten Monaten sind mir immer wieder beim Stöckchendrehen Hängebecherchen begegnet. Was mich hier etwas stutzig machte, war der offene Wuchs an lebendem (?) Holz, statt an der Holzunterseite von finalmorschem Holz. APR-Kollege Thomas brachte mich mit auf die richtige Fährte, nämlich Phaeosolenia densa. Ein 2002 zuerst in Deutschland gefundener Braunsporer, mehr zu der Art hier.



    4)


    Trichia varia war nicht der einzige Schleimpilz, denn neben Trichia persimilis (absolut nicht mehr fotogen) war noch Perichaena corticalis zu finden, für mich neu. Von Trichia contorta, einer makroskopisch ähnlichen Art, unterscheidet sie das Capillitium, das keine Spiralleisten aufweist.



    5)


    Der Pilz des Jahres: Das Judasohr (Auricularia auricula-judae) Nicht mehr schön, aber dafür umso schöner, denn statt des matten Rotbrauns können Judasohren beim Eintrocknen auch mal diese Farbtöne entwickeln, die über Violett beinahe ins Blaue gehen. Kein Farbstich!



    6)


    Ob auch die Literatur das weiß oder das eine subjektive APR-Erfahrung ist, ist unklar: Besonders häufig finden wir die Dreifarbige Tramete (Daedaleopsis tricolor) an Kirsche. Hier in einer schönen Reihe.



    7)


    Bei diesen kleinen Tropfen war ich erst ahnungslos. Gerade so mit bloßem Auge beim Stöckchendrehen auf einem Kernpilz entdeckte ich sie und wusste zunächst nicht einmal, ob ich einen Pilz, geschweige denn ob ich einen Asco- oder Myxomyceten vor mir habe. Der Blick durch's Mikro sagte schnell: Myxo. Mein Eifer war geweckt. Dass ich kein Capillitium finden konnte und das Ganze erst auf meine mikroskopische Unfähigkeit schieben wollte, machte es nicht leichter. Durch den Gattungsschlüssel kam ich dann allerdings auf die Gattung Licea, aus der ich bisher keine Art gefunden hatte. Dann ging's schnell. Feldriges Aufreißen, rundliche Sporocarpien, glatte Sporen unter 13 µm: Das kann eigentlich nur Licea castanea sein - mit aktuell 8 Datensätzen in Pilze-Deutschland wohl keine häufige Art, wenn sicherlich auch häufig übersehen, weil kaum sichtbar. Die größten Fruchtkörper waren 0,5, die meisten 0,2 mm groß.



    8)


    Aktuell zur (hoffentlich entstehenden) Diskussion steht dann noch dieser Kollege, den ich - dem Thread folgend - ziemlich sicher zur Gattung Ceratellopsis packen würde und den ich erst - wenn überhaupt - mit weiterer Literatur weiter eingrenzen kann.


    Wenn ich irgendwo daneben liegen sollte, weist mich bitte darauf hin. Ich danke fürs Mitgehen! :)


    LG, Jan-Arne

  • Hallo Jan-Arne!

    Zitat


    ...oder das eine subjektive APR-Erfahrung ist, ist unklar: Besonders häufig finden wir die Dreifarbige Tramete (Daedaleopsis tricolor) an Kirsche.


    Zumindest habe ich das auch schon mal so gedacht:
    http://www.pilzforum.eu/board/…ttling?pid=34792#pid34792
    Inzwischen glaube ich, dass das regional verschieden ist.


    Dass die "richtige" braunrote D. tricolor viel dichter und konsoliger wächst, ist auch so eine Erkenntnis, die ich gerne teile.


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    145-15 (Teilnahme APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (Teilnahme APR 2024) = 133+5 Honorar APR = 138+8 (APR-Treppchenwette 2.Pl.) = 146+4 (APR-Früh-Joker-Bonus 1.Pl.) = 150+15 (Phalprämierung 2. + 5. Pl) = 165


    Link: Gnolmengalerie

    Link: Auflösung APR 2024

    Link: Nanzen 2024

    Link: APR 2024

    Einmal editiert, zuletzt von Ingo W ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Jan-Arne!


    Pilzüberraschungseier eben. :)
    Schöne Dokus, danke dafür. Saßen die Hängeröhrchen an Pappel?
    Den hatte ich >vor einiger Zeit mal gefunden<, der Stamm liegt noch aber bisher haben sich keine Fruchtkörper mehr gezeigt.


    Daedaleopsis tricolor finde ich auch meistens an Kirsche, seltener an anderen Laubhölzern. Das scheint schon ein Lieblingssubstrat der Art zu sein, wobei auch D. confragosa an Kirsch vorkommen kann.



    LG; Pablo.

  • Hallo Jan-Arne,
    danke für die Anfrage zur Licea.
    Ja, Du hast auf jeden Fall eine dieser Arten gefunden. Aber da muß ich gleich etwas einschränken. Die Gattung ist nicht so einfach wie es im Schlüssel scheint.
    Licea castanea ist möglich, aber Deine Abbildung der Sporen überzeugt mich noch nicht. Die Sporen müßten dickwandig sein und einen helleren Teil (ca. 1/3-1/4) vom Keimporus haben. Das sieht man in Deinem Foto nicht. Größe der Sporen käme hin. Vielleicht schaust Du Dir die Sporen nochmal an oder schickst mir einen Teil vom Beleg.
    Hast Du das französische Myxomycetenbuch von Poulain,Meyer & Bozonnet? Da sind die Sporen gut abgebildet.
    Ist auf jeden Fall was Besonderes was genauer anzusehen ist!
    LG Ulla

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    @ Christian: Ich hab es mir ja recht leicht gemacht und die meisten, zumindest die meisten der gezeigten Fotos, zuhause gemacht. Dennoch war es kälter als nach morgigem Sonnenschein erhofft und so war ich nach unzähligem Stöckchen- und Stämmchendrehen froh, wieder im Warmen zu sein. Es wird langsam Zeit für Frühling.


    @ Ralf: Gerne! Da hatte Jörg die guten Augen, denn die Fruchtkörper sind rund 1 mm klein. Also schau eher nach kleinen weißen Punkten als nach verstummelten Krüppelfüßchen. ;)


    @ Ingo & Pablo: Dann sind wir ja nicht die einzigen, die Kirsche als häufigstes Substrat der Art empfinden. :thumbup:


    @ Pablo: Da ich erst im Nachhinein auf diese Art gestoßen bin/wurde, achtete ich leider nicht so sehr auf das Substrat, zumal (aus dem Kopf und daher ohne Gewähr) Henningsomyces - entgegen der Literatur - ja keine reine Nadelholz-Gattung ist. Ich weiß nur, dass es ein diagonal stehender, also vor kurzer Zeit gekippter Laubholz-Stamm war. Pappel gab es dort sehr häufig, also wäre das schon naheliegend.


    @ Karl: Ist der denn bei euch auch recht häufig? Wir kennen hier mittlerweile Standorte in beinahe allen größeren Städten. Dennoch bleibt er natürlich ein Hingucker, an dem man nicht einfach vorbeigehen kann, zumal er doch noch seltener ist als andere winterliche Farbkleckse. Und doch: Was ich sonst noch so finden (lassen) durfte, war gestern in der Tat spannender. :)


    Danke fürs virtuelle Mitgehen! :)


    LG, Jan-Arne


    Edit: @ Ulla: Eine zeitliche Überschneidung - Danke schon mal! Ich bin dran. :)
    [hr]
    So! Hallo noch einmal, Ulla, und danke fürs Draufsehen.


    Die 1-Bild-Zusammenstellung liefert natürlich nicht genügend Infos, um eine Art dingfest zu machen.


    Getrocknet (über Nacht lagen sie auf der Heizung) sehen die Sporocarpien den Bildern im Internet übrigens noch ähnlicher, aber das nur am Rande.


    Hier jetzt noch einmal Sporen (Bild 1), bei denen man die dicke Wand und auch (siehe Pfeile) den Übergang zum Keimporus erkennen kann. Die vermeintlichen feinen Warzen sind ja eher Pigmente, oder? Les Myxomycètes habe ich mittlerweile und die Bilder sind in diesem Fall wirklich hilfreich, denn sie zeigen auch diese "Naht" am Rand der Peridie (Bild 2), die ich gestern bemerkte, ganz kurz für eine Art Capillitium hielt und die für die Art in der Form auch typisch zu sein scheint.




    LG, Jan-Arne

  • Aloah mein Funghi-Bro,
    da habt ihr ja wieder spannende Sachen aufgesammelt, es wird reichlich Zeit für eine gemeinsame Tour.....Die letzte endete ja eher abrupt und blutig.... :haue:

  • Hallo Jan-Arne,
    bin begeistert!
    Deine Sporenfotos und der Peridienteil mit der typischen Kante haben mich mehr als überzeugt! :thumbup: :thumbup: :thumbup:
    Licea castanea kannst du damit abhaken. ==Pilz25


    Toller Fund, den ich erst einmal hatte. Allerdings ist das Finden von Licea im Freiland immer ein Glücksfall, da die Fruchtkörper sehr winzig und unscheinbar sind.
    Licea-Arten sind Arten die auch häufig im Winterhalbjahr erscheinen, aber eben schwer zu sehen und zu finden.
    LG Ulla

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr beiden!


    Ja, Björn. Die letzte Tour war leider nicht so erfolgreich. Wer weiß, was uns noch alles so begegnet wäre an dem Tag... Aber ich habe ja Hoffnung, dass sich das alles bald ändern wird und wir öfter gemeinsam unterwegs sind. :)


    Danke, Ulla! Ich freue mich, dass ich doch richtig lag und wieder was lernen konnte. :) - Ich habe die Art tatsächlich auch nur gefunden, weil sie unmittelbar auf dem reinschwarzen Kernpilz wuchs, der einen gewissen farblichen Kontrast bot. Wenn ich diese Fruchtkörper auf nacktem Holz hätte entdecken sollen... keine Chance!


    LG, Jan-Arne

  • @ Karl: Ist der denn bei euch auch recht häufig? Wir kennen hier mittlerweile Standorte in beinahe allen größeren Städten. Dennoch bleibt er natürlich ein Hingucker, an dem man nicht einfach vorbeigehen kann, zumal er doch noch seltener ist als andere winterliche Farbkleckse. Und doch: Was ich sonst noch so finden (lassen) durfte, war gestern in der Tat spannender. :)


    Hallo Jan-Arne


    Die Art breitet sich deutlich aus. Der erste mir bekannte, linksrheinische Fund ist von 2012. Inzwischen kenne ich ohne gezielte Suche 5 Standorte. Rechtsrheinisch scheint die Ausbreitung noch deutlich stärker zu sein, aber mir fehlen noch einige Daten für Mykis die ich schon länger angefragt habe.


    LG Karl

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Karl,


    Die Ausbreitung kann ich nachvollziehen. Unsere Daten (APR) kommen ja bald. Die sind ja auch mehr oder weniger rechtsrheinisch. Zweimal Bochum, einmal Herten hab ich spontan im Kopf. Vermutlich noch einige Stellen aus der Zeit vor meiner Mitgliedschaft. Immerhin etwas. :)


    LG, Jan-Arne

    • Offizieller Beitrag

    Hi, Jan-Arne!


    Ich weiß nicht, ob Phaeosolenia densa wirklich auf Pappel beschränkt ist. Aber ich weiß mit Sicherheit, daß Henningsomyces auch Laubholz besiedeln kann. Mein einziger Fund von Henningsomyces puber stammt von Rotbuche.
    Ist aber irrelevant: Henningsomyces hat ja hyaline Haare und hyaline Sporen (hattest du ja auch schon unterm Mikro), kommt also nier nicht in Frage.



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    Klaus hatte auch nach dem Substrat gefragt. Ich fahre voraussichtlich übermorgen noch einmal zum Fundort, sammel - sofern ich das Holz wiederfinde - noch etwas von der Licea und schaue - wieder: sofern ich den Stamm wiederfinde - nach dem Substrat. :)


    LG, Jan-Arne

  • Hallo Jan-Arne


    Klasse Thread :thumbup:
    Du scheinst dich bei den Myxomyceten richtig reinzuknien :)
    Dank dir lerne ich auch etwas über die Gattung Licea und Perichaena kennen (von der ich noch nie etwas gehört habe).
    Ich bin gespannt auf weitere Berichte.


    VG : Thorben

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Thorben!


    Schön, dass du den kleinen Bericht gefunden hast. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, du hättest die ganzen Funde live sehen können, denn insgeheim hatte ich mit dir gerechnet. Du wirst aber deine Gründe gehabt haben. :)


    Die Schleimpilze haben es mir wirklich angetan und auch wenn ich nur Schritte gehen kann, die letztlich nur so groß sind, wie die eigene Funde es erlauben, bleib ich dran und gebe mir Mühe. Und zwei solche Funde motivieren dann noch einmal besonders. :)


    LG, Jan-Arne

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    noch eine kurze Ergänzung. Ich war heute noch einmal am Exkursionsort und habe das Substrat der Phaeosolenia densa überprüft: Pappel.


    Liebe Grüße
    Jan-Arne