Kleiner Frühlingskräuterpilzrundgang

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 4.722 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr lieben,


    der Frühling hält auch in Sachsen Einzug und die Natur erwacht auch hier. Am Samstag hatte mein Kletterclub Jahreshauptversammlung. Vorher aber haben sich einige von uns noch zu einer kleinen Rundwanderung durch den Frühling getroffen. Es ging um und durch Freital, einem kleinen Nachbarstädtchen von Dresden. Von den teilweise traumhaften (Natur)Impressionen möchte ich gerne berichten.


    Es ging schon gut los. Eine Magnolie war schon in den Startlöchern,



    vorbei an wunderschönen Krokussen (auf Rindenmulch). Können wir gleich ne neue Art daraus machen; den Gelbblühenden Rindenmulchkrokus. :evil: :giggle:



    die ersten Kirschblüten trauten sich auch schon zaghaft raus; man beachte die von mir fein säuberlich platzierte Deko-Spinne. :giggle:



    Über diesen Fund habe ich mich sehr gefreut, der Hohle Lerchensporn Corydalis cava. Der riecht übrigens nach Clitocybe connata/Lyophyllum connatum. Wenn ihr also das nächste Mal den Weißen Rasling findet und daran riecht, dann wisst ihr auch, wie der Lerchensporn riechen muss. ;)



    Die Hasel Corylus avellana zeigte bereits ihre ersten Blättchen.



    Auch die ersten Duftveilchen (Viola odorata) zeigten sich.



    1. Ziel der Tour war das sog. Jochhöh-Schlösschen, ein altes Winzerschloss mit Weinberg, das erst mit der "Reblauskatastrophe" seine Bedeutung verlor.



    Auf dem Weg dahin gabs auch schon die ersten Pilze.


    Diatrype bullata



    Biscogniauxia nummularia über diesen Fund habe ich mich sehr gefreut, denn ich hatte die schon lange nicht mehr gesehen...



    Diatrype decorticata, wenn man so will "Diatrype stigma an Buche", denn die eigentliche D. stigma soll nicht an Buche vorkommen; der Fund ist auch mikroskopisch so bestätigt.



    Flammulina velutipes s.l. nach neuesten Erkenntnissen wohl nicht über die Sporen von F. elastica zu trennen. Mikroskopiert habe ich die trotzdem. Die Sporenlänge war unter 10 µm und damit wäre es nach altem Schlüssel F. velutipes s. st.



    Kurz nach dem Jochhöh-Schlösschen fiel mir eine interessante Pflanze auf, die bei Verletung gelb milchte. Unsere sehr kompetente Wanderleiterin hat diese als Schöllkraut (Chelidonium majus) bestimmen können; war für mich das erste Mal, dass mir die Pflanze auffiel.



    Die Rote Taubnessel (Lamium purpureum) darf natürlich auch nicht fehlen. Leider ist das Bild etwas verwackelt.



    Pilze auf dem Weg gabs natürlich weiterhin. An einer Stelle erfolgte ein großer Lauschangriff. Pilze hören eben alles. :evil:



    Die obligatorische Peniophora quercina (Eichenzystidenrindenpilz) darf natürlich auch nicht fehlen. ;)



    Die ungeweihförmige Geweihförmige Holzkeule Xylaria hypoxylon, da teleomorphe Form. Sieht man auch nicht alle Tage. ;)



    Ein Schichtpilz an Buche. Denke hierbei an den Rußbraunen Schichtpilz Lophoria spadicea, bin mir allerdings unsicher. Bekommt Pablo, dann wissen wirs genau. :thumbup:



    Am gleichen Buchenast war dann das. Bekommt auch Pablo. Ich halte mich von solch dubiosem Corti-Zeug fern und bleibe in meiner "Dunkelsporer- und Ritterlingskomfortzone". Da weiß ich, woran ich bin. :D



    Die obligatorischen Schmetterlinge gabs auch. Immer wieder fotogen.



    Bald danach kamen wir zu unserem 2. Etappenziel, dem Burgwartsberg. Der Ort hat eine große historische Bedeutung, denn dort hat ein Adliger im 12. Jahrhundert ein Castell erbaut; allerdings ohne Baugenehmigung. :evil: Er musste das aufgrund eines päpstlichen Dekretes wieder abreisen lassen. In diesem Dokument ist Dresden zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Habe leider dort keine Fotos gemacht, aber wir hatten immer wieder durch die laubfreien Bäume ganz nette Aussichten auf das Tal.



    Wir kamen danach zu einem schnuckligen Kiefernwäldchen; leider ohne Frühjahrslorcheln. X( Lediglich eine paar Milde Kiefernzapfenrüblinge Strobilurus stephanocystis konnte ich finden.


    Nach kurzem Abstieg machten wir auf einer großen Wiesenfläche Pause; direkt neben einem Tümpel mit tollen, alten, ausgehöhlten Weidenstämmen.





    Von Weitem sah ich schon die vielen Feuerschwämme Phellinus igniarius an den Stämmen thronen. :sun:



    Bei solch einem Habitat höre ich auch immer Anistrameten Trametes suaveolens rufen. Musste ganz schön suchen, bis ich die endlich hatte.



    Weidentintlinge Coprinellus truncorum suchte ich mal wieder vergeblich. X( Ebenso schrecklich war, dass ich einige Bestände und Anemonen nach dem anemonenbecherling abgesucht hatte; ebenso die großen Scharbockskrautbestände. Kein Rost und keinen Falschen Mehltau daran gefunden. :cursing: X( Warum müssen die Pflanzen alle dieses Jahr so schrecklich gesund sein. :haue:



    Nach einem kurzen Fußmarsch an der Wiederitz entlang haben wir folgendes sehen können: ein Abfluss aus einem Bergwerksschacht mit rostrotem Wasser. 8| Schon ein paar mal gesehen so was, aber immer wieder beeindruckend.



    Weiter gings vorbei am Wohnhaus von Wilhelmine Reichard, der ersten deutschen Ballonfahrerin...



    ... zum Schloss Burgk, wo wir uns im dortigen Schlosscafe ´zünftig stärkten.



    Am Sonntag hatte ich die Nase von Cortis, Porlingen und Pyrenos voll und habe gezielt ein paar mir bekannte Frühjahrslorchel-Standorte aufgesucht. Es nervt einfach keine Frühjarsascos zu finden. Ich bin nach laanger Suche endlich fündig geworden. Mir wurde auf einem Mal schlagartig klar, warum ich die über viele Jahre trotz intensiver Suche nicht fand. Die sind echt ein Meister der Tarnung, insbesondere, wenn die klein sind. Da übersieht man die leicht. Seit letztem Jahr aber habe ich das Lorchelauge. :cool:




    Verabschieden möchte ich mich mit ein paar kleinen Mini-Sonnen.



    Über Hinweise wegen möglicher Bestimmungsfehler (insbesondere der Pflanzen) wäre ich sehr dankbar.


    Ich hoffe meine Frühlingstour hat euch (trotz fast fehlender Frühlingspilze) gefallen.


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Stefan,
    toller Beitrag ! Der Rußbraune Schichtpilz hilft mir persönlich weiter.
    Wie unterschiedlich die Natur doch fortgeschritten ist. Während das Eine bei uns schon viel weiter ist, dürfen wir hoffen, dass anderes bei uns auch bei uns bald so weit ist, wie bei dir.
    Die kleinen Huflattich - Sonnen sind süß, ich glaube, die kann man gerade fast überall finden. Schöne Farbtupfer endlich. :)
    Liebe Grüße,
    Markus

    • Offizieller Beitrag

    Hi Markus,


    vielen Dank. Wegen des Schichtpilzes:Sicher bin ichmir da nicht, es sei denn ein Kenner nickt den anhand des Fotos ab oder aber Pablo bestätigt den mikroskopisch...


    ;)


    l.g.
    Stefan


  • Sehe ich auch so Stefan,


    aber damit hätten wir mal einen Arbeitsnamen. Und so viele Alternativen kommen mir da gerade nicht in den Sinn. Ich glaube,
    das sieht recht gut aus.


    LG, Markus

  • Hallo Stefan,


    ein schöner Bericht :)


    Die einzige Pflanze die du nicht "benamst" hattest, hat Markus ja schon benannt. Die Huflattichblätter, die erst nach den Blüten erscheinen, haben übrigens auch recht häufig irgend etwas - einen Pilz, Virus oder frag mich was das sein könnte ;) - Dich könnte dies aber vielleicht interessieren.


    Naja, und das Schöllkraut, bzw. der gelbe Saft des Schöllkrautes, hilft einfach unschlagbar gut gegen Warzen. Eine Verbindung zu einem Pilz oder etwas pilzigem kommt mir aber gerade nicht so recht in den Sinn ;)


    Liebe Grüße


    Maria

  • Danke für diesen schönen Rundgang durch ein mir sehr vertrautes Gebiet, Stefan! :thumbup:


    Ich habe ja einige Jahre ganz in der Nähe gewohnt (DD, Tharandter Str., Kesselsdorfer Str.) und in Pesterwitz/Altfranken gearbeitet.


    Am westlichen Waldrand des Jochhöh-Schlösschens fand ich vor ca. 25 Jahren "meine" ersten Fingerhut-Verpeln (Verpa conica).
    Sie wuchsen dort zu Hunderten unter alten Kirschbäumen.
    Leider habe ich sie in den letzten Jahren nicht mehr entdecken können.


    Aber ich denke, dieses tolle Gebiet ist immer wieder für interessante Pilzfunde gut.
    Das wäre doch auch mal was für eine gemeinsame Exkursion!


    Liebe Grüße vom Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Stefan!
    Das war ja mal eine ganz schön umfangreiche Tour! Und wie ich sehe, behältst Du Dein Vorhaben mit der Pflanzenbestimmung immer fest im Auge, Prima!
    Zum Schöllkraut sei noch gesagt, dass es einen quietschgelben Milchsaft enthält, mit dem man Warzen behandeln kann. (Habs schon versucht, hat funktioniert). :)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stefan!


    An den Bach mit dem eisenhaltigen Wasser musst du an Mittsommer noch mal hin, denn: "Die Neun überquerten den Isen am Mittsommerabend."


    Das Ding mit den Zähnchen sieht interessant aus, die Zähne sind eigentlich zu dick für einen getrockneten Radulomyces. Aber das wird sich zeigen.
    Der andere: Kann auch Duportella malenconii sein, so hell wie der wirkt. Aber auch das werden wir sehen.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hi ihr lieben,


    vielen Dank für die Antworten.


    Maria und Tuppie: danke für eure Ergänzungen. Die Sache mit dem Wildpflanzen mache ich eigentlich nur, um die phytopathogenen Pilze bestimmen zu können. Aber ich merke auch, dass es nicht schadet sich auch über (essbare) Wildkräuter zu informieren und sei es nur, weil die so hübsch blühen (und daran so hüsche Rostpilze vorkommen). :evil:


    @Pablo: Danke für deine Einschätzung. Ich bin gespannt.


    l.g.
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    ein schöner, informativer Ausflug. Danke Dir! Zwei kleine Anmerkungen: Du hast geschrieben: " ..... der Hohle Lerchensporn Corydalis cava. Der riecht übrigens nach Clitocybe connata/Lyophyllum connatum. Wenn ihr also das nächste Mal den Weißen Rasling findet und daran riecht, dann wisst ihr auch, wie der Lerchensporn riechen muss."
    Das hilft mir bei der Pilzbestimmung, denn bei mir ist das anders herum. Wenn ich jetzt irgendwann mal einen Pilz treffen sollte, der wie der Hohle Lerchensporn riecht, könnte das der Weiße Rasling sein. :evil:


    Und: Das Schöllkraut solltest Du Dir merken. Es ist leicht giftig und der ockerfarbige Milchsaft ist ein altes Mittel gegen Warzen. Hilft bei vielen Menschen tatsächlich.


    Liebe Grüße Claudia

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

    • Offizieller Beitrag

    Hi Claudia,


    danke für das Lob. Das mit dem weißen Rasling stimmt schon so; zumindest riecht er blumig. Der gefundene Lärchensporn vom WE hat leider nach nicht wirklich was gerochen...


    l.g.
    Stefan

    • Offizieller Beitrag


    8| Pilzliebe geht durch den Magen oder wie Stefan ? :evil: Die Kräuter sind z.T. zum futtern da .. ;) Tolle Tour :thumbup:


    Von mir aus. :D Ich hab Pilze und Pflanzen lieber unterm Mikro, bzw. unterm Skalpell. Ich hab mir ja nicht umsonst den Rothmaler zu Weihnachten schenken lassen. ;)


    Danke für das Lob.

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    danke für deine Antwort. Mikroskopiert hab ich die Diatrype nicht. Das Saubstrat sollte aber Salix sein, so dass ich mir bei der sicher war. Wenn du da eine bessere Idee hast, dann gern.


    Zu der Hypoxylon: Die war nicht mal 2,5 cm groß. Für Polymorpha oder Longipes ist das meiner Meinung nach zu klein.


    l.g.
    Stefan

  • Hallo Stefan,



    danke für deine Antwort. Mikroskopiert hab ich die Diatrype nicht. Das Saubstrat sollte aber Salix sein, so dass ich mir bei der sicher war. Wenn du da eine bessere Idee hast, dann gern.


    könnte das nicht auch Diatrypella verruciformis sein? Auch Eutypella acericola kann ich nicht ausschließen, glaube ich aber weniger.


    Zitat


    Zu der Hypoxylon: Die war nicht mal 2,5 cm groß. Für Polymorpha oder Longipes ist das meiner Meinung nach zu klein.


    X. longipes kann m. E. gut hinkommen. Bin mir aber natürlich nicht sicher.


    Viele Grüße
    Steffen

    • Offizieller Beitrag


    Hi,


    D. verruciformis so zusammenfließend? Die Eutypella kann ich nicht ausschließen. Ich habe den Ast nicht mehr und das auch nicht mikroskopiert.


    Die Holzkeule hingegen habe ich noch. Ich bin gespannt, ob ich da Sporen finde. Wenn ja, wissen wirs genau.


    l.g.
    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Das könnte man hier auch noch kurz aufklären:
    "Schichtpilz an Buche" ist in der Tat Lopharia spadicea (= Porostereum spadiceum = Rußbrauner Schichpilz).
    Der Zahnige danach ist Radulomyces molaris (Gezähnter Reibeisenpilz).



    LG, Pablo.