Biber - Gestalter oder Zerstörer?

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 4.405 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wutzi.

  • Liebe Forianer,


    bezug nehmend auf bauernhelmis Information zu den Bibern am Inn:


    https://www.pilzforum.eu/board…rland?highlight=biberland




    Inzwischen breiteten sich die putzigen Nager an beiden Innufern im gesamten von uns begangenen Gebiet (circa 15 Flusskilometer von Kraiburg bis Mühldorf) extrem aus.
    Mit der Folge, dass bereits jeder dritte große alte Baum am Ufer an/umgenagt ist. Von minimal kann man da nicht mehr sprechen.
    Die gefällten Bäume ragen in den Inn hinein oder werden weggespült - die Strömung bleibt weiterhin stark.
    Es gibt hier keine Fließgewässer, welches der Biber durch seine Fällaktivtäten aufstauen könnte.
    Der ökologische Nutzen ist für mich nicht erkennbar.
    Sorgen macht mir dagegen der eh schon rapide schwindende Eschenbestand, der mir bisher noch die leckerern Morcheln und Verpeln beschert.
    All die riesigen Baumleichen zu sehen, da blutet mir schon das Herz.


    Über Eure Meinungen und weitere Infos zu dem Thema freue ich mich.


    Im Folgenden Fotos von meinem gestrigen Nachmittagsspaziergang:



    LG

    liebe Grüße


    Marion und Marcus


    Pilze sind für uns wie Hunde: Sie treiben uns bei jedem Wetter raus in die Natur und bescheren uns das ein- oder andere Ungeziefer :worm: im Haus. Nur dass wir sie nicht füttern - sondern futtern!
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    Einmal editiert, zuletzt von Hukos ()

  • Jo, schließe mich Wiltrud voll an... der Biber ist Natur... wir sind die Trampel


    Wie oft bin ich schon an Stellen gewesen, wo ich an den Enterprise Spruch dachte "...wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist".... doch dann finde ich leere Bierflaschen, Plastiktüten etc... da ist mir Her Biber aber lieber...

    Grüße aus dem Moseltal

    Marco
    ----------------------------------------------------------------------------
    Wenn das Leben Dir einen Korb gibt... geh Pilze sammeln. ==18

  • Hallo,


    angesichts der Harvester, die schon einige "meiner" Pilzgründe total zerstört haben, gönne ich den Bibern jeden einzelnen Baum und verzichte auch gerne auf die ein oder andere Morchel....! ;)


    VG
    Wolfgang

    ----------------------------------------------------
    Ich bin ein fortgeschrittener Anfänger. Meine Einschätzungen zu Bestimmungsanfragen sind mit Vorsicht zu "genießen" !
    Und: Nicht jeder meiner Funde muss unbedingt bestimmt werden, ich freue mich einfach über jedes "Kerlchen"... :gzwinkern:

  • Auch wenn ich mir jetzt wenig Freunde mache, ich sehe solche Wiederansiedelungen eher kritisch.


    Wenn man eine verschwundene Tierart wieder ansiedeln möchte, muss man zunächst den Grund für ihr Verschwinden ermitteln. In fast allen Fällen ist es die Vernichtung/Veränderung des Biotops. Daher gilt es zunächst, die Lebensbedingungen wieder herzustellen. Und das betrifft nicht nur die Frage, ob sich ein Tier ernähren und vermehren kann, sondern auch und vor allem ob es noch in das ökologische Umfeld passt.


    Weiter muss man die Frage der Ausbreitungsmöglichkeiten und -risiken ermitteln. Eine Art in einem Inselbiotop auszusetzen führt spätestens dann zu Problemen, wenn der Bestand sich etabliert hat und eine kritische Populationsgröße erreicht. Hierbei ist natürlich auch das Vorkommen natürlicher Feinde zu beachten, die Populationen im Zaum halten. Kann sich eine Art ausbreiten, steht die Frage im Raum wohin und was sie dann in den eroberten Gebieten macht. Dazu gehört auch eine Konfliktbewertung beim zusammentreffen mit dem Menschen oder dessen Kulturen.


    Leider wird das oft versäumt und so enden manche Wiederansiedelungen in einer Art Jurassic-Park light. Es wird oft verdrängt, dass wir in einer Kulturlandschaft leben in der "die Natur machen lassen" ( mit Ausnahme weniger großer Waldgebiete) nicht mehr funktioniert und die langfristig zu einer dramatischen Verringerung der Biodiversität führt.


    Biber, Wolf, Lachs, Wisent sind für mich Beispiele einer Strategie, bei der der Wunsch die Realität verdrängt.

  • Hallo !
    Nun, bei uns gibt es keine Biber und ich bin bei diesem Thema recht zwiegespalten. Zunächst muss ich Rada zum Teil recht geben: Die Tiere verschwinden nicht nur wegen der Zerstörung oder Zerstückelung/Verkleinerung des Biotops sondern oft auch wegen der exzessiven Jagd auf sie.


    Gut, die Jagd auf die Biber ist jetzt auch verboten, weshalb sich die Tiere in ihren Wiederansiedelungsgebieten wohl recht gut vermehren. Man muss allerdings auch sehen, dass wir in Deutschland eine so dichte Besiedelung haben, dass die Flächen, wie sie Biber nun einmal brauchen nicht in hohem Maße zur Verfügung stehen, ohne mit anderen Interessen, seien es wirtschaftliche Interessen oder die der Menschen, die in ihrer Umgebung Erholung suchen, in Konflikt zu geraten.


    Der direkte Vergleich der Zerstörungswut des Menschen mit der Vernichtung alter Baumbestände an Flüssen durch den Biber hinkt schon ein wenig. Ich finde den Einsatz von Harvestern in manchen Waldgebieten und besonders auf frostfreiem Matschboden ja auch absolut "daneben".
    Wenn ich mir dann aber wieder vorstelle, dass die uralten Bäume an der Lahn durch Biber nach und nach verschwinden würden, (neue "uralte" Bäume wachsen ja nicht so schnell nach) und bei jedem Hochwasser ginge mehr und mehr Ufer verloren da die Bäume es nicht mehr halten, man könnte in den Lahnwiesen nicht mehr spazieren, weil sich alles in Sumpf verwandelt... hmmm.

  • Danke Ralf für diese Worte :thumbup:


    Ich denke die Mehrzahl der Menschen ist natürlich für die Wiederansiedlung verschwundener oder stark bedrohter ursprünglich heimischer Tierarten in einer intakten, ursprünglichen Natur. Gerade beim Biber zeigt sich aber genau das von Dir Ralf beschriebene Bild.


    In einem größeren, sich selbst überlassenen Auwald wird sich der Wald gerade durch den Biber immer wieder erneuern, verjüngen. Insgesamt gesehen dürfte z. B. in einem Auwald mit Bibern eine größere Artenvielfalt vorkommen wie in Auwäldern ohne Biber. Auch wenn hier Wasser durch den Biber aufgestaut wird und an anderer Stelle zutage tritt, dürfte dies in der Regel zu keinen Problemen führen.
    Die Biber vermehren sich aber und sie stehen unter Schutz. Was passiert also - wenn die Population zu groß wird bleibt der Biber eben nicht in den ursprünglich angedachten Gebieten sondern er verbreitet sich. Und in diesen neuen Gebieten, in landwirtschaftlich genutzten Gebieten, gibt es sehr wohl Probleme. Und die sind zum Teil nicht unerheblich und mit finanziellen Belastungen vor allem für die Landwirte verbunden.


    So schön und begrüßenswert es ist, dass der Biber wieder angesiedelt wurde, so bin ich persönlich der Meinung, dass eine ungehinderte Vermehrung eher kritisch zu betrachten ist.


    Hier einmal einen Zeitungs-Artikel zu dem Thema.


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo zusammen,
    Bei uns in der Schweiz herrscht ein regelrechtes Eschensterben. Man befürchtet 95% der Eschen zu verlieren.
    Dafür verantwortlich ist nicht der Biber sondern ein Pilz "Hymenoscyphus pseudoalbidus", der ein sogenanntes
    Eschentriebsterben auslöst. In unserer Umgebung wurden Tausende Eschen gefällt, um der Verbreitung des Pilzes
    entgegenzutreten.


    Ich teile eigentlich auch die Argumente von Ralf. Trotzdem gönne ich es unseren Bibern - sie mussten Jahrzehnte
    lang ganz unten durch. Und wer weiss, vielleicht wären ja unserer Eschen resistenter geworden, wenn sie regelmässig vom
    Biber angenagt oder gefällt worden wären.


    Gruss Stephan

    Ein Pilzler Namens Guschti Frei

    fand im Wald ein Hexenei.

    Voll Gwunder pocht er ein`ge Male

    an die butterweiche Schale;

    ob wohl ein Vogel drinnen sei?


    Chipcount 68: 100 -15 Beitrag APR2017, +10 Platz 8 (APR2017), +14 Platz 2 (Platzwette APR2017), -15 Beitrag APR2018 +10 Platz 6 (APR2018) - 15 Beitrag APR2019,

    -10 Beitrag APR2020, +6 PLatz 9 (APR2020), +3 Platz 4 (Platzwette 2020), -10 Beitrag APR2021, -10 Beitrag APR2022

  • Und noch ein hallo zusammen,
    ich teile voll und ganz Ralfs Meinung. Ergänzend nur die Bemerkung, dass die "Probleme" in der Natur als Ursache immer die meist durch den Menschen verursachten Veränderungen haben. So auch eine Wiederansiedelung von Wildtieren in einer Welt die ansonsten frei von Feinden ist und die nicht mehr den Raum bietet den sie irgendwann früher bot. Es geht nicht darum den Bibern was zu gönnen oder nicht. Auch nicht darum übertriebene Kurzschlussreaktionen bezüglich des Eschensterbens aufzurechnen. Es ist leider überall der gleiche Ungeist nur in verschiedenen Gewändern. Was m.E. nicht funktionieren wird ist eine von Menschen gemachte, oder besser: eingerichtete Natur. Und man muss sich auch nichts vormachen: Spätestens wenn der frisch genagte Baum auf das eigene Auto fällt ist auch beim größten Biberfreund die Pussierlichkeit der Tiere dahin.

    Meine Bestimmungen sind zwar nach bestem Wissen und Gewissen, aber sie können sich bei näherer Prüfung trotzdem als völlig falsch herausstellen.

  • Liebe Foris,


    Vielen Dank schon jetzt für die vielen schnellen Infos und Meinungen.


    Stephan: Die Pilzproblematik im Zusammenhang mit dem Eschensterben ist mir bewusst, wobei ich nicht ganz glauben kann, wie ein massenweises Fällen der Bäume den Pilz aufhalten könnte; ist dabei nicht eher die Gefahr, dass evtl. auch Bäume gefällt werden, die noch Resistenzen entwickeln könnten?
    Genauso besorgt mich eben dann, wenn eine der wenigen verbliebenen (evtl. sogar resistenten) Eschen dann vom Biber gefällt wird. (der sucht sich ja gezielt nicht etwa kranke, sondern besonders gesunde und "appetitliche" Bäume.


    Auch die Harvester- Erfahrung die Wolfgang beschreibt haben wir schon mehrmals gemacht - ist natürlich ebenfalls schlimm, aber man kann ja nicht das eine gegen das andere aufwiegen.


    Sehr dankbar bin ich für Ralfs und Maria's Beiträge, die mir die Problematik sehr anschaulich klar gemacht haben:


    Das von mir angesprochene Gebiet kann man zwar als Auwald bezeichnen, es erstreckt sich entlang des Inn's aber nur in einer Breite von 20 bis maximal 200 Metern. Natürliche Feinde hat der Biber hier (außer einer das Gebiet tangierenden Bundesstrasse) keine. Der noch verbliebene Waldstreifen stellt im Vergleich zu den sonstigen hier vorhandenen Wäldern (meist Fichtenmonokulturen) ein Naturparadies mit einer hohen Artenvielfalt (auch und besonders auf Pilze bezogen) dar. Die Anzahl der großen und alten Bäume ist hier aber bereits sehr überschaubar und vermindert sich durch die Bibertätigkeit jedes Jahr zusehends. Waldverjüngung ist hier kein Thema, aufzustauen gibt es wie gesagt nichts, - es besteht eher die Gefahr, dass der Wald über kurz oder lang in der Form völlig verschwindet, was ja dem Biber dann langfristig auch nix nützt.


    lieben Gruß


    Hukos

    liebe Grüße


    Marion und Marcus


    Pilze sind für uns wie Hunde: Sie treiben uns bei jedem Wetter raus in die Natur und bescheren uns das ein- oder andere Ungeziefer :worm: im Haus. Nur dass wir sie nicht füttern - sondern futtern!
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  • Hallo allerseits,
    Das Peenetal in McPomm wird seit einigen Jahren vom Biber "verwüstet". Hier baut er sogar Dämme (natürlich nicht, indem er die Peenetal staut😀). Die Esche wird weder er noch der Pilz ausrotten. Also kein Grund zur Aufregung.
    Viele Grüße
    Manfred


    P.S.: Der Biber hat einen schuppigen Schwanz und gilt deshalb als Fisch. Somit darf er in der Fastenzeit verspeist werden. 😀😀😀

    Ich sag immer "egal", obwohl es nicht egal ist.
    ...naja, egal...

  • Hallo, daß man Eschen fällt um dem Eschensterben entgegenzuwirken hat schon was von "South Park", nur waren es dort Tiere. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß man die noch verbleibenden Eschen zu Geld machen will, bevor sie vom dem bösen Pilz ausgehöhlt werden und ihr Marktwert ins Bodenlose rutscht.


    Ein Biberpaar hat man hier an der Fischbach auch mal ausgesetzt, schlauerweise in einem knapp 60 m breiten Streifen zwischen dem Bachlauf und einer nahezu parallel verlaufenden Landstraße. Einer der Biber war recht bald platter als sein Schwanz, welches Schicksal den anderen ereilt hat, kann man nur vermuten (ob es wohl was mit Manfreds Fisch-Theorie zu tun hat?). Zur Krötenwanderung wird die Straße wenigstens gesperrt, was zwar die Autofahrer nervt, aber doch begrüßenswert ist.

    Grüße aus dem Saarland, Holger smilie_ga_006.gif 

    "I'm only happy when it rains
    I'm only happy when it's complicated
    And though I know you can't appreciate it
    I'm only happy when it rains"
    (Garbage)



  • Da gibt es aus meiner Sicht nichts mehr hinzuzufügen. LG, Markus


                      (Und bitte auch zwischen den Zeilen lesen ! )

  • Hallo Markus,
    ich sehe das wie Du. Ralf hat es auf den Punkt gebracht. Hab' noch versucht selbst was zu schreiben, aber dann in die Tonne gehauen.
    LG
    Wolfgang

    Meine Bestimmungen sind zwar nach bestem Wissen und Gewissen, aber sie können sich bei näherer Prüfung trotzdem als völlig falsch herausstellen.

  • Ich finde, dass man solche Auswilderungsprojekte von Fall zu Fall entscheiden muss. Das Auswildern von Tieren/Pflanzen in Regionen, wo Menschen in der letzten Jahrzehnten die Lebensbedingungen komplett auf den Kopf gestellt haben, z.B. indem sie aus Urwäldern Nutzwälder, aus Auen und Feuchtgebieten Ackerflächen gemacht, oder aber Fressfeinde komplett ausgerottet haben, ist kaum mehr möglich. (Und damit meine ich nicht den Protest von Jagd- oder Bauernverbänden, wie wir ihn gerade bei den ersten schüchternen Ansiedlungsversuchen der Wölfe erleben.) Man kann nicht einfach Habitate zerstören und dann glauben, dass die Restpopulationen in Zoos aufbewahrt, vermehrt und nach Bedarf wieder ausgewildert werden kann. Die Eisbären sind das wohl eindrucksvollste Beispiel dafür, dass so etwas nicht funktionieren kann und wird, weil ihre Lebensgrundlagen so gut wie zerstört sind.


    Wenn die regionalen Voraussetzungen es zulassen, kann es in Einzelfällen aber durchaus sinnvoll sein, Tiere wie den Biber auszuwildern. Die Voraussetzungen sind jedoch ausreichender Raum und eine naturschutzfachliche Begleitung. Biber fällen große Bäume, verändern Wasserläufe, schaffen Überflutungsflächen und neue Habitate. Sie geben den Flüssen mehr Raum und schaffen damit Puffer gegen Hochwasser und die uns künftig wohl häufiger heimsuchenden Überschwemmungen. Wälder werden auf lange Zeit angelegt und die Biber roden im Gegensatz zu den Menschen nicht die kompletten Waldflächen. Auf lange Zeit werden in den "Biberhabitaten" auch wieder starke alte Bäume wachsen. Da unsere Lebenszeit kürzer als die des Waldes ist, tut es natürlich weh, erleben zu müssen, dass schöne starke Bäume dran glauben müssen.


    Insofern teile ich viele Bedenken von Ralf, würde aber den (ehemals) heimischen Tierarten gern eine Chance geben. Wir sind doch irgendwie mit unserem Latein der Intensivnutzung von Wald und Acker am Ende. Wölfe würden z.B. die Chance bieten, die Reh- und Wildschweinpopulation einzudämmen, die durch dem Maisanbau teilweise zerstörerische Ausmaße angenommen hat.


    Marias Zeitungsbeitrag macht deutlich, wie die Kampflinien um die Flächen verlaufen. Die Wiederansiedlung ist kompliziert, funktioniert nicht überall und bringt Konflikte mit sich. Ausschließen würde ich sie jedoch nicht wollen.
    Liebe Grüße Claudia

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


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  • Bei den (ehemals) heimischen Tierarten, oder den vom Aussterben bedrohten, sehen wir meist nur die großen. Biber, Wolf, Luchs, Wildkatze, Fischotter und vielleicht noch eine Handvoll mehr. In solche Projekte werden Unsummen investiert. Um aufzuzeigen, wie unsinnig das ist, muss ich eine Schleife drehen:


    Die (ehemals) große Artenvielfalt unserer Landschaft ist zu 95 % Ergebnis einer jahrhundertealten Kulturlandschaft mit extensiver Vieh- und Waldwirtschaft. Sie ist, wenn man so will, menschgemacht. Um das zu erhalten oder wieder herzustellen, muss auch der Mensch machen. Das bedeutet, dass es in den allermeisten Fällen eben nicht zielführend ist, den Menschen von der Nutzung auszuschließen. Auf der anderen Seite besteht heute fast kein Interesse und ist es auch wirtschaftlich nicht durchzuhalten, extensive Land- und Forstwirtschaft zum bestreiten des Lebensunterhaltes zu betreiben.
    In meiner Gegend z.B. gibt es Dutzende kleiner und kleinster Naturschutzgebiete. Die werden aber in fast allen Fällen sich selbst überlassen. Die Folge ist, dass sich durchsetzungskräftige Arten, wie auch Neophyten, so dominant ausbreiten, dass ein Großteil der angestammten Arten keine Chance mehr hat. Und mit den Pflanzen verschwinden auch alle Insekten die von diesen leben.
    Solche Gebiete müssten "gepflegt" werden im Sinne extensiver Landwirtschaft. Und das kostet richtig viel Geld. Viel Geld kosten auch diejenigen, die von staatlicher Seite mit der Pflege und Überwachung beauftragt sind. Bei uns sind das genau zwei Personen für das gesamte Kreisgebiet mit mehr als 50 NSG. Deren Budget reicht grade mal aus, ein- oder zweimal im Jahr Pflegemaßnahmen in einem oder zwei Gebieten durchzuführen. Für mehr ist kein Geld da.


    Bleiben wir beim Biber. Ich weiß nicht, welche Summen und wieviel manpower in diese Wiederansiedelungsprojekte gesteckt werden. Es dürften jedoch Millionen sein. Millionen, mit denen man eine Art wieder zu etablieren versucht. Analog dazu fließen Gelder in ähnlicher Höhe in Projekte anderer Großtierarten.
    Würde man diese Gelder und diese manpower in die Pflege der bestehenden NSG stecken, könnte man damit hunderte Arten retten.
    Ich kenne NSG, an deren Rand vor 30, 40 Jahren Schaukästen mit Bildertafeln bedrohter Arten aufgestellt wurden, die der Grund für die Unterschutzstellung waren und die seitdem sich selbst überlassen sind. Heute findet man hier und da noch verwitterte Reste dieser Tafeln. Die damals dort abgebildeten Arten sind fast gänzlich verschwunden oder gar lokal ausgestorben. Diese Flächen sind inzwischen artenärmer als die umliegenden, bewirtschafteten Randgebiete.


    Ökonomisch gesehen kostet jeder wiederangesiedelte Biber dutzenden Kleintier und Pflanzenarten die Existenz. Und dabei darf man den langfristigen Erfolg solcher Projekte auch noch hinterfragen.
    Traurigerweise ist es gesellschaftspolitisch nicht durchzusetzen, den Biber abzuschreiben um dafür Distelbock, Eisvogel, Schillerfalter, Tausendgüldenkraut, Orchideen, Hirschkäfer oder unzählige andere, den meisten Menschen vollkommen unbekannte Kleintiere zu erhalten.
    Was kein Fell und große Augen hat, hat keine Lobby in diesem Land.

  • Lieben Gruß


    Claudia


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  • Hallo Ihr,


    es wird ja mittlerweile in diesem Thread, über den Biber hinaus, und nur dies war ja das ursprüngliche Anliegen, etwas breiter diskutiert :) . Und wenn man dieses Thema nun schon breiter anlegt, dann muss ich sagen, dass ich persönlich mich eigentlich nur noch aufregen kann, dass ich nur noch fassungslos bin ... darüber was wir mit uns machen lassen, was reines Profitdenken, Inkompetenz?, Korruption?, viel zu langsame Bürokratie? ausrichten können!!!


    Was nutzt es Tiere wie z. B. den Biber wieder anzusiedeln, wenn gleichzeitig massiv, und so wie es aussieht dauerhaft, das Öko-System an sich zerstört wird? Lest einfach einmal diesen gerade erschienen Artikel - die Aussagen dieses Artikels sind nicht neu, aber schön und verständlich zusammengefasst. Und nach dem Lesen fragt Euch, ob es wirklich vordergründig wichtig ist über Biber, Wölfe, Luchse, Auerhähne und Co. zu diskutieren oder ob man nicht vielleicht einmal zunächst andere Dinge angehen sollte um überhaupt eine dauerhafte Lebensgrundlage für diese Tiere und nicht nur für diese!!! zu schaffen.


    Liebe Grüße (und ich hoffe ich bin jetzt niemanden auf den "Schlips" getreten :) )


    Maria

  • Mir trittst Du damit nicht auf den Schlips, liebe Maria. Du sprichst die globale Umweltzerstörung an, das ist ein komplexes und unerfreuliches Thema. Verantwortlich sind nämlich nicht nur die Anderen und die großen Umweltzerstörer. Daran sind wir alle mehr oder weniger beteiligt. Wir sind siebeneinhalb Milliarden Menschen und zumindest wir in den Industriestaaten müssten unser Verhalten drastisch ändern. Tun wir aber nicht, im Gegenteil. Wir beteiligen uns nach Kräften daran, das Klima aufzuheizen, die Meere zu vermüllen, Wälder zu roden, Arten auszurotten, Böden und Luft zu vergiften. Wollten wir das ändern, müssten wir unser Verhalten ändern. Das tun die wenigsten von uns freiwillig: Konsumverzicht, weniger Fleisch essen (die CO2-emissionen aus der Fleischproduktion sind höher als aus dem gesamten Verkehrsbereich), weniger fliegen, weniger Auto fahren, alles unbequeme Einschränkungen der individuellen Freiheit. Es gibt auch 1001 Gründe für jeden, warum man sich nicht anders verhält und viele dieser Gründe sind ja nicht von der Hand zu weisen.


    Dabei haben nur wir es in der Hand, die Dinge zu ändern. Monsanto verdient seit vielen Jahren an Glyphosat. Und so lange wir Verbraucher weiter billige Lebensmittel bevorzugen, wird die Agrarindustrie Glyphosat einsetzen, trotz des Artensterbens und Monsanto kann weiter verdienen. Ein anderes Beispiel: Weil wir billiges Fleisch bevorzugen, werden Tiere in Megaställen produziert, in denen man ohne Antibiotikagaben nicht auskommt. Abgesehen davon, dass das Tierquälerei ist, vergiften Gülle und Ammoniak Luft und Böden Die Zusammenhänge zwischen der Zunahme von Todesfällen durch multiresistente Keime und den Antibiotikagaben in der Massentierhaltung oder dem Artensterbent auf unseren Feldern und dem Einsatz von Glyphosat bekommen die Verbraucher nicht mit, weil sie außerhalb unserer täglichen Lebenswirklichkeit stattfindet. Dafür, dass das so bleibt, sorgen die, die daran verdienen. Dafür gibt es jede Menge Beispiele. Mit gezielter Bildung könnte man vielleicht einiges verändern. Aber ich befürchte, dass viele von uns diese Zusammenhänge gar nicht kennen wollen, weil es sich ohne dieses Wissen soviel bequemer lebt.


    Liebe Grüße Claudia

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


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