2 tolle Cortinarien - Sequenzierung

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 4.363 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Schwammer-Dieter.

  • Hallo Pilzfreunde,


    in diesem kleinen Bericht möchte ich ein paar neue Erfahrungen zum Sequenzieren vorstellen.
    Diesmal geht es z.B. um "Masking", "manuelles Basecalling" und Cortinarien.
    Inzwischen habe ich einige Sachen vertieft und Dinge gelernt die den einen oder anderen Pilzfreund (eher den Praktiker als den Theoretiker) vielleicht nützlich sein können.
    Diese Bericht baut auf diese 2 Berichte auf:

    Tiefer Einblick in ein Stockschwämmchen - Pilzbestimmung u. Bestimmungshilfe - Pilzforum.eu
    Psathyrella - lasset uns sequenzieren ;-) - Pilzbestimmung u. Bestimmungshilfe - Pilzforum.eu
    Diese beiden solltet Ihr vorher mal gelesen haben wenn Euch das Thema interessiert.
    Ich beschreibe alles wie immer an 2 echten Praxisbeispielen.

    Praxisbeispiel 1:

    Ihr erinnert Euch vielleicht an den tollen, seiner Zeit aber völlig unklaren Cortinarius-Fund vom 27.12.2015:

    Fundnummer: 2015-12-27-0923

    Makrodaten:
    Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, bei verschiedenen Laubbäumen
    Fundzeit: 27.12.2015
    Wuchsform: gesellig, teils büschelig
    Hutform:
    konvex, teilweise mit leichtem Buckel
    Huthaut: weiß geschuppt (befasert) auf orangem Grund
    Hygrophanität: ja
    Hutrand: weiß, jung: etwas befilzt, alt: nach oben gebogen
    Lamellen: entfernt stehend, jung: orangecreme, alt: braunorange, mit Zwischenlamellen, mit Y-Gabelungen
    Lamellenschneiden: etwas weißlich
    Lamellen-Stielübergang:
    ausgebuchtet und leicht herablaufend
    Stiel: weiß, minimal braun befasert im oberen Bereich, längsfaserig, wattig ausgestopft
    Velum-Farbe: weiß
    Stielbasis:
    sehr spitz
    Fleisch: creme, etwas orange anlaufend im Längsschnitt, deutlich orange anlaufend im Stiel-Querschnitt und zwar in der Stielrinde mehr als im Zentrum
    Größe: Hutdurchmesser ca. 3-5 cm, Stiellänge 4-7 cm, Stieldurchmesser ca. 10 mm
    Sporenpulverfarbe: Pantone 160U = ████
    Geruch: erdig, zerrieben pilzig nach Anis-Champignon
    Geschmack: nicht probiert
    Exsikkat-Farben: Huthaut: hellbraun, Lamellen: orangebraun, Stiel: beige, Fleisch: beige

    Mikrodaten:
    Sporen:
    leicht gewarzt, braun, dickwandig, etwas dextrinoid (weinrot-braun) in Melzer–™s
    (6.9) 8 - 9.1 (9.6) x (4.4) 5 - 5.9 (6.7) µm
    Q = (1.3) 1.4 - 1.6 (1.8) ; N = 57
    V = (70) 109 - 162 (215) µm ³
    Me = 8.4 x 5.6 µm ; Qe = 1.5 ; Ve = 138 µm
    ³
    mush-11934.jpg

    mush-11935.jpg

    Schlüsselt man mit FN kommt man auf den Birken-Gürtelfuß (Cortinarius bivelus) - der es mit viel Fantasie sein hätte können (ist es aber nicht).
    Diesen äußerst merkwürdigen, interessanten Fund musste ich natürlich weiter untersuchen.
    Er wanderte also in den Sequenzierautomaten. Das Ergebnis war jedoch sehr ernüchternd.

    Die Rohdaten-Qualitätsbewertung:
    Die Rohdaten sahen wirklich schlimm aus:
    mush-12224.gif
    An den stark abfallenden Amplituden (hier in Farbe cyan eingezeichnet) erkennt man, dass das Signal schwach und verrauscht war.
    Der Rauschabstand, also das "C über N" (bedeute Signal über Rauschen) ist nicht gut, vor allem an Anfang (in den Rohdaten das Ende) der Sequenz.
    Ein gutes Signal (einer anderen Sequenz) schaut z.B. so aus:
    mush-12225.gif

    Eine solch schlechte Sequenz wie bei diesem Fund kann verschiedene Ursachen haben.
    Z.B. zu niedrige DNA-Template Konzentration, falscher Primer, unvollständige Protein-Entfernung, chemische Verschmutzung der Probe, etc.
    Man kann nun
    a) das Problem technisch lösen, indem man eine neue Probe mit höherem Aufwand neu sequenziert oder
    b) eine Rückwärts-Sequenzierung durchführt, oder
    c) versucht mit den brauchbaren Stücken der Sequenz trotzdem eine Bestimmung oder Bestätigung der Bestimmung durchzuführen.

    In der Regel geht man den Weg c) --> b) --> a) - was ich hier nun tat.
    Sehen wir uns nun die gefilterten und komprimierten Daten im vorderen (in den Rohdaten hinteren) Bereich an:
    mush-12226.gif
    Wir erkennen, dass die Sequenz voller so genannter "Doublepeaks" ist - gelb markiert.
    Confidence Scores:
    Die Confidence-Scores, das sind Qualitäts-Werte (das sind die Balken oben an der gestrichelten cyan-farbenen Linie) sind schlecht.
    Ist ein Balken unter der Cyan-Linie bedeutet das in der Software Finch TV zum Beispiel: schlecht, über der Cyan-Linie: gut.
    Die DNA-Software berechnet die Confidence-Score: Q = -10 * log10(Fehlerwahrscheinlichkeit)
    Beispiele:
    Bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 1 zu 10 (=0,1) ist die Qualität Q = 10.
    Bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 1 zu 100 (=0,01) ist die Qualität Q = 20. --> das ist die z.B. Cyan-Linen-Grenze in der Software "Finch TV"
    Bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 1 zu 1000 (=0,001) ist die Qualität Q = 30.
    Bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 1 zu 10000 (=0,0001) ist die Qualität Q = 40.
    Usw. Es wird hier klar dass es 100% Fehlerfreiheit zwar niemals geben kann, Aber bei einer guten Sequenz erreicht man Confidence-Scores von über 50. Das heißt die Fehlerwahrscheinlichkeit ist 1 zu 100000 - und damit ist ein Fehler sehr unwahrscheinlich.

    Das Confidence Score Diagram:
    Bei solch schlechten Rohdaten wie bei diesem Fund muss man sich zunächst ein CSD machen (CSD = Confidence Score Diagram)
    Es stellt die mittlere Qualität über die Basen dar und sieht so aus:
    mush-12237.gif
    Wir sehen dass die Qualität nur zwischen BP 20 und BP 500 OK ist, der Rest sollte nicht für die erste Grobanalyse herangezogen werden.
    Wie wir hier weiter kommen sehen wir nun...

    Zurück zu unserer Sequenz:

    Der vordere und hintere Bereich der Sequenz ist also quasi unbrauchbar. Mit diesen Bereichen der Sequenz ist quasi nichts anzufangen.
    Der mittlere Bereich der Sequenz zeigt jedoch einigermaßen gute Confidence-Scores.
    Insgesamt betrachtet ist die Sequenz so dermaßen schlecht, dass eine BLAST-Abfrage ohne jede Handarbeit gar keinen Sinn macht.
    Tut man das trotzdem, landet man bei Cortinarius und bei Hebeloma jedoch gibt es logischer weise keine gute Übereinstimmung zu irgend einer Art.
    Man kann damit also NUR die Gattung Cortinarius oder Hebeloma bestätigen.

    Aber: Da ich die makroskopischen und mikroskopischen Daten kenne und eine Vorab-Bestimmung durchgeführt habe, besteht nun die Möglichkeit, Sequenzen der vorbestimmten Art Birken-Gürtelfuß (Cortinarius bivelus) und nahe stehenden Verwandten Arten mit brauchbaren Teilstücken der Sequenz zu vergleichen. Ergibt sich hieraus eine Eindeutigkeit - dann ist die Art bestätig oder eben bestätigt dass es sie nicht sein kann.
    In jedem Fall jedoch wird klar werden ob sich Schritt b) überhaupt rentiert, denn es ist ja möglich dass überhaupt keine Vergleichssequenz vorhanden ist.
    Man sieht hier wieder einmal wie wichtig es ist eine makroskopische / mikroskopische Bestimmung vor der Sequenzierung zu machen.
    Eine sehr gute Sequenz für den Vergleich ist KX355542 (Cortinarius bivelus) aus Polen.
    Beim Vergleich stellt sich jedoch folgendes heraus (hie rein Ausschnitt):
    mush-12227.gif
    Vergleicht man die abweichenden Basen, erkennt man, dass sichere Basen teilweise auch nicht übereinstimmen und in meiner Sequenz DNA-Ketten sind die bei Coritnarius bivelus nicht vorhanden sind.
    Wir können also sicher davon ausgehen, dass es sich nicht um Cortinarius bivelus handelt.

    Sequence-Masking hilft weiter:
    Mit einer einfachen, recht schnellen Methode kann man noch etwas aus einer solch kaputten Sequenz machen.
    Man kann die eindeutigen Basenketten - z.B. die mit über Confidence-Scores 20 quasi "filtern", und die nicht eindeutigen als nicht eindeutig - also mit "N" kennzeichnen.
    Diesen Vorgang nennt man "Maskieren". Wie geht das?
    Zunächst sollte jede Sequenzierautomaten-Software die Confidence Score mit ausgeben und im .abi-File abspeichern.
    Dies kann man überprüfen im Informationsbereich des Files.
    Die Confidence Score kann auch nachträglich berechnet werden. Es gibt alternative Routinen die ein "besseres" Ergebnis als Standard-Berechnungen bringen.
    Z.B. gibt es eine alternative Berechnungsroutine in der DNA-Baser Software (keine Freeware).
    Zunächst wandelt man das Chromatogramm in ein fastq-File um. Wichtig dabei ist, dass es in einem definierten Format abgespeichert wird, welches sie Maskierungs-Software versteht.
    Ich verwende dazu das fastq-Sanger-Format.
    So sieht das original Sanger-File für meinen Pilz aus:

    [font="Courier New"]@mein_Fund[font="Courier New"]
    ACCCTGGATTTGAGGTCACATTGATAAAGGATTGTCCAAGTAAATGGACTGTTAGAAGCTAAACTTGTGCTTTACCGTCAATAGCGTAAATAGTTATCACACCAA
    TGAGCAGTAAACAAATTGTTTTGCTAATGTATTTTAGGAGAGCCGACCTCAAGAGAAAGAGTCCAGCAAAAACCCCCACATCCAACACTCGTCATGCAAAAAAGC
    CGAAAAGGGTTGATATATTAATGACACTCAAACAGGCATGCTCCTCGGAATACCAAGGAGCGCAAGGGGCGTTCAAAGATTCGATGATTCACTGAATTCTGCAAT
    TCACATTACTTATCGCATTTCGCTGCGTTCTTCATCGATGCGAGAGCCAAAAGATCCGTTGCTGAAAGTTGTATAAGTTTATAGGCACAAAGGCCTGTTTATTAC
    ATTCTATAAACATACATGGGGGTATATGAAAAACATAGACCTGGAAACGCAGGGAAAGACAAAAAATCATTCCTCAAACCTGAATCTGTAAGGAATTCAGAGAGA
    TATCCGGGTCTACAAAAGGTTCACGGGGGGAAATATAAAGATGACAAGGGTGCACATGCTCCCTAAAAAACCAGAAGAAACTCACCAGGTTAATTTCAAAAATGA
    TCCTTCCGCAGGTTCACCTACGAAAACCTTGTAACAACTTTAACTTCCTCAATTTGACCAGGA
    +
    %&&%/&&'>=(+587.-5*5F8D7NON0I87M7OOD7I7ODUN7DUDDNNNUNUUXUXXXXXXM5/51:UUNNNII57=D?ID7750:715/NUUNNUI55E??:
    05577D::UU:UUUN505IGD?515E--5DDJJ666::5-5BD=77UNNUG))5-E5505OUUU?UIXXUUNXXNNIUNNUNII?NII????F005NXXXUUNIN
    :DD::1NNLDD?DOOON=/5++-?C=D=IUUNUNM?=-05=DONNM5-?5?UUUUO655?DDIDDD651NNNDDNL//5?<5-5//7GB?=0:DNNNN==5NUIU
    UUUD?D?DMI?UUUNNNUUUU:/:DUUUIUUNIINUIINND=505GGG?5++::NUNUNN://1LI6LDD:1:UUNUU:/:HHK?::DUOIUIO:15C:1:707N
    UUDNUUUU505==J:00NNLDDDDUUIUXXUUUDDIOOOI::=6IF=D?F5F50D:1:UIXUUN5//:5((5/0:<:/:1005++007500C5((5055-5--00
    :006-75-6--/;HD5-A5<65:-5553-+---7/:D://1007;:/50+-5:<:+-5//:8--555D0-???DIINOL5+-85++6GDJ::/F;0055-++--5
    /7/5/:57::FF5--/5//:@5D=5/=:5055--770/D::0-/5/95,-.--+)-0A7-/-.


    Das sieht verwirrend aus - ist aber ganz einfach: Grün - das ist nichts anderes als die Sequenz wie in einem .fasta-File.
    Was dazu kommt sind die Confidence-Scores (blau) und zwar im ASCII-Format, sodass die Maskierungs-Software damit arbeiten kann.
    Damit geht man also nun in die Maskierungs-Software, und sagt ihr: Ersetze alle Basen, die schlechter als 20 sind mit "N".
    Ich verwende die Software "Fastq-Masker".
    Heraus kommt:
    [font="Courier New"]@mein_Fund-masked
    NNNNNNNNTTNNNGGNNNNNTTGATAANGGATTGTCCAAGTAAATGGACTGTTAGAAGCTAAACNNNNGCTTTACCNTCAATAGCNNAANNNGTTATCANNCCAA
    NNNGCAGTAAACAAANNNTTTTNNNANNNTATTTTAGGNNNGCCGACCTCANNNNANNNNGTCCAGCAAAAACCCCCACATCCAACACTCGTCNNNCAAAAAAGC
    CGAAANGGGTTGATATATNNNNNACACTCAAACAGGCNNNCTCCTCNNANTACCAAGNNGCGCAAGGNNCGTTCAANNNTTNNNNNATTCANTGAATTCTNCAAT
    TCACATTACTTATCGCATTTCGNTGCGTTCTTCATCGATGCGNNNGCCANNNGATCCGTTGNNNAAAGTTGNATAAGTTNATAGGCACAAAGGCCNNTTNATNAC
    ATTCTATANNNATACNNGGGGGTATATGAAAAACATAGACCTGGAAACGCNGNNAANGACAAAANNNCNNNNNNCAANCNNNNNNNNGNNNGNNNNNNNNNNNNN
    TNNCNGNNTNNNCAANNGNTTNANNNNNNNNNNTNTAANNNNNACANNNNNNCACNNNNNCCNNNNNANNCCAGAAGAANNNCNNNAGGTTANTTNNNNNNNNNN
    NCNNNCNGCAGGNNNNNNNACNAANNCCNNNNNNCANNTTTNNNNNCNNNNNNNNNNCCNNNN

    Ja, viel bleibt nicht übrig - das ist klar.
    Da die Roh-Sequenz als reversed complement vorlag, muss ich daraus das reversed complement bilden:[font="Courier New"]
    @mein_Fund-masked_rev_komp
    GAGGAGNNNGCCTGTTTGAGTGTNNNNNATATATCAACCCNTTTCGGCTTTTTTGNNNGACGAGTGTTGGATGTGGGGGTTTTTGCTGGACNNNNTNNNNTGAGG
    TCGGCNNNCCTAAAATANNNTNNNAAAANNNTTTGTTTACTGCNNNTTGGNNTGATAACNNNTTNNGCTATTGANGGTAAAGCNNNNGTTTAGCTTCTAACAGTC
    CATTTACTTGGACAATCCNTTATCAANNNNNCCNNNAANNNNNNNNCNNNCNNNNNNNNGNTTGNNNNNNGNNNTTTTGTCNTTNNCNGCGTTTCCAGGTCTATG
    TTTTTCATATACCCCCNNGTATNNNTATAGAATGTNATNAANNGGCCTTTGTGCCTATNAACTTATNCAACTTTNNNCAACGGATCNNNTGGCNNNCGCATCGAT
    GAAGAACGCANCGAAATGCGATAAGTAATGTGAATTGNAGAATTCANTGAATNNNNNAANNNTTGAACGNNCCTTGCGCNNCTTGGTANTNNNNNNGGNNNNNNN
    NNNGNNNNNAAANNTGNNNNNNGGNNTTNGTNNNNNNNCCTGCNGNNNGNNNNNNNNNNNAANTAACCTNNNGNNNTTCTTCTGGNNTNNNNNGGNNNNNGTGNN
    NNNNTGTNNNNNTTANANNNNNNNNNNTNAANCNNTTGNNNANNCNGNNANNNNNNNNNNNNN

    Man sieht hier dass es ein Irrgang wäre, wenn man nur den Mittelbereich der Sequenz verwenden würde indem man vorne und hinten die schlechten Teile abschneidet wie es oft getan wird.
    Das Masking ist hier eine Pflicht!

    Weiter gehts mit BLAST und einer Lineage:
    Mit dieser Maskensequenz gehe ich nun wieder in BLAST, Taxon-ID: fungi, und zwar alles was "uncultured" ist gleich ausblenden, denn bei Cortinarius sind sehr viele uncultured dabei, die nur stören. Also weg damit. Man findet damit logischer Weise eine ganze Palette an Arten, die theoretisch in Frage kommen. Und zwar - ganz überraschend - mehr Hebeloma als Cortinarius. Genauer gesagt nur eine einziger Cortinarius der zugleich noch eine wahrscheinlich falsch bestimmte Hebeloma ist! Also NUR Hebelomas... ;)
    Hier das Ergebnis als so genannte Lineage:
    mush-12228.gif
    Überrascht? ;)
    Ich auch!
    Aber das heißt an dieser Stelle noch gar nichts. Bestimmte Ketten KÖNNEN Gattungsübergreifend gleich sein. Bei Hebeloma und Cortinarius ist das so.

    Schränkt man die suche auf Gattung Cortinarius ein passiert folgendes:
    mush-12229.gif

    Gleich als erster in der Liste taucht (hier zufällig) eine Telamonie auf, die in FN nicht gelistet ist.
    Der Schuppigzerrissene Gürtelfuß (Cortinarius incisus).
    Und dieser passt laut Beschreibung (nach der ich in der Literatur lange suchen musste) erstaunlich gut auf unseren Fund.
    Sollte das die Lösung sein?

    Manuelles Base-Calling über Einzelsequenzen:
    Eine Möglichkeit um weiter zu kommen ist das manuelles Base-Calling über Einzelsequenzen.
    Es gibt noch das Verfahren über das manuelle Base-Calling über eine Sequenzsammlung und Divergence-Map (was das ist erfahrt Ihr im nächsten Praxisbeispiel).
    Ich verwendete an dieser Stelle aber Einzelsequenzen, weil anhand der morpholigischen, mikroskopischen und DNA-Bruchstücke schon einigermaßen sicher war, dass es ein bestimmter Pilz, nämlich Cortinarius incisus oder eine nahe stehende Art ist UND weil ich ein Masking vorher machen musste.
    Ich suchte mir KU973875 als erste Sequenz aus für die manuelle Korrektur der schlechten Basenamplituden, alignete diese - und korrigierte die offensichtlich falschen Basen von hand:
    mush-12238.gif
    Dies wiederholte ich mit anderen Sequenzen die ich dieser Session hinzufügte so lange, bis keine Unklarheit mehr vorhanden war.
    Dass hier nach jeden Schritt ein Alignment gemacht werden muss versteht sich von selbst.
    Am Ende hatte ich folgende Palette von Sequenzen, die für einen finalen Basenvergleich für qusi-Eindeutigkeit sorgte:

    [font="Courier New"]KU973875 Cortinarius incisus Tunesien
    AY669656 Cortinarius incisus Deutschland
    GQ159899 Cortinarius pseudoduracinus Kolumbien
    KC581333 Cortinarius acutus Kanada
    HQ604677 Cortinarius junghuhnii Kanada
    HQ604674 Cortinarius acutus Kanada
    HQ604675 Cortinarius junghuhnii Kanada
    GQ159781 Cortinarius acutus Kanada
    FJ157001 Cortinarius acutovelatus Kanada
    KC842420 Cortinarius acutus Norwegen
    FJ039609 Cortinarius acutovelatus Kolumbien
    AY083175 Cortinarius acutovelatus Indien
    FJ717495 Cortinarius acutus Kolumbien
    AY669655 Cortinarius acutovelatus Deutschland
    FJ039695 Cortinarius laetus Kolumbien
    FJ039608 Cortinarius ceraceus Kolumbien
    FJ039692 Cortinarius acutus Kolumbien
    FJ039693 Cortinarius ceraceus Kolumbien
    HQ604679 Cortinarius acutus Kanada
    HQ604678 Cortinarius junghuhnii Kanada
    FJ039606 Cortinarius ceraceus Kolumbien
    FJ157002 Cortinarius acutus Kanada
    GQ159809 Cortinarius rigens Kanada
    AF325578 Cortinarius acutus USA

    Outgroup (für das gleich folgende Phylogramm):[font="Courier New"]
    KJ635244 Outgroup

    Das Ergebnis muss eine saubere Übereinstimmung der vorher "schlechten" Basen sein. Selbstverständlich darf man keine guten Basen dabei umbiegen.
    Nur die schlechten werden korrigiert. Und so sollte das Ergebnis dann aussehen (erste Zeile ist unser Fund):
    mush-12239.gif

    Phylogenetische Analyse

    Nach einem solchen Abgleich ist es normalerweise nicht mehr nötig weiter im Blast-Nirvana zu fischen.
    Es kann gleich eine phylogenetische Analyse mit bekannten Arten durchgeführt werden.
    Die roten Werte sind die so genannten "Bootstrap-Werte" - über die werde ich mal genauer berichten:
    mush-12240.gif
    Ganz klar - unser Fund ist zumindest mit den bekannten Sequenzen Cortinarius incisus.
    Nebenbei erkannt: Dass Cortinarius acutus und Cortinarius junghuhnii offensichtlich Phantome sind sollte nun klar sein. Hier verstecken sich mehrere Arten die noch nicht sauber getrennt sind oder teilweise zu einer Art zusammengefasst werden sollten.

    Ich musste einige Literatur wälzen um den Pilz endgültig zu bestätigen.
    Hier die Beschreibung nach Adalbert Ricken, in "Die Blätterpilze (Agaricaceae) (1915)":
    mush-12241.gif

    mush-12242.jpg

    Hier also nun viel Spaß mit diesem schönen Pilz - der Schuppigzerrissene Gürtelfuß (Cortinarius incisus):
    "Schuppig" und "zerrissen" - in der Tat... ;)
    Hier die ganz jungen Exemplare:
    mush-10752.jpg
    Etwas älter:
    mush-10753.jpg

    mush-10754.jpg

    Alt - schön aufgerissen:
    mush-10755.jpg

    mush-10756.jpg

    Praxisbeispiel 2:

    Ihr erinnert Euch vielleicht ebenso an diesen grandiosen Fund.

    Fundnummer: 2015-11-10-1453

    Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, auf Rasen, bei Weide (Salix spec.)
    Fundzeit: 10.11.2015
    Wuchsform: büschelig
    Hutform: konvex bis abgeflacht, Mitte kaum vertieft, wellig uneben
    Huthaut: hellbraun mit Lilaton, seidig, radialfaserig
    Hygrophanität: nein
    Hutrand: saumartig, mit wenig bräunlichem Behang
    Lamellen: braun, mit Zwischenlamellen, weit entfernt stehend, mit Y-Gabeln
    Lamellenschneiden: ohne Besonderheiten
    Lamellen - Stielübergang: gerade angewachsen
    Stiel: weiß, längsfaserig, oben braun befasert, mit weißer Ringzone, voll
    Velum-Farbe: weiß
    Haarschleier-Farbe: braun
    Stielbasis: keulig verdickt
    Fleisch: creme mit Violettton

    Größe: Hutdurchmesser ca. 3-8 cm, Stiellänge ca. 6-9 cm, Stieldurchmesser ca. 20 mm
    Sporenpulverfarbe: nicht getestet
    Geruch: gut pilzig
    Geschmack: nicht probiert
    Exsikkat-Farben: Lamellen dunkelbraun, Huthaut graubraun, Stiel außen: beige, Stielfleisch hellbraun. Die Lilatöne sind komplett verschwunden.

    Ich nahm keinen Geschmack auf, ebenso konnte ich die Sporendaten nicht aufnehmen (da ich keinen Sporenabwurf angefertigt hatte), auch die makrochemischen Reaktionen nahm ich nicht auf.
    Schlüsselt man nach FN wird es schwer. Es ergeben sich verschiedene Wege. Zum Beispiel kommt man beim Weißvioletten Dickfuß (Cortinarius alboviolaceus) heraus, für diesen passt die Weide nicht.
    Der richtige Weg, den ich zwar unter anderen im Auge hatte, aber wirklich unsicher war ist dieser:
    Seite 762 > HS1 > Reifpilz ist es nicht > HS2 > HS4 > HS5 > HS6 > subgen. Telamonia p. 826 > ST1 > ST21 > ST46 > ST47 > ST51 > ST52 > ST53 > Key L > da Sackgasse: Key F > F1 > F2 > F4 > Cortinarius saturninus

    Doch auch hier bestand das Problem, dass es weitere Arten gibt die in FN gar nicht gelistet sind.
    Ich musste also eine Sequenzierung und Sequenzanalyse durchführen um dem wunderschönen Pilz auf die Schliche zu kommen.
    Die genomische DNA wurde aus getrockneten Fruchtkörpern extrahiert. Die Amplifikation der ITS-Region wurde mit dem ITS4 Primer durchgeführt. Die Nukleotid-Sequenzen für die Berechnung des Phylogramms wurden aus NCBI und Unite entnommen.
    Das Ergebnis: Glück gehabt! Es gibt eine deutliche Übereinstimmung mit einem potentiellen Pilz der schon mit FN geschlüsselt werden konnte - Cortinarius saturninus!
    Für die Analyse habe mal eine etwas weitere Arten-Bandbreite gewählt, da sieht man schön, wo der Pilz steht.
    Das folgende ML-Phylogramm zeigt die Positionierung des Pilzes (Die roten Werte sind die ML Bootstrap-Werte).
    mush-12235.gif

    Nun schaut Euch diesen extrem schönen Pilz genau an.
    Ich präsentiere: Den Blaufleischigen Wasserkopf (Cortinarius saturninus) - der bei mir endgültig das Cortinarius-Fieber auslöste:
    mush-10247.jpg


    mush-10248.jpg


    mush-10249.jpg


    mush-10250.jpg


    Ich hoffe Ihr hattet Spaß an meinen kleinen Bericht und Freue mich über Eure Kommentare.
    Beste Grüße
    Dieter

  • Hallo Dieter,
    also ich bin beeindruckt, da ich so etwas noch nie gelesen habe. Aber was ich um so irrer finde ist die Tatsache, das die Literatur anscheinend etwas älter ist ( schaut zumindest so aus) . Und jetzt frage ich mich wie haben diese Leute die das geschrieben haben diese Pilze ohne die Sequenzierung bestimmen können? Das müssen ja wahre Genies sein. Also ich bin echt beeindruckt.

    Gruß, Robert
    Ach, die übrigen 4788 Großpilze die es noch gibt, die lerne ich auch noch kennen :)

  • Hallo Dieter,
    Wahnsinn. Das ist ja ein irrsinnig aufwendiges Verfahren. Ich verstehe davon kaum etwas. Aber das Ergebnis überzeugt natürlich. Wie lange hast Du dazu gebraucht?


    Liebe Grüße Claudia

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Dieter,


    sehr interessant, da werden ich mich noch genauer einlesen (die beiden eingangs verlinkten Artikel).


    Zu Deinem Fund von C. saturninus: Ist ein Bootstrap-Wert von 21 nicht wenig?


    Gruß, Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Dieter!


    Zum zweiten Schleierling kann ich nicht viel sagen, da müsste ich mich auch erst mal einlesen.
    Aber was den ersten Gürtelfuß betrifft: Telamonia incisa sensu Ricken ist doch ein völlig anderer Pilz als euer Fund. 8|
    Natürlich muss man berücksichtigen, daß die Beschreibung von Ricken nicht die Originaldiagnose ist (das ist ja Persoon 1801). Dennoch: Ricken beschreibt unter dem Taxon eine Art mit nacktem Hut (bei eurem Fund ganz deutlich von weißem, wolligem Velum bedeckt), der zudem hygrophan sein müsste (bei eurem Fund eindeutig nicht so), in den Farben kastanienfuchsig bis olivgrün, trocken fuchsig: bei eurem Fund blassocker und weiß überfasert. Ricken beschreibt rostfarbiges Stielfleisch, das wäre bei eurer Kollektion +/- cremefarben. Auch die Tafel zeigt einen Pilz mit ganz anderem Habitus als euren Fund.


    Also zumindest das, was Ricken unter Cortinarius (Tel.) incisus Pers. versteht, kann nicht euer Pilz sein.
    Interessant wäre in dem Zusammenhang die Originalbeschreibung von Persoon, und die Frage, von was für Pilzen die "Vergleichssequenzen" stammen. Wenn man ein solches Bäumchen bastelt, gerade noch in einer hochkomplexen (und bei weitem nicht abschließend bearbeiteten) Gruppe wie den Gürtelfüßen, wäre es schon sinnvoll, die Sequenz einer Aufsammlung auch mit der Sequenz des Typusmaterials zu vergleichen (so dazu denn eine hinterlegt ist).



    LG; Pablo.

  • Hallo Dieter nochmals,


    habe mich inzwischen durch die beiden vorangegangenen Forumsdiskussionen durchgehangelt. Alles habe ich nicht verstanden, aber das kommt hoffentlich noch.


    Als unbedarfter Einsteiger in die Thematik fände ich ein Ablauf-/Flussdiagramm mit den einzelnen Schritten sehr hilfreich, um einen Überblick zu bekommen. Kennst Du so eine Grafik oder könntest Du Dir vorstellen, so etwas zu erstellen? Gerne auch handschriftlich.


    Nachdem Du selbst noch nicht so lange (?) mit der Materie zu tun hast: Wie würdest Du einem Pilzkundler und blutigen Anfänger raten, einzusteigen?


    Zitat


    Nun schaut Euch diesen extrem schönen Pilz genau an.
    Ich präsentiere: Den Blaufleischigen Wasserkopf (Cortinarius saturninus) - der bei mir endgültig das Cortinarius-Fieber auslöste:


    Wirklich ein toller Pilz - kann Deine Begeisterung für die Schleierlinge gut nachvollziehen. Aber so richtig blaufleischig kommt mir Deine Kollektion nicht vor - oder täusche ich mich?


    Gruß, Andreas

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  • Hallo Dieter,


    sehr interessante Darstellung und zeigt auch, wie aufwendig molekulares Bestimmen ist (sein kann).


    Leider muss ich aber sagen, dass das Ergebnis nicht richtig sein kann. Pablo hat das ja auch schon richtig erkannt.
    Bei deinem Fund handelt es sich meiner Meinung nach völlig unzweifelhaft um eine Art aus den Duracini, während C. incisus als zu den Acuti/Obtusi gehörend gedeutet wird.


    Ich vermute, dass das am Herummanipulieren an der Sequenz liegt (du gleichst sie ja manuel an Sequenzen von Arten der Sektion Acuti an), kenne mich da aber viel zu wenig aus.


    Du darfst übrigens auch die Benennung der Sequenzen aus GenBank oder anderen Datenbank nie ungeprüft für bare Münze nehmen! Es sind sooooo viele falsch bestimmte oder vorläufig benannte und nie korrigierte Sequenzen in den Datenbanken, da musst Du sehr genau auswählen, welche Sequenzen überhaupt genügend sicher bestimmt sind dass du sie verwenden kannst. Bei Mollisia z.B. macht blasten überhaupt keinen Sinn, da ist nur Mist im Umlauf.
    Aus deinem Baum zu schließen, das Cortinarius acutus aus mehreren Taxa besteht, ist eine vermutlich falsche Schlussfolgerung. Die Sichtweise, dass verschiedene Arten fälschlich als C. acutus bestimmt wurden und deren Sequenzen dann unter eben diesem (falschen) Namen Eingang in die Datenbanken gefunden habe, dürfte mehr der Wahrheit nahe kommen.


    beste Grüße,
    Andreas

  • Vielen Dank erst mal an alle,
    Danke auch für die Hinweise zu dem - je sagen wir mal - incisus-Sequenz-ähnlichen.
    Das werde ich mir nochmal genauer ansehen - wird aber etwas dauern.
    Von dem Pilz habe ich Euch noch Bilder vorenthalten - er ist sehr variabel.
    Ist auch völlig glatt ohne Schuppen zu finden gewesen (wenn nass und älter) - und passt (mit den starken schuppen wenn jung) eben auf die originalbeschreibung von 1801. @Pablo, nein die Farben waren schon so wie ich schrieb - und du wirst an den anderen Kollektionen sehen wie gut er auf die Beschreibeung passt - dazu aber später.
    Duracini schaue ich mir nochmal an, obwohl schon getan, schloss ich aber anhand der sicheren Basen schon aus.
    Vielleicht weiß ja jemand noch mehr über dieses Mysterium.
    Solange setze ich den Pilz nochmal zurück auf "Cortinarius spec.".
    Wenn Zeit ist nache ich nochmal eine Rückwärts-Sequenzierung - denn den dürfen wir ja so nicht stehen lassen ;)
    Beste Grüße
    Dieter

  • Hallo Dieter,


    nochmal ich ...


    Also dieses manuelle korrigieren deiner Sequenz auf eine Zielsequenz hin, das kommt mir schon sehr dubios vor, muss ich gestehen.
    Dass schlechte Sequenzen manuel überarbeitet werden müssen, das ist schon klar, insbesondere wenn du Doppelpeaks hast. Allerdings habe ich gelernt, dass man dabei seeehr zurückhaltend sein soll, und im Zweifelsfall lieber lassen soll oder mal auf Y, M, K etc. korrigiert, also auf die Doppel- oder Triple-Codes. Ferner habe ich beigebracht bekommen, dass man die Bereinigung vorher macht, bevor man aligniert. Gerade eben um sich nicht beeinflussen zu lassen.


    Bei deinem oben gezeigten Beispiel 2, beim Chromatogramm, zeigst Du dass Du manuel die Base von A (grüne Bande) auf G (schwarze Bande) änderst. Warum tust Du das - die grüne Bande ist die stärkere, und wenn du schon änderst, dann doch am ehesten in einen Doppelpeak R (R bedeutet A oder G). Und wenn Du diesen Peak an der Stelle von A auf G abänderst, warum änderst Du dann nicht den Peak davor von A auf C? Und noch mal ein paar Peaks davor ist dieselbe Doppelspitze wie deine korrigierte - warum korrigierst Du da nicht?


    Ich glaube dass diese starke Korrektur mit bereits vorgefasster Meinung nicht statthaft ist, gefühlsmäßig. Aber wie gesagt kenne ich mich nicht wirklich damit aus.
    ___


    Die gekniete und spitz auslaufende Stielbasis, der steife weiße Stiel ohne sichtbare Velumreste - das sind ganz eindeutige Kennzeichen der Sektion Duracini nach traditioneller Umgrenzung (Moser z. B.). In Funga Nordica wurden einige Arten der bisherigen Duracini zu den Acetosi gestellt, und in der Tat sind da die Übergänge zumindest morphologisch nicht immer klar. Aber dein Pilz ist auf jeden Fall unter denen zu finden, die in Moser in der Sektion Duracini aufgeführt sind oder ein naher Verwandter dieser Arten.


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo Andreas,
    danke für die Fragen. In Kürze...



    Allerdings habe ich gelernt, dass man dabei seeehr zurückhaltend sein soll, und im Zweifelsfall lieber lassen soll oder mal auf Y, M, K etc. korrigiert, also auf die Doppel- oder Triple-Codes.


    Ja, das ist richtig, wenn man mit der Sequenz suchen gehen will.
    Unnötig wenn es in dem Such-pool keine Sequenz gibt bei dem die nicht passende Base vorkommt.



    Ferner habe ich beigebracht bekommen, dass man die Bereinigung vorher macht, bevor man aligniert. Gerade eben um sich nicht beeinflussen zu lassen.


    Ja, das passt. Siehe Beispiel 1. Bei Beispiel 2 kommt aber das gleiche raus (natürlich schnell mal probiert). Genau das wollte ich damit sagen.
    Du hast wahrscheinlcih das Test-Alignement verwechselt mit dem ich prüfte ob es bivelus überhaupt sein kann.
    Das kann man auch ohne jede Korrektur vorher mal machen.



    Bei deinem oben gezeigten Beispiel 2, beim Chromatogramm, zeigst Du dass Du manuel die Base von A (grüne Bande) auf G (schwarze Bande) änderst. Warum tust Du das - die grüne Bande ist die stärkere,


    Ganz kurz und schnell vorab: die Höhe des Ausschlages zeigt an dieser stelle nicht an, ob es ein A oder ein G ist.
    Man betrachtet 3 Dinge:
    a) welche Ausschläge gibt es (nicht wie hoch sind sie)
    b) wie hoch ist die Confidence score an der stelle?
    c) Welche Basen sind im Vergleichspool an dieser Stelle vorhanden.
    Dann ändert man auch nicht einfach so auf G, sondern entscheidet ob man auf G ändern muss, auf A lassen muss, oder aber auf R setzen muss.



    und wenn du schon änderst, dann doch am ehesten in einen Doppelpeak R (R bedeutet A oder G).


    Richtig, wenn man mit der Sequenz suchen gehen will ODER wenn im suchpool welche mit A, G oder R vorkommen.
    Unnötig wenn es in dem Such-pool keine Sequenz gibt bei dem die nicht passende Base vorkommt UND wenn kein weiterer Ausschlag vorhanden ist.
    Zeige ich mal in einem weiteren Beispiel wenn ich Zeit hab.



    Und wenn Du diesen Peak an der Stelle von A auf G abänderst, warum änderst Du dann nicht den Peak davor von A auf C?


    Weil aus eben der genannten Prüfung wie oben beschrieben folgt dass nur A stimmen kann.
    Wenn aus der Prüfung folgt, dass nur C stimmen kann, hätte ich sie auf C gelassen.
    Wenn - was auch vorkommt beide möglich sein können dann ändere ich auf M.



    Und noch mal ein paar Peaks davor ist dieselbe Doppelspitze wie deine korrigierte - warum korrigierst Du da nicht?


    Weil aus eben der genannten Prüfung wie oben beschrieben folgt dass nue A stimmen kann.


    Ich sehe dass die Thematik gut ankommt.
    Ich werde wenn Zeit ist mal auch die von Andreas beschriebene Methode hier vorstellen falls ein Pilzchen dabei ist wo diese nötig ist.



    Ich glaube dass diese starke Korrektur mit bereits vorgefasster Meinung nicht statthaft ist, gefühlsmäßig. Aber wie gesagt kenne ich mich nicht wirklich damit aus.


    Ja, das verstehe ich. Würde mir auch so erscheinen.
    Es ist anders:
    Die komplette Divergence Map enthält einige hundert oder wenn's sein muss auch tausend Einträge - welche dann numerisch ausgewertet werden (da optisch gar nicht mehr erfassbar) - das ist mit einer schnellen (ungenauen) manuellen Korrektur wie Sie Dir bekannt ist (also auf dual, triple oder quad ändern) nicht vergleichbar. Was nicht heißt dass diese ungenaue Korrektur fals ist - sie ist eben nur ungenauer.



    Die gekniete und spitz auslaufende Stielbasis, der steife weiße Stiel ohne sichtbare Velumreste - das sind ganz eindeutige Kennzeichen der Sektion Duracini nach traditioneller Umgrenzung (Moser z. B.). In Funga Nordica wurden einige Arten der bisherigen Duracini zu den Acetosi gestellt, und in der Tat sind da die Übergänge zumindest morphologisch nicht immer klar. Aber dein Pilz ist auf jeden Fall unter denen zu finden, die in Moser in der Sektion Duracini aufgeführt sind oder ein naher Verwandter dieser Arten.


    Danke für den Hinweis, das schaue ich mir noch an (dauert)
    Beste Grüße
    Dieter

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Ich kann die technischen Feinheiten nicht beurteilen.
    Aber ich denke wie Andreas, daß der Fehler ebensogut nicht bei deinen Sequenzen liegen könnte, sondern bei den Vergleichssequenzen. Wie Andreas schrieb: Da ist schon eine recht große Wahrscheinlichkeit dabei, daß die halt einfach falsch bezeichnet sind.


    Ich bin ja eher kritisch eingestellt, wenn es darum geht, nur aus ITS - Sequenzen systematische Verwandschaften abzuleiten. Das betrifft auf jeden Fall die Familien- und Gattungszugehörigkeit, aber eventuell auch die Zugehörigkeit zu bestimmten Sektionen innerhalb einer Gattung. Meiner Ansicht nach sind nur auf Basis von ITS - Sequenzen erstellte Verwqandschafts - Bäumchen ganz dünnes Glatteis. Siehe auch das Beispiel, das wir neulich hatten: War das nicht ein Tintling oder so, der dann plötzlich ganz nahe mit einem Ritterling hätte verwand sein sollen?


    Insofern: Wenn du eine Sequenz ermittelst (auch wenn sie nicht ganz sauber ist), und findest aber keinen passenden Datensatz in einer der Datenbanken, dann muss ja deine Sequenz nicht falsch sein. Ebenso wahrscheinlich wäre es, daß zu der von dir gefundenen Art gar keine Sequenz hinterlegt ist.


    Was mich ein wenig irritiert: Deine Bilder sind doch hervorragend. Da stimmt alles, von der Schärfe bis zum Weißableich. Warum also weicht die Optik der Kollektion so von der Beschreibung ab?
    Dazu bin ihc mal auf die weiteren Bilder gespannt, und würde fast jetzt schon 5 Chips setzen, daß du schlichtweg mehrere, verschiedene Arten am Standort gefunden hast. :)



    LG; Pablo.

  • Hallo in die Runde,


    ohne jetzt die rote Linie des Themas arg zu krümmen: Kann ich meinen Fund hier als C. bivelus ablegen?


    Folgendes hatte ich mir notiert, als ich den Pilz 2015 das erste Mal genauer anschaute:


    Zitat


    Sporen [95 % –• 20 –• SAP –• v –• H2O (nat)]: 7,9−9,5−11,1(−11,7) x 4,9−5,9−6,8(−7,1) µm; mandelförmig, braun, warzig


    Im Folgejahr hatte ich mir folgendes zur Ökologie notiert:



    Zitat


    Ökologie: kleinräumiges Gebiet mit Espen (Populus tremula), untermischt mit einzelnen Moor-Birken (Betula pubescens) und Rot-Buchen (Fagus sylvatica), gesäumt von Fichten (Picea abies)     Begleitfunga:  Tintenfischpilz (Clathrus archeri), Laubwald- oder Braunschuppige Rotkappe (Leccinum aurantiacum), Löwengelber Stiel-Porling (Polyporus leptocephalus), Papageien-Täubling (Russula ionochlora) und ein nicht näher bestimmter Vertreter der Herings-Täublinge (Russula subsect.  Xerampelinae) mit oliv gefärbtem Hut und ockerfarbenen Hutrand sowie erst nach Antrocknen wahrnehmbarer Heringsgeruch − möglicherweise der Olivbrauner Herings-Täubling (R.  cf.  cicatricata)


    Ich hoffe auf euer Verständnis für das Intermezzo.


    Gruß, Andreas

  • Hallo Andreas,


    C. bivelus hat keine Blautöne. vor allem nicht in den Lamellen, uund die entfernten, dick wirkenden Lamellen passen auch nicht.


    kann nicht sagen was es ist, aber kein bivelus. Vielleicht lucorum oder was aus der Ecke, hab aber nicht die Sporen verglichen jetzt ....


    beste Grüße,
    Andreas