Trichterling ist entlarvt

  • [font="Arial"]Hallo Pilzfreunde,
    Der folgende Bericht handelt vo
    m Langstieligen Anis-Trichterling (Clitocybe fragrans), den ich hier im Forum vorstellte:

    https://www.pilzforum.eu/board…5-2016-3-fruehlings-arten

    Da er ungewöhnlich aussah, gerieten wir ins Zweifeln und ich beschloss eine Sequenzanalyse durchzuführen um meine Bestimmung zu bestätigen bzw. zu korrigierten.
    Das Ergebnis seht Ihr gleich.... ;) - viel Spaß damit.
    (Ich eröffnete einen neuen Thread um den anderen nicht zu sprengen)

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    [font="Arial"]Fundnummer: 2016-05-26-1710
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    [font="Arial"]Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, unter Linde, Vogelkirsche, Ahorn
    Fundzeit: 26.05.2016
    Wuchsform: paarweise
    Hutform:
    jung: konvex, leichter Buckel, alt: Zentrum stark vertieft
    Huthaut: jung: braun, alt: Zentrum braun, nach außen hin heller (creme) werdend
    Hygrophanität: ja
    Hutrand: jung: eingerollt, weiß, alt: kantig, weiß
    Lamellen: creme, mit Zwischenlamellen, mit Y-Gabeln
    Lamellenschneiden: ohne Besonderheiten

    Lamellen-Stielübergang:
    jung: gerade angewachsen, alt: etwas herablaufend
    Stiel: bräunlich
    , weiß bereift, wattig ausgestopft
    Stielbasis:
    verdickt und rund, stark myzelfilzig
    Fleisch: beige
    , im Schnitt etwas bräunend
    Größe: Hutdurchmesser ca. 1-2,5 cm, Stiellänge 2-5 cm, Stieldurchmesser ca. 3-4 mm
    Sporenpulverfarbe: gab kein Sporenpulver ab
    Geruch: jung: neutral, alt: gut fruchtig und pilzig und minimal nach Anis
    Geschmack: nicht probiert

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    [font="Arial"]Mikrodaten:

    HDS:
    Zellen septiert, meist zylindrisch, mit ein paar angeschwollenen Segmenten, Enden meist verjüngt, aber auch verdickt (selten)
    Durchmesser ohne Anschwellungen gemessen:

    (6.9) 7.7 - 11.5 (13.6) µm
    N = 18
    Me = 9.7 µm
    Anschwellungen: bis 22 µm

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    [font="Arial"]Cheilos:
    (13.7) 13.71 - 21.7 (23.2) x (3.3) 3.7 - 5.1 (6.3) µm
    Q = (2.2) 3.7 - 4.6 (5) ; N = 6
    Me = 17.2 x 4.5 µm ; Qe = 3.9

    Pleurozystiden:
    keine gefunden


    [/font]
    [font="Arial"]Basidolen und Basidien:
    4-sporig und 2-sporig
    (19.7) 20.7 - 28 (29) x (5.4) 5.6 - 6.4 (7) µm
    Q = (3.1) 3.3 - 5 (5.4) ; N = 17
    Me = 24.7 x 6.1 µm ; Qe = 4.1


    [/font]
    [font="Arial"]Sporen:
    (6.2) 6.3 - 7.2 (8.1) x (3.6) 3.7 - 4.2 (4.4) µm

    Q = (1.6) 1.61 - 1.85 (1.9) ; N = 34
    V = (45) 48 - 70 (78) µm ³
    Me = 6.8 x 4 µm ; Qe = 1.7 ; Ve = 57 µm ³


    [/font]
    [font="Arial"]Tramahyphen in den Lamellen:
    mit Schnallen

    Stielhyphen:

    septiert, mit Schnallen
    (4.9) 5.1 - 8.1 (10.5) µm
    N = 12
    Me = 6.5 µm


    [/font]
    [font="Arial"]Gröger-Schlüsselung:
    [/font]
    [font="Arial"]A* > B > B* > D > D* > E > Option 1: Teilschlüssel a > 1 > 1b > 2 > 2a > 3 > 3b > 5 > 5b > 11 > Sackgasse
    [/font]
    [font="Arial"]A* > B > B* > D > D* > E > Option 2: E* > F > F* > H > H* > Teilschlüssel c > 1 > 1b > 8 > 8b > 9 > 9a > 10 > 10a > 11 > 11b > Clitocybe fragrans
    Verglichen mit verschiedener Literatur - das passt!

    Allerdings kamen folgende berechtigte Einwände:
    - Karl erkannte dass in der Gattung keine echte Cheilozystiden zu finden sind. OK, es könnte sich bei den Elementen um Basidolen handeln
    - Karl erkannte dass die bereifte Steilspitze nicht zu Clitocybe fragans passt. OK; aber bereift waren nur die sehr jungen Exemplare.
    - Die unglatten Sporen passen nicht so recht.
    - Matthias meinte es könnte auch Gattung Rhodocybe sein - hier hatten wir jedoch keinen gefunden der passt.
     
    Es blieb nichts anderes übrig als den Pilz zu sequenzieren.
    Diesmal waren die Rohdaten sehr gut:

    [/font]
    [font="Arial"]Die Confidence Scores waren durchweg sehr gut:

    Nur am Anfang und am Ende sollte man einen Blich auf die Daten legen und ggf. nachkorrigieren.

    [/font]
    [font="Arial"]Vorab-Prüfung der Gattung mit Blast:
    Bei einer solch guten Sequenz kann man ohne weiteres erst mal die Gattung verifizieren.
    Ganz klar landete ich über Blast bei Clitocybe.

    Manualles Bascalling über Divergence Map:;
    Zunächst führte ich die Sequenzkorrektur durch. Dazu erstellte ich eine Divergence Map (hier ein Auszug):

    Es waren nur 3 Basen zu korrigieren.

    Blast Abfrage, Unite Abfrage:
    Mit dieser bereinigten Sequenz führte ich die Blast-Abfrage durch.
    Die Gattung Clitocybe ist in der NCBI Datenbank leider unvollständig und fehlerhaft abgebildet.
    Es gibt ähnliche Pilze für meinen fund, jedoch leider keinen Treffer.
    Ein mir bekannter Sequenzierer hat eine Sequenz-Sammlung, in seiner Datenbank sind 2 nahe Treffer zu finden.
    Clitocybe fragrans (100% Identidät) und Clitocybe obsoleta (100% Identidät).
    Die beiden Arten sind durch die ITS-Region der DNA nicht unterscheidbar, jedoch durch Morphologie & Mikroskopie.
    Deshalb nahm ich C. obsoleta informativ mit in die Recherche auf, obwohl er morphologisch bereits ausscheidet.
    Clitocybe obsoleta ist in der NCBI Datenbank nicht vorhanden.
    Für Clitocybe fragrans gibt es 4 Einträge in der NCBI Datenbank. 2 Davon dürften Fehlbestimmungen sein.
    Bei Unite gibt es 5 Einträge für Clitocybe fragrans und ebenfalls keine Einträge für Clitocybe fragrans.

    Phylogenetische Analyse:
    Aus dieser Sequenz-Sammlung erstellte ich ein Phylogramm mit folgendem Ergebnis:

    [/font]



    [font="Arial"]Distance Map:
    Die Abstandswerte habe ich nicht in das Phylogramm eingeblendet da es sonst zu unübersichtlich wird.
    Dazu erstellte ich eine Distance Map - diese sieht so aus:

    Das bedeutet: C. obsoleta deckt sich 100% mit meiner Sequenz, jedoch nur in der ITS-Region, scheidet aber morphologisch aus.
    Mein Fund deckt sich 99-100% mit den C. fragrans-Sequenzen aus den unite- und NCBI-Datenbanken (Ausnahme: die beiden vermutlich fehlbestimmten).
    Er ist somit molekularbiologisch bestätigt.

    Damit bleibt es der Langstielige Anis-Trichterling (Clitocybe fragrans):

    jung:

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    [font="Arial"]alt:

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    [font="Arial"]Beste Grüße
    Dieter
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