Agrocybe (dura?) + schrecklich ! stinkende ! Psathyrella !

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 4.080 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von abeja.

  • Hallo,
    gestern war ich im Regen unterwegs, ist ja auch mal schön.
    Es wird nur dann kompliziert, wenn man auch Pilze findet und die auch fotografieren/dokumentieren möchte.
    Schirm, Kamera, Tasche, Pilz ...


    Zum Glück "war nicht viel", ein Trupp Gesäte Tintlinge, Ohrlappenpilze aufgequollen UND zwei Neulinge in meiner Sammlung, wo ich hier nachfragen möchte.
    Alle Bilder auf 1200 Pixel Breite vergrößerbar.


    01
    Nicht immer scheint die Sonne, die Mauersegler sind da und waren im Tiefflug unterwegs, man sieht im Original sogar die Mückenschwärme, die bejagt werden.




    Pilz 1, Agrocybe spec. (dura ?) :
    Schweiz, Ergolzmündung bei Kaiser-Augst, ca. 270 m, 06.05.2017, im Regen,
    auf gegrünter Wegböschung zwischen Gras und Klee am Yachthafen, div. Sträucher und Weiden in der Nähe


    4 halbkugelige helle Pilze (weißlich mit gelblichem Rand) einzeln auf 1 Quadratmeter
    ca. 3-4 cm Hutdurchmesser, Oberfläche nass etwas schleimig-glitschig.
    Stiel gleichfarbig, ca. 5-6 cm lang, bis 7 mm dick, sehr zugespitzt und wurzelnd, relativ stark befasert und hohl werdend.
    deutliches faseriges "unordentliches " Velum, hängt teilweise am Hutrand, teilweise am Stiel,
    Fleisch relativ fest und weiß
    Lamellen relativ weit stehend, leicht gesägt, untermischt, breit und leicht ausgebuchtet angewachsen, hell-cremefarben (später mit Sporenpulver ganz zart bräunlich gefärbt).


    Geruch: nicht mehlig-gurkig (gar nicht), schwach ausgeprägt kakaoartig, angenehm
    Geschmack: nicht mehlig-gurkig (gar-nicht) , mild, pilzig-angenehm
    (Im letzten Jahr hatte ich mehrfach A. praecox, auch ganz feucht und frisch, auch Geschmack probiert, auch zubereitet, die waren m.M. nach deutlich anders im Geschmack und Geruch.)
    Sporenpulver: mittelbraun


    Mein erster Gedanke war, dass ich eigentlich Agrocybe praecox erwarte, dass es aber keine Agrocybe praecox (Voreilender Ackerling) ist (etwas andere Farbe, anderer Geruch, weniger "unordentliches" Velum, weniger Fasern am Stiel, Stiel nicht so zugespitzt)


    Von den Alternativen habe ich mir Agrocybe dura, pediades und vervacti angeschaut.
    Ich meine, es ist am ehesten Agrocybe dura (Weißer Ackerling, Rissiger Ackerling), was meint ihr?


    02


    03


    04 am anderen Morgen






    Pilz 2, Psathyrella spec. (supernula ?)
    Schweiz, Ergolzmündung bei Kaiser-Augst, ca. 270 m, 06.05.2017, im Regen,
    auf begrüntem Streifen direkt neben dem Fluss, Weiden in der Nähe, im Gras, ob auf Holzresten ist fraglich.


    auf 1 Quadratmeter mehrere, größtenteils angefressene, dunkel rot-braun erscheinende Pilze, max. 3 cm Hutdurchmesser,
    Huthaut nass glänzend, gestreift, in der Mitte heller, kleinster Pilz mit deutlichem weißen Velum
    Lamellen sehr rot-braun erscheinend, untermischt, ausgebuchtet angewachsen, hellere Schneide
    Stiel weißlich, überfasert, hohl, ca. 5 cm lang, 3 mm dick
    Pilze extrem fragil, Basis brach immer ab (hätte ausgegraben werden müssen, ob auf Holz wachsend ??)


    Geruch: extrem stinkend nach verbranntem Horn oder Leuchtgas, sehr ähnlich dem Schwefelritterling (alle Pilze, ob feucht oder trocken --> edit am 08.05.: kurz angetrocknet mit Gestank, nach 2 Tagen noch mal gerochen: süß duftend)
    Geschmack: nicht getestet
    Sporenpulver: schwarz mit Hauch von Purpur


    Die Pilze sind extrem hygrophan, trocknen sehr schnell auf hell-beige ab, der Geruch ist auch noch bei den trockenen Pilzen wahrnehmbar.


    Ich habe nach stinkenden Psathyrellen gesucht und nur Psathyrella supernula (Geruch beschrieben als "heißer Asphalt" - Beschreibung würde passen , stinkend eventuell auch Psathyrella olympiana, Marios Pilz hier im Forum, Geruch aber eher nach Kohl ?) gefunden.
    Die sollten aber in größeren Gruppen auf Holz (im Herbst ?) wachsen ...?


    Pröbchen sind vorhanden.


    05


    06


    07


    08


    09 frisch aus Döschen ausgepackt


    10 kurz angetrocknet

  • Hallo Abeja,
    Agrocybe dura würde ich bestätigen (keine Essfreigabe), bei den Psathyrellen kenne ich mich nicht gut genug aus, um via Bildschirm die Art zu erkennen. Ich glaube lediglich zu wissen, dass Psathyrella olympiana reichlich Velumflocken auf der Hutoberfläche hat.
    FG
    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Hallo Abeja,


    ich hatte auch mal eine Kollektion stinkender Psathyrella gehabt die genau so ausgesehen hat und ich auch als P. supernula angesprochen hatte. Damals habe ich die Andreas geschickt um Sie zu mikroskopieren und es kam P. olimpiana raus, daher schätze ich mal das es eine mikroskopische Untersuchung da ein muss ist.


    Hier ist noch mal den Link zu den damaligen Post.
    https://www.pilzforum.eu/board…rnula?highlight=supernula

    Gruß Mario
    Ein Gruß aus den Bergischen Land


    Pilzchips 40 / 13 PC fürs APR.


    Bei Geschmackprobe bitte nicht runter schlucken.

  • Hallo abeja & zusammen,
    die für supernula charakteristische lange Wurzel ist zwar im Boden verblieben, aber es gibt nur eine wirklich stinkende Psathyrella (im Original "von abscheulichem Wanzengeruch"). Also eine, die wirklich stinkt, nicht nur unangenehm kohlig etc. riecht.
    Beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo zusammen,
    Beim Psathy werfe ich mal P. bipellis in den Raum. Der stinkt übel und passt optisch gut.
    LG Stephan

    Ein Pilzler Namens Guschti Frei

    fand im Wald ein Hexenei.

    Voll Gwunder pocht er ein`ge Male

    an die butterweiche Schale;

    ob wohl ein Vogel drinnen sei?


    Chipcount 68: 100 -15 Beitrag APR2017, +10 Platz 8 (APR2017), +14 Platz 2 (Platzwette APR2017), -15 Beitrag APR2018 +10 Platz 6 (APR2018) - 15 Beitrag APR2019,

    -10 Beitrag APR2020, +6 PLatz 9 (APR2020), +3 Platz 4 (Platzwette 2020), -10 Beitrag APR2021, -10 Beitrag APR2022


  • Hallo Andreas,
    Nicht, dass ich Dir nicht glaube, aber ich konnte es fast nicht glauben, dass dieser Pilz nach Holunderblüten riechen soll. Da musste ich doch gleich mal etwas in der Literatur blättern und fand bezüglich Geruch erstaunliche Unterschiede in der Beurteilung.


    Viele meinen nach Mottenkugeln, etliche aber auch fruchtig, sogar angenehm fruchtig. Ludwig beschreibt den Geruch auch bisweilen als (unter anderem) unangenehm ähnlich Coprinus narcoticus (so riechen meine bipellis ;( ). Selten scheint der Geruch auch gänzlich zu fehlen.


    Kein Wunder hat er den Nachnamen odorata verloren. ;) Dachte diese Ergänzung wäre noch interessant.


    Gruss Stephan

    Ein Pilzler Namens Guschti Frei

    fand im Wald ein Hexenei.

    Voll Gwunder pocht er ein`ge Male

    an die butterweiche Schale;

    ob wohl ein Vogel drinnen sei?


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  • Hallo,
    danke für die vielen Antworten!


    Ja, Andreas, ich habe noch alle "Brösel", sind jetzt pulvertrocken ... ich schicke sie dir gerne zu.


    ... und Überraschung!!!


    Im ganz trockenen Zustand DUFTEN die Pilze, süßlich nach Holunderblüten !!!!!
    Und sie haben wirklich feucht und frisch (und auch noch leicht angetrocknet am ersten Tag) extrem gestunken!


    Vom Bildvergleich her gefällt mir Psathyrella bipellis ausgesprochen gut, auch das eher einzelne Wachstum auf mutmaßlichen kleinen Holzstückchen, jedenfalls zeigt das linke Bild hier auf Andreas/ Pilzmel's Seite einen ähnlichen Fundort.
    http://www.vielepilze.de/selte…/odorata/esumodorata.html



    Mag noch jemand etwas zu dem Ackerling sagen - gibt es weitere Meinungen?
    Ich bin ... eigentlich ... ziemlich von Agrocybe dura überzeugt...
    auch davon hätte ich Proben (getrocknet statt gegessen), wenn das für jemanden von euch von Interesse sein sollte -
    oder wenn irgendwer mal wieder wetten möchte ... ;)
    [hr]
    Ich habe dann mal nachgelesen, wie denn Coprinopsis narcotica (Coprinus narcoticus) riechen soll ... "narcotisch" ...d.h. man fällt in Ohnmacht ? :D


    Ich fand dann noch "unangenehm, asphaltig, mistartig bis gasartig." ... also meine Psathyrella war "asphaltig, gasartig", ich stimme also zu.

  • Hallo zusammen,
    die Brösel werden's zeigen, denke ich.
    An bipellis habe ich noch nie geschnuppert; Gerüche sind sowieso arg schwammig. Wurde übrigens umbenannt, weil der Name schon vergeben war, nicht wegen fehlenden Duftes.
    Und supernula wurde ein zweites Mal beschrieben, als narcotica. Sollte also stinken.
    Beste Grüße,
    Andreas

  • [font="Verdana"]Hallo zusammen,[/font]
    [font="Verdana"]ich habe den Pilz untersucht. [/font][font="Verdana"]Weder narcotica noch bipellis, sondern vinosofulva.[/font]
    [font="Verdana"]Warum? Erstens sind die Sporen ein Tuckelchen zu klein, insbesondere zu schmal. Zwotens sind die Zystiden viel zu oft leicht kopfig. Drittens haben die Zystiden nie irgendwelche Einschlüsse, welche bipellis hat.
    Hier mal die Zystiden von zwei verschiedenen Fruchtkörpern:

    [/font]






    [font="Verdana"]Alles passt fast reibungslos zu vinosofulva, aber...[/font]

    [font="Verdana"]- Die Pilze erscheinen mir ein wenig zu –žstämmig–œ. OK, kommt vor, dass reiches Substrat auch kräftige Kerlchen erzeugt.[/font]
    [font="Verdana"]- Das Velum ist sehr spärlich. OK, es hat geregnet, und bei dem jungen Pilz sieht man auch, dass das Velum zumindest mal etwas üppiger war. [/font]

    [font="Verdana"]Meine Paranoia könnte sich damit zufrieden geben, dass bisher noch nichts akut gegen vinosofulva spricht, aber...[/font]

    [font="Verdana"]Es gibt Schnallen (die sollten nicht vorhanden sein). Allerdings habe ich gefühlt 1000 Septen sowie Basidien- und Zystidenbasen abgesucht, und dabei ganze zwei recht sichere (und zwei fragliche) Schnallen gefunden. Im Prinzip könnte man sagen, nicht vorhanden. [/font]

    [font="Verdana"]Das ist aber noch nicht alles.[/font]

    [font="Verdana"]Mir liegt eine Kollektion vor, an die ich mich erinnerte und welche sich nach nochmaliger Prüfung als identisch erwies. Und es gibt eine dritte, zu der ich mich erst schlau machen musste (lag nicht vor, aber ich erhielt rasche Hilfe bzw. Info, von evtl. verstreuten Schnallen mal abgesehen). Die drei Aufsammlungen zeigen relativ robuste Pilze mit Velumresten am Rand. [/font]

    [font="Verdana"]Hier die drei Fundpunkte:[/font]



    [font="Verdana"]
    [/font]



    [font="Verdana"]Haben die Schweizer eine neutrale Psathyrella im Lande?
    [/font]

    [font="Verdana"]Fazit: Es ist erst mal nicht falsch, von vinosofulva zu sprechen. Aber ich werde dennoch die Moleküle testen lassen, sobald ich genügend Pfandflaschen gefunden habe. Wenn es was –žNeues–œ ist, dann wahrscheinlich haarscharf an vinosofulva. Es gibt noch einen engen Verwandten mit minimalen genetischen Differenzen: purpureobadia, nur auf Dung.[/font]


    [font="Verdana"]Abeja, darf ich deine Daten und das eine oder andere Foto verwenden; Handhabung wie seinerzeit abgesprochen?[/font]


    [font="Verdana"]Beste Grüße,[/font]
    [font="Verdana"]Andreas[/font]
    [font="Verdana"][font="Verdana"] [/font]
    [/font]

  • Hallo Andreas,
    da hast du dich ja in RIESEN-Arbeit mit den Bröselchen gestürzt - und so ein interessantes (vorläufiges) Ergebnis ist dabei herausgekommen!
    Danke dafür!


    Ja, sicher, du kannst die Daten und Fotos wie bisher gehabt verwenden. :)


    Interessant ist es auch für den rel. Laien wie mich, dass es doch noch mehr "stinkende" Psathyrellen gibt, als man so auf Anhieb findet.