Hallo Christoph,
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Die Sporenmessung am Bildschirm suggeriert eine Messgenauigkeit, die nicht existiert. Man kann nicht auf Hunderstelt Mikrometer genau messen, wenn die physikalische Auflösungsgrenze von sehr teuren und sehr gut eingestellten Mikroskopne bei einem Viertelmikrometer (bei blauem Licht) liegt.
Jede Messung ist eine Schätzung. Wenn ich am Bildschirm messe, habe ich eine Scalierung pro Pixel. Natürlich hast du mit der Abbyschen Grenze recht. Das ändert aber nichts daran, das man automatisch irgendeinen Kommawert bei einer Messung am Bildschirm erhält.
Also 23 Pixel * 0,3425(also Scalierung) ergibt nun mal irgendeinen krummen Wert, erst recht wenn noch diagonal gemessen wird.
Also schreibt das Messprog 7,88 oder 7,9, je nachdem wieviele Nachkommastellen ich einstelle. Und das ist so erst mal richtig.
Weil, wenn ich ein Pixel weiter geschätzt hätte, wären es ja schon 24 pixel * 0,3425, wobei der Unterschied schon deutlich über der Grenze der Auflösung des Lichtmikroskops liegt. Aber darum geht es nicht wirklich.
Es geht darum, dass sich diese Schätzungunauigkeit über die Anzahl der Messungen ziemlich ausgleicht. Also mal ein Pixel mehr, mal eins weniger und das erzeugt einen relativ guten Mittelwert.
Und grundsätzlich gilt: Gerundet wird am Schluß!
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Das Problem der statistischen Auswertung: Es wird von einer Standardverteilung ausgegangen, die aber nicht vorliegt. Damit sind auch Tests auf Standardverteilung nicht so sinnvoll. Der Grund wurde hier bereits angesprochen. Es gibt mehrere Sporenpopulationen, die gemischt sind.
Das ist ja jetzt eine Aussage, die ich so nicht stehen lassen kann. Gerade bei kleinen Stichproben kann man anhand von Scatterplots oder Balkendiagrammen meist nicht ansatzweise erkennen, ob eine Normalverteilung vorliegt. Das bedeutet, testen auf Normalverteilung ist Pflicht, genauso wie ein Ausreissertest. Oft reicht nämlich schon ein Ausreisser aus und es ist keine Normalverteilung mehr.
Im Volvariella Fall oben ist es keine Normalverteilung. Trotzdem erhält man einen Mittelwert und kann Konfidenzintervalle bilden. Diese werden in diesem Fall nicht ganz zutreffen, da eben keine Normalverteilung vorliegt, sondern vielleicht eine Logarithmische Verteilung. Diese könnte man zwar normieren, aber viel wichtiger sind doch folgende mögliche Aussagen und Fragen. Ist das bei Volvariella normal? Wenn nein, kann ich meine Stichprobe wegwerfen, weil sie zu keinen in der Literatur publizierten Werten passt. Wenn ja, müsste man mal testen, ob eine andere Verteilung in Frage kommt oder ob es gar keine so große Rolle spielt, dass es nur knapp keine Normalverteilung ist.
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Ich empfinde Mittelwerte (arihtmtisches Mittel und Median, wenn man mag) als sicherer als die Intervalle oder Grenzen, was im Umkehrschluss nicht heißen soll, dass die Grenzen nichts bringen. Nur hängen sie eben von der Zahl der gemessenen Sporen ab. Deshalb reicht es mir bei Publikationen, wenn ich die von-bis-Angaben mit Mittelwerten habe, wenn zudem die Zahl der vermessenen Sporen mit angegeben wird.
Richtig empfunden, jedenfalls beim Mittelwert und den Konfidenzgrenzen und der Stichprobengröße. Was du vergessen hast, ist die Konfidenz selber, denn es macht für die Grenzen der geschätzten Verteilung schon was aus, ob ich mit 80, 90 oder 95% schätze.
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Angaben wie (5,2-)5,6-7,8 x 3,1-4,6 µm empfinde ich als unsinnig, da niemand mit einem Lichtmikroskop 5,6 µm lange Sporen von solchen, die 5,5 µm lang sind, unterscheiden kann. Die Physik ist da unbestechlich.
Die Physik schon. Die Mathematik ist da zum Glück einen Schritt weiter. Denn, man gibt ja keine gemessenen Werte in den Konfidenzgrenzen an, sondern errechnete. Und die sollten schon ziemlich genau angegeben werden. Denn, um Mittelwerttests zum Vergleichen von Stichproben machen zu können, benötigt man die Standardabweichung und die kann man nur wieder zurückrechnen, wenn man obige Angaben ziemlich genau hat.
Man schätzt immer die Grundgesamtheit, also hier alle Sporen des Pilzes. Eine Diskussion über die Kommastellen der eigenen kleinen Stichprobe
ergibt sich nicht aus der Auflösung des Lichtmikroskopes, sondern aus der Reproduzierbarkeit der Angabe und dem späteren Mehrwert.
Deshalb ist aiuch Dieters Quantilkonstrukt nicht geeignet, weil erstens der Mittelwert nicht in der Mitte ist und man zweitens keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Stichprobe machen kann, wie Standardabweichung, Varianz, Mittelwerttests fallen aufgrund der verschobenen Mittelwerte sowieso flach.
Allgemein bekannt ist, das der Mittelwert-T-Test und der Welch-Test sehr robust darauf reagieren, wenn es mal nicht ganz eine Normalverteilung ist.
Das führt dazu, dass auch bei schiefen Verteilungen diese Tests ganz gut funktionieren. Und das bedeutet, dass auch wenn mal keine Normalverteilung vorliegt, man die Angaben mit Konfidenzintervallen trotzdem machen sollte, aber diese Tatsache erwähnen sollte.
VG, Jens