Einige Porlinge von Joe aus Österreich

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 1.445 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Joe hat mir kürzlich ein schönes Päckchen zusammengestellt. Neben einer ganzen Reihe interessanter Pilzchen auch wieder mit einem guten Tropfen für danach, um den Kopf wieder frei zu bekommen. :thumbup:
    Ich sage vielen Dank für Beides.


    Man könnte noch in den jeweiligen Themen einen Link zur Auflösung setzen, aber erstmal möchte ich das in einem beitrag zusammenfassen (macht weniger Arbeit).


    Fangen wir mal mit den Funden aus >diesem Thema< an.
    Der dritte Fund dort - dünner weißer Belag auf schwarzer Kruste auf Holz - ist ein klassischer NoFu (*):

    Das weiße könnte Farbe sein, jedenfalls besteht es mikroskopisch ausschließlich aus kristallinem Material ohne irgendwelche biologischen Strukturen.
    Das Schwarze sah erstmal aus wie ein Pyreno, ist aber auch etwas künstliches, ein sehr hartes, festes Material wie ein verstärkter Kunststoff oder besonders feste und feine Teerpappe.


    Der Zähnchenpilz im ersten Beitrag des Themas ist Irpex lacteus (Milchweißer Eggenpilz):


    Der rosaliche Porling ist Ceriporiopsis gilvescens (Fleckender Wachsporenschwamm):


    Der (für mich) spannendeste Pilz wurde >im Nachbarforum vorgestellt<.
    Hier bin ich noch nicht völlig sicher, es gibt im Grunde drei Möglichkeiten. Die Hyphenstruktur und die Sporen führen unmittelbar in die Gattung Oligoporus s.l., mit den effus reflexen bis pileaten Fruchtkörpern, der Porengröße, den Sporeneigenschaften und ohne Zystiden kann man die Möglichkeiten auf drei Arten herunterbrechen.
    A) Oligoporus alni (=Oligoporus subcaesius ss.auct. = Fastblauer Saftporling)
    Das ist der wohl bekannte, klassische Doppelgänger des Blauenden Saftporling (Oligoporus caesius), den ich allerdings schon einige Male in der Hand hatte, und den ich hier im Grunde ausschließen würde: Die Hutoberfläche ist viel zu unfilzig, zu glatt, das Exsikat fühlt sich etwas anders an, die Resupinatanteile sind vor allem auf Joes Bildern zu ausgeprägt.
    B) Oligoporus subcaesius ss.orig.
    Der Name wurde lange Zeit unkritisch für den oben erwähnten Pilz angewendet, ist aber im eigentlichen Sinne eine andere Art. Soll sich von Oligoporus alni vor allem durch etwas kräftigere, größere Fruchtkörper, die glatte Hutoberfläche und mehr ins ockerliche statt ins graublaue spielende Farben unterscheiden.
    Wie bei Oligoporus alni sollten da die Sporen schwach amyloid sein (an diesem beleg nicht eindeutig feststellbar) und die Poren eigentlich viel feiner als hier (um 3-6/mm; hier eher 2-3/mm).
    C) Oligoporus undosus (Wellighütiger Saftporling)
    Hier passt die Wuchsform nicht wirklich: Die Art sollte sich durch eher dünne, an den Rändern wellig verbogene Hutkanten auszeichnen. Das ist hier nicht zu erkennen. Dafür müssten die sonstigen Merkmale (insbesondere Farbverläufe & Porengröße) gut passen.
    Ein schwieriger Fall, mit dem ich mich noch etwas beschäftigen muss. Vorerst nenne ich den mal Oligoporus cf undosus
    Joes Bilder vom Standort:

    Zitat





    Bilder vom Beleg:



    Der Rest war etwas einfacher.
    Zunächst der zweite Pilz aus >diesem Thema<, hat sich - wenn auch ziemlich verwittert - gut als Schizopora flavipora (Gelbporiger Spaltporling) zu erkennen gegeben:



    >In diesem Thema< hatten wir Rhodonia placenta (Rosafarbener Saftporling) bereits vermutet, das hat sich dann bestätigt:


    Joes Fund aus >dieser Anfrage< ist tatsächlich Sidera vulgaris (Gemeiner Kristallknorpelporling):


    Allerdings würde ich da am liebsten von der Wette zurücktreten, wenn das OK ist. Weil eigentlich wette ich aus Prinzip nicht, wenn ich selbst den Pilz untersuche und damit quasi gleichzeitig "Schiedsrichter" bin. Das Wettangebot war mehr für den Fall, daß noch ein paar mehr Leute darauf einsteigen und untereinander ein paar Wetten zustande kämen. ;)


    Bestätigt hat sich auch Annas Gedanke in >diesem Thema<, der Pilz ist eine zwar etwas ältere und verwitterte, aber dennoch sehr schöne Trametes cervina (Hirschbraune Tramete):


    Joe, wenn es dir recht ist, dann stelle ich die Dokus zu deinen Funden in den nächsten Tagen auch bei den jeweiligen Portraits (sofern vorhanden) dazu.
    Oder würdest du das übernehmen?
    Bzw. könntest du auch jeweils deine Makrobilder dort einstellen, und ich ergänze anschließend die Mikros dazu. Teamwork also.



    LG, Pablo.






    (*) NoFu = Non Fungus = "Scheinpilz"

  • Hallo Pablo,



    ich hätte großes Interesse daran mal ein paar methodische Tips zu erhalten, wie ich mich z.Bsp. einem Rindenpilz mikroskopisch nähere, nachdem ich eine herausgeschnittene, harte Probe zu Hause aufbereiten will. Wie und wann und wo setze ich den Schnitt an? Muß ich erst Einweichen oder Wässern und worin? Wann finde ich denn reife Sporen und wann eher nicht? Wieviel pilzfremdes Material muß ich lernen zu Übersehen? Ich nähere mich gerade solch einem Exemplar und möchte gern etwas lernen. Welche Taxa das jetzt konkret ist, ist mir noch nicht so wichtig.


    Übersicht


    Detail


    Beste grüße und vielen Dank


    Stefan

  • Hallo pablo, besten dank fürs untersuchen und die klasse Dokumentation! Die bilder sowie deine mikros pack ich zu den portraits (probiers halt mal), komm aber erst mogenbzum pc.
    Falls du wirklich von der wette zurücktreten möchtest spende ich die chips für den nächsten topf der ansteht. Bei baumpilzen gegen dich wetten ist ja wirklich :haue:
    Lg joe
    Stefan: fein dass du dich ans mikroskopieren heranwagst :thumbup: da bin ich noch weit weg davon...
    hier im forum gibt es glaub ich einen mikroskopierbereich, so wichtige anfragen stell vielleicht dort ein damit sie in so einem thread nicht untergehen.
    Lg joe

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stefan!


    Vom Einstieg her ist das alles nicht so einfach. Da ich auch relativ autodidaktisch an die Sache rangegangen bin, waren die ersten versuche bei Porlingen und Rindenpilzen ziemlich ernüchternd. Eben wegen der Schwierigkeit der Präparierung. Es ist hilfreich, auch schon mal ein paar andere Pilze untersucht zu haben (Lamellenpilze, weiche "Gasteromyceten", "operculate" Becherchen oder auch Dungpilze), um sich mit dem Mikroskop an sich und ein paar Techniken und Eigenheiten von verschiedenen Pilzen vertraut zu machen.


    Bei solchen Krusten ist es gut, wenn man einen möglichst dünnen Vertikalschnitt (am besten dünner als die Rasierklinge!) hinbekommt. Den kann man vom frischen oder vom trockenen Pilz nehmen, aber ich weiche die Pilze vorher nie ein. Es ist oft recht unterschiedlich, ob sich ein solcher Krusti frisch oder getrocknet besser verarbeiten lässt. Meistens frisch, dann sind die Fruchtkörper dicker und leichter zu schneiden. Bei etlichen Schichtpilzähnlichen ist getrocknet besser, weil dann sind sie nur noch hart und nicht mehr so gummiartig.
    Was man auch versuchen kann: Mit einer spitzen Pinzette eine dünne Faser von der Oberfläche abzupfen.
    Jedenfalls packe ich erst dieses abgelöste Präparat zum in KOH (3% oder 5%). Normalerweise braucht man es auch nicht lange quellen zu lassen, sondern kann gleich loslegen. Es gibt ein paar Arten und Gattungen, wo man auch Präparate in Wasser braucht, weil sich manche Strukturen in KOH auflösen.


    Reife Sporen: Das ist mehr oder weniger Glückssache. Einige (vor allem mehrjährige) Porlinge sind kritisch, weil oft steril zum Zeitpunkt des Einsammelns. Krusten sind da weniger problematisch, solange die nicht viel zu alt oder viel zu jung sind, sollte man auch Sporen finden können. Abwurfpräparate funktionieren bei Krusten übrigens auch und sind oft auch sinnvoll.


    Das zu übersehende pilzfremde Material ist gar nicht so das Problem. Verwirrender ist oft das pilzliche Material, das man zu übersehen hat.
    nehmen wir mal die oben gezeigte Schizopora flavipora: Da gab es durchaus Massen von Sporen. Zunächst mal die der Kohlenbeere darunter, dann aber auch noch einen Haufen weitere Fremdsporen und zwar von mindestens vier verschiedenen Arten (zwei davon aber höchstwahrscheinlich Konidien). Und alle Fremdsporen waren deutlich zahlreicher als die Sporen der Schizopora selbst. Auch eine Stolperfalle bei vielen Krusten sind "Fremdhyphen", also Hyphen anderer Pilze, die ebenfalls auf dem Substrat wachsen, die Fruchtkörper, die man untersucht teils durchwachsen, besiedeln oder gar angreifen.
    Das ist manchmal nicht leicht, den Überblick zu behalten. Aber das kommt alles mit der Zeit...


    Wenn du die Möglichkeot hast, Bilder zu machen von deinen Untersuchungen, stell sie ruhig ein. Auch wenn man am Ende keine Bestimmung festmachen kann, hilft das oft um einzelne kritische Details zu diskutieren und zu verstehen. :thumbup:



    LG; Pablo.

  • Hallo zusammen,


    das mit den Diskussionen über die Arbeitsmetoden beim Mikroskopieren finde ich echt super, da bin ich auch glatt dabei.

    Gruß Mario
    Ein Gruß aus den Bergischen Land


    Pilzchips 40 / 13 PC fürs APR.


    Bei Geschmackprobe bitte nicht runter schlucken.

  • Hallo Pablo,


    ganz vielen Dank für deine Mühe. Das hilft mir schon ein ganz großes Stück weiter.


    Ich werde mal deinen und Marios Tip aufgreifen und meine persönlichen Einsteigererfahrungen und -fehler zur Diskussion ins Forum stellen. So können Unentschlossene sehen, daß Mikroskopie keine Zauberei aber eine Zauberwelt ist.


    Beste Grüße


    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Das wäre bestimmt auch für andere Leute hilfreich.
    Das Mikroskopieren ist halt auch eine Tätigkeit, die man so nach und nach lernt. Man darf sich von gelegentlichen Mißerfolgen am Anfang nicht abschrecken lassen. Aber es ist spannend.
    Super sind natürlich auch Mikroskopiertage bei Pilzvereinen, wenn da jemand mit etwas Know-How den Erklärbär spielt. Aber für konkrete Probleme und Fragenstellungen sind auch Diskussionen im Forum eine gute Sache. :thumbup:



    LG; Pablo.
    [hr]
    Hi.


    Und noch ein großes Dankeschön an Joe für die Bereicherung der Portraits mit den Bildern! :thumbup:



    LG; pablo.