Hallo Pilzfreunde,
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an diese tolle Telamonie welche ich einst hier zeigte:
Bericht vom 16.09.2015: Risspilze und mehr... - Berichte von Exkursionen und Ausflügen - Pilzforum.eu
Wie versprochen untersuchte ich den Pilz im Laufe der Zeit, doch ich kam nicht weiter.
Nun ist er endlich geknackt, und ich zeige Euch gern das Ergebnis:
Fundnummer: 2015-09-16-1723
Morphologische Daten:
Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, auf Rasen bei Birke, Linde, Vogelkirsche, Ahorn
Fundzeit: 16.09.2015
Wuchsform: büschelig
Hutform: glockig
Huthaut: orangebraun, nach außen hin heller werdend, radialfaserig
Hygrophanität: ja
Hutrand: mit hellbrauner Cortina
Lamellen: orangebraun, mit Zwischenlamellen
Lamellenschneiden: normal
Lamellen - Stielübergang: fast gerade angewachsen
Fleisch: orangebraun
Stiel: weiß bis braun, braun befasert, mit weißem Ring, innen voll
Stielbasis: rund, weiß
Größe: Hutdurchmesser ca. 1,5-4 cm; Stiellänge ca. 4-8 cm, Stieldurchmesser ca. 8-14 mm
Sporenpulverfarbe: Pantone 1675U = ██████
Geruch: nicht mehlig, pilzig, leicht muffig
Geschmack: nicht probiert
Exsikkat-Farben: Hut: dunkel-orange-braun, Stiel: grau, Lamellen: dunkel-orange-braun, Fleisch: ocker
Mikroskopische Daten:
Sporen:
ellipsoid bis obovoid, deutlich warzig, kaum dextrinoid
(5.6) 5.9 - 7 (7.8) x (4) 4.4 - 5 (5.6) µm
Q = (1.2) 1.3 - 1.5 (1.6) ; N = 82
V = (53) 61 - 89 (126) µm ³
Me = 6.4 x 4.6 µm ; Qe = 1.4 ; Ve = 73 µm ³
HDS:
langgestreckte, blasige Zellen, teilweise mit aufgeblasenen Enden, Schnallen vorhanden
Das Problem bei diesem Pilz ist dass er sich quasi nicht schlüsseln lässt.
Versucht man trotzdem sein Glück landet man mit FN in mehreren Sackgassen.
Unter anderem landet man mit FN bei Cortinarius hinnuleus. Der kann es aber
nicht sein, wegen dem Geruch, und anderen Abweichungen.
Es war also eine Sequenzierung nötig. Als molekularphylogenetische Marker wählte
ich die ITS-Region, da hiervon die meisten Vergleichssequenzen vorliegen.
Die genomische DNA wurde aus getrockneten Fruchtkörpern extrahiert. Die
Amplifikation der ITS-Region wurde mit dem ITS4 Primer durchgeführt. Die
Nukleotid-Sequenzen für die Berechnung des Phylogramms wurden aus NCBI und Unite
entnommen.
Es gab ein interessantes Ergebnis:
Ein Ergebnis aus FN war in der näheren Auswahl: Cortinarius hinnuleus. Aber FN
bildet z. B. C. helvolus und C. badioflavidus nicht ab.
Allerdings war eindeutig klar, dass hier eine Verwechslung in den Datenbanken
vorhanden ist.
Es gibt nämlich 2 Äste bzw. Deutungen von Cortinarius hinnuleus (siehe
Phylogramm).
Das Problem war nun herauszufinden, welche der Deutungen die richtige ist.
Nach einer aufwändigeren Recherche fand ich heraus dass DQ117926 die Sequenz des
Pilzes ist welcher in Cortinarius Flora Photographica - Abbildung A19 als
Cortinarius hinnuleus beschrieben ist.
Dies ist jedoch sehr sicher falsch - Grund:
Die Studie "A framework for a phylogenetic classification in the genus
Cortinarius (Basidiomycota, Agaricales) derived from morphological and molecular
data" von Sigisfredo Garnica, Michael Weiss, Bernhard Oertel und Franz
Oberwinkler aus dem Jahr 2005 untersuchte unter anderem die 2 Taxa genetisch und
trennt sie auf (siehe dort Seite 1470). AY669665 und AY669667 sind
eben diese Sequenzen - welche ich natürlich in mein Phylogramm mit übernahm. Da
mein Fund mit nur 0,17% Abweichung AY669667 gleicht, und ebenso der erdige
Geruch fehlt war die Sache klar. Es handelt sich um den Stumpfhütigen Wasserkopf
(Cortinarius helvolus). Die etwas zu kleinen Sporen sind ebenso ein Hinweis
darauf.
Ich freue mich Euch diesen tollen Fund nun mit Namen nennen zu können - der Stumpfhütige Wasserkopf (Cortinarius helvolus):
Beste Grüße
Dieter