Arrhenia / Omphalina? Ich stehe auf dem Schlauch und brauche Hilfe...

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  • Hallo zusammen,


    ich hocke jetzt schon seit heute Nachmittag an einem Nabeling, bei dem ich völlig auf dem Schlauch stehe (ich habe aber auch nicht sooo viel Erfahrung in der Gruppe).


    Hut bis 15 mm Durchm., bereits jung genabelt, ohne Papille, hygrophan, feucht dunkel bräunlich (–žleberbraun–œ), meist mit feinen Schüppchen, die bei älteren, blasseren oder trockenen Hüten dunkel bleiben und dann deutlich im Vergleich zur Hutoberfläche kontrastieren. Hut in Aufsicht feucht nur am Hutrand mit etwas durchscheinenden Lamellen, aber insgesamt mit einer radialstreifigen Strukturierung unter den anliegenden Schüppchen; äußerster Hutrand fast schwarz werdend (Hitze, Eintrocknen?).
    Stiel bis 25 x 2 mm, also länger als der Hut breit, feucht rotbräunlich bis mit violettlichen Tönen im Rötlichbraun; unter der Lupe / im Bino längsstreifig; ansonsten mehr oder weniger glatt erscheinend (siehe aber Mikromerkmale: Stielhaare).
    Lamellen heller als der Hut (insbesondere bei feuchten Exemplaren), hell ockerlich-falb, stark herablaufend, nicht aderig und nicht bis kaum gegabelt, sondern als normale Lamellen mit Zwischenlamellen ausgeprägt; durchgehende Lamellen mit teils großem Abstand (bis zu 4 mm am Hutrand), aber Zwischenräume durch zahlreiche Lamelletten aufgefüllt.
    Fleisch sehr dünn (Hut ca. 1 mm dick), blass cremeweißlich.
    Geruch deutlich, am frischen Pilz fast champignonartig pilzig; Geschmack deutlich säuerlich, fast wie Zitronenmelisse –“ nach dem Durchkauen auch Geruch säuerlich, eine Mischung aus Zitrone und Pelagonium.
    Stiel direkt dem Boden entspringend, nicht auf einem Thallus fußend (Stielbasis auch ohne Grünalgen), also nicht lichenisiert.


    (Mikromerkmale nach den Fotos)



    Man sieht schön den schuppig-areolierten Hut, die recht blassen Lamellen und die rötlich-violttlichen Töne im Stiel.



    Hier nochmal die Schüppchen von oben - und man sieht den schwarzen Rand sehr gut.



    Und hier ein glatthütiger Fruchtkörper, der noch feucht ist (da er wohl etwas von Vegetation abgedeckt war - er gehört sehr sicher zum Myzel dazu, da sich glatte und schuppige, helle und noch feuchte, abwechselten / durcheinanderwuchsen.


    Mikromerkmale:
    HDS eine Cutis (Schüppchen aus Hyphenbüscheln), Hyphen 5-10,5 µm im Durchmesser, deutlich braun inkrustiert.
    Lamellentrama subregulär bis irregulär; Hyphen 5-10 µm im Durchmesser, farblos hyalin.
    Basidien mit Basalschnalle, (1-2-)4-sporig (Hymenium noch nicht wirklich reif –“ die ein- bis zweisporigen Basidien können auch noch zu jung sein und weitere Sterigmen auswachsen lassen), bis 35 x 9 µm (Sterigmen dick und lang werdend, bis 9 x 2 µm).
    Sporen sehr variabel, von breit ellipsoid bis gestreckt, 7,5-8,5-9,5(-10) x (4,5-)5-5,4-6(-7,5) µm; Q = 1,3-1,57-1,8(-2,1).
    Pleurocystiden fehlend (nicht beobachtet); Cheilocystiden fehlend (nur eine mögliche Cheilocystide beobachtet –“ vielleicht missgestaltete Basidiole).
    SDS eine Cutis, aber Hyphen dünner als in der HDS (an der Oberfläche 2-3 µm dick).
    Stielhaare vorhanden, aber immer nur sehr vereinzelt oder in kleinen Nestern –“ Haare durch seitliches Auswachsen aus den SDS-Hyphen entstehend; Haare bis 60 x 5 µm, meist aber deutlich kürzer und unter der 10x-Lupe nicht auffallend.
    Schnallen überall leicht zu finden.


    Ökologie:
    In einer Kiesgrube auf mit Sand bedecktem Kalkschotter nahe eines kleinen Tümpels, der im Sommer oft trockenfällt –“ Boden sehr mager. Wuchsbereich fast vegetationslos (kleine Moose, Einzelpflanzen, aber keine geschlossene Vegetationsdecke)


    Ich habe wegen der Schuppung des Hutes und der feucht recht dunklen Färbung und der Radialstruktur an eine Arrhenia gedacht und komme dann meist irgendwie bei Arrhenia rustica raus, die aber auch einen glatten Hut hat. Arrhenia onisca hätte die Schüppchen, die kenne ich aber nur aus Mooren und Feuchtwiesen (zudem aus sauren Habitaten) und nicht in sandigen Kiesgruben. Zudem ist die größer und kräftiger.
    Bei Omphalina komme ich immer wieder bei Omphalina rivulicola raus, aber der Hut soll da glatt sein (wie bei allen Omphalinen i.e.S.?).


    Kurz gesagt: ich stehe auf dem Schlauch. Kann da jemand helfen?


    In der Nähe –“ etwas weiter oberhalb –“ habe ich Hygrocybe acutoconica s.str. gefunden –“ was Magerkeit und Kalk anzeigt.


    LG
    Christoph

  • Servus Christoph,


    wir haben solche Nabelinge 2009 in der Fröttmaninger Heide draußen gefunden, auch verges. mit H. acutoconica. Damals haben wir sie als Omphalina pyxidata bestimmt.
    Ich würde die Hüte auf jeden Fall als glatt interpretieren, das sieht man gut am frischen Fk. Das gesprenkelt-schuppige Aussehen beim Abtrocken hatten wir sehr ähnlich beobachtet. Die Sporen deiner Aufsammlung sind etwas größer, aber sonst sehe ich keine Unterschiede. Der taxonomische Wirrwar um O. pyxidata, rivulicola und hepatica bleibt natürlich ein Problem bei der Bestimmung


    Grüße
    Hias

  • Servus Hias,


    danke für die Rückmeldung. Ich kam auch nur wegen der Schüppchen auf cf. Arrhenia, hatte aber heute Vormittag beim Gassigehen mit dem Hund dann alles gedanklich nochmal "rekapituliert" und komme auch zu dem Ergebnis, dass man Arrhenia ausschließen kann - die Lamellen sind einfach nicht grau, sondern heller als der Hut.


    Bei Omphalina (wegen der Lamellentrama und den hellen Lamellen) komme ich ja auch in die O. pyxidata-Gruppe, wobei O. rivulicola bezüglich der Sporenmaße besser passt. Vermutlich komme ich auch da um eine Sequenzierung nicht herum.


    Dass du aber auch bei deinen O. pyxidata solche Huthautschüppchen/Areolen gesehen hast, beruhigt, denn das hat mich in Bezug auf Omphalina völlig rausgeschmissen. Kannst du dich an Geruch/Geschmack erinnern? Denn das war wirklich auffällig. Ich bringe jedenfalls frische Exemplare heute Abend zum Vereinstreff in München.


    Kann sonst noch jemand bestätigen, dass Omphalina solche Hüte bekommen kann?


    LG
    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph & Matthias!


    Eigentlich habe ich auf dem Gebiet auch nicht wirklich Ahnung. Aber wer hat das schon...
    Folgende Pilze sind das, was ich für Omphalina hepatica halte:




    Die Habitate, wo der hier vorkommt, dürften relativ ähnlich sein: Teils basische Flugsanddünen, dort gerne in etwas feuchteren Senken am Fuß der Dünen, hin und wieder vergesellschaftet mit dem hier noch häufigeren Pilz, den ich immer als Omphalina pyxidata bestimme:





    ...wobei ich die beiden Arten rein anhand der Sporen wohl nur schwer trennen könnte (wie es hier und da wohl vorgeschlagen wird), aber anhand der meist fehlenden bis höchstens spärlichen, kaum wahrnehmbaren, superschnell vergänglichen Stielbehaarung kombiniert mit den helleren, mehr rostockerlichen Farben (mit nur kleinem dunklem Fleck in der Hutmitte auch ganz jung und gut durchfeuchtet) bei O. pyxidata scheinen mir das schon zwei gute arten zu sein. Ob aber die Namen, die ich denen verpasst habe, auch die richtigen sind, ist eine andere Frage.


    Alle Bilder kann man anklicken zum Großmachen.


    Das, was ich für O. hepatica halte, sieht zumindest makroskopisch deinen Pilzen aber sehr ähnlich, Christoph, oder?



    LG; Pablo.

  • Lieber Pablo,


    besten Dank für deine Rückmeldung. Ich war heute noch kurz vor Ort, um frische Exemplare zum Vereinsabend des Münchner Piolzvereins zu holen (hatte keine Kameraausrüstung dabei). Da es bei mir heute zwischendurch geregnet hatte, habe ich die Fruchtkörper jetzt frisch bewässert vorgefunden und sie waren durchgehend rötlich, ähnlich wie Laccaria laccata gefärbt.Das Rötliche war, bis ich den Verein erreicht habe, wieder verschwunden.
    Die Farbgebung ist also sehr variabel und abhängig von äußeren Faktoren.
    Die Hüte waren jetzt auch alle glatt - die Areolen waren also eine reine Trockenheit-Hitze-Ausprägung und atypisch.


    Die Stiele haben zwar unter dem Mikroskop Haare, aber die sind relativ kurz, vereinzelt und sind keine gefärbten Keulen wie bei Omphalina hepatica, sondern farblos und dünn, nur ausnahmsweise keulig. Zudem sind die Sporen zu groß für diese Art.


    Omphalina pyxidata s.str. soll auch etwas kleinere Sporen haben. Bei Ompahlina rivulicola passen die Sporenmaße ganz gut (nur beim Q-Wert sind die Sporen meiner Kollektion wohl etwas variabler.


    Ich denke, ich muss die Kollektion sequenzieren lassen.


    Auf alle Fälle passt das Omphalina-pyxidata-Aggregat.


    LG
    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Gut dokumentierte Funde + Sequenz ist in jedem Fall ein Fortschritt. :thumbup:
    Die Stielhaare sind bei dem was ich für Omphalina hepatica halte (was natürlich nicht diese Art im Sinne irgendeines Autors sein muss) allerdings auch hyalin. Bräunlich inkrustiert sind nur die Hyphen der Stielrinde. Bei dem was ich für Omphalina pyxidata halte, gibt es dagegen quasi gar keine Haare, und die Hüte sind nie braun oder rotbraun. Auch nicht ganz jung und komplett durchfeuchtet (im Nieselregen eingesammelt). Selbst dann gibt es allenfalls einen dunklen Punkt in der Hutmitte, der ist dafür relativ persistent.


    Wie gesagt, ich habe keine Ahnung von diesen Pilzen. Vor allem weil verschiedene Autoren offenbar verschiedene Ansichten vertreten, was da was ist, wie es sich wovon abgrenzt und vor allem warum. "Bestimmungen" hatte ich vorwiegend nach Schlüsseln im Gröger und anschließenden Vergleichen bei Ludwig vorgenommen.



    LG; Pablo.

  • Servus Pablo,


    ich war heute wieder dort und es kamen neue Fruchtkörper - diesmal waren sie wieder Laccaria-fleischfarbig. Ich denke, die Farben spielen eine untergeordnete Rolle.


    An Omphalina pyxidata s.str. glaube ich ja auch nicht (Stielhaare, Sporenmaße). Mit dem immer wieder auftretenden Rotton (wenn man doch auf die Farben achtet) komme ich dann wieder zu Omphalina rivulicola. Mal schauen, was die Sequenz sagen wird. ;)


    LG
    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Wenn du die Sequenz bekommt, wäre das natürlich interessant.
    Da würde mich eine kurze Meldung hier interessieren, welches Ergebnis da raus kam. :)



    LG, Pablo.